Warwickit

Warwickit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Borate“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Mg(Mg0,5Ti0,5)[O|BO3][2] und ist damit ein Magnesium-Borat mit zusätzlichen Sauerstoffionen.

Warwickit
Nadeliger Warwickit (braun) aus den Nuestra Señora del Carmen Minen, La Celia, Jumilla, Murcia, Spanien
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Wwk[1]

Andere Namen

Enceladit

Chemische Formel
  • Mg(Mg0,5Ti0,5)[O|BO3][2]
  • (Mg,Ti,Fe,Cr,Al)2O(BO3)[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Borate (ehemals Carbonate, Nitrate und Borate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

V/G.03
V/G.03-010

6.AB.20
25.02.02.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m
Raumgruppe Pnam (Nr. 62, Stellung 6)Vorlage:Raumgruppe/62.6
Gitterparameter a = 9,20 Å; b = 9,36 Å; c = 3,09 Å[2]
Formeleinheiten Z = 4[2]
Häufige Kristallflächen {010}, {100}, {110}, {130}, {310}[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3,5 bis 4[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,34 bis 3,36; berechnet: 3,40[4]
Spaltbarkeit gut nach {100}[4]
Bruch; Tenazität uneben; spröde[4]
Farbe dunkelbraun bis schwarz, dunkelgelb, hellbraun bis rötlichbraun
Strichfarbe bläulichschwarz
Transparenz undurchsichtig, durchsichtig an dünnsten Kanten
Glanz schwacher Glasglanz, Perlglanz, schwacher Metallglanz auf Spaltflächen
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,806
nβ = 1,809
nγ = 1,830[5]
Doppelbrechung δ = 0,024[5]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Pleochroismus Sichtbar: X = Gelblichbraun; Y = Rötlichbraun; Z = Zimtbraun[5]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten gut löslich in Schwefelsäure (H2SO4)[6]

Bei natürlichen Warwickitproben ist meist ein Teil des Magnesiums durch Titan ersetzt (substituiert), was durch die in runden Klammern angegebenen Elemente ausgedrückt wird. Bei neueren Analysen wurde allerdings festgestellt, dass das Magnesium neben Titan teilweise auch durch dreifach positiv geladene Eisenionen, Chrom und/oder Aluminium ersetzt sein kann, weshalb die Formel inzwischen mit (Mg,Ti,Fe3+,Cr,Al)2O(BO3)[7][3] angegeben wird.

Das Mineral entwickelt kurz- bis langprismatische, gerundete Kristalle, findet sich aber auch in Form unregelmäßiger Körner bis etwa fünf Millimeter Durchmesser.[4] Die Kristalle sind überwiegend undurchsichtig, können an dünnsten Kanten aber auch durchsichtig sein. Die Oberflächen zeigen einen schwachen Glasglanz (bei unregelmäßigen Flächen auch Perlglanz) und auf Spaltflächen einen schwachen Metallglanz. Aufgrund der verschiedenen Fremdbeimengungen variiert die Farbe von Warwickit zwischen Dunkelbraun bis Schwarz, Dunkelgelb und Hellbraun bis Rötlichbraun. Seine Strichfarbe ist dagegen durchgängig Bläulichschwarz.

Etymologie und Geschichte

Dunkelgraue, abgerundete Warwickitkristalle in Matrix aus Amity bei Warwick, Orange County, New York, USA (Größe: 14,5 cm × 11,0 cm × 5,5 cm)

Erstmals entdeckt wurde Warwickit nahe der Kleinstadt Warwick im Orange County des US-Bundesstaates New York und beschrieben 1838 durch Charles Upham Shepard, der das Mineral nach dessen Typlokalität benannte.

Enceladit ist ein heute nicht mehr gebräuchliches Synonym. Thomas Sterry Hunt analysierte 1846 einige Mineralproben aus der Typlokalität von Warwickit, hielt das Material für eine neue Mineralart und benannte dieses nach dem aus der griechischen Mythologie stammenden Giganten Enkelados. Später stellte sich jedoch heraus, dass es sich bei dem Material um unreine Varietäten des bereits zuvor gefundenen Warwickit handelte.[8][9]

Typmaterial des Minerals wird im Naturhistorischen Museum in Paris, Frankreich (Katalog-Nr. 74217, 99697) und im National Museum of Natural History in Washington, D.C., USA (Katalog-Nr. 128712) aufbewahrt.[4]

Klassifikation

In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Warwickit noch zur gemeinsamen Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung der „Inselborate“, wo er zusammen mit Pinakiolith die „Warwickit-Pinakiolith-Gruppe“ mit der System-Nr. V/G.03 und den weiteren Mitgliedern Aluminomagnesiohulsit, Hulsit, Magnesiohulsit, Pertsevit und Yuanfuliit bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Warwickit in die nun eigenständige Klasse der „Borate“ und dort in die Abteilung der „Monoborate“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach der Art des Boratkomplexes und der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „BO3 mit zusätzlichen Anionen; 1(Δ) + OH usw.“ zu finden ist, wo es nur noch zusammen mit Yuanfuliit die „Warwickitgruppe“ mit der System-Nr. 6.AB.20 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Warwickit wie die veraltete Strunz’sche Systematik in die gemeinsame Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort in die Abteilung der „Wasserfreien Borate“ ein. Hier ist er zusammen mit Yuanfuliit in der unbenannten Gruppe 24.02.02 innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie Borate mit (A)2+BO2[XO3]“ zu finden.

Kristallstruktur

Warwickit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pnam (Raumgruppen-Nr. 62, Stellung 6)Vorlage:Raumgruppe/62.6 mit den Gitterparametern a = 9,20 Å; b = 9,36 Å und c = 3,09 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Bildung und Fundorte

Warwickit bildet sich als akzessorischer Bestandteil in Kalkstein und zugehörigen Skarnen, die durch Bor-Metasomase teilweise umgewandelt wurden. Ebenso kann er in lamproitischen Gesteinen entstehen, die von carbonatitähnlichen Äderchen durchdrungen werden. Als Begleitminerale treten unter anderem Apatit, Chondrodit, Diopsid, Dravit, Fluorit, Graphit, Ilmenit, Magnetit, Pyrit, Pyrrhotin, Sinhalit, Skapolith, Spinell, Szaibélyit und Titanit auf.[4]

Als seltene Mineralbildung konnte Warwickit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2015) rund 15 Fundorte als bekannt gelten.[10] Neben seiner Typlokalität Warwick und den nahegelegenen Ortschaften Amity und Edenville im Orange County trat das Mineral im US-Bundesstaat New York noch in der Edwards Mine in der Balmat-Edwards Zink Region im St. Lawrence County zutage. Ansonsten fand sich Warwickit in den Vereinigten Staaten bisher nur noch in den „Edison-Bodnar“-Steinbrüchen bei Rudeville im Sussex County von New Jersey.

Der bisher einzige bekannte Fundort in Deutschland ist Ilfeld im thüringischen Landkreis Nordhausen.

Weitere bekannte Fundorte sind unter anderem das Mount Heemskirk Mineralfeld im Zeehan District auf der australischen Insel Tasmanien, die Ortschaft Herschel im Hastings County in der kanadischen Provinz Ontario, die Neichi Mine bei Kamineichi nahe Miyako (Iwate) auf der japanischen Insel Honshū, das Kvæfjord in der norwegischen Provinz Troms, das Aldanhochland in Ostsibirien und die Oblast Tscheljabinsk im Ural in Russland sowie die „La Aljorra“-Steinbrüche nahe Cartagena in der spanischen Region Murcia.[11]

Siehe auch

Literatur

  • Charles Upham Shepard: Notice of warwickite, a new mineral species. In: American Journal of Science and Arts. Band 34, 1838, S. 313–315 (rruff.info PDF; 278 kB).
  • Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 731.
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 584 (Erstausgabe: 1891).
Commons: Warwickite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 331.
  3. IMA/CNMNC List of Mineral Names. September 2014 (PDF; 1,5 MB; S. 187).
  4. Warwickite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org PDF; 66 kB).
  5. Mindat – Warwickite.
  6. Mineralienatlas:Warwickit
  7. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 6. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2014, ISBN 978-3-921656-80-8.
  8. William Crookes: Chemical News and Journal of Industrial Science. Band 30, London 1874 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  9. James Douglas: A Memoir of Thomas Sterry Hunt, M.D., Ll.D. (Cantab.) MacCalla & Company Inc Press, Philadelphia 1898, S. 8 (Textarchiv – Internet Archive)
  10. Mindat – Anzahl der Fundorte für Warwickit.
  11. Fundortliste für Warwickit beim Mineralienatlas und bei Mindat.
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