Mars (Buch) | |
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Orginalusgob | |
Orginaltitel | Mars |
Genre | Autobiografie |
Autor | Fritz Zorn |
Verlag | Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. M. |
ISBN | 3-596-22202-8 |
Erschinigsjoor | 1977 |
Ds autobiografische Buech Mars vom chrebschranke Schwiizer Lehrer Fritz Zorn (Pseudonym vom Fritz Angst, * 1944, † 1976), postum 1977 erschienä, isch es Schlüsselwärch vo de 70er Jahre. De Adolf Muschg het dezue s’Vorwort gschribe.
Em Buech liit d’These z’Grund, dass Chrebs chönni durch d’Psyche uusglöst wärde. De Autor schpricht sis privilegierte Härkunftsmilieu (Zürcher Goldküschte) schuldig für sini ganzi Misere, und au konkret für sini tödlichi Chrankheit.
De Zorn beschriibt es sehr schpöts, chrankheitsuusglösts Erschrecke über sis 30-jährige "nid gläbte" Läbe. Im Aagsicht vom näherrückende Tod wird ihm schlagartig klar, dass trotz sim üsserlich erfolgriiche Erwachsewärde und sim Bruef als Lehrer, für ihn im Läbe alles falsch gloffe isch. Ihm het üsserlich nüt gfehlt, aber är het ziitläbens unter schwere Depressione glitte und weder Fründe no Fründin gha.
Er bechlagt au sini bitter erläbti Beziehigs- und Liebesunfähigkeit, und schtirbt im Alter vo 32 Johr, ohni mittere Frau gschlafe z’ha.
Uufschlussriiche Buechschtelle
- „Ich bin jung und riich und gebildet; und ich bin unglücklich, neurotisch und allei.“
- Ich hatte nicht "Kontaktschwierigkeiten" gehabt, sondern ich hatte mein ganzes bisheriges Leben in einer vollkommenen Beziehungslosigkeit zugebracht. Ich hatte an der Universität nicht "Anfangsschwierigkeiten" gehabt, die sich dann gemildert hätten, als ich viele andere Studenten kennenlernte, sondern ich hatte dieselben Schwierigkeiten wie am ersten Tag durch mein ganzes Studium bis hin zum letzten Tag weitergetragen. Ich war nicht "auch manchmal einsam" gewesen, sondern ich hatte, soweit ich mich nur erinnern konnte, immer und ununterbrochen unter Einsamkeit gelitten. Ich hatte nicht "Schwierigkeiten mit Frauen" oder gar "sexuelle Probleme" gehabt; ich hatte überhaupt nichts mit Frauen gehabt, und mein ganzes Leben war ein einziges ungelöstes sexuelles Problem.
- Zorns Neuinterpretation der Hiobsgeschichte: Von allen Lastern darf man eines nicht haben: Geduld. Ich denke hier an den exemplarischsten Vertreter dieser Charaktereigenschaft, den alttestamentarischen Hiob. In seinem ganzen Elend kommt Hiob nicht auf die Idee, Stellung zu beziehen, sondern er kuscht oder, wie es die Bibel ausdrückt: "Er versündigte sich nicht und redete nichts Törichtes wider Gott." Hiobs Weib, offenbar der stärkere Charakter der beiden, rät ihm: "Fluche Gott und stirb!" Er aber sprach zu ihr: Wie sollte ich dazu kommen, Gott zu fluchen? Was würde denn Gott dazu sagen? Ich bin überzeugt davon, dass es Gott nicht passen würde, wenn ich ihn fluchte. Ja, und wenn es ihm nicht passen würde? Und wenn er etwas dazu sagen müsste? Warum wäre es eigentlich so furchtbar, wenn es Gott stören sollte, dass Hiob ihm fluchte? Gott stellt die Sache auch alsbald klar und gibt dem Hiob zu verstehen, dass es ihm durchaus nicht wohlgefällig wäre, Kritik an sich selbst zu vernehmen. Da antwortete der Herr dem Hiob aus dem Wetter und sprach: Habe ich nicht das Krokodil erschaffen? Wer dringt ihm in das doppelte Gebiss? Die Tore seines Rachens, wer hat sie geöffnet? Um seine Zähne lagert Schrecken. Habe ich nicht das Krokodil erschaffen, das an Scheusslichkeit alles andere übertrifft? Kann das Krokodil nicht beissen, morden, verstümmeln, verkrüppeln, vernichten? Wie kommst du dazu, an meiner Autorität zu zweifeln, wo ich doch der Herr über solche Scheusslichkeiten bin? Da antwortete Hiob dem Herrn und sprach: Du hast recht. Ich anerkenne, dass du der gemeinste, widerlichste, brutalste, perverseste, sadistischste und fieseste Typ der Welt bist. Ich anerkenne, dass du ein Despot und Tyrann und Gewaltherrscher bist, der alles zusammenschlägt und umbringt. Dies ist für mich Grund genug, dich als alleinseligmachenden Gott anzuerkennen, zu verehren und zu preisen. Du bist das grösste Schwein des Universums. Meine Antwort auf diesen Tatbestand ist die, dass ich dir gerne Untertan bin, dich sinnvoll finde, und versuche, dich zu lieben. Du hast die Gestapo, das KZ und die Folter erfunden; ich anerkenne also, dass du der Grösste und der Stärkste bist. Der Name des Herrn sei gelobt.
- Ich bi also en ziemlich guete, wenn au ziemlich uninteressierte Schüeler gsi, ich ha die beschte Maniere vo de Wält gha und i de Schuel nie Aalass zu Verschtimmig oder Tadel gäh; nume im Turne bin ich vonnere fascht unvorschtellbare Schwächi gsi. Mini Kamerade händ mi nid ghasst oder quält, aber ich ha kei Fründe gha. Ich bi i mehreri Tanzkürs gange, zum au de Umgang mit Fraue z’lerne, aber ich ha ds Tanze durchuus nid erlerne chönne, und de Umgang mit Fraue no vil weniger. Ich bi gschiid gsi, aber ich ha nüüt chönne. Ich bi nach Uusse vonnere fascht widerwärtige Normalität gsi, aber ich bi alles andere als en gsunde normale junge Maa gsi. Ich bi i de Öffentlichkeit abgschtemplet gsi als eine, wo’s mit em „Höhere“ zu tue het, aber innerlich han ich g’ahnt, dass ich wiit zruggbliebe gsi bi und mich eigentlich zu de ganz chliine Schüeler us de erschte Klasse zähle hetti müesse. Ich ha überhaupt kei Problem gha und ha g’ahnt, dass das auch besser so isch, will ich mich no nid demit hätti usenandersetze chönne, wenn ich Problem gha hätti. Churz: Ich ha alli Voraussetzungen erfüllt, zum en sehr unglückliche Mänsch z’werde.
Literatur
- Fritz Zorn: "Mars". 226 Siite, Frankfurt am Main: Fischer Taschebuech Verlag, 22. Uuflag 2000 ISBN 3-596-22202-8