Wegelin & Co.

Die 1741 gegründete Wegelin & Co. galt bis zu ihrer faktischen Auflösung im Jahr 2012 als älteste bestehende Bank der Schweiz. Das in St. Gallen ansässige Unternehmen zählte 2011 rund 700 Mitarbeiter und verwaltete Kundenvermögen von über 24 Milliarden Schweizer Franken. Das Bankinstitut verfügte über weitere Standorte in Zürich, Bern, Basel, Genf, Lausanne, Locarno, Lugano, Chiasso, Schaffhausen, Winterthur, Chur und Luzern. Am 27. Januar 2012 wurde der Transfer des Nicht-US-Geschäfts in die Notenstein Privatbank AG und deren Verkauf an die Raiffeisen Schweiz bekannt gegeben.

Wegelin & Co. Privatbankiers, Gesellschafter Bruderer, Hummler, Tolle & Co.[1]
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Rechtsform Kommanditgesellschaft (Privatbankier)
Gründung 1741
Auflösung 2013
Auflösungsgrund Beihilfe zur Steuerhinterziehung laut US-Recht
Sitz St. Gallen, Schweiz
Leitung 6 Geschäftsführende Teilhaber (27. Januar 2012)
Mitarbeiterzahl rund 700 (2011)
Branche Banken

Geschichte

Emil Wegelin um 1880

Der Ursprung des heutigen Bankhauses datiert vom 1. März 1741. Caspar Zili (1717–1758) gründete in St. Gallen eine Einzelunternehmung namens Leinentuchhandel und Speditionshandlung. Die Firma sollte nicht nur als Spedition tätig sein, sondern auch Bankgeschäfte abwickeln. Sein Sohn erwarb 1798 das Gebäude Nothveststein, welches Hauptsitz der Bank war. 1860 wurde Emil Wegelin-Wild, der Neffe Zylis, Teilhaber der Bank. Unter ihm begann die Konzentration des Geschäfts auf die Vermögensverwaltung. Zu den berühmten Kunden der damaligen Zeit gehörte Eugénie de Montijo. 1893 wurde das Unternehmen in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. 1909 veröffentlichte das Bankhaus den ersten Anlagekommentar. Bis zur Einstellung des Anlagekommentars handelte es sich um eine vielbeachtete Veröffentlichung. 1998 wurden bei Wegelin & Co. die gesamten Unternehmensprozesse nach ISO 9001 zertifiziert.

Bankhaus Wegelin & Co. in St. Gallen

Noch 1990 zählte das Bankhaus rund 30 Mitarbeiter. Anfang der 1990er Jahre traten Konrad Hummler und Otto Bruderer als geschäftsführende Teilhaber ein. Das Traditionshaus wurde in der Folge auf modernes Portfoliomanagement und Finanztheorie ausgerichtet. 2011 zählte die Privatbank 700 Mitarbeiter an 13 Standorten: 1998 eröffnete Wegelin & Co. eine Niederlassung in Zürich, 2000 in Lugano, weitere folgten in Bern (2002), Lausanne (2004) und Schaffhausen (2005). Zu diesem Zeitpunkt zählte das Unternehmen rund 230 Mitarbeitende. Die Präsenz vor Ort wurde weiter ausgebaut mit Niederlassungen in Basel, Genf und Locarno (alle 2007), Chur (2009), Luzern (2010) und Winterthur (2011). Die Privatbank arbeitete eng mit verschiedenen Hochschulen zusammen.

Anfang 2012 geriet die Bank im Zusammenhang mit dem Steuerstreit zwischen den USA und den Schweizer Banken ins Visier der US-amerikanischen Justiz, obwohl Wegelin & Co. keine Niederlassungen in den USA hatte. Die privat haftenden Bankiers sahen die Situation für ihr Bankhaus als so bedrohlich an,[2] dass sie am 27. Januar 2012 das Unternehmen aufteilten. Während das Geschäft mit Kunden in den USA und Bürgern der USA bei Wegelin & Co blieb, wurden alle übrigen Kunden mit rund 21 Mrd. Franken Kundengeldern, die Geschäftsstellen und das gesamte Personal in die Notenstein Privatbank übertragen, welche von der Raiffeisen Schweiz übernommen wurde.[3] Im Februar 2012 wurde Wegelin vom US-Justizministerium wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung angeklagt.[4][5][6][7]

Wegelin & Co. bekannte sich am 3. Januar 2013 in den USA als erste ausländische Bank der Beihilfe zur Steuerhinterziehung für schuldig und akzeptierte die Zahlung einer Strafe von 74 Mio. US-Dollar.[8][A 1] Das aktive Bankgeschäft wurde im März 2013 eingestellt, nachdem der Vergleich von einem US-Richter bestätigt worden war.[9]

Unternehmensstruktur

Als Kommanditgesellschaft gehörte Wegelin & Co. zu den wenigen schweizerischen Privatbanken, deren geschäftsführenden Teilhaber unbeschränkt persönlich haften. Die unbeschränkt haftenden Komplementäre waren (chronologisch) Otto Bruderer, Konrad Hummler, Steffen Tolle, Michele Moor, Christian Raubach und Christian Hafner.[1] Kommanditäre waren fünf Geschäftsleitungsmitglieder der Bank sowie Mitglieder der Familie Wegelin.

Nach dem Transfer des Nicht-US-Geschäfts an die Notenstein Privatbank AG und deren Verkauf an die Raiffeisen Schweiz am 27. Januar 2012 verliessen die ehemaligen Teilhaber Adrian Künzi und Magne Orgland Wegelin und traten ihre Stellen bei der Notenstein Privatbank an, Künzi als Chief Executive Officer (CEO).[10]

Zum Zwecke der Abwicklung wurde das Unternehmen zum 29. August 2013 in eine Aktiengesellschaft unter dem neuen Namen Wen AG umgewandelt.[11][12]

Anmerkungen

  1. der Kurs von US-Dollar (USD) zu Euro (EUR) lag im Januar 2013 bei 1,3069, daraus ergeben sich 56,6 Mio. EUR

Literatur

Einzelnachweise

  1. Eintrag im Handelsregister des Kantons St. Gallen, abgerufen am 30. Januar 2012.
  2. Teilhaber Konrad Hummler sprach von einer «ungeheuer schwierige[n] und existenzbedrohende[n] Lage».
  3. Raiffeisen übernimmt grosse Teile der Privatbank Wegelin & Co.. Risiken und Verantwortlichkeiten USA verbleiben bei den bisherigen Teilhabern. Medienmitteilung vom 27. Januar 2012 (PDF; 152 kB); (Archiv-Version (Memento vom 29. Januar 2012 auf WebCite)).
  4. USA klagen Bank Wegelin wegen Steuerstreit an. In: Schweizer Fernsehen (SRF). 3. Februar 2012, abgerufen am 4. Januar 2013.
  5. Bank Wegelin in den USA offiziell angeklagt. In: TagesWoche. 3. Februar 2012, abgerufen am 4. Januar 2013.
  6. USA erhöhen mit Wegelin-Klage den Druck. (PDF, 4018 kB) Abgerufen am 4. Januar 2013.
  7. Christoph Eisenring: Bank Wegelin von den USA angeklagt. In: NZZ Online. 3. Februar 2012, archiviert vom Original am 14. Oktober 2012; abgerufen am 4. Januar 2013.
  8. Peter Lattman: Swiss Bank Pleads Guilty to Tax Law Violations. In: New York Times (Onlineausgabe). 3. Januar 2013, abgerufen am 4. Januar 2013 (englisch): „As part of guilty plea, Wegelin agreed to pay $74 million in fines, restitution and forfeiture proceeds to the United States government.“
  9. Medienmitteilung – Bank Wegelin: Verfahren in den USA wurde abgeschlossen. (PDF; 70 kB) 5. März 2013, abgerufen am 23. Juni 2013.
  10. Wegelin: Spiel mit dem Feuer. In: Schweizer Fernsehen, ECO vom 30. Januar 2012
  11. Handelsregister – Registre du commerce – Registro di commercio / Mutationen – Mutations – Mutazioni. (PDF) 29. August 2013, abgerufen am 26. Januar 2014.
  12. Website Wen AG
  13. Arthur Rutishauser: Untergang der Bank Wegelin - So wurde die älteste Schweizer Privatbank ans Messer geliefert. In: Tages-Anzeiger/SonntagsZeitung, 21. Oktober 2023.

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