Wolkenbrüche bei Trendelburg

Die Wolkenbrüche Nasser Wolkenbruch (oder Großer Wolkenbruch) und Trockener Wolkenbruch (oder Kleiner Wolkenbruch) – sind zwei nahe dem Kernort der Stadt Trendelburg gelegene und durch Erdfälle entstandene Einsturztrichter im nordhessischen Landkreis Kassel (Deutschland).

Blick in den Nassen Wolkenbruch

Die beiden Erdfälle sind jeweils als Naturdenkmal (ND)[1] und als Geotop[2] ausgewiesen. Der Nasse Wolkenbruch, der auch unter Naturschutz[2] steht, ist im Bereich der südniedersächsisch-nordhessischen Buntsandsteinlandschaft an der Oberweser der größte Erdfalltrichter.[2][3]

Geographie

Lage

Die Wolkenbrüche liegen 1 km östlich des Kernorts von Trendelburg und 1,2 km westlich des Trendelburger Stadtteils Friedrichsfeld. Am oberen Rand eines zum Sauerbach abfallenden Waldgebiets befinden sie sich 300 m südlich (Nasser Wolkenbruch) und 400 m südwestlich (Trockener Wolkenbruch) der in landwirtschaftlich genutztem Gebiet gelegenen Gehöftsansiedlung Saurenthal, auch Saures Tal genannt. Der kurze Sauerbach speist südlich der Wolkenbrüche den 1,4 km langen Friedrichsfelder Bach, der im Trendelburger Kernort in die Diemel mündet.[1][4]

Naturräumliche Zuordnung

Die Wolkenbrüche gehören in der naturräumlichen Haupteinheitengruppe Weser-Leine-Bergland (Nr. 37) und in der Haupteinheit Solling, Bramwald und Reinhardswald (370) zur Untereinheit Reinhardswald (370.4). Nach Westen fällt die Landschaft in die Untereinheit Hofgeismarer Rötsenke (343.4) ab, die in der Haupteinheitengruppe Westhessisches Bergland (34) zur Haupteinheit Westhessische Senke (343) zählt.[5][6]

Die Wolkenbrüche

Nasser Wolkenbruch

Der Nasse Wolkenbruch (Großer Wolkenbruch; ) liegt am Rand einer weitläufigen Hochfläche mit Feldern, Wiesen und Bauernhöfen am Waldrand, versteckt zwischen teils eigenartig verwachsenen Bäumen, die im oberen Trichterteil 200 bis 300 Jahre alt sind. Sein oberer Rand liegt auf etwa 195 m ü. NHN.[1]

Der Nasse Wolkenbruch ist insgesamt unterschiedlichen Angaben zufolge zwischen 47[3] und 60 m[2] tief und hat an der fast kreisrunden Oberkante rund 470 m[2] Umfang bei etwa 150 m[2] Durchmesser. In seinem Inneren hat sich ein kleiner See gebildet, der – je nach Wasserstand – 45 bis 60 m[3] Durchmesser hat und 9,5 bis 14,5 m[3] tief ist; anderen Angaben zufolge sind es maximal 16 m Wassertiefe.[7] Damit ist der unterschiedlichen Angaben zufolge etwa 325.000 [2] oder 353.400 [7] große Einsturztrichter mit etwa 22 %[8] mit Wasser gefüllt. Dies brachte ihm den Beinamen Nasser Wolkenbruch ein.[2]

Der Nasse Wolkenbruch liegt im Fauna-Flora-Habitat-Gebiet Wolkenbruch bei Trendelburg (FFH-Nr. 4422-308; 3,14 ha groß).[1]

Trockener Wolkenbruch

Der Trockene Wolkenbruch (Kleiner Wolkenbruch; ) liegt knapp 400 m[2] weiter westlich auf der anderen Seite der Felder am Waldrand und ist ebenso gut versteckt zwischen Bäumen. Der rund 23 m[2] tiefe und 70 m[2] breite Einsturztrichter ist etwa 4.000 [2] groß. Er ist nicht mit Wasser gefüllt, weshalb er Trockener Wolkenbruch heißt.[2] Sein oberer Rand liegt auf etwa 200 m ü. NHN.[1]

Geologische Entstehung des Nassen Wolkenbruchs

Geologie

Beide Wolkenbrüche befinden sich in den Schichten des Oberen Buntsandsteins (Röt), unter denen das Zechstein-Salz (Salzstock) liegt, das im ausgehenden Erdaltertum durch Salzwasserkondensation unter heißen und trockenen Klimaverhältnissen abgelagert wurde.

Vor rund 250 Millionen Jahren[2] mit Beginn des Erdmittelalters lagerten sich auf dem Zechstein allmählich rot gefärbte Sedimente und Sedimentgesteine in einer Mächtigkeit von weit mehr als 1000 m[2] ab und verfestigten sich vorwiegend zu Sandsteinen. Um die Zeitenwende zur Erdneuzeit vor etwa 65,5 Millionen Jahren wurden diese Ablagerungen bis zum Mittleren Buntsandstein abgetragen.

Die Salzgesteine im Untergrund wurden in der jüngsten erdgeschichtlichen Vergangenheit allmählich durch Süß-Grundwasser in einer Tiefe zwischen 900 und 1300 m[2] herausgelöst, wodurch zunächst ein Primärhohlraum entstand. Die Deckschichten brachen in diesen Hohlraum ein. Über ihnen entstand so ein Sekundärhohlraum, der wiederum in historischer Zeit die beiden Erdfälle der Wolkenbrüche ermöglichte.[3]

Sage

Zur Entstehungsgeschichte der merkwürdigen Trichter hat eine Sage eine Erklärung parat:

„Trendula, eine der drei Reinhardswald-Riesinnen und Namensgeberin der Stadt Trendelburg, war voller Missgunst gegenüber ihren Schwestern Saba und Brama. In einer unwetterheimgesuchten Nacht waren die beiden auf dem Rückweg von einem Besuch bei ihrem Vater, dem Riesen Kruko, zu ihren eigenen Burgen, als die hasserfüllte Trendula ihnen auflauerte und Brama hinterrücks meuchelte. Seit Tagen schon gingen Wolkenbrüche und starke Gewitterregen in der Gegend der Mordstelle nieder und die gerechte Strafe ließ nicht lange auf sich warten: Ein Blitz erschlug die Mörderin und im Donnergrollen öffnete sich der Erdboden und verschlang Trendula.“

Namensdeutung bzw. -herkunft

So abwegig ist die aus der Sage entstandene Namensherkunft der Wolkenbrüche gar nicht; denn sieht man einmal vom Mythischen ab, bleibt ein tagelang anhaltendes Unwetter mit starken Niederschlägen als prägendes Naturereignis durchaus geeignet, die dünne Decke einer unterirdischen Auswaschung im Zechstein zum Einsturz zu bringen und den Volksmund zu veranlassen, die damals − zumindest im Rahmen der Sage − unerklärlicherweise plötzlich vorhandenen, aber eigentlich 250 Millionen Jahre alten Erdtrichter Wolkenbruch zu nennen.

Schild Nasser Wolkenbruch

Verkehr und Wandern

Etwa 330 (Trockener Wolkenbruch) bis 130 m (Nasser Wolkenbruch) südlich vorbei an den Wolkenbrüchen führt die Landesstraße 763, die im Trendelburger Kernort von der Bundesstraße 83 abzweigt und ostwärts nach Friedrichsfeld und dann weiter nach Gottsbüren verläuft; südlich von Trendelburg ist die B 83 und östlich der Ortschaft die L 763 Teil der Deutschen Märchenstraße.

Durch den Trendelburger Kernort und damit nahe der Wolkenbrüche verläuft ein gemeinsamer Abschnitt des Diemelradwegs und des Märchenlandwegs. Nordwestlich, westlich und südlich vorbei an den Wolkenbrüchen führt durch die Ortschaft und durch das Tal des Friedrichsfelder Bachs der in Trendelburg auf beide Wege treffende Reinhardswald-Westweg. Etwa 100 m von diesem Weg entfernt und 1,2 km östlich des vorgenannten Straßenabzweigs liegt an der L 763 im Sauerbachtal am unteren Waldrand eine Parkbucht, an dem das Schild Nasser Wolkenbruch und eine Informationstafel[3] auf beide Einsturztrichter hinweisen. Von dort führt ein kurzer Weg steil bergauf durch den Wald zum Nassen Wolkenbruch, woran sich ein Waldrandweg westwärts zum Trockenen Wolkenbruch anschließt.

Siehe auch

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Karten und Daten des Bundesamtes für Naturschutz (Hinweise)
  2. Jahreszeiten – Geotope: Winter 2008/2009, Infos zu den Wolkenbrüchen und deren Geotop-Nummern [4422-5 (Nasser Wolkenbruch) und 4422-4 (Trockener Wolkenbruch)] beim Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie, auf hlnug.de
  3. Jochen Lepper: Informationstafel Nasser Wolkenbruch (an L 763/Parkbucht), vom Niedersächsischen Landesamt für Bodenforschung (heute Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie), Hannover, auf yelp.de
  4. Gewässerkartendienst des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Hinweise)
  5. Jürgen Hövermann: Geographische Landesaufnahme: Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 99 Göttingen. Bundesanstalt für Landeskunde, Bad Godesberg 1963. → Online-Karte (PDF; 4,1 MB)
  6. Hans-Jürgen Klink: Geographische Landesaufnahme: Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 112 Kassel. Bundesanstalt für Landeskunde, Bad Godesberg 1969. → Online-Karte (PDF; 6,9 MB)
  7. Schild Nasser Wolkenbruch (an L 763/Parkbucht), auf commons.wikimedia.org
  8. Durchschnittlicher Wasserfüllstand (Nasser Wolkenbruch):
    (9,5 + 14,5) (Seetiefe je nach Wasserstand) / 2 = 12 (⌀-Wassertiefe) / (47 + 60 m) = 53,5 m (⌀-Trichtergesamttiefe) = 0,22 = ~ 22 %
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