Zetzwil
Zetzwil (in der regionalen schweizerdeutschen Mundart Zetzbu [ ])[5] ist eine Einwohnergemeinde im Schweizer Kanton Aargau. Sie gehört zum Bezirk Kulm und liegt im oberen Wynental.
Zetzwil | |
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Staat: | Schweiz |
Kanton: | Aargau (AG) |
Bezirk: | Kulm |
BFS-Nr.: | 4147 |
Postleitzahl: | 5732 |
UN/LOCODE: | CH ZWI |
Koordinaten: | 653910 / 237394 |
Höhe: | 512 m ü. M. |
Höhenbereich: | 492–784 m ü. M.[1] |
Fläche: | 5,80 km²[2] |
Einwohner: | 1382 (31. Dezember 2022)[3] |
Einwohnerdichte: | 238 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) | 12,3 % (31. Dezember 2022)[4] |
Website: | www.zetzwil.ch |
Dorfzentrum von Zetzwil | |
Lage der Gemeinde | |
Geographie
Das Landschaftsbild um Zetzwil wird geprägt durch die markante, durchschnittlich zwanzig Meter hohe Endmoräne, die sich beinahe im rechten Winkel über die gesamte Breite des Wynentals erstreckt. Sie entstand während der Würmeiszeit beim Rückzug des Reussgletschers. Nach Ende der Eiszeit staute die Moräne einen flachen See, der verlandete, als die Wyna das Hindernis durchbrochen hatte. Jahrtausendelang lag hier ein ausgedehntes Sumpfgebiet, das Gontenschwiler Moos, das erst während des Ersten Weltkrieges trockengelegt wurde. Das Dorf selbst liegt am östlichen Rand der Talebene unterhalb der Moräne, an jener Stelle, wo zwei kleine Bäche in die Wyna münden. In Richtung Norden erhebt sich die bis zu 747 Meter hohe Wandfluh, in Richtung Osten erstreckt sich ein kleines Seitental hinauf zur Eichhalde (771 m ü. M.), zum Tätschbüel (715 m ü. M.) und zum Homberg (787 m ü. M.). Diese Hügel bilden die natürliche Grenze zum Seetal. An den Berghängen liegen ein paar verstreute Einzelhöfe.[6]
Die Fläche des Gemeindegebiets beträgt 580 Hektaren, davon sind 223 Hektaren bewaldet und 66 Hektaren überbaut.[7] Der höchste Punkt befindet sich auf 785 Metern knapp unter dem Gipfel des Hombergs, der tiefste auf 494 Metern an der Wyna. Nachbargemeinden sind Dürrenäsch und Leutwil im Norden, Birrwil im Osten, Reinach im Südosten, Leimbach im Süden, Gontenschwil im Südwesten sowie Oberkulm im Nordwesten.
Geschichte
Die Gegend um Zetzwil war bereits während der Jungsteinzeit besiedelt, als sich Menschen am Ufer des damaligen Sees niederliessen. Die von den Alamannen gegründete Siedlung wurde erstmals im Jahr 1173 als Zeinhwile in einem Schutzbrief erwähnt, den Kaiser Friedrich I. «Barbarossa» dem Stift Beromünster ausstellte. Der Ortsname stammt vom althochdeutschen Zezinwilari und bedeutet «Hofsiedlung des Zezo».[5] Im Mittelalter lag das Dorf im Herrschaftsbereich der Grafen von Lenzburg, ab 1173 in jenem der Grafen von Kyburg. Nachdem diese ausgestorben waren, übernahmen die Habsburger 1273 die Landesherrschaft und die Blutgerichtsbarkeit.
Güter in Zetzwil besassen neben dem Stift Beromünster auch das Kloster Engelberg, die Herren von Hünenberg und die Herren von Reinach. Letztere besassen vor 1300 zwei Drittel der niederen Gerichtsbarkeit, das letzte Drittel gehörte der Herrschaft Rued. Ab Mitte des 14. Jahrhunderts gehörten Zwing und Bann zur Herrschaft Trostburg. 1415 eroberten die Eidgenossen den Aargau. Zetzwil gehörte nun zum Untertanengebiet der Stadt Bern, dem so genannten Berner Aargau. 1528 führten die Berner die Reformation ein. 1616 gelangte die Herrschaft Trostburg mitsamt Zetzwil zum Amt Lenzburg. Im März 1798 nahmen die Franzosen die Schweiz ein, entmachteten die «Gnädigen Herren» von Bern und riefen die Helvetische Republik aus. Zetzwil gehört seither zum Kanton Aargau.
1850 hatte die Gemeinde fast gleich viele Einwohner wie heute. Doch wegen fehlender Verdienstmöglichkeiten zogen bis 1900 fast vierzig Prozent aller Einwohner weg, nicht wenige davon wanderten nach Übersee aus. Erst die Gründung von drei Zigarrenfabriken um die Jahrhundertwende und die Eröffnung der Wynentalbahn am 5. März 1904 konnten den Niedergang aufhalten. In der Folge stieg die Zahl der Einwohner wieder kontinuierlich an. Gleichzeitig wandelte sich das einst landwirtschaftlich geprägte Dorf zu einer Wohngemeinde, die sich heute an den grösseren Regionalzentren orientiert.
Sehenswürdigkeiten
Wappen
Die Blasonierung des Gemeindewappens lautet: «In Blau über grünem Dreiberg gewendete weisse Pflugschar, im Schildhaupt beseitet von zwei fünfstrahligen weissen Sternen.» Erstmals abgebildet war dieses Wappen auf dem Gemeindesiegel von 1872, damals allerdings mit zwei Sternen. Nachdem die Pflugschar zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Form einer Pfeilspitze angenommen hatte, kehrte die Gemeinde 1992 zur älteren Form zurück.[8]
Bevölkerung
Die Einwohnerzahlen entwickelten sich wie folgt:[9]
Jahr | 1764 | 1803 | 1850 | 1900 | 1930 | 1950 | 1960 | 1970 | 1980 | 1990 | 2000 | 2010 | 2020 |
Einwohner | 573 | 840 | 1226 | 748 | 849 | 871 | 848 | 1033 | 1048 | 1214 | 1245 | 1246 | 1363 |
Am 31. Dezember 2022 lebten 1382 Menschen in Zetzwil, der Ausländeranteil betrug 12,3 %. Bei der Volkszählung 2015 bezeichneten sich 51,1 % als reformiert und 15,0 % als römisch-katholisch; 33,9 % waren konfessionslos oder gehörten anderen Glaubensrichtungen an.[10] 95,8 % gaben bei der Volkszählung 2000 Deutsch als ihre Hauptsprache an sowie je 0,9 % Italienisch und Serbokroatisch.[11]
Politik und Recht
Die Versammlung der Stimmberechtigten, die Gemeindeversammlung, übt die Legislativgewalt aus. Ausführende Behörde ist der fünfköpfige Gemeinderat. Er wird im Majorzverfahren vom Volk gewählt, seine Amtsdauer beträgt vier Jahre. Der Gemeinderat führt und repräsentiert die Gemeinde. Dazu vollzieht er die Beschlüsse der Gemeindeversammlung und die Aufgaben, die ihm vom Kanton zugeteilt wurden. Für Rechtsstreitigkeiten ist in erster Instanz das Bezirksgericht Kulm zuständig. Zetzwil gehört zum Friedensrichterkreis IX (Unterkulm).[12]
Wirtschaft
In Zetzwil gibt es gemäss der im Jahr 2015 erhobenen Statistik der Unternehmensstruktur (STATENT) rund 580 Arbeitsplätze, davon 7 % in der Landwirtschaft, 26 % in der Industrie und 67 % im Dienstleistungsbereich.[13] Der mit Abstand wichtigste Arbeitgeber ist die Stiftung Schürmatt der reformierten Landeskirche, die geistig und mehrfach behinderte Kinder und Erwachsene betreut. Neben einem Wohnheim unterhält die Stiftung mobile und ambulante Dienste, heilpädagogische Sonderschulen und geschützte Arbeitsstätten.[14] Der industrielle Sektor beschränkt sich auf einige Gewerbebetriebe, seitdem 1988 die letzte Zigarrenfabrik ihre Produktion einstellte. Viele Erwerbstätige sind Wegpendler und arbeiten in den grösseren Nachbardörfern wie Reinach oder Unterkulm.
Verkehr
Durch das Dorf verläuft die Hauptstrasse 23 von Aarau über Beromünster nach Sursee; die Kantonsstrasse 332 führt über Gontenschwil in Richtung Sursee, die Kantonsstrasse 340 über die Wandfluh und Leutwil ins Seetal. Der Anschluss an das Netz des öffentlichen Verkehrs erfolgt durch eine Station der Wynentalbahn. An Wochenenden verkehrt ein Nachtbus vom Bahnhof Aarau durch das Wynental nach Menziken.
Bildung
Die Gemeinde verfügt über einen Kindergarten und ein Schulhaus, in dem die Primarschule unterrichtet wird. Die Realschule und die Sekundarschule können in Gontenschwil oder Reinach besucht werden, die Bezirksschule in Reinach oder Unterkulm. Die nächstgelegenen Gymnasien sind die Alte Kantonsschule und die Neue Kantonsschule, beide in Aarau.
Persönlichkeiten
- Phoebe Stänz (* 1994), Eishockeyspielerin
Literatur
- Markus Widmer-Dean: Zetzwil. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Michael Stettler: Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau. Hrsg.: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Band I: Die Bezirke Aarau, Kulm, Zofingen. Wiese Verlag, Basel 1948, DNB 366495623.
Weblinks
Einzelnachweise
- Generalisierte Grenzen 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 7. September 2023.
- Generalisierte Grenzen 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 7. September 2023.
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
- Beat Zehnder: Die Gemeindenamen des Kantons Aargau. In: Historische Gesellschaft des Kantons Aargau (Hrsg.): Argovia. Band 100. Verlag Sauerländer, Aarau 1991, ISBN 3-7941-3122-3, S. 486–488.
- Landeskarte der Schweiz, Blatt 1109, Swisstopo.
- Arealstatistik Standard – Gemeinden nach 4 Hauptbereichen. Bundesamt für Statistik, 26. November 2018, abgerufen am 25. Mai 2019.
- Joseph Galliker, Marcel Giger: Gemeindewappen des Kantons Aargau. Lehrmittelverlag des Kantons Aargau, Buchs 2004, ISBN 3-906738-07-8, S. 326.
- Bevölkerungsentwicklung in den Gemeinden des Kantons Aargau seit 1850. (Excel) In: Eidg. Volkszählung 2000. Statistik Aargau, 2001, archiviert vom am 8. Oktober 2018; abgerufen am 25. Mai 2019.
- Wohnbevölkerung nach Religionszugehörigkeit, 2015. (Excel) In: Bevölkerung und Haushalte, Gemeindetabellen 2015. Statistik Aargau, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 20. Oktober 2019; abgerufen am 25. Mai 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Eidg. Volkszählung 2000: Wirtschaftliche Wohnbevölkerung nach Hauptsprache sowie nach Bezirken und Gemeinden. (Excel) Statistik Aargau, archiviert vom am 10. August 2018; abgerufen am 25. Mai 2019.
- Friedensrichterkreise. Kanton Aargau, abgerufen am 21. Juni 2019.
- Statistik der Unternehmensstruktur (STATENT). (Excel; 157 kB) Statistik Aargau, 2016, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 8. Mai 2019; abgerufen am 25. Mai 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Stiftung Schürmatt