Zarte Binse

Die Zarte Binse (Juncus tenuis) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Binsen (Juncus) innerhalb der Familie der Binsengewächse (Juncaceae). Dieser ursprünglich aus Nordamerika stammende und heute eingebürgerte Neophyt ist erst seit 1824 in Europa nachgewiesen.

Zarte Binse

Zarte Binse (Juncus tenuis)

Systematik
Monokotyledonen
Commeliniden
Ordnung: Süßgrasartige (Poales)
Familie: Binsengewächse (Juncaceae)
Gattung: Binsen (Juncus)
Art: Zarte Binse
Wissenschaftlicher Name
Juncus tenuis
Willd.

Beschreibung

Zarte Binse (Juncus tenuis)
Illustration der Zarten Binse
Samen der Zarten Binse (Juncus tenuis)

Vegetative Merkmale

Der ausdauernde, überwinternd grüne Hemikryptophyt bildet kleine gelbgrüne bis braungelbe Horste mit 10 bis 40 (bis 80) Zentimetern Wuchshöhe.[1] Die runden Stängel wachsen aufrecht. Blühende Stängel tragen am Grund wenige spreitenlose Blattscheiden und ein bis zwei grasartige, rinnige und nicht sehr steife Blätter sowie zwei bis drei den Blütenstand weit überragende Hochblätter. Die Blattscheiden sind braun bis dunkelgraubraun und tragen am Ende 1 bis 3 Millimeter lange, weißliche Öhrchen.[1]

Generative Merkmale

Der stets endständige Blütenstand ist eine bis zu 8 Zentimeter lange kompakte Spirre, die aus 5 bis 40 Blüten besteht.[1] Die Teilblütenstände sind 3 bis 8 Zentimeter lang gestielt. Die Perigonblätter sind mit 3 bis 4 Millimetern alle fast gleich lang. Sie sind grün, schmal eiförmig, deutlich dreinervig und lanzettlich zugespitzt. Die inneren sind breit hautrandig, die äußeren schmal hautrandig.[1] Sie umgeben sechs Staubblätter und drei aufrechte lange Narben. Die Staubblätter sind etwa halb so lang wie die Blütenhülle. Die Staubbeutel sind 0,7 bis 0,8 Millimeter lang.[1] Die Kapselfrucht ist eiförmig bis kugelig und mit kurzer Stachelspitze ausgestattet. Sie ist deutlich kürzer als die Blütenhülle. Die Samen sind klein und bleich rotbraun.[1] Sie quellen im Wasser froschlaichartig auf.

Die Blütezeit der Zarten Binse erstreckt sich von Juni bis September.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 30, 32, 40 oder 84.[2]

Ökologie

Die Bestäubung der Blüten erfolgt durch den Wind (Anemophilie). Die Diasporen werden durch Anhaften im Fell oder an Federn von Tieren verbreitet (Epizoochorie).

15–40 cm hohe Horstpflanze. Erstausbreitung in Europa wegen Klebsamen entlang der ungeteerten Wege durch Trittausbreitung und durch die an Wagenrädern anhaftende Erde. Benetzt man reife Fruchtkapseln mit Wasser, treten nach wenigen Minuten die Samen froschlaichartig aus. Kulturbegleiter.

Verbreitung und Standort

Das Binsengewächs stammt ursprünglich aus Nordamerika und kommt dort vom östlichen Kanada bis Mexiko vor.[3] Seit etwa 1824 ist sie auch in Europa bekannt. Heute ist die Binse in Nord-, West- und Zentraleuropa eingebürgert und inzwischen weltweit bis nach Asien, Südamerika, Neuseeland und Australien verbreitet.[3] In Europa hat sie in allen Ländern Vorkommen außer in Portugal, Island, Spitzbergen, Albanien und Moldau.[4] In den Allgäuer Alpen steigt sie in Bayern bei Grasgehren bei Obermaiselstein bis zu 1430 Metern Meereshöhe auf.[5]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 3+w+ (feucht aber stark wechselnd), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 2 (sauer), Temperaturzahl T = 3+ (unter-montan und ober-kollin), Nährstoffzahl N = 4 (nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).[6]

Die Zarte Binse wächst häufig auf Waldwegen und in Trittgesellschaften. Sie bevorzugt eher humusarmen Lehm- oder Tonboden, der basenreich, aber kalkarm sein sollte. Sie erträgt Bodenverdichtung und mäßige Beschattung. In höheren Mittelgebirgen mit Kalkgestein fehlt sie gebietsweise. Nach Ellenberg ist sie ein Mäßigsäurezeiger, auf mäßig stickstoffreichen Standorten wachsend und eine Verbandscharakterart der Vogelknöterich-Trittgesellschaften (Polygonion avicularis). Nach Oberdorfer ist sie eine Charakterart des Juncetum tenuis aus dem Verband Polygonion avicularis.[2]

Taxonomie

Die Zarte Binse wurde 1799 von Carl Ludwig Willdenow in Species Plantarum, ed. 4, Band 2(1), S. 214 als Juncus tenuis erstbeschrieben. Synonyme von Juncus tenuis Willd. sind Juncus gracilis Sm., Juncus macer Gray[4] und Agathryon tenue (Willd.) Záv. Drábk. & Proćków.[7]

Literatur

  • Jürke Grau, B. P. Kremer, B. M. Möseler, G. Rambold & D. Triebel: Gräser, Mosaik-Verlag, München 1996, ISBN 3-576-10702-9.
  • Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands (= Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band 2). Herausgegeben vom Bundesamt für Naturschutz. Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3-8001-3364-4.
  • Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Ulmer, Stuttgart 1994. ISBN 3-8252-1828-7.

Einzelnachweise

  1. Dietrich Podlech: Familie Juncaceae. In: Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage, Band II, Teil 1. Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1980, ISBN 3-489-54020-4, S. 373–375.
  2. Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 147.
  3. Juncus tenuis. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 12. Oktober 2016..
  4. Source: 2010: World Checklist of Selected Plant Families (2010), copyright © The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew. Datenblatt Juncus tenuis In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
  5. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6, S. 297.
  6. Juncus tenuis Willd. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 27. November 2023.
  7. The International Plant Names Index.
Commons: Zarte Binse (Juncus tenuis) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Verbreitungskarten

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