Zeitalter der Entdeckungen
Als das Zeitalter der Entdeckungen bezeichnet man populärwissenschaftlich den Zeitraum etwa vom 15. bis zum 18. Jahrhundert, vor allem die Periode zwischen 1415 und 1531. Die Epoche wird zur Frühen Neuzeit gerechnet und befasst sich vornehmlich mit den Erkenntnissen von Seefahrern und von Forschungsreisenden.
Weil aber die „entdeckten“ Länder meist schon besiedelt waren, verwendet man in der Geschichtswissenschaft heute eher den Begriff Zeitalter der europäischen Expansion.
Begriff
„Zeitalter der Entdeckungen“ war ein Arbeitsbegriff zur Periodisierung der Entdeckungsgeschichte als Teilgebiet der Weltgeschichte, genauer genommen der europäischen Geschichte. Dabei bezieht man sich besonders auf die europäische Expansion nach Übersee, die durch die Fahrten von Vasco da Gama, Bartolomeu Diaz, Christoph Kolumbus, Ferdinand Magellan, Jacques Cartier und Francis Drake begonnen hatte. Ohne Frage haben sie das Bild von der Erde maßgeblich beeinflusst. Die Entdeckungen im 18. Jahrhundert, vor allem die Weltreisen von James Cook, führten zu deutlichen Veränderungen im Weltbild.
Weitergehend gehören auch archäologische Entdeckungen dazu, die das Bild der klassischen Antike maßgeblich beeinflussten. Besondere Bedeutung hat hier die Entdeckung von Pompeji (Beginn der Grabungen 1748) und die Begründung von wissenschaftlicher Archäologie und Kunstgeschichte durch Johann Joachim Winckelmann (1717–1768).
Mit den Entdeckungen gingen Fortschritte in Wissenschaft und Technik einher, z. B.
- in der Kartografie und Mathematik (siehe Geschichte der Kartografie). Genannt seien hier beispielhaft Martin Behaim (1459–1507; erster Globus) und Gerhard Mercator (1512–1594; u. a. Mathematiker, Geograf und Kartograf).
- in der Astronomie: verbesserte Vorausberechnungen (z. B. Almanach Perpetuum um 1475) und astronomische Ephemeriden. Wichtig auch
- für die Navigation von Schiffen. Für die Hochseeschifffahrt (ohne Küstensicht) waren zunächst astronomische Methoden zur Standortbestimmung viel wichtiger als Kartenmaterial
- im Schiffbau, etwa durch Weiterentwicklung der Karavelle. Sie ließ sich durch ihr Ruder (Pinne) viel besser steuern als vorherige Schiffe.
Entwicklungen
Die Entdeckungen hatten einige Motive und Voraussetzungen. Durch den Bau großer hochseefähiger Schiffe waren die technischen Möglichkeiten zum Transport von Menschen, Waffen und Lebensmitteln gegeben, so dass größere Entfernungen zurückgelegt werden konnten. Auch die Verbesserung nautischer Instrumente trug hierzu bei. Es kam zur Herausbildung eines Welthandels. Die Handelskompanien waren dessen Träger. Der Seehandel hatte den größten Anteil hierbei, der Fernhandel über Landwege wie die alte Seidenstraße einen kleineren.
Zudem spielte einige weitere Motive hinein, so z. B. dass das Christentum in der Neuen Welt verbreitet werden sollte (Missionierung). Auch erwarteten die europäischen Großmächte zugleich eine Erweiterung ihres politischen Einflussbereiches. Das wird deutlich an den überseeischen Kolonien unter anderem der Spanier, Portugiesen, Engländer, Holländer und Franzosen. Der Vertrag von Tordesillas aus dem Jahre 1494 regelte die Verteilung der entdeckten Länder zwischen Portugal und Spanien. Die weitere Entwicklung zeigte jedoch, dass auch andere Großmächte am Gewinn aus den Entdeckungen beteiligt sein wollten. Die Gründung der Handelskompanien zeigte deren wirtschaftliches Interesse an der Nutzung der Ressourcen der entdeckten Gebiete. Der Vertrag von Madrid war die letztendliche Konsequenz des gegenstandslos gewordenen Vertrags von Tordesillas.
Literatur
- Rainer Beck (Hrsg.): 1492, die Welt zur Zeit des Kolumbus. Ein Lesebuch. Beck, München 1992, ISBN 3-406-34052-0 (Beck’sche Reihe; 460).
- Urs Bitterli: Alte Welt – neue Welt. Formen des europäisch-überseeischen Kulturkontakts vom 15. bis zum 20. Jahrhundert. Dtv, München 1992, ISBN 3-423-04569-8.
- Daniel J. Boorstin: Entdeckungen, Das Abenteuer des Menschen, sich und die Welt zu erkennen („The discoverers“). Pawlak Verlag, Herrsching 1991, ISBN 3-88199-823-3 (Nachdr. d. Ausg. Basel 1985).
- Hartmut Elsenhans: Geschichte und Ökonomie der europäischen Welteroberung. Vom Zeitalter der Entdeckungen zum I. Weltkrieg. Universitas-Verlag, Leipzig 2007, ISBN 978-3-86583-192-7 (zugl. Habilitationsschrift, FU Berlin 1975).
- Walter Krämer: Neue Horizonte: das Zeitalter der großen Entdeckungen. 4. Aufl. Urania-Verlag, Leipzig 1978 (Geschichte der Entdeckungen unserer Erde; 3).
- Michael Kraus, Hans Ottomeyer (Hrsg.): Novos mundos. Neue Welten. Portugal und das Zeitalter der Entdeckungen. Sandstein Verlag, Dresden 2007.
- Eberhard Schmitt (Hrsg.): Dokumente zur Geschichte der europäischen Expansion. Beck, München 1984 ff. (mehrbändiges Quellenwerk)