Wilhelm Wirth

Wilhelm Wirth (* 26. Juli 1876 in Wunsiedel; † 13. Juli 1952 in Amberg) war ein oberfränkischer Psychologe. Er gilt als Wegbereiter der experimentellen Psychologie.

Wirth als Abiturient in Bayreuth, 1894

Leben

Wirth war ein Sohn des Gymnasiallehrers Johann Christian Wirth und wuchs in Bayreuth auf, wo er das Gymnasium besuchte. Er studierte ab 1894 Jura in München. Ab dem dritten Semester wechselte er zum Hauptfach Philosophie und belegte nebenbei Mathematik und Physik für das höhere Lehramt. Nach dem Besuch des III. Internationalen Kongresses für Psychologie 1896 in München, der experimentalpsychologisch ausgerichtet war, spezialisierte sich Wirth in dieser Richtung.

1898 wurde er in München promoviert. Nach einem Studienaufenthalt in Leipzig bot ihm Wilhelm Wundt eine Assistentenstelle an. Wirth habilitierte sich 1900 mit der Arbeit Der Fechner-Helmholtz'sche Satz über negative Nachbilder und seine Analogien. Von 1903 bis 1945 gab er das Archiv für die gesamte Psychologie, ab 1926 die Psychological Abstracts (mit) heraus. Zusammen mit anderen Forschern gründete er 1902 die Gesellschaft für experimentelle Psychologie. Im Jahre 1940 wurde er Mitglied der NSDAP.[1]

Leistungen

1908 wurde Wirth als Professor berufen. In dieser Zeit entstanden seine Hauptwerke, die Bewusstseinsphänomene und die Methoden der experimentellen Psychologie. Sein Forscherziel war, exakt messbare Reize und eindeutig verabredete willkürliche Verhaltensweisen zwischen Experimentator und Versuchsperson als Grundlage einer allgemeingültig vergleichenden Situation des Bewusstseins zu gewinnen. 1938 definierte er: „Das gesamte Wissen von quantitativ faßbaren Gesetzmäßigkeiten seelischer Leistungen gegenüber der Außenwelt kann als Psychophysik im engeren Sinn bezeichnet werden.“ Ab 1926 hatte sich für Wirth die Genauigkeit der Koordination zwischen optischer Wahrnehmung und subjektiver Bewegung herauskristallisiert.

1933 unterzeichnete er das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler. 1935 begann er im Auftrag der Wehrmacht, Apparate zur Einübung des Zielens zu entwickeln. 1943 wurden das Seminar und die Privatwohnung Wirths bei einem Luftangriff total zerstört, Wirth stellte 68-jährig Antrag auf Emeritierung und siedelte mit seiner Familie nach Bayern über. Er ist in Bayreuth begraben.

Science-Fiction-Schriftsteller

Wilhelm und sein älterer Bruder Heinrich Johann Wirth waren Science-Fiction-Schriftsteller. 1889, als Heinrich 16 und Wilhelm 13 Jahre alt war, verfassten sie das Werk Vom Saturn zum Ring. Die Autoren illustrierten ihre Geschichte eigenhändig. Die Visionen der beiden fortschrittsbegeisterten Gymnasiasten von „Romanopolis“, der von New York inspirierten Hauptstadt des „Termenischen Reiches“ mit ihren Brücken, Hochhäusern und Schnellbahnen wirken wie ein Vorgriff auf die 1920er Jahre auf Zeichnungen von Frank R. Paul oder den Filmsets von Fritz Langs Metropolis. Die Bilder der astronomischen Phänomenen stimmen exakt in Größe, Konstellation und Schattenkonturen. Die Brüder Wirth wollten die Schönheiten der Himmelserscheinungen im Saturn-Ring-System erschließen.

2002 veranstaltete die Phantastische Bibliothek Wetzlar die Ausstellung Planetenstädte, in der die Originalbilder erstmals öffentlich gezeigt wurden. Das Werk der Brüder wurde auch in der Ausstellung Architektur, wie sie im Buche steht im Architekturmuseum der TU München von Dezember 2006 bis März 2007 und im Katalog dazu gewürdigt.

Auszeichnungen

Schriften

Literatur

  • Wolfgang Wirth (Hrsg.): Heinrich und Wilhelm Wirth: „Vom Saturn zum Ring“ [Bayreuth 1889]. Kirschbaum, Bonn 2002, ISBN 3-7812-1572-5.
  • Christina Schröder: „Wilhelm Wirth und das Psychophysische Seminar der Universität Leipzig.“ In: „Illustrierte Geschichte der Psychologie.“ Hrsg. von Helmut E. Lück. Quintessenz, München 1993, ISBN 3-928036-72-6, S. 41–46.
  • Bibliografie: „Wissenschaftliche Veröffentlichungen und Vorträge W. Wirths (1976).“ Zusammengestellt von A. Wirth in: Archiv für die Geschichte von Oberfranken 56, S. 419–430.

Einzelnachweise

  1. George Leaman: Heidegger im Kontext: Gesamtüberblick zum NS-Engagement der Universitätsphilosophen. Aus dem Amerikanischen von Rainer Alisch und Thomas Laugstien. Verlag Argument, Hamburg 1993 (= Ideologische Mächte im deutschen Faschismus, Band 5), ISBN 3-88619-205-9, S. 104.
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