Zechenelektriker

Der Zechenelektriker, auch Grubenelektriker genannt,[1] war ein Facharbeiter, der im Bergbau mit dem Neuaufbau, der Wartung und der Reparatur der elektrischen Anlagen unter Tage beauftragt war.[2]

Geschichte

Der erste Einsatz der Elektrotechnik im Bergbau erfolgte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.[3] Im Dezember des Jahres 1881 wurde im Grubenbetrieb des Mechernicher Bergwerk Aktien Vereins im südlichen Nordrhein-Westfalen eine elektrische Beleuchtungsanlage der Herstellerfirma Siemens & Halske installiert. Im darauffolgenden Jahr wurde auf einem Steinkohlenbergwerk in Zauckerode erstmals eine elektrisch betriebene Grubenlokomotive eingesetzt.[4] In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nahm die Elektrifizierung des Untertagebergbaus immer mehr zu.[3] Während es in den Anfangsjahren der Elektrifizierung des Untertagebereichs nicht schwer war, elektrisches Fachpersonal für den Grubenbetrieb der Bergwerke auf dem Arbeitsmarkt zu gewinnen, bereitete die zunehmende Elektrifizierung immer mehr Schwierigkeiten, genügend Elektriker anzulegen, sodass die Schachtanlagen gezwungen waren, Elektrofachkräfte selber nach ihren Bedürfnissen auszubilden.[5] Immer mehr traten im Bergbau ausgebildete Facharbeiter an die Stelle angelernter Arbeiter.[6]

Ausbildung

Die angehenden Zechenelektriker wurden nach einheitlichen, für den gesamten Oberbergamtsbezirks geltenden, Richtlinien ausgebildet.[5] Ausbildungsinhalte waren sowohl das Erlernen von praktischen Fähigkeiten als auch der Erwerb theoretischer Kenntnisse auf dem Gebiet der Elektrotechnik. Als praktische Fertigkeiten wurden allgemeine Schlosserarbeiten sowie die Arbeiten an und der Einbau von elektrischen Anlagen vermittelt. Als theoretische Kenntnisse erlernten die Zechenelektrikerlehrlinge das Erstellen von Zeichnungen und Skizzen der Elektrotechnik sowie Kenntnisse der Elektrotechnik in der Industrie.[1] Eine Besonderheit gegenüber dem Elektriker außerhalb des Bergbaus war das Erlernen von Kenntnissen über den Schlagwetterschutz bei elektrischen Anlagen und Geräten.[3] Die gesamte Ausbildung dauerte je nach Bergrevier zwischen einem Jahr und 15 Monaten.[7] Am Ende des Ausbildungsjahres erfolgte dann die Abschlussprüfung vor einem Prüfungsausschuss, bestehend aus einem Ingenieur des Bergamtes, einem Zecheningenieur und Delegierten der Bergwerksinspektion. Nach erfolgreich bestandener Prüfung[ANM 1] erhielt der Anwärter dann den Zechenelektrikerschein[ANM 2] und durfte als Elektrofachkraft unter Tage eingesetzt werden.[1] Die Richtlinien für die Ausbildung von Zechenelektrikern galten bis zum Jahr 1961. Seit dem Jahr 1962 wurde die Ausbildung der Elektrofachkräfte im Bergbau geändert, danach erfolgte keine weitere Ausbildung von Zechenelektrikern, sondern nur noch von Starkstromelektrikern.[5] Deren Ausbildung dauerte 3,5 Jahre und war wesentlich umfangreicher.[8] Neben einer dreijährigen Ausbildung über Tage wurden diesen Auszubildenden auch unter Tage umfangreiche Kenntnisse und Fertigkeiten beim Umgang mit dem Schlagwetterschutz von elektrischen Anlagen und Maschinen vermittelt.[5]

Tätigkeiten

Der Zechenelektriker galt als Elektro - Fachkraft im Sinne der bestehenden Verordnungen des Bergbaus.[3] Als solche durfte er ihm übertragene Arbeiten[ANM 3] nach den anerkannten Regeln der Technik durchführen.[9] Er bediente, kontrollierte und wartete elektrische Anlagen und Maschinen, reparierte elektrische Maschinen und elektrische Anlagen.[2] Zudem installierte er auch unter Tage elektrische Anlagen.[5] Allerdings durfte er diese Tätigkeiten in der Regel nicht eigenständig ausführen, sondern er handelte auf Anweisung eines ihm überstellten Elektrohauers.[1] Mit zunehmender Mechanisierung nahm auch die Komplexität und Umfang der Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten auf dem Gebiet der Elektrotechnik zu.[10] Dies erforderte anders ausgebildete Elektrofachkräfte mit umfangreicheren Kenntnissen und Fertigkeiten, sodass im Bergbau zunehmend zu Starkstromelektrikern ausgebildete Elektrofachkräfte eingesetzt wurden.[5]

Berufliche Aufstiegsmöglichkeiten

Für den fertig ausgebildete Zechenelektriker gab es, je nach Fähigkeit und Eignung, die Möglichkeit der beruflichen Weiterqualifizierung.[1] Er galt dann, nach Erwerb von besonderer Fachkunde, als besonders qualifizierte Elektro-Fachkraft.[9] Eine Möglichkeit war die Absolvierung einer Elektro-Hauerausbildung, in der der Zechenelektriker weiterführende Kenntnisse auf dem Gebiet der Elektrotechnik erwarb. Nach erfolgreich absolvierter Hauerprüfung erhielt er den Hauerschein[ANM 4] und wurde dann als Elektrohauer[ANM 5] eingesetzt und gab an ihm unterstellte Zechenelektriker Arbeitsanweisungen.[1] Nach einer beruflichen Praxis von mindestens fünf Jahren als Elektriker,[11] dem Erwerb des Hauerscheins[1] und dem Besuch der Bergvorschule konnte er dann die Bergschule absolvieren und nach erfolgreicher Absolvierung als Elektrosteiger eingesetzt werden.[11]

Einzelnachweise

  1. Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Hrsg.): Die Berufsausbildung im Steinkohlenbergbau der Länder der Gemeinschaft. Luxemburg 1956, S. 51, 89–92, 107, 108, 120, 200.
  2. Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Hrsg.) Beschluss betreffend die Anwendung des Artikels 69 des Vertrages vom 18. April 1951 über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. In: Amtsblatt des Ministerrat, Nr. 12. 8. 57, Abs. 119/219.23, S. 392/57.
  3. G. Lehmann: Der Schlagwetterschutz elektrischer Anlagen. In: Glückauf, Berg- und Hüttenmännische Zeitschrift. Verein für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund (Hrsg.), Nr. 34, 72. Jahrgang, 22. August 1936, S. 821–824.
  4. Harald Schmidtbauer: Die frühe technische Nutzung der Elektrizität im Bergbau und Hüttenwesen sowie in der Metallverarbeitung. Beispiele aus dem deutschsprachigen Raum bis zum Ersten Weltkrieg. Diplomarbeit an der Universität Wien, Wien 2013, S. 25, 33, 39.
  5. Fritz Pamp: Die Zeche Sterkrade. Das Ausbildungszentrum auf dem ehemaligen Kokereigelände von 1938 bis 1992. In: Osterfelder Bürgerring. (Hrsg.): Der Kickenberg, Osterfelder Heimatblatt. Nr. 20, Walter Perspektiven GmbH, Oberhausen September 2011, ISSN 1864-7294, S. 4–6
  6. Norbert Altmann, Guido Kammerer: Wandel der Berufsstruktur. In: Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e. V. ISF München. (Hrsg.). München 1968, S. 82, 87.
  7. Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Hrsg.): Lehrmittel. Nr. 5/61, Vol. 1, Luxemburg 1961.
  8. Tätigkeitsbeschreibung von Starkstromelektrikern. In: Erlass des Bundesministers für Wirtschaft zur Anerkennung des Lehrberufes Starkstromelektriker vom 13. März 1953, (BWMBI. Nr. 6/53), S. 66.
  9. Bergverordnung für elektrische Anlagen. Elektro-Bergverordnung - ElBergV, vom 23. 10. 200, §§ 2, 12, 13, S. 3, 8.
  10. Burkart Lutz, Leo Bauer, Jürgen von Kornatzki: Berufsaussichten und Berufsausbildung in der Bundesrepublik. In: Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e. V. ISF München. Eine Dokumentation des Stern, zweite überarbeitete - erweiterte und ergänzte Auflage, Verlag Henri Nannen GmbH, München 1965, S. 87, 111, 112.
  11. Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Hrsg.): Die Ausbildung des Technischen Aufsichtspersonals unter Tage im Kohlenbergbau der Gemeinschaft. Luxemburg 1960, S. 31.

Anmerkungen

  1. Die Prüfung bestand aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. (Quelle: Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Hrsg.): Die Berufsausbildung im Steinkohlenbergbau der Länder der Gemeinschaft.)
  2. Für Elektriker aus Elektroberufen außerhalb des Bergbaus bestand die Möglichkeit, den Zechenelektrikerschein in einer sechsmonatigen Ausbildung zu erwerben. Die Ausbildung umfasste einen dreimonatigen bergmännischen Teil und einen dreimonatigen elektrotechnischen Teil. Während des bergmännischen Teils musste der Auszubildende Fertigkeiten in der Streckenauffahrung, Fertigkeiten im Streb erlernen sowie Reparaturarbeiten oder Aufwältigung von Brüchen erlernen. Während des elektrischen Teils musste er in der Elektrowerkstatt die Reparatur von schlagwettergeschützten Betriebsmitteln erlernen, sowie den Einbau und die Überwachung von elektrischen Betriebsmitteln. (Quelle: Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Hrsg.): Die Berufsausbildung im Steinkohlenbergbau der Länder der Gemeinschaft.)
  3. Das Arbeitsgebiets des Zechenelektrikers umfasste den Transport von elektrischen Betriebsmitteln im Grubengebäude, die Montage der Betriebsmittel unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften, das Herstellen von Schaltungen elektrischer Anlagen, das Einstellen des Überstromschutzes, das Prüfen des Isolationszustandes von elektrischen Anlagen, das Bedienen der elektrischen Anlagen, das Feststellen und Beseitigen von Störungen innerhalb der Anlagen und die Erste Hilfe bei Unfällen. In Ausnahmefällen das Vorbereiten von bergmännischen Sicherungsarbeiten. (Quelle: Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Hrsg.): Die Berufsausbildung im Steinkohlenbergbau der Länder der Gemeinschaft.)
  4. Heute wird die Einstufung als Elektrohauer durch Tarifverträge geregelt, in denen die Fertigkeiten und Fähigkeiten genannt werden, die eine Elektrofachkraft besitzen muss, um als Elektrohauer eingestuft zu werden. (Quelle: Bekanntmachung über einen Antrag auf Allgemeinverbindlichkeitserklärung aus der Branche der Bergbauspezialarbeiten auf Steinkohlenbergwerken. In: Bundesanzeiger Nr. 93 vom 30. 06. 2009, S. 2244.)
  5. Das Arbeitsgebiets des Elektrohauers umfasste das Bedienen und Beaufsichtigen größerer Schaltanlagen, die Wartung und die Beaufsichtigung von elektrischen Schachtsignalanlagen, die Wartung und Instandhaltung der gesamten elektrischen Betriebsmittel eines Reviers inklusive aller Kabel und Leitungen und die Wartung und Instandhaltung einer Gruppe von elektrischen Betriebsmitteln innerhalb des gesamten Grubengebäudes. (Quelle: Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Hrsg.): Die Berufsausbildung im Steinkohlenbergbau der Länder der Gemeinschaft.)
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.