Werner Seidl
Werner Seidl (* 30. März 1914 in Feldkirchen bei Graz; † 31. Juli 1941 in der Sowjetunion) war ein österreichischer Bildhauer.
Biographie
Werner Seidl wurde als Sohn eines Finanzbeamten in der südlich von Graz gelegenen Marktgemeinde Feldkirchen geboren. Nach dem Besuch der Landesoberralschule besuchte er ab 1929 für vier Jahre die Grazer Kunstgewerbeschule (Ortweinschule), wo ihn Wilhelm Gösser unterrichtete. Seidl trat zum 11. Dezember 1930 der NSDAP beigetreten (Mitgliedsnummer 362.607), wurde aber Juli 1932 ausgeschlossen.[1] In dieser Zeit schloss er sich auch der SS an (SS-Nummer 6.785).[2][3] Nach einer kurzfristigen Anstellung bei einem Grazer Bildhauer setzte Seidl seine künstlerische Ausbildung in den Jahren 1933 und 1934 an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Anton Hanak fort. Nach dessen überraschendem Tod kehrte er an die Grazer Ortweinschule (damals „Bundeslehranstalt für das Baufach“) zurück.[4]
Nach Ende seiner Ausbildung blieb Seidl als freischaffender Künstler in Graz. 1934 wurde er Mitglied der Sezession Graz, in deren Ausstellungen er bis 1940 seine Werke präsentierte. Neben Ausstellungen in Graz war Seidl unter anderem 1936 auf einer Ausstellung des Hagenbundes in Wien vertreten.[5] Seine Werke wurden sehr positiv wahrgenommen, zeitgenössische Kritiken bescheinigten dem Künstler großes Talent und eine vielversprechende Karriere.[6][7][8][9]
Seidl fiel 1941 im Alter von 27 Jahren als Soldat an der Ostfront.[10] Unmittelbar davor war er als Professor für die nunmehrige Meisterschule des deutschen Handwerks in Graz vorgeschlagen worden.[4][11] Die „Kameradschaft Steirischer Künstler“ gedachte Seidls (posthum als eine der stärksten bildhauerischen Kräfte, über die die Steiermark verfügte gerühmt) sowie seiner Künstlerkollegen Paul Scholz und Igo Klemencic im Dezember 1941 mit einer Ausstellung im Joanneum.[12]
Werke
Werner Seidl schuf vorrangig Figuren und Porträts bedeutender Persönlichkeiten seiner Zeit, darunter Johannes Ude, Hanns Holenia und Leo Fellinger. 1935 erhielt er für ein Monumentalporträt seines Lehrers Anton Hanak den Österreichischen Staatspreis. Die Aktfigur Der große Friede sowie eine ursprünglich für das Salzburger Mozarteum bestimmte Büste des Komponisten wurden von der Stadt Graz angekauft. Diese stellte die Mozartbüste 1936 im Grazer Stadtpark auf, wo sie sich bis heute befindet. Seine Werke sind durch Klarheit und Feingefühl in Aufbau und Ausdruck charakterisiert.[4]
Seidl verstand es, sich mit den politischen Umständen seiner Zeit zu arrangieren. 1935 schuf er eine Büste des im vorherigen Jahr (nach den Februarkämpfen 1934 und des folgenden Verbots der sozialdemokratischen Partei) abgesetzten Bürgermeisters Vinzenz Muchitsch. Im nunmehrigen Ständestaat erhielt er den Auftrag für ein lebensgroßes Denkmal des Bundeskanzlers Engelbert Dollfuß.[10] Unmittelbar nach dem Anschluss Österreichs schuf er für die Ausstellung „Kunst und Handwerk“ in Graz eine Büste Adolf Hitlers.[9]
- Mozartbüste im Grazer Stadtpark
- Büste von Vinzenz Muchitsch, ausgestellt im GrazMuseum
- „Tänzerin“ bei der Ausstellung „Kunst und Handwerk“ 1938, daneben „Stefanus“ von Hans Mauracher
- „Söhnchen des Direktors Dr. Steiner“
- „Porträt Lamberger“
Einzelnachweise
- Bundesarchiv R 9361-VIII KARTEI/22621149
- Bundesarchiv R 9361-III/459317
- Günther Holler-Schuster, Otto Hochreiter (Hrsg.): Die Kunst der Anpassung. Steirische KünstlerInnen im Nationalsozialismus zwischen Tradition und Propaganda. Graz 2010. S. 106
- W. Silberbauer: Seidl, Werner (1914–1941), Bildhauer. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 12, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2005, ISBN 3-7001-3580-7, S. 129.
- Werner Seidl. In: sezession-graz.at. Abgerufen am 23. Juni 2021.
- Zwei junge steirische Künstler.: Bau, Garten und Stube. Monatsschrift für Heimkultur, Bau- und Wohnberatung / BWK. Beratung für Architektur, Wohnkultur und Kunst / Bau-, Wohn- und Kunstberatung. Monatsschrift für Architektur, Wohnkultur und Kunst / Bau- und Wohnberatung. Monatsschrift für Heimkultur, Bau, Garten und Stube, Jahrgang 1934, S. 114 (online bei ANNO).
- Der Bildhauer Werner Seidl, Graz. In: Österreichische Kunst. Monatshefte für bildende Kunst / Österreichische Kunst. Monatsschrift für bildende und darstellende Kunst, Architektur und Kunsthandwerk / Österreichische Kunst. Monatsschrift für bildende und darstellende Kunst und ihre Beziehungen zum kulturellen Leben / Österreichische Kunst. Monatsschrift für bildende und darstellende Kunst, Architektur und Kunsthandwerk mit dem Beiblatt „Industrie der Ostmark“ / Kunst und Industrie. Monatsschrift für bildende und darstellende Kunst, Architektur und Kunsthandwerk, Heft 6/1935, S. 16 (online bei ANNO).
- Werner Seidl - ein junger Bildhauer.: Bau, Garten und Stube. Monatsschrift für Heimkultur, Bau- und Wohnberatung / BWK. Beratung für Architektur, Wohnkultur und Kunst / Bau-, Wohn- und Kunstberatung. Monatsschrift für Architektur, Wohnkultur und Kunst / Bau- und Wohnberatung. Monatsschrift für Heimkultur, Bau, Garten und Stube, Jahrgang 1936, S. 90 (online bei ANNO).
- Ausstellung „Kunst und Handwerk“ in Graz.: Österreichische Kunst. Monatshefte für bildende Kunst / Österreichische Kunst. Monatsschrift für bildende und darstellende Kunst, Architektur und Kunsthandwerk / Österreichische Kunst. Monatsschrift für bildende und darstellende Kunst und ihre Beziehungen zum kulturellen Leben / Österreichische Kunst. Monatsschrift für bildende und darstellende Kunst, Architektur und Kunsthandwerk mit dem Beiblatt „Industrie der Ostmark“ / Kunst und Industrie. Monatsschrift für bildende und darstellende Kunst, Architektur und Kunsthandwerk, Jahrgang 1938, S. 205 (online bei ANNO).
- GrazMuseum: Porträtbüste Vinzenz Muchitsch. Abgerufen am 23. Juni 2021.
- Der Grazer Bildhauer Werner Seidl. In: Salzburger Volksblatt, 21. August 1941, S. 4 (online bei ANNO).
- Grazer Kunst. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der national(-)sozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Wiener Ausgabe / Wiener Beobachter. Tägliches Beiblatt zum „Völkischen Beobachter“, 13. Dezember 1941, S. 2 (online bei ANNO).