Zigeunersauce

Zigeunersauce (auch Zigeunersoße; sauce zingara) ist eine Champignon-Tomatensauce der klassischen Küche. Sie leitet sich von der Garnitur à la zingara (französiert für Zigeuner; nach Zigeunerart, gypsy style oder Tzigane[1]) ab.

Zigeunersaucen der Marken Kühne, Ja! (Rewe), Kania, Kaufland und Homann, Oktober 2020

Zusammensetzung und Varianten

Die klassische Zigeunersauce besteht je nach Rezept aus einer Basis aus gedünsteten Tomaten, Paprika, Zwiebeln, Weinessig, Weißwein, Champignonfond und Kraftsauce oder aus Bratenfond, Weißwein und Tomatensauce, die mit gepökelter Kalbszunge, Kochschinken, Champignonscheiben sowie gehobelten Trüffeln und Cayennepfeffer ergänzt wird. Sie wird beispielsweise zu Kalbskoteletts oder Roastbeef serviert.[2]

Als Geschmacksrichtung der seit mindestens 1903 in Auguste Escoffiers Guide culinaire als Zigeunersauce (franz. sauce de la Zingara, engl. Zingara sauce[3]) bezeichneten Sauce wird weithin „ungarisch, scharf, mit Paprika und/oder Zwiebeln“ angesehen. Im deutschsprachigen Umfeld sind stark vereinfachte Varianten gebräuchlicher als in Italien oder Frankreich.[4] Bei der heute üblichen, einfacheren und kostengünstigeren Zubereitung wird die Sauce aus Gemüsepaprika, Champignons, Zwiebeln, Tomatenmark, Rotwein, Brühe und Ajvar hergestellt, oftmals mit Gewürzgurkenstückchen angereichert, mit Essig gewürzt und mit Stärkemehl gebunden. Diese Sauce ist auch als Handelsware erhältlich.

Diskussion um die Bezeichnung

Im August 2013 forderte ein Verein Forum für Sinti und Roma durch anwaltliche Schreiben mehrere Hersteller der Sauce zur Umbenennung, etwa in „Paprikasauce“ oder „Sauce Ungarischer Art“ auf. Weder der Bundesrat der Jenischen Deutschlands noch der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma schlossen sich an. Zwar sei „der Begriff Zigeuner nicht wertneutral … bis hin zu rassistischen Stereotypen“, „der Zentralrat habe aber zu keiner Zeit ein Verbot des Wortes gefordert“. Führende Hersteller lehnten eine Umbenennung ab, zeigten sich aber „kompromissbereit“, „wenn sich herausstellen sollte, dass eine größere Gruppe sich durch die Bezeichnung diskriminiert fühle“.[5][6][7]

Im August 2020 gab der Lebensmittelhersteller Knorr bekannt, seine Zigeunersauce in „Paprikasauce ungarische Art“ umzubenennen. Der Mutterkonzern Unilever erklärt den Schritt damit, dass die bisherige Bezeichnung negativ interpretiert werden könne, u. a. im Rahmen der aktuellen Rassismusdebatte.[8] Daraufhin haben auch weitere Hersteller und Einzelhandelsketten, wie Kühne, Aldi, Edeka, Netto, Penny und Rewe, angekündigt, ihre Produktnamen zu ändern. Der Lebensmittelhersteller Heinz hat die Sorte „Zigeunersauce“ mit einem Redesign bereits seit Anfang des Jahres 2020 aus den Regalen entfernt.[9][10][11]

Die Sinti Allianz Deutschland lehnt die Umbenennung der Sauce ab und findet die gegenwärtige Diskussion als „unwürdig“. Der Begriff Zigeuner werde so zum Beispiel von den Sinti oft selbst verwendet. Damit positioniert sich die Sinti Allianz gegen die Meinung des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma.[12]

In der Kochkunst, der Küchensprache und in Kochrezepten ist beim negativ konnotierten Bestimmungswort „Zigeuner-“ nicht die Ethnie, sondern die intensive Verwendung von Paprika als Zutat ausschlaggebend.[13] Mit „à la zingara“ wird in der internationalen Küche eine Garniturform, eine Zubereitung und die Verwendung geschmacklich dominierender Zutaten (Paprika, Zwiebeln) bezeichnet. Hierzu gehören Zigeunerbraten, Zigeunersauce oder Zigeunerschnitzel.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Der Brockhaus Kochkunst: Internationale Speisen, Zutaten, Küchentechnik, Zubereitungsarten. Brockhaus, ISBN 978-3-7653-3281-4, 2008
  2. Udo Pini: Das Gourmet-Handbuch. h. f. ullmann, Potsdam 2011, ISBN 978-3-8331-4302-1, S. 1027.
  3. Bibliothèque professionnelle. – Culinaire aide-mémoire de cuisine pratique. Par A. Escoffier avec la collaboration de MM. Philéas Gilbert – E. Fétu, A Suzanne, B. Reboul, Ch. Dietrich, A. Caillat, etc. Dessins de Victor Morin. Paris 1903, S. 156 („Zingara A“ und „Zingara B“ im Kapitel „Petites sauces blanches et sauces composées“).
    Englische Ausgabe: A. Escoffier: A Guide to Modern Cookery. William Heinemann, London 1907, S. 421 (Rezept 1261: „Côte de veau Zingara“).
  4. Kraut und Igel, Der Standard, 30. September 2010
  5. Beschwerde von Sinti und Roma: Zigeunersoße bleibt Zigeunersoße, Spiegel Online vom 8. Oktober 2013.
  6. Sinti und Roma müssen „Zigeunersoße“ ertragen, Welt.de vom 8. Oktober 2013.
  7. Nicht nur eine Geschmacksfrage, Sueddeutsche.de vom 14. August 2013.
  8. Knorr benennt Zigeunersauce um, Welt.de vom 16. August 2020.
  9. Auch Rewe und Kühne schmeckt Zigeunersauce nicht mehr, Handelsblatt.com vom 17. August 2020.
  10. Zigeunersaucen bekommen neue Namen, Lebensmittel Praxis vom 18. August 2020.
  11. Rewe, Penny und Co. ziehen Konsequenzen: Entscheidung von Knorr ist wegweisend, Chip.de vom 19. August 2020.
  12. Sinti-Allianz findet Diskussion um Zigeunersauce unwürdig, auf www.br.de, abgerufen am 21. August 2020
  13. Hannah Dingeldein/Eva Gredel (Hrsg.), Diskurse des Alimentären: Essen und Trinken aus kultur-, literatur- und sprachwissenschaftlicher Perspektive, 2017, S. 119
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