Sellafield

Sellafield (früher Windscale) ist ein britischer Nuklearkomplex an der Irischen See in der Grafschaft Cumbria in Nordwestengland. Der River Ehen mündet am Rande der Anlage ins Meer und der River Calder fließt durch das Gebiet der Anlage, bevor er dort ebenfalls ins Meer mündet. Die Anlage liegt beim Dorf Seascale in der Unitary Authority Cumberland.

Sellafield
Luftbild der Sellafield-Anlage (2005). Die vier Kühltürme des KKW Calder Hall wurden 2007 abgerissen. Der Abluftturm des Windscale Reaktors 2 wurde bereits 2001 abgerissen. Auf dem Foto ist der ca. 125 m hohe Turm des verunglückten Reaktors 1 noch zu erkennen, welcher sich im aktiven Rückbau (bis ca. 2025) befindet. Die Kugel ist der WAGR, welcher bereits 1981 stillgelegt wurde mit vollständigem Rückbau bis ca. 2005. (Stand 2023).
Luftbild der Sellafield-Anlage (2005). Die vier Kühltürme des KKW Calder Hall wurden 2007 abgerissen. Der Abluftturm des Windscale Reaktors 2 wurde bereits 2001 abgerissen. Auf dem Foto ist der ca. 125 m hohe Turm des verunglückten Reaktors 1 noch zu erkennen, welcher sich im aktiven Rückbau (bis ca. 2025) befindet. Die Kugel ist der WAGR, welcher bereits 1981 stillgelegt wurde mit vollständigem Rückbau bis ca. 2005. (Stand 2023).
Luftbild der Sellafield-Anlage (2005). Die vier Kühltürme des KKW Calder Hall wurden 2007 abgerissen. Der Abluftturm des Windscale Reaktors 2 wurde bereits 2001 abgerissen. Auf dem Foto ist der ca. 125 m hohe Turm des verunglückten Reaktors 1 noch zu erkennen, welcher sich im aktiven Rückbau (bis ca. 2025) befindet. Die Kugel ist der WAGR, welcher bereits 1981 stillgelegt wurde mit vollständigem Rückbau bis ca. 2005. (Stand 2023).
Lage
Sellafield (Cumbria)
Sellafield (Cumbria)
Koordinaten 54° 25′ 7″ N,  29′ 51″ W
Land Vereinigtes Königreich
Daten
Eigentümer Nuclear Decommissioning Authority
Betreiber Sellafield Ltd
Projektbeginn 1958
Kommerzieller Betrieb 1. März 1963
Stilllegung 3. April 1981

Stillgelegte Reaktoren (Brutto)

1 (sowie Windscale 1+2)  (41 MW)
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme 3.258 GWh
Stand 10.07.2023
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation.
f1

Der Betreiber am Standort ist die Sellafield Ltd, ein Unternehmen der Nuclear Decommissioning Authority (NDA). Sellafield, wie auch andere nukleare Anlagen in Großbritannien, werden von der Atomaufsichtsbehörde Office for Nuclear Regulation (ONR) reguliert.[1][2]

Der Komplex wurde durch einen katastrophalen Brand 1957[3] und durch häufige nukleare Störfälle bekannt und unter anderem deshalb auch 1981 in Sellafield umbenannt. Auf dem Gelände des Komplexes befindet sich außerdem das Kernkraftwerk Calder Hall, das als erstes westliches Kernkraftwerk Strom in ein kommerzielles Netz einspeiste.

Geschichte

Die erste Anlage entstand nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Gelände einer Munitionsfabrik. Die Zuständigkeit für die Kernforschung hatte seit 1952 die United Kingdom Atomic Energy Authority (UKAEA).[4] Großbritannien wollte mit der US-amerikanischen Atomwaffenentwicklung (vgl. Manhattan-Projekt) technologisch und militärisch gleichziehen. Dabei musste ein eigenes, britisches Nuklearprogramm gestartet werden, da Großbritannien überraschend von dem amerikanischen McMahon Act aus dem Jahr 1946 vom Wissen und der Forschung zu Kernwaffen ausgeschlossen wurde.

Die auch unter dem Begriff Pile 1 bzw. Pile 2 bekannt gewordenen, luftgekühlten graphitmoderierten Windscale-Reaktoren (auch genannt British Production Piles[5]) waren die erste britische Produktionsanlage zur Herstellung des benötigten waffenfähigem Plutonium-239. Sie wurde für das britische Kernwaffenprogramm in den späten 1940er-Jahren errichtet. Zwischen den beiden Reaktoren (Pile 1 und 2) befand sich das Abklingbecken für abgebrannte Brennelemente sowie eine erste ältere Wiederaufarbeitungsanlage.

Bei den hastigen Bemühungen, eine britische Atombombe zu bauen, wurde anfänglich wenig auf Umwelt und Gesundheit geachtet und radioaktiver Abfall bis etwa in die 1970er Jahre[6] in die Irische See geleitet.[7] Ab diesem Zeitpunkt wurden die Abflüsse durch die Maßnahmen und Aktivitäten der Firma British Nuclear Fuels (BNFL) stark reduziert, mit Anpassungen an strengere Grenzwerte. Nach Angaben von BNFL wurden bspw. die Dosen für Mitglieder der marine critical group von etwa 2 Millisievert pro Jahr in den frühen 1980er Jahren auf etwa 0,1 Millisievert pro Jahr gesenkt (Stand 2000). Die Empfehlungen der Grenzwerte stammen z. B. von der Internationalen Strahlenschutzkommission (ICRP).[8] Auf ähnliche Weise wie bei Windscale bzw. Sellafield verklappten damals auch die USA (siehe Hanford Site) und die Sowjetunion einen Teil ihrer radioaktiven Abfälle.

1957 kam es in einem der Reaktoren zu einem Brand des Reaktorkerns, der retrospektiv als INES 5 („ernster Unfall“) eingestuft wurde.[9]

Stand 2023 befindet sich die Anlage am Standort Sellafield im Umbau und Rückbau. Ein Forscherteam der University of Manchester unter der Leitung von Richard Taylor versucht die aktuellen Entwicklungen mitzuverfolgen.[10]

Organisation

Alle Angaben Stand 2023.

Der Vorstand von Sellafield Ltd ist Tony Meggs. Interim Chief Executive Officer ist Euan Hutton.[11] Es arbeiten rund 11.000 Menschen aktiv an der Anlage und weitere 40.000 in der Zulieferindustrie.[12]

Der Anlagenkomplex wird von der Civil Nuclear Constabulary, einer Polizeieinheit für Nuklearanlagen in Großbritannien, überwacht und kontrolliert.

Kernanlagen

Auf dem Gelände befinden sich nebst den Kernreaktoren (s. u.), die kerntechnische Anlagen:[13]

Am Standort existieren, unabhängig von Calder Hall, die Kraftwerksblöcke:

Altes Foto der beiden Windscale Reaktoren 1+2. Die Kugel links ist der WAGR.
Reaktorblock Reaktortyp Netto-
leistung
Brutto-
leistung
Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommerzieller/Militärischer Betrieb Abschaltung
Windscale Reaktor 1 Graphit/Luft n.b. n.b. 1947–50 n. r. 1951 1957
Windscale Reaktor 2 Graphit/Luft n.b. n.b. 1947–50 n. r. 1952 1957
Windscale Advanced Gas-Cooled Reactor (WAGR)[16][17][18] AGR24 MW36 MW1. November 19581. Februar 19631. März 19633. April 1981
Panorama (2005). Die Kühltürme des KKW Calder Hall (links) wurden 2007 abgerissen. Freistehend (rechts im Bild) ist der Lüfterturm des verunglückten Windscale Reaktor 1 zu erkennen, welcher sich in aktivem Rückbau befindet (Stand 2023).

Probleme

Die Sellafield Ltd berichtet ab 1. August 2017 laufend über verschiedene Vorfälle und Probleme auf der Regierungswebseite.[19] Ältere Berichte sind über das Internet Archive verfügbar.[20] Im Folgenden sind einige Fälle genauer beschrieben.

  • Am 10. Oktober 1957 gab es im Reaktor Windscale, der nur zur Erzeugung von Plutonium für den Bau von Atombomben benutzt wurde, ein Feuer, den Windscale-Brand. Es war einer der schwerwiegendsten Atomunfälle vor der Katastrophe von Tschernobyl. Nach mehreren vergeblichen Versuchen konnte das Feuer am 11. Oktober durch Wasser sowie durch das Abschalten der Luftzufuhr gelöscht werden. Es kam zu einer erheblichen Freisetzung radioaktiver Stoffe (INES 5). Die britische Regierung erließ nach dem Brand für die Umgebung ein befristetes Verbot für den Verzehr von Milch, sie verschwieg lange Zeit die Schwere des Vorfalls. Nach dem Unfall wurde der Reaktor stillgelegt.
  • Im April 2005 wurde in Sellafield ein Leck entdeckt, durch das etwa 83.000 Liter radioaktive Flüssigkeit, bestehend aus Salpetersäure, Uran und Plutonium, monatelang unbemerkt entweichen konnten. Die Flüssigkeit wurde jedoch in der Anlage aufgefangen. Nach Betreiberangaben sind Teile der Anlage stark kontaminiert; die Gefahr einer Kontamination der Umwelt habe aber nie bestanden. Es handelt sich um den schwersten Zwischenfall in einer Atomanlage Großbritanniens seit 1992. Er wurde von der Internationalen Atomenergieorganisation als ernster Störfall (INES 3) eingestuft. Die Öffentlichkeit wurde erst Wochen danach informiert, erste Presseberichte erschienen am 9. Mai 2005. Später berichtete der „Independent on Sunday“, dass das Rohr seit August 2004 leck gewesen sei, dies aber erst am 19. April 2005 entdeckt wurde. Für den Zwischenfall wurde das britische Nuklearunternehmen British Nuclear Group (BNG), ein Subunternehmen der ehemaligen BNFL, das für die Stilllegung der Reaktoren von Sellafield zuständig ist, am 16. Oktober 2006 wegen Fahrlässigkeit zur Zahlung von 500.000 Pfund (rund 750.000 Euro) verurteilt. Die Kosten dieses Ereignisses werden auf 76 Millionen Dollar geschätzt.[21]
  • Wegen erhöhten Strahlungsniveaus sind Mitarbeiter des Atomkraftwerks 2014 aufgefordert worden, zu Hause zu bleiben. Das Werk laufe weiter im normalen Betrieb, teilte der Betreiber mit. Die gestiegene Dosisleistung liege über der natürlich auftretenden, sei jedoch weit unter der, bei der Notfallmaßnahmen eingeleitet werden müssten. Tests hätten gezeigt, dass alle Anlagen korrekt und normal funktionierten. Das britische Energieministerium erklärte, es gebe keinen Anlass, an diesen Angaben des Betreibers zu zweifeln.[22]

Kritik

Kontamination der Umgebung (Irische See)

Sellafield (2005) Das Gebäude links im Bild mit Schornstein ist eine der Wiederaufarbeitungsanlagen (nicht Thorp).
Ansicht von der Eisenbahnlinie (2008). Das Gebäude ist die Wiederaufarbeitungsanlage für oxidische Brennstoffe, Throp.
Das ehemalige Besucherzentrum von Sellafield (2006)

Vor allem die Wiederaufarbeitungsanlagen sind wegen ihrer Einleitungen von radioaktiven Stoffen in die Irische See umstritten.[23] Die Kontamination der unmittelbaren Umgebung von Sellafield wird in manchen Quellen mit der gesperrten Zone um Tschernobyl verglichen, was sich auch in staatlichen Protesten u. a. aus Irland und Norwegen widerspiegelt. Das Johann Heinrich von Thünen-Institut (dort das Institut für Fischereiökologie) verwies auf die hohen Einleitungen durch die britische Wiederaufarbeitungsanlage für die Jahre 1965 bis 1985 von bis zu 5000 TBq, also 5000 Billionen Becquerel pro Jahr Verklappung in die See.[24] In den letzten 15 Jahren wurde auf behördlichen Druck hin eine deutliche Reduktion der Einleitungen durchgesetzt. Unter anderem konnte die Einleitung des Isotops Technetium-99 durch ein neues Abtrennverfahren fast vollständig beendet werden. Der Dokumentarfilm „Atommüll: Endlager Meeresgrund“ aus dem Jahr 2013 zeigt, dass am Strand von Sellafield täglich an- oder freigespültes Plutonium maschinell aufgesammelt wird, nennt erhöhte Krebsraten in und um Sellafield, die von der britischen Regierung verschwiegen würden, und berichtet vom Fehlen eines Krebsregisters.[25]

Es erfolgt eine laufende Strahlungsüberwachung der Umgebung durch die irische Environmental Protection Agency.[26]

Weitere aktuelle (Stand 2021) Kennzahlen zu den verschiedenen Abfallprodukten, den Grenzwerten und Zählungen (Messungen, Statistik) sind öffentlich einsehbar (Discharges and Environmental Monitoring Annual Report 2021).[8]

Kontrollen

Im September 2004 verklagte die EU-Kommission das Vereinigte Königreich vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) (Case C-155/0), gegen den Euratom-Vertrag zu verstoßen. Nach diesem Vertrag sind für Wiederaufarbeitungsanlagen Kontrollen durch die Europäische Gemeinschaft vorgeschrieben. Dabei wird die Buchführung über die radioaktiven Materialien geprüft und mit den bei den Inspektionen vor Ort ermittelten Ergebnissen verglichen. Nach Darstellung der EU-Kommission sind in Sellafield wegen der unfallbedingt hohen Radioaktivität und schlechter Sichtverhältnisse Kontrollen in der Anlage nicht möglich. Die EU-Kommission gewann den Prozess, das Urteil wurde am 18. Juli 2007 verkündet.[27]

Terrorismus

Im Mai 2011 wurden fünf junge Männer wegen Terrorismusverdacht in der Nähe der Anlagen festgenommen.[28]

Grünen-Mitglied mit Sellafield-Protest-Shirt beim Parteitag 1989

Abklingbecken

Anfang November 2014 wurde bekannt, dass seit 40 Jahren abgebrannte Brennelemente in nicht überdachten Abklingbecken unter freiem Himmel gelagert werden. Da sich an diesen Becken Vögel aufhalten und diese verstrahlt werden können, werden Vögel über dem Gelände abgeschossen und eingelagert. 2007 wurde Großbritannien vom Europäischen Gerichtshof verurteilt, da EU-Inspekteuren keine Kontrollen durchführen konnten, weil der Inhalt der Becken wegen der Algen nicht zu sehen war. Der Unternehmenssprecher sagt zu den maroden Abklingbecken: „Sie entsprechen nicht modernen Standards. Das macht sie aber nicht gefährlich, sondern bedeutet lediglich, dass der darin befindliche Müll zurückgeholt, umgepackt und in modernere Anlagen auf dem Gelände geschafft werden muss.“[29][30]

Organ-Skandal

2007 wurde bekannt, dass von 65 Sellafield-Arbeitern zwischen 1962 und 1992 Gewebe zu Untersuchungen entnommen worden war. Die Regierung entschuldigte sich für diesen Vorfall.[31] Eine vollständige Aufarbeitung unter dem Titel „The Redfern Inquiry“ wurde veröffentlicht.[32]

Spaltbares Material

Es befinden sich große Mengen Plutonium am Standort.[33] Sellafield lieferte nach Beschluss des ehemaligen Premierministers Clement Atlee das kernwaffenfähige Plutonium für die 1950 begonnenen Entwicklungsarbeiten am Atomic Weapons Establishment (AWE).[34][35]

Gehackte IT-Systeme

Im Dezember 2023 berichtete der Guardian, es seien wichtige IT-Systeme gehackt und mit Schadsoftware infiltriert worden. Die Vorfälle reichten bis ins Jahr 2015 zurück, seien vom Betreiber aber verheimlicht worden. Es sei unbekannt, ob die Schadsoftware vollständig entfernt wurde, und Quellen deuteten darauf, dass ausländische Hacker auch Zugang zu Daten der höchsten Vertraulichkeitsstufe gehabt hätten. Wegen wiederholter Versäumnisse im Bereich der Cybersicherheit habe die Atomaufsichtsbehörde (Office for Nuclear Regulation) Sondermaßnahmen eingeleitet.[36] Die Aufsichtsbehörde bestätigte, dass die Anlage unter erheblich erhöhter Aufmerksamkeit stehe, auf Grund der laufenden Untersuchung aber keine weiteren Aussagen gemacht werden könnten. Die britische Regierung widersprach den Ausführungen des Guardian.[37][38]

Maßnahmen zur Reduktion von Umwelteinflüssen

Seit den 1970er Jahren wurden Filter- und Reinigungsanlagen durch die BNFL errichtet und betrieben.[6] Eine der Anlagen ist bspw. Enhanced Actinide Removal Plant (EARP).[39] Eine weitere Anlagen, die seit 1985 aktiv arbeitet, ist die Site Ion Exchange Effluent Plant (SIXEP).[40]

Großbritannien ist, wie auch viele weitere Anrainerstaaten, ein Signatarstaat des Abkommens OSPAR, zum Schutz der Nordsee und Umgebung.[41] In den Messzeiträumen 1995–2001 und 2012–2018 wurden jeweils radioaktive Entladungen von Kernanlagen gemessen und bewertet. Der Ausschuss Radioactive Substances Committee Thematic Assessment attestiert zusammenfassend in seinem Bericht für das Jahr 2023, dass "die Umweltkonzentrationen von Indikatorradionukliden im OSPAR-Meeresgebiet keine signifikanten radiologischen Auswirkungen auf den Menschen oder die Meeresumwelt haben."[42]

Sellafield berichtet laufend über die Einhaltung von Grenzwerten, festgelegt z. B. von der Internationale Strahlenschutzkommission (ICRP).[8] Eine Überwachung der Umgebung erfolgt auch durch die irische Environmental Protection Agency.[26]

Umbau und Rückbau

Chronologie

Als erste Anlage wurde der WAGR-Reaktor nach einer Rückbaukampagne von über 20 Jahren im Mai 2011 außer Betrieb genommen.[43]

Bis in das Jahr 2018 wurde mit dem Thermal Oxide Reprocessing Plant (Thorp) die Wiederaufbereitung von ausländischen Brennelementen bedient und schließlich beendet.[44] Zu den Kunden zählten Italien, Japan, Schweiz, Deutschland und die Niederlande.[45] Für den Transport und Rücktransport ist die Nuclear Transport Solutions (NTS) zuständig. Sie gehört zur NDA.[46] Bis 2070 soll THORP für das Lagern von Brennelemente genutzt werden.[47]

Im Februar 2019 hat man begonnen, die 125 m hohen Schornsteine von Pile One abzubauen.[48] Drei Jahre später war der viereckige Luftverteiler abgebaut und zerlegt worden.[49]

Kurz vor Mitternacht am 17. Juli 2022 wurde die letzte Ladung gebrauchter Brennelemente in die Chargenmaschine der Magnox-Wiederaufbereitungsanlage von Sellafield eingespeist und in Salpetersäure aufgelöst, um das Plutonium und Uran abzutrennen. Mit diesem Verfahren wurden seit 1964 fast 55.000 Tonnen Magnox-Brennelemente wiederaufbereitet.[50]

Der Windscale Vitrification Plant soll bis 2030 operativ bleiben.[45]

Kosten

Die Kosten (Stand 2013) der Stilllegung der Anlage bis 2020 wurde von der Rechnungsprüfungskommission im britischen Unterhaus auf 67,5 Mrd. Pfund Sterling (78 Mrd. Euro) geschätzt.[51][52] Laut Schätzungen aus dem Jahr 2018 soll der Rückbau der Wiederaufbereitungsanlage bis zum Jahr 2120 dauern und etwa 121 Mrd. Pfund kosten.[53]

Siehe auch

Literatur

Fachartikel und Fachbücher

  • D. O. Campbell, W. D. Burch: The chemistry of fuel reprocessing: Present practices, future trends. In: Journal of Radioanalytical and Nuclear Chemistry Articles. Band 142, Nr. 1, September 1990, S. 303–320, doi:10.1007/BF02039470 (englisch).
  • Raphael Oen: Streitschlichtung zwischen EG-Mitgliedstaaten im Rahmen gemischter Verträge. Der MOX Plant-Fall und seine Folgen. In: Archiv des Völkerrechts. Band 45, Nr. 1, 2007, S. 136, doi:10.1628/000389207780788346.
  • Robin Taylor: Reprocessing and Recycling of Spent Nuclear Fuel (= A volume in Woodhead Publishing Series in Energy). Elsevier, 2015, ISBN 978-1-78242-212-9, doi:10.1016/C2013-0-16483-5 (englisch).
  • William Penney, Basil F J Schonland, J M Kay, Jack Diamond, David E H Peirson: Report on the accident at Windscale No. 1 Pile on 10 October 1957. In: Journal of Radiological Protection. Band 37, Nr. 3, September 2017, S. 780–796, doi:10.1088/1361-6498/aa7788.
  • Michael I. Ojovan, William E. Lee, Stepan N. Kalmykov: An Introduction to Nuclear Waste Immobilisation. Elsevier, 2019, ISBN 978-0-08-102702-8, doi:10.1016/C2017-0-03752-7 (englisch).
  • Vladimir Maderich, Kyeong Ok Kim, Roman Bezhenar, Kyung Tae Jung, Vazira Martazinova, Igor Brovchenko: Transport and Fate of 137Cs Released From Multiple Sources in the North Atlantic and Arctic Oceans. In: Frontiers in Marine Science. Band 8, 23. Dezember 2021, S. 806450, doi:10.3389/fmars.2021.806450 (englisch).
  • B. S. Tomar, P. R. Vasudeva Rao, S. B. Roy, Jose P. Panakkal, Kanwar Raj, A. N. Nandakumar (Hrsg.): Nuclear Fuel Cycle. Springer Nature Singapore, Singapore 2023, ISBN 978-981-9909-48-3, doi:10.1007/978-981-99-0949-0 (englisch).

Sachbücher

  • Margaret Gowing: Britain and Atomic Energy 1939-1945. Macmillan & Co; St Martin’s Press, London; New York 1964 (englisch, archive.org).
  • Lorna Arnold: Windscale 1957. Palgrave Macmillan UK, London 1995, ISBN 0-333-48253-0, doi:10.1007/978-1-349-24008-1 (englisch).
  • Brian Wynne: Rationality and Ritual. Participation and Exclusion in Nuclear Decision-making. Routledge, 2013, ISBN 978-1-317-97277-8, doi:10.4324/9781315870465 (englisch).
    • Max K. Wallis: Brian Wynne, Rationality and Ritual: Participation and Exclusion in Nuclear Decision-Making. In: The British Journal for the History of Science. Band 45, Nr. 4, Dezember 2012, ISSN 0007-0874, S. 708–709, doi:10.1017/S0007087412001355 (Review zur Auflage Earthscan, 2011).

Videos

Commons: Sellafield – Album mit Bildern

Einzelnachweise

  1. ONR - Sellafield programme. Office for Nuclear Regulation, 13. April 2023, abgerufen am 23. Mai 2023 (britisches Englisch).
  2. ONR - Sites that we regulate: Sellafield. ONR, 13. April 2023, abgerufen am 22. September 2023 (britisches Englisch).
  3. William Penney, Basil F J Schonland, J M Kay, Jack Diamond, David E H Peirson: Report on the accident at Windscale No. 1 Pile on 10 October 1957. In: Journal of Radiological Protection. Band 37, Nr. 3, September 2017, ISSN 0952-4746, S. 780–796, doi:10.1088/1361-6498/aa7788 (englisch, iop.org [abgerufen am 23. Mai 2023]).
  4. History of the UK Atomic Energy Authority. In: UKAEA. Gov.uk, abgerufen am 23. Mai 2023 (englisch).
  5. C N Hill: An Atomic Empire: A Technical History of the Rise and Fall of the British Atomic Energy Programme. IMPERIAL COLLEGE PRESS, 2013, ISBN 978-1-908977-41-0, doi:10.1142/9781908977434_0004 (englisch, worldscientific.com [abgerufen am 11. Juli 2023]).
  6. Morley, R.G., Dunlop, P., Jackson, D.: BNFL Sellafield: The future for discharges. 1. Mai 2000 (iaea.org [abgerufen am 16. August 2023]).
  7. Peter J. Kershaw, Kins S. Leonard, David McCubbin, John N. Aldridge: Plutonium: The legacy of Sellafield. In: Radioactivity in the Environment (= Plutonium in the Environment). Band 1. Elsevier, 1. Januar 2001, S. 305–328 (englisch, sciencedirect.com [abgerufen am 23. Mai 2023]).
  8. Sellafield: Discharges and Environmental Monitoring Annual Report 2021. Gov.uk, 8. November 2022, abgerufen am 16. August 2023 (englisch).
  9. Steve Jones: Health effects of the Windscale Pile fire. In: Journal of Radiological Protection. Band 36, Nr. 4, Dezember 2016, ISSN 0952-4746, S. E23–E25, doi:10.1088/0952-4746/36/4/E23 (englisch, iop.org [abgerufen am 20. Juni 2023]).
  10. Sellafield site futures. In: The Beam nuclear and social research network. 10. Oktober 2019, abgerufen am 23. Mai 2023 (amerikanisches Englisch).
  11. Our governance. In: Sellafield Ltd. Gov.uk, abgerufen am 21. August 2023 (englisch).
  12. About us. In: Sellafield Ltd. Gov.uk, abgerufen am 23. Mai 2023 (englisch).
  13. What is Sellafield? - Cleaning up our nuclear past: faster, safer and sooner. In: Sellafield Ltd, NDA, NWS, Dounreay, Magnox Ltd. Gov.uk, 7. September 2018, abgerufen am 11. Juli 2023 (englisch).
  14. Macdonald, A.G.: The MOX Demonstration Facility - the stepping stone to commercial MOX production. In: Nuclear Energy. Band 33, Nr. 3, 1994, ISSN 0140-4067 (englisch, iaea.org [abgerufen am 14. Juli 2023]).
  15. What is the Silo Maintenance Facility at Sellafield? In: Sellafield Ltd. Gov.uk, 8. März 2023, abgerufen am 14. Juli 2023 (englisch).
  16. PRIS - Reactor Details (WINDSCALE AGR). IAEA, 9. Juli 2023, abgerufen am 10. Juli 2023 (englisch).
  17. Dieser Reaktor wird bei der IAEA sowohl als kommerzieller Reaktor als auch als Forschungsreaktor geführt.
  18. Sellafield WAGR. In: Power Technology. Abgerufen am 10. Juli 2023 (amerikanisches Englisch).
  19. Sellafield Ltd incident reports and notices. In: Sellafield Ltd. Gov.uk, 16. Mai 2023, abgerufen am 23. Mai 2023 (englisch).
  20. UK Government Web Archive. In: Sellafield Ltd. Gov.uk, abgerufen am 23. Mai 2023 (englisch).
  21. Kosten gescheitertert AKW-Projekte: Milliardeninvestitionen ohne Ertrag. Abgerufen am 6. September 2018.
  22. Erhöhte Radioaktivität in Sellafield. tagesschau.de, archiviert vom Original am 1. Februar 2014; abgerufen am 31. Januar 2014.
  23. Revisiting the 1957 Windscale Nuclear Accident using Atmospheric Reanalysis data. Irish Center for High-end Computing (ICHEC), 24. November 2017, abgerufen am 24. Mai 2023 (englisch).
  24. Reiner Metzger: Wie stark strahlt Fukushima?: Komplettsperrung wird diskutiert. In: Die Tageszeitung: taz. 31. März 2011, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 24. Mai 2023]).
  25. Dokumentarfilm „Atommüll: Endlager Meeresgrund“, Erstausstrahlung am 23. April 2013 auf ARTE
  26. Environmental Protection Agency: Sellafield. EPA, abgerufen am 23. Mai 2023 (englisch).
  27. CURIA - Dokumente. In: Curia. Gerichtshof der Europäischen Union, 18. Juli 2007, abgerufen am 23. Mai 2023 (englisch).
  28. Terrorverdächtige am AKW festgenommen. 3. Mai 2011, abgerufen am 23. Mai 2023.
  29. Marode Atomanlage in Sellafield. In: taz. 11. November 2014, abgerufen am 11. November 2014.
  30. The Ecologist places leaked Sellafield fuel pond photos in public domain. In: The Ecologist. 11. November 2014, abgerufen am 11. November 2014.
  31. Sellafield body parts families given government apology. In: BBC News. 16. November 2010 (englisch, bbc.com [abgerufen am 24. Mai 2023]).
  32. The Redfern Inquiry. UK Government Web Archive, 14. Dezember 2010, abgerufen am 24. Mai 2023 (englisch).
  33. John Krzyzaniak: Britain has 139 tons of plutonium. That’s a real problem. In: Bulletin of the Atomic Scientists. 17. April 2020, abgerufen am 23. Mai 2023 (amerikanisches Englisch).
  34. Our history – AWE. AWE, 2023, abgerufen am 2. Juni 2023 (englisch).
  35. What is Sellafield? - Cleaning up our nuclear past: faster, safer and sooner. Gov.uk, 7. September 2018, abgerufen am 2. Juni 2023 (englisch).
  36. Anna Isaac, Alex Lawson: Sellafield nuclear site hacked by groups linked to Russia and China. In: The Guardian. 4. Dezember 2023, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 5. Dezember 2023]).
  37. Britain says no evidence of Sellafield nuclear site hacking. In: Reuters. 5. Dezember 2023 (reuters.com [abgerufen am 5. Dezember 2023]).
  38. heise online: Atomkomplex Sellafield: Regierung widerspricht Bericht über Hackerangriff. 5. Dezember 2023, abgerufen am 5. Dezember 2023.
  39. Joshua Weatherill: Iron Oxyhydroxide Formation in the Enhanced Actinide Removal Plant. University of Manchester, 1. August 2018, abgerufen am 19. September 2023 (englisch).
  40. SIXEP Continuity Plant. In: Sellafield Ltd. Gov.uk, 18. Februar 2022, abgerufen am 19. September 2023 (englisch).
  41. North-East Atlantic Environment Strategy 2030. OSPAR, abgerufen am 19. September 2023 (britisches Englisch).
  42. 2. Key Messages. OSPAR Commission, 2023, abgerufen am 19. September 2023 (englisch).
  43. Decommissioning campaign complete at UK reactor. In: World nuclear news. World Nuclear Association, 16. Juni 2011, abgerufen am 25. Mai 2023 (englisch).
  44. Nuclear Decommissioning Authority, Sellafield Ltd: End of reprocessing at Thorp signals new era for Sellafield. Gov.uk, 16. November 2018, abgerufen am 23. Mai 2023 (englisch).
  45. All foreign-owned waste at Sellafield packaged and set for return. In: Sellafield Ltd. Gov.uk, 9. Dezember 2021, abgerufen am 23. Mai 2023 (englisch).
  46. David Peattie: NDA Update. In: New Transport and Waste Divisions. Gov.uk, 19. Januar 2021, abgerufen am 23. Mai 2023 (englisch).
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