Wilhelm Köhler (Unternehmer)

Wilhelm Köhler (* 17. Mai 1897 in Offenbach am Main; † 17. Januar 1962 in Rom) war ein deutscher Unternehmer.

Leben

Wilhelm Franz Heinrich Köhler wurde am 17. Mai 1897 in Offenbach als jüngstes Kind und einziger Sohn von Wilhelm Köhler sen. (1847–1917), Oberarzt am und seit 1887 Verwaltungsdirektor des Städtischen Krankenhauses in Offenbach, geboren. Seine Mutter Emma Weintraud (1858–1935) war die Tochter des Geheimen Kommerzienrates Franz Ernst Weintraud (1833–1908), der aus einer jüdischen Familie stammte. 1908 wurde Wilhelm Köhler sen. pensioniert und die Familie zog im Jahr darauf nach Darmstadt. Wilhelm Köhler, der 1906 in das humanistische Gymnasium in Offenbach kam, wechselte auf das Ludwig-Georgs-Gymnasium in Darmstadt und war ein Klassenkamerad von Carlo Mierendorff und Theodor Haubach. Nach dem Not-Abitur trat er im November 1914 als Kriegsfreiwilliger in den Ersten Weltkrieg ein und wurde in Posen und an der russischen Ostfront eingesetzt. Nach seiner Beförderung zum Leutnant der Reserve wurde er 1917 an die Westfront versetzt. Durch eine Gasvergiftung im April 1917, die ihn zeitlebens beeinträchtigte, wurde der Frontdienst beendet. Daraufhin arbeitete er ab Januar 1918 bis zum Kriegsende in der Werkstatt des Artillerieregiments.

Nach dem Krieg studierte er ab März 1919 im Eilverfahren Medizin in Frankfurt/M., Heidelberg, Gießen und Marburg. Er schloss das Studium 1922 mit dem Dr. med. ab. Da die Hyperinflation das elterliche Vermögen stark dezimiert hatte und es keine bezahlten Assistentenstellen gab, trat er auf Vermittlung seines Freundes Wilhelm Goebel als Volontär (Lehrling) in die Dienste der Gandenbergerschen Maschinenfabrik Georg Goebel (1830–1900) in Darmstadt ein. Die Firma Goebel war v. a. im Bereich der Fahrkartenautomaten, Präzisionsmaschinen für die Papierrollenindustrie und der Druckmaschinen ein führender Hersteller. Die Leitung der Firma Goebel übernahm Wilhelm Köhler bereits 1924. Nach Umwandlung der Firma 1927 in eine AG wurde er neben Wilhelm Goebel in den Vorstand berufen. Der Aufsichtsrat wurde von Ernst Busemann angeführt. Bereits 1928 verkaufte Goebel seine Anteile, schied aus dem Vorstand aus und wechselte in den Aufsichtsrat. Vom 1. Juli 1928 bis zu seiner Pensionierung war Köhler dann alleiniger Vorstand.

Wilhelm Köhler war mit der Ärztin Irma Schmidt (1898–1985), Tochter des Chemikers Albrecht Schmidt (1864–1945), Vorsitzender des Vorstandes der Farbwerke Hoechst verheiratet. Das Paar lernte sich beim Medizinstudium in Frankfurt am Main kennen. Aus der Ehe ging die Tochter Lotte Köhler (1925–2022) hervor.

Die Rolle von Wilhelm Köhler in der Zeit des Nationalsozialismus ist umstritten. Köhler war auch wegen seiner jüdischen Vorfahren nicht in die NSDAP eingetreten und wehrte sich auch lange Zeit gegen eine übermäßige Ausrichtung der Produktion der Firma Goebel an den rüstungswirtschaftlichen Interessen des NS-Regimes. Köhler soll sich nach Aussage seiner Tochter Lotte 1937 bei einer gemeinsamen Schiffsreise mit dem Gauleiter Jakob Sprenger für die Freilassung seines Freundes Carlo Mierendorff eingesetzt haben. Diese erfolgte wenige Monate nach dieser Intervention.

Dennoch wurden auch in Köhlers Betrieb Zwangsarbeiter beschäftigt. Er beteiligte sich am Rüstungsprogramm des NS-Regimes, war seit 1938/39 Abwehrbeauftragter seiner Firma und 1945 Bereichsbeauftragter im Hauptausschuss Maschinen. Nachdem er im November 1945 mit Vorwürfen einer angeblichen Verstrickung mit dem NS-Regime konfrontiert wurde, trat er als Präsident der IHK Darmstadt zurück. Im Spruchkammerverfahren wurde Köhler im April 1948 freigesprochen.

1945–46 und 1947–49 war er Präsident der IHK Darmstadt. Nach einer Auseinandersetzung über Zuständigkeiten in der IHK, trat Köhler nach kurzer Zeit wieder zurück und verließ die IHK. Von 1948 bis 1952 war Köhler für die LDP/FDP Mitglied der Stadtverordnetenversammlung in Darmstadt.

1956 trat Köhler aus gesundheitlichen Gründen aus der Geschäftsführung der Firma Goebel AG in die Gesellschafterversammlung und den Aufsichtsrat über. Seinen Alterssitz verlegte er 1958 nach Bad Wiessee am Tegernsee.

Wilhelm Köhler hatte zahlreiche Ämter inne: Er war Vorstandsmitglied des Arbeitgeberverbandes, Mitglied des Hauptvorstandes und des engeren Vorstands des Vereins Deutscher Maschinenbau-Anstalten (VDMA) und Vorsitzender der Forschungsgesellschaft Druckmaschinen.

In dieser Funktion unterstützte er Anfang der 1950er Jahre die schließlich 1952/53 erfolgte Gründung des Instituts für Druckmaschinen und Druckverfahren an der TH Darmstadt. Köhler organisierte zahlreiche Spenden aus dem Bereich der Wirtschaft zum Aufbau dieses Instituts.

Köhler war von 1948 bis 1958 Vorsitzender der 1918 gegründeten Vereinigung von Freunden der Technischen Hochschule Darmstadt, der er seit 1931 angehörte. In dieser Zeit hat er beim Aufbau der Hochschule nach der starken Zerstörung am 11. September 1944 maßgeblich mitgewirkt und zahlreiche Projekte im Bereich der Forschung und Lehre gefördert. Die TH Darmstadt ehrte ihn anlässlich seines 60. Geburtstages am 17. Mai 1957, indem sie die Aula der Hochschule im Hauptgebäude an der Hochschulstraße (heute: Altes Hauptgebäude) in "Wilhelm-Köhler-Saal" umbenannte.

Auf einer Reise nach Italien ist Wilhelm Köhler im Januar 1962 in Rom an den Spätfolgen der Giftgasverletzung aus dem Ersten Weltkrieg verstorben.[1] Seine Urne wurde auf dem Alten Friedhof in Darmstadt bestattet.

Ehrungen

Literatur

  • Josef Schmid: Freiheit und soziale Verantwortung. Der Unternehmer Wilhelm Köhler von 1897–1962, Göttingen 2016, ISBN 978-3-8353-1978-3[2].
  • Ulrich Eisenbach (Hrsg.): Von den Anfängen der Industrialisierung zur Engineering Region. 150 Jahre IHK Darmstadt. Rhein Main Neckar, Darmstadt 2012.
  • Lotte Köhler (Hrsg.): Vom Stift zum Handelsherrn und andere autobiografische Texte von Dr. med. Wilhelm Köhler (1897–1962). Darmstadt 2009.
  • Wilhelm Köhler In: Stadtlexikon Darmstadt. Stuttgart 2006, S. 507f.

Einzelnachweise

  1. Michael Sonnabend: Der Mensch ist ein auf Gegenseitigkeit angelegtes Wesen (Memento des Originals vom 12. April 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/stiftungen.stifterverband.info. In: Festschrift. Den Menschen im Blick. 20 Jahre Lotte-Köhler-Stiftung. 2007, S. 8, abgerufen am 27. Dezember 2013
  2. Vom kreativen Lehrling zum Vorstand in FAZ vom 12. November 2016, Seite 42
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