Yumbu Lagang
Yumbu Lagang ist eine Klosterburg im Kreis Nêdong (sne gdong སྣེ་གདོང་ / Nǎidōng 乃东) in der Nähe von Zêtang (rtsed thang རྩེད་ཐང་ཐང་ / Zédàng 泽当) im Regierungsbezirk Shannan des Autonomen Gebiets Tibet in der Volksrepublik China aus der Zeitspanne zwischen der chinesischen Sui- und Tang-Dynastie.[1][2] Anfänglich war sie ein Palast, später wurde dieser zu einem Wallfahrtsort des Buddhismus in Tibet und noch später zu einer Klosterburg umfunktioniert.[3] Ursprünglich wurde der Palast wahrscheinlich im 7. Jahrhundert unter Songtsen Gampo errichtet. Das Bauwerk ist ein zentraler Ort für den tibetischen Gründungsmythos und Buddhismus.
Yumbu Lagang | ||
---|---|---|
Yumbu Lagang vom Tal aus gesehen | ||
Staat | Volksrepublik China | |
Ort | Zêtang | |
Entstehungszeit | 7. Jahrhundert | |
Burgentyp | Dzong (Klosterburg) | |
Erhaltungszustand | Erhalten | |
Geographische Lage | 29° 9′ N, 91° 48′ O | |
Höhenlage | 3693 m | |
|
Lage und Umgebung
Die Klosterburg liegt in Tibet am Yarlung-Tal am östlichen Flussufer des Yalong Jiang, neun Kilometer südlich von Zêtang und 192 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Lhasa des autonomen Gebiets Tibets auf dem Gebirgskamm des Zhangsiri-Gebirgszugs (chinesisch 扎西次日山 / 扎西次日山, Pinyin Zhā xī cì rì shān).[4][5] Unmittelbar im Tal unter der Burg liegen mehrere kleine Dörfer wie Luodegang (chinesisch 洛德崗 / 洛德岗, Pinyin Luò dé gǎng) oder Sangzhudeqing (chinesisch 桑珠德慶 / 桑珠德庆, Pinyin Sāng zhū dé qìng).
Der Yumbu Lagang ist vom Tal aus über ungefähr 50 Höhenmeter in ca. 30 Minuten fußläufig erreichbar.[6] Etwa 400 Meter nordöstlich der Klosterburg liegt eine Quelle, der in der Mythologie die Fähigkeit zugesprochen wird, dass die Person, die aus ihr trinkt, von allen Krankheiten geheilt wird.[7][8]
Architektur, Konstruktion und Daten
Der Yumbu Lagang ist eine tibetische Klosterburg im Stil der frühen Dzongs, die im 7. Jahrhundert erbaut wurden. Solche Festungsarchitektur ist hauptsächlich in Tibet und Bhutan zu finden, wobei diese Klosterburg als das älteste erhaltene Gebäude in Tibet gilt.[1][5] Damit gilt es auch als der erste Palast in diesem massiven Dzong-Stil, wodurch diese Architektur auch viele zukünftige Dzongs beeinflusste.
Das Gebäude hat vier Stockwerke, ist 11 Meter hoch, 4,6 Meter breit und 3,5 Meter tief und in zwei Teile geteilt: Den vorderen Hauptteil und den damit verbundenen Turm, wobei das vierte Stockwerk in der Kulturrevolution zerstört wurde und erst mit der Renovierung 2017/18 rekonstruiert wurde.[9] Das Erdgeschoss ist für jeden frei zugänglich, für den Eintritt in den ersten Stock muss man zahlen.[10] Der Turm und die restlichen Stockwerke sind somit der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Im Erdgeschoss ist eine Kapelle alten Tubo-Königen gewidmet, darüber im ersten Stock findet man eine Gesangshalle und buddhistische Texte, wie das Kanjur. In dem ersten als auch dem zweiten Stock sind die Wände mit Wandbildern, die alte tibetische Mythen zeigen, bedeckt. In einem Anbau der Klosterburg ist das Aufenthaltszimmer früherer Dalai Lamas, falls sich diese im Yumbu Lagang aufgehalten haben.[4][6][7][8]
Geschichte
Die Anfänge des Yumbu Lagangs sind in einem Gründungsmythos beschrieben, wobei aber der eigentliche Anfang von Historikern als deutlich später festgestellt wurde, wobei auch das zum Teil umstritten ist, weil das Mythische und Nicht-Mythische nicht klar abgrenzbar ist. Die Aufteilung in Mythologie und Forschungsgeschichte zeigt den momentanen Konsens.[11]
Mythologie
Dem Gründungsmythos zufolge wurde Yumbu Lagang im 2. Jahrhundert von Anhängern der Bön-Religion für den ersten tibetischen König Nyathri Tsenpo (tib.: gnya’ khri btsan po) errichtet, der als „vom Himmel herabgestiegen“ bezeichnet wird. Während der Herrschaft des 28. Königs Lha Thothori Nyantsen sei im 5. Jahrhundert ein goldener Stupa, ein Juwel (bzw. eine Form zur Herstellung von Teig-Stupas)[12] und ein Sutra, das zunächst niemand lesen konnte (das Karaṇḍavyūhasūtra), auf das Dach des Gebäudes gefallen und eine Stimme habe vom Himmel gerufen: „In fünf Generationen soll einer kommen, der ihre Bedeutung versteht!“[13] Diese Texte wurden dann unter Songtsen Gampo das erste Mal verstanden, da dieser Gelehrte damit beauftragte die indische Sprache zu lernen und die Texte zu entschlüsseln. So soll auch die tibetische Schrift entstanden sein.[12]
Somit gilt der damalige Palast als Geburtsort des Buddhismus in Tibet.
Forschungsgeschichte
Belegt hingegen ist, dass Songtsen Gampo, Thrisong Detsen und Tri Ralpachen das Gebäude als Palast nutzen und dort auch gekrönt wurden, wobei der erstere König den Palast als Sommerresidenz nutze, nachdem er den Regierungssitz nach Lhasa verschob.[1] Gleichzeitig wurde der Palast auch als Kapelle genutzt. Tausend Jahre später wurde der Yumbu Lagang unter dem fünften Dalai Lama Tibets zum Kloster der Gelug-Schule.[4][5][7] Nochmal 300 Jahre später wurde das Kloster in der Kulturrevolution zerstört, bis es in 1982/83 wieder vollkommen aufgebaut wurde.[7] Ein Jahr später wurde es auch wieder von dem Penchen Lama Thrinle Lhündrub Chökyi Gyeltshen gesegnet.[14][15] Aufgrund des fortschreitenden Zerfalls der Fassade und des Holzes wurde das Kloster vom November 2017 bis zum April 2018 geschlossen und für 1,25 Millionen Euro renoviert.[16][17] Momentan wird das Gebäude als buddhistisches Kloster und Touristenattraktion genutzt, wobei der Eintritt in das Kloster kostenpflichtig ist.[7]
Etymologie
Tibetische Bezeichnung |
---|
Tibetische Schrift: ཡུམ་བུ་བླ་སྒང (ཡུམ་བུ་ལྷ་སྒང།ཡུམ་བུ་བླ་མཁར) |
Wylie-Transliteration: yum bu bla sgang (yum bu lha sgang, yum bu bla mkhar) |
Offizielle Transkription der VRCh: Yumbulagang |
THDL-Transkription: Yumbulagang |
Andere Schreibweisen: — |
Chinesische Bezeichnung |
Traditionell: 雍布拉崗 |
Vereinfacht: 雍布拉岗 |
Pinyin: Yōngbùlāgǎng |
Der Name "Yumbu Lagang" setzt sich aus den Wörtern "Yumbu", was soviel heißt wie "Weiblicher Hirsch", und "Lagang", was sich mit "Heiliger Palast" übersetzen lässt, zusammen.[7] Der erste Teil "Yumbu" kommt daher, dass das Profil des Berges, auf dem das Dzong sitzt, einem Hirsch ähnelt. Zusammengesetzt bedeutet "Yumbu Lagang" soviel wie "Der (heilige) Palast von Mutter und Sohn".[18]
Siehe auch
Galerie
- Sicht auf Felder im Tal
- Yumbu Lagang von hinten mit Aufstieg
- Aufstieg zum Yumbu Lagang
- Nahaufnahme der Burg
Literatur
- Ngawang Lobsang Gyatsho: A History of Tibet by the Fifth Dalai Lama of Tibet. Indiana, Bloomtington 1995, ISBN 0-933070-32-2, 2 und 3 (englisch, tibetisch: བོད་ཀྱི་དེབ་ཐེར་དཔྱིད་ཀྱི་རྒྱལ་མོའི་གླུ་དབྱངས. Übersetzt von Zahiruddin Ahmad).
- Turrell V. Wylie: A Cultural History of Tibet. By David Snellgrove and Hugh Richardson. In: Frederick A. Praeger (Hrsg.): The Journal of Asian Studies. 3. Auflage. Band 28. Cambridge University Press, 1968, ISSN 0021-9118, S. 642–643, doi:10.2307/2943223.
Weblinks
Einzelnachweise und Anmerkungen
- Gaby Hollmann: History of Tibet – A Few Chapters (Part 1). 2006, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 12. August 2019; abgerufen am 9. Januar 2021 (englisch).
- Turrell V. Wylie: A Cultural History of Tibet. By David Snellgrove and Hugh Richardson. New York: Frederick A. Praeger, 1968. 291 pp. Bibliography, Index. $ 10.00. In: The Journal of Asian Studies. Band 28, Nr. 3, Mai 1969, ISSN 0021-9118, S. 642–643, doi:10.2307/2943223 (cambridge.org [abgerufen am 9. Januar 2021]).
- Ahmad, Zahiruddin.: The history of Tibet. Hrsg.: Indiana University Research. Indiana University, Research Institute for Inner Asian Studies, Bloomington, Indiana 1995, ISBN 0-933070-32-2.
- Yumbu Lagang Palace. In: ChinaTopTrip. 16. Dezember 2018, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 11. Januar 2021; abgerufen am 11. Januar 2021 (englisch).
- Tsetang (Zedang) in Central Tibet. In: Tibetpedia - All things Tibet. Tibetpedia, 1. April 2016, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 9. Januar 2021; abgerufen am 9. Januar 2021 (englisch).
- Yungbulakang Palace - the first palace in Tibet | WindhorseTour – China Tibet Travel Tour Guide & Service. WindhorseTour, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 14. Juni 2017; abgerufen am 9. Januar 2021 (englisch).
- Yumbulagang Palace (or Yumbu Lakhang) Travel Guide - History, Features, Travel Tips. TibetDiscovery, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 10. September 2019; abgerufen am 9. Januar 2021 (englisch).
- Yumbulagang Palace, a Palace of Honor, the first palace in Tibet. TopChinaTravel, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 4. August 2020; abgerufen am 9. Januar 2021 (englisch).
- Breathtaking aerial view of oldest palace in Tibet, China. New China TV, 1. Juli 2020, abgerufen am 18. Januar 2021 (englisch).
- Yumbu Lakang- Tsetang Yumbu Lakang the First Palace in Tibet. Tibet Ctrip Tours, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 18. Januar 2021; abgerufen am 18. Januar 2021 (englisch).
- Kadri Raudsepp: RNYING MA AND GSAR MA: FIRST APPEARANCES OF THE TERMS DURING THE EARLY PHYI DAR(LATER SPREAD OF THE DOCTRINE). Hrsg.: Universität Tallinn. Tallinn, S. 46, S. 28.
- THE EIGHT EMANATIONS OF GURU PADMASAMBHAVA. 21. Januar 2005, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 21. Januar 2005; abgerufen am 15. Januar 2021 (englisch).
- Neumaier-Dargyay, Eva K.: The rise of esoteric Buddhism in Tibet. 2. Auflage. M. Banarsidass, Delhi 1998, ISBN 81-208-1577-7 (Erstausgabe: 1937).
- Christian Deweirdt, Monique Masse: Le Tibet. 2. Auflage. Ed. de l'Adret, Paris 1999, ISBN 2-907629-46-8.
- Victor Chan: Tibet. Guide du pèlerin. Genf 1998, S. 590 (französisch): « L'actuel Yumbu Lagang est une reconstruction (1982) du bâtiment originel, preque totalement détruit pendant la Révolution culturelle. Sa tour fut si gravement endommagée que seul un morceau de sa base demeura en place. »
- Now China To Renovate Yumbu Lakhang By Next April. In: Tibet Journal. 20. November 2017, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 10. März 2020; abgerufen am 16. Januar 2021 (englisch).
- Craig Houston: Tibet's oldest palace to undergo reconstruction work. In: gbtimes - Bringing China Closer. 21. November 2017, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 1. Dezember 2017; abgerufen am 19. Januar 2021 (englisch).
- 何超: 到西藏品“山南牌雪糕” 给湖南火热的夏天“退退烧”_湖南文旅_旅游频道. 戴科, 13. Mai 2020, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 16. Januar 2021; abgerufen am 16. Januar 2021 (chinesisch).