Yunnan
Yunnan, deutsch Jünnan (chinesisch 雲南 / 云南, Pinyin , Pe̍h-ōe-jī Hûn-lâm – „Südlich der Wolken“), ist eine Provinz im Südwesten der Volksrepublik China. Mit 394.100 Quadratkilometern ist sie etwa so groß wie Deutschland und die Niederlande zusammen. Nach dem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf war es 2015 die zweitärmste Provinz der Volksrepublik China.
Abkürzung: 滇 (Pinyin: Diān) | |
Hauptstadt | Kunming |
Fläche – Gesamt |
Rang 8 von 33 394.100 km² |
Bevölkerung
– Gesamt 2020 |
Rang 12 von 33
47.209.277 Einwohner |
Verwaltungstyp | Provinz |
Gouverneur | Ruan Chengfa |
ISO-3166-2-Code | CN-YN |
Bezirksebene | 8 Städte, 8 Autonome Bezirke |
Kreisebene | 66 Kreise, 29 Autonome Kreise, 17 Stadtbezirke, 17 Städte |
Gemeindeebene | 683 Großgemeinden, 545 Gemeinden, 140 Nationalitätengemeinden, 175 Straßenviertel |
Geographie
Yunnan ist diejenige Provinz, die die deutlichsten kulturellen und geographischen Unterschiede in China repräsentiert. Die Provinz zeichnet sich durch eine sehr große Biodiversität aus. In Yunnan leben die letzten 250 wilden Elefanten Chinas, die unter strengem Naturschutz stehen.[1] Die Naturräume sind durch den Gegensatz von schneebedeckten Bergen mit Hochgebirgsvegetation bis hin zu Tälern mit subtropischer bis tropischer Vegetation geprägt.
Flüsse
Mehrere größere Flüsse fließen durch die Provinz:
- Der Jangtsekiang (长江, Cháng Jiāng), Chinas größter Fluss, der bei Shanghai ins Ostchinesische Meer mündet,
- Der Oberlauf des Mekong, welcher im chinesischen Gebiet Lancang Jiang (澜沧江, Láncāng Jiāng) genannt wird, der durch Laos, Kambodscha und Vietnam fließt und in das südchinesische Meer mündet,
- Der Rote Fluss (红河, Hóng Hé oder 元江, Yuán Jiāng), der durch den Norden Vietnams (u. a. Hanoi) fließt und in das südchinesische Meer mündet,
- Der Saluen (怒江, Nù Jiāng), der flussabwärts durch Myanmar (Birma) fließt und in die Andamanensee mündet.
Geschichte
Archäologische Ausgrabungen brachten in den 1950ern in Shizhaishan bedeutende Funde zu Tage, so dass heute insbesondere die Dian-Kultur an Gestalt gewinnt. Die Geschichte Dians beginnt chinesischen Quellen (Sima Qian) zufolge mit dem Chu-General Zhuang Qiao, der sich im östlichen Yunnan niederließ und dort das Königreich gründete (Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr.). Um 109 v. Chr. wurde Dian in einem Feldzug an Han-China angeschlossen, und der besiegte König erhielt Titel, Siegel und militärische Hilfe gegen benachbarte Stämme. Analog dazu wurde die Yizhou-Kommandantur eingerichtet.
Nach dem Ende der Han-Dynastie wechselten sich chinesische Agenten und diverse einheimische Anführer in der Herrschaft ab. Literarisch sind dabei die Taten des chinesischen Volkshelden Zhuge Liang (181–234, vertrat Shu Han) und seines Gegenspielers Menghuo, aber im Allgemeinen blieb die chinesische Herrschaft in diesem Raum indirekt und schwach. Weiterhin gab es in dieser Periode verschiedene Migrationsbewegungen, die sich vorwiegend nach Süden richteten, da dort mehr und freieres Land zur Verfügung stand.
Mit der Einigung Chinas unter den Sui und Tang verstärkte sich auch der Druck auf das heutige Yunnan. Der Hof wollte unter anderem den Handel nach Indien kontrollieren, sandte Truppen gegen die Bevölkerungsgruppe der Cuan und nahm die Unterwerfung der lokalen Kleinfürsten entgegen. 621 errichtete man eine Präfektur in Yunnan, aber die Herrschaft Chinas hielt nur bis 750 vor. In den 30er Jahren des 8. Jahrhunderts beseitigte nämlich der Lokalfürst Pilugoe bei einem Bankett seine Rivalen und gründete das Reich Nanzhao, einen Vielvölkerstaat. Dieser behauptete sich (mit Rückendeckung durch Tibet) um 750 militärisch gegen Tang-China und umfasste dann im 9. Jahrhundert zeitweise Teile von Birma, Thailand, Vietnam und sogar Sichuan. Im 10. Jahrhundert wurde er nach wiederholten Dynastiewechseln von Duan Siping (einem Angehörigen der Bai) als Königreich Dali neugegründet.
Die Unabhängigkeit des Staates wurde 1253/4 durch die Mongolen unter dem Prinzen Kublai beendet, der die Hauptstadt Dali angeblich mit einem Minimum an Blutvergießen eroberte und den König als Vasallen wieder einsetzte. 1274 kam mit Sayyid Adschall Schams ad-Din Umar auch ein ziviler Gouverneur nach Yunnan, dessen Erscheinen nicht nur die endgültige Angliederung an China, sondern auch die Einführung des Islams markiert.
Beim Sturz der Mongolenherrschaft Mitte des 14. Jahrhunderts blieb die Provinz Yunnan zunächst relativ ruhig und unbeachtet: erst 1382 rückten die Ming an und der lokale Mongolenprinz Basalawarmi nahm sich das Leben. Im Zuge der Stabilisierung ihres Regimes verpflanzten die Ming dann bereits Ende des 14. Jahrhunderts Millionen unliebsamer Personen aus der Region um Nanjing nach Yunnan, speziell nach Kunming. Durch die Praxis der Errichtung von Militärkolonien (tuntian) wuchs der chinesische Bevölkerungsanteil schnell an, breitete sich bevorzugt über die Täler und Senken aus und verdrängte die einheimische Bevölkerung in die Berge. Trotzdem blieb der Süden der Provinz noch relativ autonom (vgl. Sipsongpanna).
Nach dem Sturz der Südlichen Ming durch die Mandschu verselbständigte sich der erfolgreiche General Wu Sangui in Kunming und erschuf sich dort eine Art Königreich, welches erst 1681 wieder angegliedert wurde.
Im 19. Jahrhundert wurde das Kaiserreich China durch zahlreiche innere Unruhen erschüttert, so auch in Yunnan, wo schon 1818 und 1834–40 erste muslimische Aufstände ausbrachen. Zeitgleich zum Taiping-Aufstand kam es dann 1853 zu einem großen Aufstand der Moslems, der sogenannten Panthay-Rebellion. Unter den Aufständischen setzte sich ein gewisser Du Wenxiu durch, der als Sultan in Dali regierte und auch eine Gesandtschaft nach Großbritannien schickte. Aber die Aufständischen konnten Kunming nicht halten, und 1872 wurde Yunnan schließlich von den Kaiserlichen zurückerobert. Eine Million Menschen kamen während dieses Aufstands ums Leben.[2] In den folgenden Jahrzehnten kam die Provinz nie mehr ganz zur Ruhe.
Im Jahre 1894 reiste George Ernest Morisson, ein australischer Korrespondent der Times, von Peking in das unter britischer Herrschaft stehende Birma durch Yunnan. Sein Buch[3] beschreibt detailreich seine gewonnenen Eindrücke.
Nach dem Sturz des Kaiserreichs und des damit beginnenden Zusammenbruchs der Zentralgewalt beherrschten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Warlords die Provinz. Um 1920 dominierte Tang Chiyao Yunnan, um 1926 kontrollierte er auch die Nachbarprovinz Guizhou. In Guizhou setzte sich nach 1935 zwar die Kuomintang-Nationalregierung durch, in Yunnan jedoch hielt sich trotz der für die Nationalisten strategisch bedeutenden Burmastraße bis 1945 der regionale General Lung Yun an der Macht.
Demographie
Jahr | Einwohnerzahl |
---|---|
Zensus 1954 | 17.472.737 |
Zensus 1964 | 20.509.525 |
Zensus 1982 | 32.553.817 |
Zensus 1990 | 36.972.610 |
Zensus 2000 | 42.360.089 |
Zensus 2010 | 45.966.766 |
Zensus 2020 | 47.209.277 |
Yunnan ist die Provinz Chinas mit der höchsten ethnischen Diversität. Etwa 38 % der Bevölkerung dieses durch Gebirgskämme kleinräumig unterteilten Landes gehören ethnischen Minderheiten an. Dazu gehören folgende Völker und Volksgruppen: Yi (10,9 % der Gesamtbevölkerung), Bai (3,6 %), Hani (3,4 %), Dai (2,7 %), Zhuang (2,6 %), Miao (2,6 %), Hui (1,5 %), Lisu (1,5 %), Lahu (1,1 %), Va, Naxi, Mosuo, Yao, Tibeter, Jingpo, Blang, Primi, Nu, Achang, Jino, Mongolen, Derung, Mandschu, Sui und Bouyei.
Noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hatten Hui (Panthay) und andere muslimische Völker Chinas über 31 % der damaligen Bevölkerung (3,75 Mio. von 12 Mio. Einwohnern)[5] ausgemacht. Heute sind es nur noch 1,5 %.
Von den 55 in China offiziell anerkannten ethnischen Volksgruppen leben 36 in Yunnan.[6]
2013 lag die durchschnittliche Lebenserwartung bei 69,5 Jahren und damit unter dem chinesischen Durchschnitt.[7]
Administrative Gliederung
Yunnan setzt sich aus acht bezirksfreien Städten und acht autonomen Bezirken zusammen:
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Die oben genannten 16 Verwaltungseinheiten waren mit Stand Dezember 2016 weiter unterteilt in 16 Stadtbezirke, 15 kreisfreie Städte, 69 Kreise und 29 autonome Kreise.[8] Ende 2019 waren es 17 Stadtbezirke, 17 kreisfreie Städte, 66 Kreise und 29 autonome Kreise.
Die folgende Tabelle listet die Verwaltungseinheiten auf.
Administrative Karte Yunnans | # | Region | Chin. | Hanyu pinyin | Verwaltungs- sitz |
Fläche (km²) |
Einwohner (2020)[9] |
---|---|---|---|---|---|---|---|
— Bezirksfreie Städte — | |||||||
1 | Kunming | 昆明市 | Kūnmíng Shì | Chenggong | 21.001 | 8.460.088 | |
2 | Qujing | 曲靖市 | Qǔjìng Shì | Qilin | 28.939 | 5.765.775 | |
3 | Yuxi | 玉溪市 | Yùxī Shì | Hongta | 14.942 | 2.249.502 | |
4 | Baoshan | 保山市 | Bǎoshān Shì | Longyang | 19.065 | 2.431.211 | |
5 | Zhaotong | 昭通市 | Zhāotōng Shì | Zhaoyang | 22.440 | 5.092.611 | |
6 | Lijiang | 丽江市 | Lìjiāng Shì | Gucheng | 20.557 | 1.253.878 | |
7 | Pu’er | 普洱市 | Pǔ'ěr Shì | Simao | 44.265 | 2.404.954 | |
8 | Lincang | 临沧市 | Líncāng Shì | Linxiang | 23.621 | 2.257.991 | |
— Autonome Bezirke — | |||||||
9 | Dehong | 德宏傣族景颇族自治州 | Déhóng Dǎizú Jǐngpōzú Zìzhìzhōu | Mang | 11.171 | 1.315.709 | |
10 | Nujiang | 怒江傈僳族自治州 | Nùjiāng Lìsùzú Zìzhìzhōu | Lushui | 14.589 | 552.694 | |
11 | Dêqên | 迪庆藏族自治州 | Díqìng Zàngzú Zìzhìzhōu | Shangri-La | 23.186 | 387.511 | |
12 | Dali | 大理白族自治州 | Dàlǐ Báizú Zìzhìzhōu | Dali | 28.299 | 3.337.559 | |
13 | Chuxiong | 楚雄彝族自治州 | Chǔxióng Yízú Zìzhìzhōu | Chuxiong | 28.437 | 2.416.747 | |
14 | Honghe | 红河哈尼族彝族自治州 | Hónghé Hānízú Yízú Zìzhìzhōu | Mengzi | 32.168 | 4.478.422 | |
15 | Wenshan | 文山壮族苗族自治州 | Wénshān Zhuàngzú Miáozú Zìzhìzhōu | Wenshan | 31.409 | 3.503.218 | |
16 | Xishuangbanna | 西双版纳傣族自治州 | Xīshuāngbǎnnà Dǎizú Zìzhìzhōu | Jinghong | 19.107 | 1.301.407 |
Größte Städte
Die Einwohnerzahlen sind auf dem Stand der Volkszählung 2010 und beziehen sich auf die eigentliche städtische Siedlung. 2014 lebten 41,7 % der Bevölkerung in Städten oder städtischen Räumen.[10]
Rang | Stadt | Einwohner | Rang | Stadt | Einwohner |
---|---|---|---|---|---|
1 | Kunming | 5.273.144 | 6 | Yuxi | 306.879 |
2 | Xuanwei | 584.076 | 7 | Baoshan | 263.380 |
3 | Qujing | 468.437 | 8 | Zhaotong | 255.861 |
4 | Dali | 367.122 | 9 | Fuyuan | 249.312 |
5 | Chuxiong | 331.991 | 10 | Anning | 242.151 |
Wirtschaft
Im Jahr 2015 belegte die Wirtschaft Yunnans mit einem BIP in Höhe von 1,37 Billionen Yuan (220 Milliarden US-Dollar), Platz 23 unter den Provinzen Chinas. Das BIP pro Kopf betrug 31.265 Yuan (4.707 US-Dollar/ KKP: 9.002 US-Dollar) pro Jahr (Rang 30 unter den chinesischen Provinzen). Das Wohlstandsniveau in der Provinz lag damit ungefähr auf dem Niveau von Jamaika und betrug nur 58 % des chinesischen Durchschnitts.[11]
Tee ist eines der bekanntesten produzierten Produkte. Der bekannte Pu-Erh-Tee erhielt seinen Namen nach der Stadt Pu’er. Schwarztees aus Yunnan gehen fast ausschließlich in den Export, erzielen aber auf den internationalen Märkten nicht so hohe Preise wie Tees aus der Nachbarprovinz Sichuan. Seit Ende des 19. Jahrhunderts wird auch Kaffee in Yunnan angebaut, die von Kaffee-Pflanzungen eingenommenen Anbauflächen erreichen fast 25.000 Hektar.[12]
Yunnan plant bis 2016 die Errichtung eines 3 GW Solarparks. Der Auftrag wurde an Yingli Green Energy vergeben.[13]
Tourismus
Touristische Zentren in Yunnan sind Dali, die Naxi-Stadt Lijiang, Shangri-La, Shilin und Jinghong in Xishuangbanna.
Die Altstadt von Lijiang (13. Jh.) ist ein UNESCO-Weltkulturerbe seit 1997.
Der Steinwald Shilin, 120 Kilometer südöstlich von Kunming, ist die größte Sehenswürdigkeit der Provinz. Die bizarre Karstlandschaft entstand durch tektonische Bewegungen und Erosion im Kalkgestein. Die Felsformationen, die bis zu 30 Meter hoch sind, ragen wie Türme in den Himmel.
Eponyme
Der am 29. Oktober 1978 entdeckte Asteroid (2230) Yunnan trägt seit 1981 den Namen der Provinz.[14]
Fotos
- Berge in Dêqên (迪庆), an der Grenze zu Tibet
- Landschaft in Yunnan
- Landschaft in Yunnan
- Yangtse-Tal in Yunnan
- Der Steinwald bei Shilin
- Terrassen an der Tigersprung-Schlucht, einer der tiefsten Schluchten der Welt
- Für die Region typische Reisterrassen
Weblinks
- Offizielle Website der lokalen Provinzregierung (chinesisch)
- Online-Reisefuehrer von Yunnan. (Memento vom 19. September 2012 im Internet Archive)
Einzelnachweise
- IFAW aktuell (Memento vom 6. Dezember 2008 im Internet Archive), Vierteljahresschrift des ifaW (Internationaler Tierschutz-Fonds), 2. Quartal 2006, S. 3
- Günter Kettermann: Atlas zur Geschichte des Islam, S. 127 (Islam in China). Darmstadt 2001
- G.E. Morrison: An Australian in China., In: Gutenberg.net.au, abgerufen am 22. April 2022. (englisch)
- China: Provinzen und größere Städte – Einwohnerzahlen, Karten, Grafiken, Wetter und Web-Informationen. Citypopulation.de, abgerufen am 6. Mai 2018 (deutsch, englisch).
- Meyers Konversationslexikon, Band 4, S. 47 (China, Bevölkerung) und S. 51 (Religionen). fünfte Auflage, Leipzig/Wien 1897
- Open Doors. 03/11, Open Doors Schweiz, Romanel-sur-Lausanne 2011, S. 9.
- 中国统计年鉴-2013. In: stats.gov.cn. Nationales Statistikamt China, abgerufen am 6. Mai 2018 (chinesisch).
- 2016年贵州省行政区划 – „Administrative Aufteilung der Provinz Guizhou im Jahr 2016“. In: xzqh.org. 2. Dezember 2016, abgerufen am 28. Juli 2019 (chinesisch).
- Citypopulation.de: Yúnnán Shěng, Provinz in China, abgerufen am 10. Februar 2022. (deutsch, englisch)
- Yunnan (China): Prefectural Division, Major Cities & Counties - Population Statistics, Maps, Charts, Weather and Web Information. Abgerufen am 10. März 2018 (deutsch, englisch).
- National Data. In: data.stats.gov.cn. Nationales Statistikamt China, abgerufen am 22. April 2022 (englisch).
- Kaffees der Welt – Band 1: Yunnan (Memento vom 18. März 2009 im Internet Archive), In: Kaffeemuseum-berlin.de
- Yingli zieht Großauftrag über 3.000 MW an Land. Neuausrichtung der chinesischen Strategie. In: iwr.de. Internationales Wirtschaftsforum Regenerative Energien, 18. Juni 2013, abgerufen am 22. April 2022 (deutsch, englisch).
- Minor Planet Circ. 6059., In: minorplanetcenter.net, (PDF; 172 kB), abgerufen am 22. April 2022. (englisch)