Wittichenit

Wittichenit, auch unter der veralteten, bergmännischen Bezeichnung Kupferwismutglanz oder Kupferwismuterz bekannt, ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Cu3BiS3 und ist damit chemisch gesehen ein Kupfer-Bismut (Wismut)-Sulfid.

Wittichenit
Wittichenitkristall vom Mount Gunson, Andamooka (Lake Torrens), South Australia, Australien (Größe: 2,4 × 1,8 × 0,6 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Wtc[1]

Andere Namen
  • Kupferwismuterz (auch Wismutkupfererz)
  • Kupferwismutglanz
Chemische Formel Cu3BiS3
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/E.03
II/E.03-020

2.GA.20
03.04.08.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-disphenoidisch; 222
Raumgruppe P212121 (Nr. 19)Vorlage:Raumgruppe/19[2]
Gitterparameter a = 7,723(10) Å; b = 10,395(10) Å; c = 6,716(5) Å[2]
Formeleinheiten Z = 4[2]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2 bis 3
Dichte (g/cm3) gemessen: 6,01 (synthetisch: 6,19)[3]
Spaltbarkeit keine
Bruch; Tenazität muschelig, spröde
Farbe stahlgrau bis zinnweiß; bleigrau bis messinggelb anlaufend
Strichfarbe schwarz
Transparenz undurchsichtig
Glanz Metallglanz

Wittichenit findet sich meist in Form feinkörniger bis massig-derber Mineral-Aggregate von stahlgrauer bis zinnweißer Farbe bei schwarzer Strichfarbe. Selten bildet er aber auch größere Kristalle von einigen Millimetern bis wenigen Zentimetern Größe aus, die einen tafeligen bis kurzprismatischen Habitus aufweisen. Frische Proben zeigen auf den Oberflächen einen metallischen Glanz. An der Luft läuft das Mineral nach einiger Zeit bleigrau bis messinggelb an.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Wittichenit in der Grube Neuglück nahe Wittichen im baden-württembergischen Landkreis Rottweil. Das Mineral war dort unter verschiedenen Bezeichnungen als Kupferwismuterz bzw. Kupferwismutglanz bekannt. 1817 stellte C. J. Selb nach Untersuchung einiger Kupferwismutglanze allerdings fest, dass dieses Erz aus zwei verschiedenen Minealarten besteht, die sich in Bruchverhalten, Farbe und Kristallausbildung unterscheiden. Letzteres Unterscheidungsmerkmal veranlasst Selb zu den Bezeichnungen „dichtes Kupfer-Wismuterz“ und „strahliges Kupfer-Wismuterz“.[4]

Das dichte Kupfer-Wismuterz erhält 1853 durch Franz von Kobell den bis heute gültigen Namen Wittichenit nach seiner Typlokalität[5] und das strahlige Kupfer-Wismuterz wird 1855 durch Gustav Adolf Kenngott als Emplektit[4] bezeichnet.

Klassifikation

In der alten Systematik der Minerale nach Strunz (8. Auflage) gehört der Wittichenit noch zur undifferenzierten Abteilung der „Sulfosalze“, wo er zusammen mit Skinnerit eine eigene Gruppe bildet.

Mit der Neustrukturierung in der 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik wurden auch die Abteilungen der Klasse der Sulfide teilweise neu definiert und präziser aufgeteilt. Das Mineral befindet sich nun entsprechend in der Abteilung der „Sulfoarsenide, Sulfoantimonide, Sulfobismuthide“ und dort in der Unterabteilung der „Insel(Neso)-Sulfarsenide, usw., ohne zusätzlichen Schwefel (S)“, wo er ebenfalls zusammen mit dem Skinnerit die unbenannte Gruppe 2.GA.20 bildet.

Die Systematik der Minerale nach Dana sortiert den Wittichenit in die Abteilung der „Sulfosalze mit dem Verhältnis 3 > z/y und der allgemeinen Zusammensetzung (A+)i(A2+)j[ByCz], wobei A = Metalle, B = Halbmetalle, C = Nichtmetalle“ sind. Dort bildet er zusammen mit Skinnerit und Moëloit in der unbenannten Unterabteilung „03.04.08“.

Bildung und Fundorte

Mikroskopische Aufnahme von Wittichenit (hellgrau) als Entmischung mit anderen Kupfermineralen in Bornit (braun), Lady Alice Goldbergwerk, South Australia

Wittichenit bildet sich in hydrothermal in kupfer- und bismuthaltigen Erzgängen, oft in Paragenese mit anderen Bismut- bzw. Kupfer-Mineralen wie Bornit, Chalkosin, Chalkopyrit, Digenit, Djurleit, Emplektit, Pyrit, Stromeyerit und Tennantit, aber auch mit Aragonit, Baryt, Calcit, Fluorit und Rammelsbergit sowie gediegen Bismut.

Weltweit konnte Wittichenit bisher an rund 260 Fundorten (Stand: 2014)[6] nachgewiesen werden, so unter anderem in Argentinien, Armenien, Australien, Belgien, Bolivien, Bulgarien, Chile, China, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Grönland, Irland, Italien, Japan, Kanada, Kasachstan, Mexiko, Marokko, Namibia, Nordkorea, Norwegen, Österreich, Peru, Polen, Rumänien, Russland, Schweden, Schweiz, Slowakei, Spanien, Südafrika, Tschechien, Ungarn, Vereinigtes Königreich (Großbritannien) und Vereinigte Staaten (USA).[7]

Kristallstruktur

Wittichenit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe P212121 (Raumgruppen-Nr. 19)Vorlage:Raumgruppe/19 mit den Gitterparametern a = 7,723(10) Å; b = 10,395(10) Å und c = 6,716(5) Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Siehe auch

Literatur

  • E. Matzat: Die Kristallstruktur des Wittichenits, Cu3BiS3 In: Tschermaks mineralogische und petrographische Mitteilungen Band 18, Kapitel 4, 1972, S. 312–316 (doi:10.1007/BF01082841).
  • Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 474.
  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 53.
  • v. Kurrs Mineralreich in Bildern (3. Auflage), bearbeitet von Prof. Dr. A. Kenngott in Zürich, Verlag J.F. Schreiber, Esslingen 1878 online verfügbar als PDF (3,5 MB)
Commons: Wittichenite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. V. Kocman, E. W. Nuffield: The crystal structure of wittichenite, Cu3BiS3. In: Acta Crystallographica. B29 (1973), S. 2528–2535 doi:10.1107/S0567740873006953
  3. Wittichenite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 60,6 kB)
  4. Thomas Witzke: Die Entdeckung von Emplektit
  5. Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 289–290.
  6. Mindat - Anzahl der Fundorte für Wittichenit
  7. Fundortliste für Wittichenit beim Mineralienatlas und bei Mindat
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