Wetterbeeinflussung

Wetterbeeinflussung ist die gezielte Erzeugung gewünschter Wetterlagen oder die beabsichtigte Abwehr schädlicher Wetter- oder Witterungseinflüsse auf Menschen oder auf wertvolle Einrichtungen. Zu Einflüssen, die sich mehr oder weniger ungewollt als Produkt menschlichen Handelns naturgesetzlich äußern, siehe unter Klimawandel und Geo-Engineering.

Hagelkanonen auf einem internationalen Kongress, 1901
Schönwettermaschine im Jahr 2000. Sammelbildchen der Schokoladenfirma Theodor Hildebrand & Sohn aus dem Jahr 1900

Methoden zur Beeinflussung der kleinräumigen Witterung

Durch vertiefte Kenntnis der Naturgesetze vermag man heute gewisse meteorologische Vorgänge kleinräumig zu beeinflussen, vor allem um Wetterextreme zu mildern:

  • In Obst- und Weinbaugebieten lassen sich Schadensfröste verhindern, indem man starke Rauchschwaden erzeugt, die die Ausstrahlung des Erdbodens und der unteren Schichten der Atmosphäre herabsetzen oder durch Frostschutzberegnung, bei der die beim Gefrieren des Wassers freiwerdende Kristallisationsenthalpie zur Erhöhung der Temperatur führt und so die Blüten schützt.
  • Auch Wasserflächen (Seen, Teiche und Gräben) bewirken einen gewissen Frostschutz für umliegende Flächen. Der Effekt ist besonders in Obstbaugebieten wie dem Alten Land während der Blüte zu beobachten.
  • In Steppengebieten kann man durch die Anpflanzung geeigneter Baumarten so genannte Schutzwaldstreifen etablieren, die ein Austrocknen durch den Wind und damit die Verdunstung verringern. Damit wird der Bodenwasserhaushalt verbessert, die Taubildung wird begünstigt und die Gefahr von Schneeverwehungen wird verringert.
  • Schäden durch Blitzeinschläge können vermindert werden durch Aufstellung von Blitzableitern oder Anbringung von Blitzableitersystemen an Gebäuden. Die hohen Spannungen zwischen Gewitterwolke und Erdboden entladen sich nämlich vorzugsweise über den gut leitenden Blitzableiter.

Auch die Wolkenimpfung (→ Abschnitt #Wolkenimpfung) wurde in kleinräumigen Versuchen eingesetzt, etwa zur Hagelabwehr.

Methoden zur weiträumigen Beeinflussung von Wetter und Klima

Die großräumige Beeinflussung des Wetters oder gar des Klimas befindet sich noch im Experimentierstadium. Verschiedene Forschergruppen haben erste theoretische und praktische Ansätze entwickelt, die immer wieder ausprobiert werden.

Wolkenimpfung

Prinzip der Wolkenimpfung

In ihrer tatsächlichen Wirksamkeit umstritten ist die Methode der sogenannten „Wolkenimpfung“.[1] Durch das Einbringen künstlicher Kristallisationskeime („Kohlensäureschnee“, Silber- oder Bleiiodid) in vorhandene Wolken sollen sowohl die Niederschlagsmenge in trockenen Regionen erhöht als auch Unwetterereignisse kontrolliert und vermieden werden.

Versuche in größerem Maßstab werden in der Volksrepublik China unternommen.[2] Sie unterhält ein staatliches „Wetteränderungsamt“, das bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 oder zu den Feiern zum 60. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik am 1. Oktober 2009 für Schönwetter sorgte. Zu diesem Zweck werden von Flugzeugen Chemikalien versprüht, die Regenwolken entfernt von der Hauptstadt abregnen lassen. Als Gegenmaßnahme gegen eine anhaltende Dürre sollte im November 2009 Regen produziert werden, allerdings lösten die Manipulationen einen ungewollten Schneesturm aus, der in der Hauptstadt Schwierigkeiten verursachte.[3][4]

Auch in Venezuela und Russland sind derartige Maßnahmen zur Erzeugung von Niederschlägen angedacht.[5][6] In Bolivien wurde während einer Dürreperiode Anfang 2017 das Impfen der Wolken versucht.[7]

Seit Anfang der 2000er Jahre wird in den Vereinigten Arabischen Emiraten an Wolkenimpfung geforscht. In der heißen Wüstenregion verdunsten oft kleine Regentropfen, ehe sie den Boden erreichen. Während der Ausbringung von Silberjodid wurden erhöhte Konzentrationen von Feinstaub gemessen.[8] Im Juli 2021, während einer Hitzewelle mit Temperaturen bis 50 °C, experimentierte Dubai mit Drohnen und elektrischer Ladung, um größere Tropfen zu erzeugen und um nachteilige Umweltwirkungen durch den Einsatz von Chemikalien zu vermeiden. Die Wirksamkeit dieser Form der Wetterbeeinflussung ist noch offen.[9]

Wirbelstürme

Crew des Projekts Stormfury im Jahr 1969 vor einer Douglas DC-6, die zur Wolkenimpfung eingesetzt wurde

In den 1940er bis 1970er Jahren wurde im Auftrag der US-Regierung in den Projekten „Cirrus“ und „Stormfury“ experimentell versucht, Hurrikans durch Wolkenimpfung abzuschwächen. Im Jahr 1947 brachte ein Flugzeug Silberiodid in Wolken eines Hurrikans ein, der vor Georgia und der Nordküste Floridas seewärts Richtung Nordosten zog. Der Sturm änderte nach dem Experiment seine Richtung auf West und ging an der Küste North Carolinas und Georgias an Land. Der Chemie-Nobelpreisträger Irving Langmuir, der die chemischen Grundlagen für die Idee der Wolkenimpfung gelegt hatte, vermutete, dass die Wolkenimpfung die Kursänderung verursacht hatte. Zwar ergab spätere Forschung, dass dies wahrscheinlich nicht der Fall gewesen war, aber in der Öffentlichkeit blieb der peinliche Eindruck eines Versagens.[10][11]

Nachdem in den Jahren 1954 und 1955 insgesamt sechs große Hurrikans in den USA fast 400 Opfer gefordert und Schäden in Milliardenhöhe verursacht hatten, wurden Versuche der Hurrikan-Kontrolle wiederaufgenommen. Im Rahmen des Projektes „Stormfury“ wurde in vier Fällen versucht, mit Silberiodid-Impfung Hurrikans zu beeinflussen. Ein vorübergehender Rückgang der Windgeschwindigkeiten des Hurrikans Debbie (1969) um 31 % und 18 % nach zwei Einsätzen schien die Hypothesen des Projektes zu bestätigen. Aber die anfänglichen vermeintlichen Erfolge ließen sich nicht von natürlichen Änderungen der Hurrikans unterscheiden. Wahrscheinlich enthalten die Wolken eines Hurrikans schon zu viel Eiskristalle und zu wenig unterkühlte Wassertropfen, als dass eine Impfung erfolgversprechend ist. Im Jahr 1983 wurde das Projekt eingestellt, auch aus Sorge vor rechtlichen Folgen und öffentlicher Kritik, falls ein Hurrikan nach einer Impfung Verwüstungen anrichten würde und diese auf die Impfung zurückgeführt würden.[10][11]

Eine Forschungsgruppe um Ross N. Hoffmann von der US-Firma Atmospheric and Environmental Research (AER) in Lexington (Massachusetts) untersuchte in den 2000er Jahren am Beispiel vergangener Hurrikans in Simulationen, wieweit Tropenstürme kontrollierbar sind. Dazu müsste zuerst der Verlauf eines Hurrikans mittels Computersimulationen präzise approximiert werden können. Das ist jedoch ein sehr ambitioniertes Unterfangen, denn die Erdatmosphäre als chaotisches System reagiert extrem empfindlich auf geringste Abweichungen in den Ausgangsbedingungen. Vorhersagen des Verlaufs eines Hurrikans gestalten sich besonders schwierig im Bereich der Grenzschicht, an der Wärme mit der Meeresoberfläche ausgetauscht wird, weil dort nicht mehr von einem abgeschlossenen System gesprochen werden kann.[12][13]

Die Forschungsgruppe sah folgende Möglichkeiten zur Veränderung maßgeblicher Parameter:[12]

  • Erhöhung der Temperatur in der Atmosphäre, womit die Kondensation von Wasserdampf und damit die Wolkenbildung verhindert werden kann, durch Mikrowellenstrahlen aus Solarkraftwerken in der Erdumlaufbahn, was zurzeit nicht realisierbar ist.[14]
  • Verringerung der Verdunstung der Meeresoberfläche durch das Ausbringen von biologisch abbaubaren Ölfilmen, was ebenfalls die Wolkenbildung erschweren würde.

Potential sahen sie auch in relativ kleinen Änderungen alltäglicher Aktivitäten, etwa der gezielten Anpassung von Flugrouten zur Bildung von Kondensstreifen (siehe weiter oben) oder Änderungen der Bewässerung von Feldern, um die Verdunstungsrate lokal begrenzt zu verändern. Von einer tatsächlichen Kontrolle von Hurrikans sei man aber wahrscheinlich noch Jahrzehnte entfernt. Die Forscher warnten vor der Gefahr, dass das gezielte Ablenken von Tropenstürmen hin auf andere Staaten als Waffe verwendet werden könnte (→ ENMOD-Konvention).[12]

Weltweites Klima

Es gibt einen breiten wissenschaftlichen Konsens, dass die Einbringung von Treibhausgasen, wie Kohlenstoffdioxid und bestimmten Kohlenwasserstoffen, in die Atmosphäre zu einer globalen Erwärmung und einem damit einhergehenden Klimawandel führt. Die regionalen Auswirkungen sind unsicher, man ist sich aber einig, dass es dadurch regional auch zu Änderungen des Wetters kommt.[15] Neben der globalen Erwärmung könnte es in Nordeuropa durchaus vorübergehend auch zu einer Abkühlung kommen, etwa wegen einer Abschwächung des Golfstroms oder Kälteeinbrüchen durch Verlagerungen des polaren Jetstreams.[16][17]

Die gegenwärtige globale Erwärmung ist ein unbeabsichtigter und unerwünschter Nebeneffekt vor allem der Nutzung fossiler Brennstoffe. Unter dem Begriff Geoengineering hingegen werden Ansätze der beabsichtigten künstlichen Klimabeeinflussung diskutiert.[18]

Rechtslage

Environmental Modification Convention

Die 1977 unter dem Dach der Vereinten Nationen vereinbarte ENMOD-Konvention (Environmental Modification Convention) verbietet es den Unterzeichnerstaaten, die Umwelt in einem Konflikt gezielt zu schädigen oder eine derartige Schädigung an der Umwelt als militärischen Vorteil oder Waffe einzusetzen. Insbesondere untersagt sie jede Form von Wetterbeeinflussung zu militärischen Zwecken. Die Konvention wurde bis Juni 2015 von 77 Staaten ratifiziert, darunter Deutschland, Österreich, die Schweiz und die USA.[19]

USA

Dem Senat sowie dem Repräsentantenhaus wurden im Jahr 2005 Gesetzesanträge zur Autorisierung experimenteller Wetterveränderung vorgelegt, aber nicht bewilligt.[20][21]

Siehe auch

Literatur

  • James Roger Fleming: Fixing the Sky: The Checkered History of Weather and Climate Control. Columbia University Press, New York 2010, ISBN 978-0-231-14412-4.

Einzelnachweise

  1. Roelof T. Bruintjes: A Review of Cloud Seeding Experiments to Enhance Precipitation and Some New Prospects. In: Bulletin of the American Meteorological Society. Mai 1999, doi:10.1175/1520-0477(1999)080<0805:AROCSE>2.0.CO;2.
  2. Xueliang Guo, Danhong Fu, Xingyu Li, Zhaoxia Hu, Henchi Lei, Hui Xiao, Yanchao Hong: Advances in cloud physics and weather modification in China. In: Advances in Atmospheric Sciences. Februar 2015, doi:10.1007/s00376-014-0006-9.
  3. Tagesschau vom 4. November 2009: Frostige Zeiten für staatliche Wettermacher (Memento vom 7. November 2009 im Internet Archive)
  4. Antje Blinda: Staatliche Wettermacher: Künstlicher Schneesturm lässt Pekinger frieren. In: Spiegel Online, 4. November 2009.
  5. Venezuela plant künstlichen Regen. In: Basler Zeitung, 29. November 2009, abgerufen am 23. Januar 2010.
  6. Elke Windisch: Kampfflugzeuge gegen Schnee. In: Tagesspiegel. 10. Dezember 2009 (Online).
  7. Bolivia usas sus aviones C-130 Hercules para provocar lluvias, Infodifesa.com, 1. Februar 2017
  8. A. Farahat, A. Abuelgasim: Effect of cloud seeding on aerosol properties and particulate matter variability in the United Arab Emirates. In: International Journal of Environmental Science and Technology. Februar 2021, doi:10.1007/s13762-020-03057-5.
  9. Isabel Welzel: Hitzewelle bis 50 Grad: Dubai will mit Drohnen und Elektroschocks künstlichen Regen erzeugen. In: Frankfurter Rundschau. Abgerufen am 1. August 2021.
  10. Matthew Wills: Controlling a Hurricane. In: JStor Daily. 23. Juni 2019, abgerufen am 4. Februar 2022.
  11. H. E. Willoughby, D. P. Jorgensen, R. A. Black, S. L. Rosenthal: Project STORMFURY: A Scientific Chronicle 1962–1983. In: Bulletin of the American Meteorological Society. Mai 1985, doi:10.1175/1520-0477(1985)066<0505:PSASC>2.0.CO;2.
  12. Ross N.Hoffmann: Controlling Hurricanes. In: Scientific American. Oktober 2004, doi:10.1038/scientificamerican1004-68.
  13. Ross N. Hoffman: Hurrikane an der Leine. In: Spektrum der Wissenschaft 08/05, S. 31 ff.
  14. Ekkehart Eichler, Thomas Jüngling: Wettermacher lassen es regnen. Welt am Sonntag, 7. Mai 2006;.
  15. IPCC (Hrsg.): Climate Change 2014: Synthesis Report. Contribution of Working Groups I, II and III to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Genf 2014 (ipcc.ch).
  16. Siehe z. B. Wei Liu u. a.: Overlooked possibility of a collapsed Atlantic Meridional Overturning Circulation in warming climate. In: Science Advances. Band 3, Nr. 1, 4. Januar 2017.
  17. Daniel Lingenhöhl: Das Wetter schlägt Wellen. In: spektrum.de. 22. November 2013, abgerufen am 7. Januar 2017.
  18. Sanna Joronen, Markku Oksanen, Timo Vuorisalo: Towards Weather Ethics: From Chance to Choice with Weather Modification. In: Ethics Policy and Environment. März 2011, doi:10.1080/21550085.2011.561600.
  19. Convention on the prohibition of military or any other hostile use of environmental modification techniques. In: United Nations Treaties Collection: Multilateral Treaties Deposited with the Secretary-General. Abgerufen am 25. Januar 2017 (Text der Konvention und Status der Ratifizierung).
  20. S. 517 (109th): Weather Modification Research and Development Policy Authorization Act of 2005. In: govtrack.us – congress – bills. Abgerufen am 25. Januar 2017.
  21. H.R. 2995 (109th): Weather Modification Research and Technology Transfer Authorization Act of 2005. In: govtrack.us – congress – bills. Abgerufen am 25. Januar 2017.
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