Wild at Heart – Die Geschichte von Sailor und Lula

Wild at Heart – Die Geschichte von Sailor und Lula ist ein Roadmovie von David Lynch aus dem Jahr 1990. Es ist die Verfilmung von Barry Giffords gleichnamigem Roman.

Handlung

Lula Pace und Sailor Ripley sind ein junges Liebespaar. Nach einer Gefängnisstrafe Sailors, zu der er verurteilt wurde, weil er mit bloßen Händen einen Mann tötete, der ihn mit einem Messer bedrohte, begeben sich die beiden auf die Flucht. Gemeinsam wollen sie ein neues Leben beginnen. Lulas Mutter Marietta, in deren Auftrag bereits die Messerattacke auf Sailor erfolgte, setzt ihren Liebhaber Johnnie Farragut, einen Detektiv, darauf an, die beiden aufzustöbern. Gleichzeitig heuert sie ohne Wissen ihres Freundes den Gangsterboss Marcello Santos an, einen weiteren „Freund der Familie“, der Sailor töten soll. Hintergrund ihrer Mordpläne ist ihre Verstrickung in den Brandanschlag, der ihren Mann das Leben kostete, und das mögliche Wissen Sailors über den Hergang dieser Tat. Auch damals steckte Marcello Santos hinter der Tat, Sailor arbeitete als Fahrer für ihn.

Lula und Sailor ahnen nichts von der Gefahr und genießen ihre scheinbare Freiheit und Unabhängigkeit. Nur ein schwerer Verkehrsunfall, an dem sie nachts auf einer einsamen Landstraße vorbeikommen und bei dem ein schwerverletztes Mädchen vor ihren Augen stirbt, belastet ihre Sorglosigkeit. Schließlich erreichen sie, finanziell völlig abgebrannt, eine kleine Stadt, in der Sailor noch vermeintliche Freunde hat. Bobby Peru, den er dort kennenlernt, überredet Sailor zu einem angeblich völlig unkomplizierten und sicheren Überfall, bei dem er genug verdienen werde, um mit der inzwischen schwangeren Lula das ersehnte neue Leben beginnen zu können. Tatsächlich ist es eine Falle: Peru handelt im Auftrag von Marcello Santos; Sailor soll bei diesem Überfall sterben. Ein zufälliger Polizeieinsatz verhindert diesen Plan. Bobby Peru schießt sich in der ausweglosen Situation auf eine groteske Art selbst den Kopf vom Hals, und Sailor kommt erneut hinter Gitter.

Nach einer mehrjährigen Haftstrafe Sailors hofft das Paar erneut auf ein Leben, das sie zusammen mit dem gemeinsamen Sohn beginnen wollen. Sailor sieht sich dieser Rolle zunächst nicht gewachsen, fürchtet, eine Belastung für Lula und ihren Sohn zu sein, und setzt sich ab. Als er kurze Zeit später von einer Straßengang zusammengeschlagen wird und bewusstlos zusammenbricht, erkennt er, dass er es ist, der entscheiden muss, welchen Weg er weitergehen will; er kehrt zu Lula zurück und singt für sie den Song Love Me Tender von Elvis Presley, was sie sich immer gewünscht hat.

Hintergrund

Literaturvorlage und weitere Inspirationen

Wild at Heart ist eine Verfilmung des ersten Romans von Barry Giffords Romanreihe Sailor and Lula. Auch der Film Perdita Durango basiert auf der "Sailor & Lula"-Romanreihe. In Wild at Heart ist Perdita Durango eine Nebenfigur, die von Lynchs damaliger Lebensgefährtin Isabella Rossellini gespielt wird.

In Auberi Edlers Dokumentation Es war einmal … Wild at Heart erfährt man, dass Wild at Heart eine Hommage an Victor Flemings Musicalfilm Der Zauberer von Oz aus dem Jahr 1939 ist. Während der Filmhandlung unterhalten sich die beiden Hauptfiguren Lula Pace und Sailor Ripley öfter über das Märchen Der Zauberer von Oz, wobei in drei traumähnlichen Szenen in Wild at Heart die böse Hexe des Westens auf ihrem Besen vorbeigeflogen kommt. Darüber hinaus trägt Lula Pace rote Damenschuhe, genau wie das Mädchen Dorothy in Der Zauberer von Oz. In der Szene, in der Sailor Ripley und Bobby Peru den geplanten Raub vereinbaren, erscheint das Szenenbild in einer weißen Kristallkugel, über die eine Hand mit langen schwarzen Fingernägeln streicht.

Produzent Monty Montgomery hatte ursprünglich die Idee für die filmische Umsetzung des Romans von Barry Gifford und wollte als Regisseur agieren. Jedoch schlug Montgomery die Idee zum Filmprojekt seinem Freund David Lynch vor, der davon überzeugt war und die Regie übernahm; Montgomery selbst fungierte als Produzent.[2]

In der Szene, in der Lula Pace und Sailor Ripley in einem Musikclub vor der Bühne tanzen, auf der die Thrash-Metal-Band Powermad ihren Song Slaughterhouse spielt, trägt der Gitarrist ein weißes T-Shirt der Metal-Band Gwar (Rigor Mortis Concert). Der Bassist dagegen trägt ein schwarzes T-Shirt des Gitarren-Herstellers PRS Guitars. Nach einer Schlägerei mit einem Konzertbesucher singt Sailor Ripley in dieser Szene für seine Freundin den balladenhaften Song Love Me von Elvis Presley.

In der Rolle der Marietta Fortune, die Mutter von Lula Pace, ist die Schauspielerin Diane Ladd zu sehen, die tatsächliche Mutter von Schauspielerin Laura Dern.

Musik

Die Filmmusik ist 1990 als CD und LP erschienen: bei London Records für Großbritannien und Europa, bei Polydor für die USA und Kanada. Der Titel Wicked Game wurde nach Verwendung im Film zu einem Top-10-Hit in den USA, Großbritannien und in Deutschland.[3]

Titelliste:[4]

Einfluss

Wie viele andere Filme von David Lynch setzte auch Wild at Heart einen Trend und nahm Einfluss auf die Filmlandschaft. Besonders der Film Lulu & Jimi (2008) des deutschen Regisseurs Oskar Roehler basiert zu großen Teilen auf Lynchs Film, ohne dabei Lynch oder Giffords literarische Vorlage explizit zu nennen.

Synchronisation

Wild at Heart wurde bei der Berliner Synchron unter der Dialogregie von Clemens Frohmann synchronisiert.[5]

Darsteller Deutscher Sprecher[5] Rolle
Nicolas CageRolf ZacherSailor Ripley
Laura DernDaniela HoffmannLula Pace
Willem DafoeThomas PetruoBobby Peru
Harry Dean StantonFriedrich Georg BeckhausJohnnie Farragut
Diane LaddKerstin Sanders-DornseifMarietta Fortune
Isabella RosselliniSusanna BonaséwiczPerdita Durango
Crispin GloverMatthias KlagesDell
Sherilyn FennDorette HugoMädchen am Unfallort
J. E. FreemanKurt GoldsteinMarcelles Santos

Kritik

„Eine mit gewaltigem Bild-, Ton- und Musikaufwand opernhaft inszenierte Mischung aus ‚amour fou‘, Gangstergeschichte und Roadmovie, die aus einer ironischen Märchenhaltung heraus die schrecklichen und widerwärtigen Seiten des Lebens schlaglichtartig erhellt, aber auch nachhaltig humane Werte und die Schönheiten des Daseins beschwört. Eine nicht selten geschmacklose Collage, die zugleich aber als verdichtete Momentaufnahme gegenwartsbezogener Realitäts- und Weltbetrachtung verstanden werden kann.“

„David Lynch gelang ein filmzitatreiches Liebesmärchen voller Gewalt und schwarzem Humor. Cine-Tipp: Irrer Trip durch die Abgründe der Psyche.“

Zitate aus dem Film

  • „Das ist eine Schlangenlederjacke. Sie ist ein Symbol meiner Individualität. Und meines Glaubens an die persönliche Freiheit.“
    (Sailor Ripley, verkörpert von Nicolas Cage, über seine extravagante Schlangenlederjacke)
  • „Sailor, Baby. Ist dir manchmal auch so, als ob du den Wind hörst und die böse Hexe des Ostens vorbeireiten siehst?“
    (Lula Pace, verkörpert von Laura Dern, nach dem Sex mit ihrem Freund Sailor Ripley im Bett liegend)
  • „Verfluchte Scheiße, ist das hier Die Nacht der lebenden Toten oder was? Ich kann das nicht mehr hören, dieses verdammte Radio. In meinem ganzen Leben habe ich noch nicht so viel Scheiße auf einmal gehört. Sailor Ripley, ich geb dir zwei Sekunden, um einen Rocksender zu finden, ich halt das nicht mehr aus!“
    (Lula Pace, als sie mit ihrem Freund Sailor Ripley in einem Cabriolet fährt und im Autoradio schockierende Beiträge über Bypass-Operationen, Kindermord, Nekrophilie und Wasserverseuchung hören muss)
  • „Mein Hund bellt mir was. Wisst ihr, was für ein Hund das ist? Das könnt ihr gar nicht, ohne dass ich euch es verrate, was für einen Hund ich habe. Vielleicht denkt ihr, es wäre der kleine Toto aus dem Zauberer von Oz? Aber ich sage euch, mein Hund ist immer bei mir. Wuff!“
    (Spinner-Spool, verkörpert von Jack Nance)
  • „Die Welt hat ein wildes Herz und ist total verrückt geworden. Warum singst du mir nicht Love me tender? Wäre ich doch nur im Land hinter dem Regenbogen.“
    (Lula Pace zu Sailor Ripley)
  • „Wenn du wirklich ein wildes Herz hast, dann wirst du für deine Träume kämpfen. Du darfst nicht vor der Liebe davonlaufen, Sailor.“
    (Die gute Fee, die Sailor Ripley erscheint, nachdem er von einer Straßengang zusammengeschlagen wurde)

Auszeichnungen

Literatur

  • Kathleen Murphy: David Lynch’s sweet bird of arrested development. In: Film Comment 26.1990,6, S. 59
  • James M. Welsh: Wild At Heart. In: Films in Review 41.1990, 11/12, S. 554
  • Bert Olivier: Dislocating the everyday. David Lynch’s “Wild at Heart” as cinema of the grotesque. In: South African journal of philosophy 11.1992,4, S. 96–102
  • Gerhard Bühler: Postmoderne auf dem Bildschirm, auf der Leinwand. Musikvideos, Werbespots und David Lynchs Wild at Heart. Gardez-Verlag, Sankt Augustin 2002. ISBN 3-89796-034-6 (Dissertation Universität Heidelberg)
  • Volker Pietsch: Persönlichkeitsspaltung in Literatur und Film. Zur Konstruktion dissoziierter Persönlichkeiten in den Werken E.T.A. Hoffmanns und David Lynchs. Peter Lang, Frankfurt am Main 2008. ISBN 978-3-631-58268-8

Einzelnachweise

  1. Freigabebescheinigung für Wild at Heart – Die Geschichte von Sailor und Lula. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, Oktober 1997 (PDF; Prüf­nummer: 64 509-a KV).
  2. Es war einmal … Wild at Heart (Memento des Originals vom 31. Dezember 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.arte.tv (Zugriff am 13. Januar 2011)
  3. Chart-Statistik für Wicked Game auf chartsurfer.de
  4. David Lynch’s Wild At Heart (Original Motion Picture Soundtrack) bei discogs.com
  5. Wild at Heart – Die Geschichte von Sailor und Lula. In: synchronkartei.de. Deutsche Synchronkartei, abgerufen am 19. Mai 2017.
  6. Wild at Heart – Die Geschichte von Sailor und Lula. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 2. März 2017.
  7. Fernseh-Zeitschrift TV Spielfilm, Nr. 14, 26. Juni 2020: Programmankündigung, TV Spielfilm Verlag GmbH, Hamburg. S. 125
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