Wolfsburg (Mülheim an der Ruhr)

Die Wolfsburg in Mülheim an der Ruhr ist eine katholische Akademie, ein Haus für Erwachsenenbildung und Soziale Bildung des Bistums Essen.

Katholische Akademie „Die Wolfsburg“
Denkmalgeschützte Jugendstilanlage von 1906 an der Südseite (beide 2011)

Geschichte

Der Name leitet sich vom letzten in der Gegend geschossenen Wolf ab, weshalb die nördlich des Anwesens liegende Anhöhe zwischen Monning und heutigem Klöcknerweg um die 1830er Jahre von „Stammsberg“ in „Wolfsberg“ umbenannt wurde.[1] Das Anwesen liegt auf einer namenlosen Kuppe an der Grenze zum Duisburger Stadtgebiet, der mit fast 85 m ü. NHN höchsten Erhebung des Duisburger Stadtwaldes.[2]

Das im Heimatstil mit starken Jugendstilelementen im Sinne der Gartenstadtbewegung[3] entworfene Gebäude wurde 1906 zunächst als feudaler Sommersitz der aus Duisburg stammenden Brauereifamilie Böllert geplant, dann aber als Hotel und Ausflugslokal genutzt.[3]

In der Rhein- und Ruhrzeitung vom 20. Juli 1906 wurde das damals noch auf allen Seiten von Wald umgebene Anwesen sogar als Kurhaus bezeichnet:

„Das auf der Waldhöhe südlich der Monning von Herrn Böllert errichtete Kurhaus schreitet in seiner Ausführung rüstig vorwärts. Die ganze Bauausführung lässt darauf schließen, dass das imposante Bauwerk allen modernen Anforderungen entsprechen wird. Die Lage ist außerordentlich glücklich gewählt. Auf einer weithin sichtbaren Höhe des Duisburger Waldes gelegen, bildet der Bau ein wirksames Gegenstück zu dem gegenüberliegenden Aussichtsturm auf dem Kaiserberge. Von den hoch oben an der West- und Ostgiebelseite angebrachten Balkonen bietet sich dem Beschauer ein so herrliches Panorama der weiten Waldungen mit ihren Spazierwegen, wie von kaum einem anderen Punkte in der Nähe.“[3]

Kurzzeitig wurde die Anlage als Ausweichstätte für das Solbad Raffelberg genutzt, welches durch Bauverzögerungen später als erwartet öffnen konnte.

Die Wolfsburg war ein beliebtes Hotel und Ausflugslokal im Speldorfer Wald für Gäste aus der Umgebung, zumal man von der Ruhr auf Eseln hochreiten konnte. Im Wald westlich der Wolfsburg hatte man am Wolfsburgweg für die Ausflügler am Quellgebiet des Weißbaches einen kurzen Spazierweg mit Forellenteich angelegt, der das Lokal zudem mit frischem Fisch versorgte. Der heute versteckt im Wald liegende Teich ist seit dem Zweiten Weltkrieg dem Verfall überlassen.

„Konaja“ Gefechtsstand im Bunker der Wolfsburg 1942–1945

Während des Zweiten Weltkriegs verlegte man mit Beginn der Luftangriffe auf das Ruhrgebiet ab etwa Mai 1942 die zuvor in Ratingen stationierte Verwaltung der 4. Flak-Division in das Gebäude der Wolfsburg.[4] Zeitgleich baute man im Wald neben dem Haus einen großen, heute gesprengten Bunker, in dem der Gefechtsstand (Deckname „Drossel“) der Division eingerichtet wurde.[5] Im der Wolfsburg gegenüber liegenden Haus Hartenfels richtete man im Turm einen Flak-Beobachtungsposten ein. Aufgabe von Beobachtungsposten und Gefechtsstand war die für die sog. Kammhuber-Linie entwickelte Kombinierte Nachtjagd („Konaja“), bei der Flak und Jagdflugzeuge koordiniert gegen anfliegende Bombergeschwader eingesetzt wurden. Trotz ihrer strategischen Bedeutung wurden die Gebäude nicht von Bomben getroffen.

Nach Kriegsende im Mai 1945 diente das große Haus zunächst als Unterkunft für britische Offiziere.

Katholische Akademie

1958 wurde die Immobilie vom neugegründeten Bistum Essen durch Ruhrbischof Franz Hengsbach erworben. Seit 1960 ist die Wolfsburg Katholische Akademie, ein Haus für Erwachsenenbildung und Soziale Bildung des Bistums Essen. Sie beschäftigt heute 51 Mitarbeiter. Die Akademiedirektorin Judith Wolf untersteht Bischof Franz-Josef Overbeck. In der Akademie werden Tagungen durchgeführt, die von Sozial-, Wirtschafts- und Sportethikern des Hauses angeboten werden. Es gibt auch Gastgruppen, die nur die Räume nutzen.

Anfang der 1990er Jahre wurde die Wolfsburg kernsaniert und zum heutigen modernen Tagungsort umgebaut. Die denkmalgeschützten Fassaden blieben erhalten, die Jugendstil-Fenster wurden originalgetreu nachgebaut. In den Jahren von 2009 bis 2012 wurden gemäß den gestiegenen Ansprüchen der Gäste alle Gästezimmer und Tagungsräume nochmals grundlegend renoviert und mit aktueller Technik versehen.[3]

Literatur

  • Stephan Bitter: Die Wolfsburg. In: Geschichtsverein Mülheim an der Ruhr (Hrsg.): Zeugen der Stadtgeschichte – Baudenkmäler und historische Orte in Mülheim an der Ruhr. Klartext Verlag, Essen 2008, S. 106–114.
Commons: Wolfsburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Historische Topografische Karten / Preuss Kartenaufnahme von 1801 und 1836. Abgerufen am 12. August 2023.
  2. Digitale Topografische Karte/Höhenlinien/-punkte. Abgerufen am 11. August 2023.
  3. Die Architekturgeschichte und Entstehung der Akademie. Abgerufen am 8. August 2023.
  4. Zeitzeugenbörse Duisburg e.V.: Bomben auf Duisburg. Sutton Verlag, Erfurt 2012, ISBN 3-95400-107-1, S. 41 (online).
  5. Eine beklemmende Reise in die Vergangenheit. In: WAZ. Abgerufen am 8. August 2023.

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