Weidemannscher Hof

Der Weidemannsche Hof war eine landwirtschaftlich genutzte Hofanlage in Pattensen in der Region Hannover in Niedersachsen, die 2018 abgerissen wurde. Das Anwesen ist nach der Familie Weidemann benannt worden, in deren Besitz es seit Anfang des 19. Jahrhunderts stand. Während des Hochmittelalters befand sich auf dem Grundstück einer von acht Burgmannshöfen, die zur ersten Bebauung des um 1200 entstandenen Ortes gehörten. Später wurde daraus ein Rittergut.

Straßenfront des Weidemannschen Hofs, 2017

Geschichte

Lage des Weidemannschen Hofs grün eingefärbt, rechts daneben das Gelände der Burg Pattensen, Stadtplan von 1733

Die über 800 Jahre als Siedlungsfläche genutzte Parzelle, auf dem sich der Weidemannsche Hof befand, liegt im historischen Ortskern von Pattensen, in unmittelbarer Nähe zur früheren Burg Pattensen. Die Burg wurde auf einer leichten Anhöhe vermutlich von den Grafen von Hallermund Ende des 12. bis Anfang des 13. Jahrhunderts errichtet. Dieser Stadtbereich war mindestens seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert besiedelt.[1] Wahrscheinlich mit Gründung der Burg bestand auf der Parzelle des späteren Weidemannschen Hofes ein Burgmannshof, der der Versorgung der Burgbewohner mit Nahrungsmitteln aus der Landwirtschaft[2], Gebrauchsgütern und Mannschaften (Burgmannen) diente. Eine Amtsbeschreibung aus dem 18. Jahrhundert nennt acht Burgmannshöfe in Pattensen.

Später befand sich auf dem Grundstück ein Rittergut, das wegen vier weiterer Gutshöfe im Ort als Rittergut V bezeichnet wurde. Um 1800 stand es im Besitz der Familie von Reden. Sie veräußerten es 1836 an Georg Heinrich Louis Weidemann. Im Jahr 1844 verlor das Anwesen seine Funktion als Rittergut. 1852 ließ der Besitzer Georg Weidemann einen Teil der alten Gebäude erneuern.[3] Sein Sohn Georg errichtete 1885 weitere Gebäude[4], sodass in dieser Zeit ein Dreiseithof entstand.

Mitte der 1980er Jahre verließ das letzte Mitglied der Besitzerfamilie Weidemann die Hofanlage.[5] 2013 erwarb die Stadt Pattensen das rund 2200 m² große Hofgrundstück[6], das Kommunalpolitiker als „Filetstück“ in der Altstadt bezeichneten.[7] Anfangs plante die Stadt dort ein neues Rathaus zu errichten, nahm aber wegen der Beengtheit der Fläche davon Abstand.[8] 2017 wurde das Grundstück an ein Unternehmen zur Errichtung von Wohnbebauung veräußert.[9] Da kein Denkmalschutz bestand, erfolgte im Jahr 2017 ein Komplettabriss des Dreiseithofs.[10] Der Neubau soll die frühere Bauform beibehalten.

Ausgrabung

Ausgrabungsarbeiten, 2018

Nach dem Abriss kam es 2018 auf dem freigeräumten Grundstück des Weidemannschen Hofes zu fünf Monate andauernden stadtarchäologischen Untersuchungen, die ein Grabungsunternehmen im Auftrag der Region Hannover durchführte. Sie ermöglichten eine nähere Erforschung der Ortsgeschichte. Aufgrund der Zerstörung Pattensens in der Hildesheimer Stiftsfehde und durch drei große Stadtbrände, zuletzt 1733, gibt es nur eine lückenhafte Überlieferung.

Die bei den Ausgrabungen festgestellten Funde und Befunde reichen bis ins Hochmittelalter zurück. Die Archäologen legten einen etwa 20 m² großen Steinkeller frei, den sie anhand einer Becherkachel als früher Ofenkachel auf das Ende des 12. bis zum Anfang des 13. Jahrhunderts datierten. Zu dieser Zeit waren in Norddeutschland Kachelöfen als rauchfreie Wärmequelle nur im kirchlichen und adligen Umfeld verbreitet. Ein weiteres Fundstück, das auf einen adligen Kontext der Parzelle und laut der Kommunalarchäologin der Region Hannover Ute Bartelt auf das Bestehen eines Burgmannshofs deutet, war ein eiserner Reitersporn. Zu den weiteren Fundgegenständen zählten Kugeltöpfe und Pingsdorfer Keramik.

Des Weiteren wurden auf dem Areal Grubenhäuser aus dem 12. bis 14. Jahrhundert freigelegt. Es fanden sich insgesamt 15 Brunnen, die überwiegend eine Brunnenröhre aus einem ausgehöhlten Baumstamm aufwiesen. Aus der frühneuzeitlichen Nutzung des Areals stammten vier Brunnen aus dem 17. und 18. Jahrhundert mit einer steinernen Brunnenröhre sowie eine Fasskloake (Latrine). Außerdem fanden sich weitere Keller und ein hölzernen Kastenbrunnen. Insgesamt wurden rund 1000 Fundstücke geborgen.[11] Sie kommen in das Niedersächsische Landesmuseum Hannover.[12]

Literatur

  • Wolfgang Ewig: Von Burgmannshöfen zu Adelssitzen – Die Rittergüter der von Redens in Pattensen, 2015
Commons: Weidemannscher Hof – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Archäologische Grabung in der Pattenser Altstadt bei hannover.de vom 24. Juli 2018
  2. Stephanie Zerm: Nur die „Klaterburg“ steht noch in Neue Presse vom 11. März 2015
  3. Kim Gallop: Talstraße: Hofgeschichte liegt in Trümmern in HAZ vom 9. September 2017
  4. Foto vom Gedenkstein zur Errichtung in HAZ
  5. Kim Gallop: Familie macht Abschiedsbesuch auf altem Hof in HAZ vom 23. August 2015
  6. Kim Gallop: Historischer Hof ist bald Geschichte in HAZ vom 18. August 2017
  7. Tobias Lehmann: Bauausschuss gegen Standort für Sammelunterkunft in HAZ vom 13. Juni 2016
  8. Tobias Lehmann: Mertesacker/Fritz kaufen Ratskeller in HAZ vom 27. März 2017
  9. Stadt Pattensen verkauft Grundstück an der Talstraße und den Ratskeller in LeineBlitz vom 23. März 2017
  10. Abbrucharbeiten in der Pattenser Talstraße schreiten voran bei CP Immobilien vom 25. August 2017
  11. Kim Gallop: Burgmannshof: Grabung bestätigt Standort in Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) vom 27. Juli 2018
  12. Talstraße: Archäologen stellen Funde vor in HAZ vom 27. Juli 2018

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