Obfelden

Obfelden (schweizerdeutsch: Obfälde) ist eine politische Gemeinde im Bezirk Affoltern (älter: Knonauer Amt, pop. Söiliamt) des Kantons Zürich in der Schweiz. Die Gemeinde besteht aus den Weilern Unterlunnern, Oberlunnern, Wolsen, Toussen und Bickwil sowie dem nach der Abspaltung von Ottenbach entstandenen Chilenfeld (schweizerdeutsch Underlunnere, Oberlunnere, Wolse, Tousse, Bickwiil, Chilefäld).

Obfelden
Wappen von Obfelden
Wappen von Obfelden
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Zürich Zürich (ZH)
Bezirk: Affoltern
BFS-Nr.: 0010i1f3f4
Postleitzahl: 8912
Koordinaten:674586 / 235275
Höhe: 430 m ü. M.
Höhenbereich: 383–520 m ü. M.[1]
Fläche: 7,54 km²[2]
Einwohner: 5787 (31. Dezember 2022)[3]
Einwohnerdichte: 592 Einw. pro km²
Ausländeranteil:
(Einwohner ohne
Schweizer Bürgerrecht)
21,5 %
(31. Dezember 2022)[4]
Gemeindepräsident: Stephan Hinners (parteilos)
Website: www.obfelden.ch
Die Kirche in Obfelden, vom Friedhof aus gesehen
Die Kirche in Obfelden, vom Friedhof aus gesehen

Die Kirche in Obfelden, vom Friedhof aus gesehen

Lage der Gemeinde
Karte von Obfelden
Karte von Obfelden
{w

Geographie

Luftbild (1947) von Werner Werner Friedli

Obfelden gehört zum Knonauer Amt und liegt an der Reuss, welche die Kantonsgrenze zum Kanton Aargau bildet. Die Gemeinde grenzt im Süden zudem an den Kanton Zug. Die Luftdistanz zu Zürich beträgt etwa 14 Kilometer, nach Zug etwa 13 Kilometer.

Nachbargemeinden sind Ottenbach, Affoltern am Albis, Mettmenstetten, Maschwanden, Hünenberg, Merenschwand.

Ein Dreikantonseck zu den Kantonen Aargau und Zug findet sich an der Mündung der Lorze in die Reuss (Welt-Icon).

Geschichte

Erste Siedlungen auf Obfelder Gebiet lassen sich bis in die Steinzeit zurückverfolgen. Funde lassen auf eine neolithische Siedlung schliessen. Bronzene Armspangen aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. weisen auf eine keltische Besiedlung hin. Zur Zeit der Römer befand sich unterhalb des heutigen Weilers Unterlunnern ein kleiner Vicus mit Zentralbauten und vermutlich mit Hafenanlagen an der Reuss. Der Siedlungsname Lunnern (vielleicht von keltisch-lateinisch Londinaria) zeugt noch heute vom kulturellen Kontakt zwischen romanisch sprechenden Bevölkerungsteilen und den sich ab dem 7. Jh. n. Chr. ansiedelnden Alamannen.[5][6] Ausgrabungen fanden bisher nur in Form von Stichproben statt. Schon 1741 wurde jedoch der Goldschatz von Unterlunnern entdeckt: Der vom Ende des 3. Jahrhunderts nach Christus stammende Hortfund befindet sich im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich.[7]

Vom 7. bis 11. Jahrhundert entstanden auf dem heutigen Gemeindegebiet fünf Weiler:[5] Die ans antike Lunnern anknüpfenden Unterlunnern und Oberlunnern sowie – etwas weiter von der Reuss entfernt – Toussen (eventuell von althochdeutsch Dunines/Tunines heim, «Heim/Dorf des Duni/Tuni», erstmals belegt 1325 als Tunsen),[8] Wolsen (möglicherweise von althochdeutsch ze Wolines hovun, «bei den Höfen des Woli», erwähnt 1281 als Woloshoven und 1311 als Wolunsun)[9] und Bickwil (wohl von althochdeutsch Biccin wilari, «Weiler des Bicco» um 1150 als Biggwile belegt).[10]

Kirchlich gehörten die Weiler seit dem Ausgang des Hochmittelalters zu Ottenbach. Gerichtlich waren sie dem Maschwander Amt und (im Fall des oberen Teils von Toussen und des unteren Teils Unterlunnerns) dem Freiamt Affoltern unterstellt und fielen mit diesen Gebieten 1406 bzw. 1415 an die Stadt Zürich. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts waren sie direkt vom Alten Zürichkrieg betroffen, im dritten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts als Teil der 1507 als neue Verwaltungseinheit geschaffenen Landvogtei Knonau in die Ereignisse rund um die zürcherische Reformation involviert. Erstmals nannte 1640 der damalige Ottenbacher Pfarrer Hans Kaspar Müller die fünf Weiler summarisch «gmeinden ob dem feld».[11] 1651 schrieb derselbe Pfarrer in einem Brief an die Zürcher Obrigkeit: «Die obern Gemeinden aber dringen ernstlich darauf, dass man ihnen auch eine Schul ob dem Felde lassen sölle […].»[12]

Ab Mitte des 17. Jahrhunderts führten Wirtschaftskrisen und Bevölkerungswachstum dazu, dass sich zahlreiche Bewohner des Knonauer Amts zur Auswanderung gezwungen sahen. Aus Obfelden sind zwischen 1650 und 1750 die Namen von knapp 350 ins Ausland ausgewanderten Personen überliefert, von denen etwa ein Drittel ins Elsass und der Rest ins Herzogtum Zweibrücken, in die Kurpfalz, nach Brandenburg oder ins amerikanische Pennsylvania zog.[13]

Am 15. Februar 1847 trennten sich die fünf Zivilgemeinden ob dem Felde von Ottenbach und gründeten die neue Einheitsgemeinde Obfelden. Entscheidend an dieser Abspaltung beteiligt war der Baumwoll- und Seidenfabrikant Rudolf Stehli-Hausheer (1816–1884),[14] der sich in dieser Sache 1846 mit einem Brief an Alfred Escher richtete.[15] Der spätere liberale Nationalrat und Eisenbahnförderer hatte 1837 in Oberlunnern eine Baumwollweberei gegründet und diese 1840 in eine Seidenweberei, die spätere Stehli Seiden, umgewandelt. Dies war der Beginn der Industrialisierung des Dorfes.

Im Jahr der Gemeindegründung fand auf dem Gemeindegebiet im Rahmen des Sonderbundskriegs am 12. November 1847 das Gefecht von Lunnern statt, in dessen Verlauf die Sonderbundstruppen vergeblich über die Reuss auf Zürcher Gebiet zu gelangen versuchten.

1847 lieferte der Kirchenbauarchitekt Ferdinand Stadler die Pläne für eine Kirche im Dorf, deren Bau zu einem guten Teil vom Seidenpatron Stehli-Hausheer finanziert wurde. Im Umfeld von Kirche und Pfarrhaus entstand in den folgenden Jahrzehnten der Weiler Chilenfeld, in welchem auch der Landsitz der Fabrikherren-Familie, die sogenannte Villa Stehli (1877), die neuen Schulgebäude (Sekundarschulhaus 1885, Turnhalle 1892, Primarschulhaus 1897) sowie das Gemeindehaus (1929) zu stehen kamen.

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung[16]
Jahr163416681799185019001950200020052010201520202022
Einwohner31156278989613351517477243554682500757785779

Politik

Gemeindepräsident ist Stephan Hinners (parteilos, Stand 2023).[17]

Bei der Nationalratswahl 2019 erreichten die Parteien folgende Wähleranteile: SVP 33,72 %, SP 14,64 %, glp 14,56 %, FDP 11,51 %, Grüne 8,55 %, CVP 6,39 %, EVP 5,32 %, EDU 2,16 %, BDP 1,84 % und andere (8) 1,30 %.[18]

Die Wähleranteile bei der Nationalratswahl 2023: SVP 37,56 % (+3,84 %), SP 15,25 % (+0,61 %), glp 12,21 % (−2,35 %), Die Mitte 9,94 % (+1,70 %), FDP 9,04 % (−2,47 %), Grüne 6,85 % (−1,69 %), EVP 3,87 % (−1,46 %), EDU 1,84 % (−0,32 %), Aufrecht Zürich 1,46 %, andere (11) 1,98 %.[19]

Wappen

Blasonierung:

In Blau ein durch ein goldenes Band mit frei flatternden Enden zusammengehaltenes Bündel von fünf goldenen Ähren, die mit sechs goldenen Blättern abwechseln

Die Ähren symbolisieren die fünf Weiler.

Sehenswürdigkeiten

In Obfelden gibt es zwei Kirchen:

Verkehr

Die Gemeinde ist durch drei Buslinien erschlossen:

212 Affoltern a. A., Bahnhof – Obfelden, Unterlunnern via Dorfstrasse

215 Affoltern a. A., Bahnhof – Ottenbach – Birmensdorf ZH – Zürich, Bahnhof Wiedikon via Obfelden, Bickwil

217 Affoltern a. A., Bahnhof – Obfelden – Muri AG, Bahnhof via Dorfstrasse

Seit dem 13. November 2009 besitzt die Gemeinde einen gemeinsamen Autobahnanschluss mit Affoltern am Albis. 2020 wurde mit den Bauarbeiten des Autobahnzubringers Obfelden-Ottenbach begonnen, der Anfang Juni 2023 dem Verkehr übergeben wurde. Er entlastet Obfelden und Ottenbach vom Durchgangsverkehr.[20]

Persönlichkeiten

Literatur

  • Hermann Fietz: Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich. Band I: Die Bezirke Affoltern und Andelfingen. Obfelden (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 7). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (GSK). Bern 1938, DNB 365803030, S. 130–132 (Digitalisat).
  • Johann David Esslinger: Denkschrift zur Feier des 25-jährigen Bestandes der Kirchgemeinde und Kirche Obfelden. Im Auftrag der Gemeindebehörden verfasst. 1873.
  • Obfelden. Gedenkschrift zum 50-jährigen Bestand der Gemeinde. Zürich 1897 (bekannt als «Altes Obfelderbuch»).
  • Paul Kläui et al.: Geschichte der Gemeinde Obfelden. Festschrift zum hundertjährigen Bestehen. Herausgegeben vom Gemeindeverein Obfelden. Affoltern am Albis 1947.
  • Stefanie Martin-Kilcher, Heidi Amrein, Beat Horisberger: Der römische Goldschmuck aus Lunnern (ZH). Ein Hortfund des 3. Jahrhunderts und seine Geschichte. Chronos Verlag, Zürich 2008, ISBN 978-3-0340-0908-9.[24]
  • Daniel Gut: Lunnern. Londons Zwilling im Reusstal. Eine sprach- und kulturgeschichtliche Verortung von Siedlungsnamen. BoD, Norderstedt 2010, ISBN 978-3-8370-8758-1.
Commons: Obfelden – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Generalisierte Grenzen 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 7. September 2023.
  2. Generalisierte Grenzen 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 7. September 2023.
  3. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
  4. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
  5. Daniel Gut: Lunnern. Londons Zwilling im Reusstal. Eine sprach- und kulturgeschichtliche Verortung von Siedlungsnamen. BoD, Norderstedt 2010, ISBN 978-3-8370-8758-1.
  6. Unterlunnern auf ortsnamen.ch.
  7. Norbert Raabe: Vergessene Schätze aus der Römerzeit. In: Tages-Anzeiger. 5. November 2008, abgerufen am 6. November 2008.
  8. Toussen auf ortsnamen.ch.
  9. Wolsen auf ortsnamen.ch.
  10. Bickwil auf ortsnamen.ch.
  11. Bevölkerungsverzeichnisse Ottenbach, Staatsarchiv Zürich E II 700.29.
  12. Obfelden. Gedenkschrift zum 50-jährigen Bestand der Gemeinde. Zürich 1797, S. 232.
  13. Hans Ulrich Pfister: Die Auswanderung aus dem Knonauer Amt 1648–1750. Hans Rohr, Zürich 1987, ISBN 3-85865-085-4, S. 296300.
  14. Susanne Peter-Kubli: Rudolf Stehli. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  15. Rudolf Stehli-Hausheer an Alfred Escher, Lunnern, Montag, 30. November 1846. Abgerufen am 12. September 2023.
  16. Quellen: 1634–1799: HLS, 1850–1960: Eidgenössische Volkszählungen (XLS; 927 kB), danach: Gemeindeporträts. Obfelden. Bevölkerung (Personen). Statistisches Amt des Kantons Zürich, 1962–2022.
  17. Gemeinderat. Website der Gemeinde Obfelden.
  18. Nationalratswahl 2019. Kanton Zürich, abgerufen am 8. September 2023.
  19. Nationalratswahl 2023. Kanton Zürich. 25. Oktober 2023.
  20. Obfelden/Ottenbach. Kanton Zürich, Juli 2023, abgerufen am 8. Januar 2021 (Strassenprojekt).
  21. Urs B. Leu: Die Zürcher Täufer zur Bullingerzeit. In: Emidio Campi (Hrsg.): Heinrich Bullinger – Life – Thought – Influence. Zürich 2007, S. 262 ff.
  22. Christian Scheidegger: Täufergemeinden, hutterische Missionare und schwenckfeldische Nonkonformisten bis 1600. In: Urs B. Leu, Christian Scheidegger (Hrsg.): Die Zürcher Täufer 1525–1700. Zürich 2007, S. 125 f. und 152 f.
  23. Bernhard Schneider: Ottenbachs Bevölkerung im Wandel der Zeit. Ottenbach 1986, S. 129–135.
  24. Stefanie Martin-Kilcher, Heidi Amrein, Beat Horisberger: Der römische Goldschmuck aus Lunnern (ZH). Ein Hortfund des 3. Jahrhunderts und seine Geschichte. Chronos Verlag.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.