Werner Lorleberg

Werner Lorleberg (* 17. Oktober 1894 in Bottmersdorf; † 16. April 1945 in Erlangen) war Oberstleutnant der Wehrmacht und Kampfkommandant Erlangens.[1]

Denkmal an Oberstleutnant Lorleberg nahe der Thalermühle in Erlangen
Grab von Werner Lorleberg auf dem Ehrenfriedhof in Erlangen

Werdegang Lorlebergs

Lorleberg entstammte einer Pfarrersfamilie. Er besuchte die Gymnasien in Halle und Neuhaldensberg. Nach dem Abitur wurde er Berufssoldat. Als junger Offizier nahm er am Ersten Weltkrieg teil und wurde wegen besonderer Tapferkeit mehrfach ausgezeichnet. Im Jahr 1916 kam er schwer verwundet in britische Gefangenschaft. Nach seiner Entlassung (1919) war er bis 1936 Bankbeamter in Halle und Dresden. Beim Aufbau der Wehrmacht ließ er sich als Hauptmann reaktivieren.[2] In der Beurteilung seiner Personalakte am 1. April 1943 heißt es, „Er drängt seit Kriegsbeginn zur Front“. Weiter heißt es in einer Wehrmachtsakte vom 1. März 1944 unter anderem, er sei „Nationalsozialist, vorm Feinde bewährt“.[3]

Im Winter 1941/42 meldete er sich freiwillig an die Ostfront. 1944 war er der Kommandant der Bjaresina-Brücken im heutigen Belarus, die Schlacht war allerdings bald verloren und die Wehrmacht bis Sommer auf Territorium zurückgedrängt worden, das heute zu Polen gehört. Bei Augustów erlitt Lorleberg beim Rückzug am 30. Juli 1944 eine schwere Verwundung[3], die ihn bis Februar 1945 dienstunfähig machte.[4] Damit war Lorleberg in einem Gebiet stationiert gewesen, in dem von den Faschisten in dieser Zeit eine Vielzahl an Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen wurden. So war er am Frontabschnitt am Fluss Bjaresina nahe dem Vernichtungslager Maly Trostinez aktiv, wo zehntausende Menschen ermordet worden waren und wo Ende Juni kurz vor Einnahme durch die Sowjets ein Erschießungskommando noch einmal 6.500 Häftlinge ermordete und den Leichenberg anzündete.[5] Es ist unbekannt, ob Lorleberg von diesen Verbrechen wusste und ob er an der Front selbst Kriegsverbrechen beging.

Anschließend gehörte er zu einer sogenannten Führerreserve, die in Erlangen zusammengezogen worden war. Am 9. April 1945 wurde er letzter „Kampfkommandant“ Erlangens. Die Stellen von Kampfkommandanten wurden auf Weisung Hitlers vom 8. März 1945 geschaffen. „Besonders energische und krisenbewährte Offiziere“ sollten „Ortsstützpunkte“ bei feindlichen Durchbrüchen in der Tiefe der Kampfzone verteidigen und Ausgangspunkte für Gegenangriffe bilden.[6]

Bewahrung Erlangens durch Lorleberg

Auf Grund dieses Einsatzes verweigerte sich Lorleberg unter Berufung auf seinen Auftrag und auf seinen Eid lange den Bitten des Erlanger Oberbürgermeisters Herbert Ohly, das mit Flüchtlingen und Verwundeten überfüllte Erlangen kampflos den amerikanischen Truppen zu übergeben und zeigte sich als treuer Vertreter des nationalsozialistischen Geistes. Erst als amerikanische Verbände am 16. April 1945 schon in das Weichbild der Stadt eingedrungen waren, konnte Lorleberg von der Sinnlosigkeit weiteren Widerstands überzeugt werden. Er übergab die Stadt kampflos. Dadurch wurde Erlangen vor Beschädigung durch Kampfhandlungen bewahrt.

Tod Lorlebergs

Unmittelbar nach dieser Kapitulation begab sich Lorleberg mit einem Polizeioffizier an die Regnitz zur Thalermühle, in der trotz der Kapitulation Wehrmachtssoldaten verharrten, um sie zum Aufgeben zu überzeugen. Zwar gelang ihm dies, er kam dabei jedoch unter nicht mehr zu klärenden Umständen ums Leben. Nach Aussage des Polizeioffiziers, der vor dem Gebäude gewartet hatte, fiel ein einzelner Schuss, als Lorleberg sich dem Ausgang näherte. Ob es sich dabei um Selbsttötung, Tötung durch einen der Wehrmachtssoldaten oder aber durch den Polizeioffizier handelte, konnte nicht geklärt werden. Stadtarchivar Andreas Jakob erwähnte bei der Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestags des Kriegsendes, dass etliche Faktoren darauf hindeuteten, dass Lorleberg nicht von der deutschen Kampfgruppe getötet worden sei, sondern sich selbst das Leben genommen habe.[7]

An der Stelle, wo er tot aufgefunden wurde, erinnert heute ein Denkmal an ihn. Er wurde auf dem Erlanger Zentralfriedhof bestattet, im Dezember 1945 jedoch auf den Ehrenfriedhof umgebettet.

Ihm zu Ehren wurde der Kaiser-Wilhelm-Platz in Erlangen am 1. November 1945 in Lorlebergplatz umbenannt.

Umstrittene Rolle Lorlebergs im heutigen Erlangen

In der heutigen Betrachtung wird Lorleberg weiterhin als Bewahrer der Stadt Erlangen – auch durch offizielle Stellen der Stadt Erlangen – hochgehalten und durch Kranzniederlegungen und entsprechende Gedenktafeln am nach ihm benannten Lorlebergplatz regelmäßig zum Helden historisch verklärt. Diesem Status als „Held“ stimmt jedoch nicht die gesamte Bevölkerung zu. So kam es bereits mehrfach zu Anti-Nazi-Demos im Zuge von Ehrungen Lorlebergs. Auch das ihm zu Ehren errichtete Denkmal in der Nähe der Thalermühle wurde bereits öfter mit Schmierereien wie „SS“ oder „Nazi“ versehen. Von offizieller Seite wird darauf hingewiesen, dass Lorleberg lediglich seine militärische Pflicht als Soldat erfüllt habe, zudem nachweislich nicht Anhänger der NS-Ideologie war (im Gegensatz zu dem damaligen Erlanger Oberbürgermeister Herbert Ohly, der als Parteimitglied der NSDAP bekennender Nazi war) und daher die Ehrung des Oberstleutnants keinesfalls eine Gutheißung des NS-Regimes bedeute.

Die Angabe, er sei nachweislich kein Anhänger der NS-Ideologie gewesen, ist allerdings inkorrekt, da er in einer militärischen Akte als Nationalsozialist beschrieben wird. Lediglich Parteimitglied in der NSDAP war er nicht, was er als Kommandant in der Wehrmacht allerdings auch nicht sein konnte.[3]

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Einzelnachweise

  1. Harald Popp: Lorleberg, Werner. In: Christoph Friederich, Bertold Frhr. von Haller, Andreas Jakob (Hrsg.): Erlanger Stadtlexikon. W. Tümmels Verlag, Nürnberg 2002, ISBN 3-921590-89-2, S. 468 f. (Gesamtausgabe online).
  2. Aus einem Brief seines Bruders an den Erlanger Oberbürgermeister vom 7. November 1945, mitgeteilt in: Harald Popp, Erlangen in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges, Erlanger Bausteine 43/1995
  3. Prof. Dr. Christoph Safferling: Ringvorlesung:Werner Lorleberg, die „Führerreserve“ und das Kriegsende in Erlangen. In: fau.tv. 1. Januar 2022, abgerufen am 26. Juni 2022.
  4. Aus einem Brief seines Bruders an den Erlanger Oberbürgermeister vom 7. November 1945, mitgeteilt in: Harald Popp, Erlangen in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges, Erlanger Bausteine 43/1995
  5. Jens Hoffmann: „Aktion 1005“ – Die Auslöschung der Spuren von Massenverbrechen in Malyj Trostinez durch deutsche Täter. In: Der Vernichtungsort Trostenez in der europäischen Erinnerung, Materialien zur internationalen Konferenz vom 21.–24. März 2013 in Minsk, Hrsg.: Peter Junge-Wentrup, Internationales Bildungs- und Begegnungswerk, S. 17–22.
  6. Harald Popp, Erlangen in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges, Erlanger Bausteine 43/1995
  7. Redaktion: Erlangen: Neue Aspekte zur Rolle Werner Lorlebergs. In: Nordbayern.de vom 17. April 2015.
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