Zuckerfabrik Stuttgart

Die Zuckerfabrik Stuttgart war ein Unternehmen mit Sitz in Stuttgart-Münster an der Gemarkungsgrenze zu Bad Cannstatt. Sie firmierte als „Zuckerfabrik Stuttgart-Bad Cannstatt“.[1]

Aktie der Zuckerfabrik Stuttgart über 500 Gulden von 1868
Aktie der Zuckerfabrik Stuttgart über 500 Gulden süddeutscher Währung, ausgegeben am 15. Dezember 1868
Gebäude der alten Zuckerfabrik (Bottroper Straße)

Geschichte

Die Zuckerfabrik Stuttgart wurde 1851 von der Württembergischen Hofbank gegründet, wofür öffentliche Interessen ausschlaggebend waren. Aufgrund erheblicher Abnahmebeschränkungen, die durch den hohen Preis von Importzucker bedingt waren, war angedacht, sich vom Import ausländischen Rohrzuckers unabhängig zu machen. Zu den hohen Preisen hatten in erster Linie Zollschranken geführt. Aufgrund ihres gleichwertigen Zuckergehalts sollten Zuckerrüben zur Zuckergewinnung herangezogen werden. Dies war zwar bereits 1747 erkundet worden, gleichwohl dauerte es knapp 100 Jahre, bis die Nachfrage nach Süßigkeiten in der Bevölkerung einen größeren Bedarf an Zucker entstehen ließ. Die Gründung der Zuckerfabrik fiel in eine Zeit, in der die Stuttgarter Schokoladenindustrie aufblühte. Hohe Nachfrage entstand bei den Herstellern Waldbaur, Moser-Roth und Eszet.

Ein zweites Gebäude

1868 wurde die Zuckerfabrik in eine AG umfirmiert.[2] 1903 wurde das Betriebsgelände am Stuttgarter Nordbahnhof verkauft und der Firmensitz in das damals noch selbstständige Münster verlegt.[3] Dort wurde eine moderne Industrieanlage mit Raffinerie und Gleisanschluss errichtet, der zum an der Schusterbahn gelegenen Bahnhof Münster führte. Mit der Planung und Herstellung der Fabrikationshallen wurde kein Architekt, sondern ein Maschinenbauunternehmen beauftragt. Ein Großbrand zerstörte die Fabrik im Jahr 1906; zwei Tote und mehrere Schwerverletzte waren zu beklagen. Nahezu baugleich wurde die Fabrik wiederhergestellt. In der Folgezeit entstanden laufend Anbauten zur Betriebserweiterung und Modernisierung. 1907 wurde die Böblinger Zuckerfabrik zugekauft. Deren ursprünglicher Betrieb wurde bis auf die Rübenproduktion stillgelegt. Um 1910 konnten aufgrund der hohen Auftragslage – saisonale Schwankungen eingerechnet – zwischen 200 und 400 Arbeiter beschäftigt werden.[4] 1926 ging die Zuckerfabrik Stuttgart durch Verschmelzungsvertrag in der Süddeutschen-Zucker-AG, später Südzucker AG (dem größten Zuckerfabrikanten Europas), auf. Zusammengeschlossen wurden dabei fünf regionale Fabriken (Zuckerfabrik Frankenthal AG, Frankenthal; Zuckerfabrik Heilbronn AG, Heilbronn; Badische Gesellschaft für Zuckerfabrikation, Mannheim; Zuckerfabrik Offstein AG, Offstein; Zuckerfabrik Stuttgart AG, Stuttgart-Münster). Nach weiteren Bränden wurde die Fabrik 1971 geschlossen.

In den 1970er und 1980er Jahren wurde das Fabrikgelände vom überregional bekannten „Tonstudio Zuckerfabrik“ genutzt, wo viele, teils renommierte, Produktionen entstanden.[5] 1972 kaufte die Stadt Stuttgart das stillgelegte Betriebsgelände auf und begann es ab 1989 zu sanieren.

Heute hat Stuttgart keine Zuckerfabrik mehr. Der Betrieb in Münster wurde eingestellt und die Produktionsanlagen größtenteils abgerissen. Stattdessen wird auf dem ehemaligen Betriebsgelände modernes Gewerbe betrieben. Zur Bottroper Straße hin stehen lediglich noch Teile der Verwaltungs- und Wohngebäude der ehemaligen Fabrik. Dort hat u. a. die Freie Kunstschule Stuttgart ihren Standort. Von Süden grenzt das ehemalige Betriebsgelände des Steinbruchunternehmens Lauster an.

Produkte

Literatur

  • Gabriele Kreuzberger, Fabrikbauten in Stuttgart, Ihre Entwicklung von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg, Klett-Cotta 1993, ISBN 3-608-91629-6

Einzelnachweise

  1. Aufnahme von der Zuckerfabrik (1950) (Memento vom 6. April 2012 im Internet Archive)
  2. Aktie der Zuckerfabrik Stuttgart
  3. Firmengeschichte
  4. Gabriele Kreuzberger, S. 377 ff. (s. Lit.)
  5. Tonstudio in der Zuckerfabrik

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