Wanra

Die Wanra (von indonesisch perlawanan rakyat für „Volkswiderstand“) sind Gruppen von Zivilisten, die von den indonesischen Streitkräften (TNI) bewaffnet und ausgebildet werden, um im offiziellen Auftrag in ihrer Region für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Die indonesische Verfassung von 1945 und das Verteidigungsgesetz von 1988 legen fest, dass Zivilisten das Recht und die Pflicht haben, den Staat zu verteidigen, indem sie eine militärische Grundausbildung erhalten.[1]

Ein Graffiti in Tutuala mit dem Wort für „Mörder“ klagt die Verbrechen von 1999 in Osttimor an

Die Wanra in Osttimor

João da Costa Tavares, Führer für die Integration und Oberkommandierender der Milizen, 17. Juli 1999 in Balibo
Wanra[2] Distrikt Milizchef
Tim/Team AlfaLautémJoni Marques
Saka/SeraBaucauJoanico da Costa
Pedjuang 59-75 MakikitViquequeMartinho Fernandes
ABLAIManufahiNazario Corterel
AHIAileuHoracio
MahidiAinaroCâncio de Carvalho
LaksaurCova LimaOlivio Mendonca Moruk
AitarakDiliEurico Guterres
SakunarOe-Cusse AmbenoSimão Lopes
Besi Merah Putih BMPLiquiçáManuel de Sousa
HalilintarBobonaroMaliana: João da Costa Tavares;
Bobonaro: Natalino Monteiro
Jati Merah PutihLautém (Lospalos)Edmundo de Conceição Silva
Darah Merah IntegrasiErmeraLafaek Saburai (Afonso Pinto),[3]
Naga Merah (Red Dragon)ErmeraMiguel Soares Babo
Dadarus Merah PutihBobonaroNatalino Monteiro[4]

Domingos Maria das Dores Soares, Administrator von Dili, schuf am 17. Mai 1999 die Pam Swakarsa („Selbstinitiierte Sicherheitsgruppe“). Der Beschluss benannte José Abílio Osório Soares, Gouverneur von Timor Timur, Generalleutnant Kiki Syahnakri, Militärkommandeur der Provinz (Danrem) und den Polizeichef der Provinz als die Hauptberater der Pam Swakarsa. Eurico Guterres wurde zum Operational Commander ernannt. Zu den 2650 registrierten Mitgliedern gehörten auch die 1521 Mitglieder der Aitarak-Miliz.[5]

Die Existenz der Wanra bestätigte Generalleutnant a. D. Kiki Syahnakri bei seiner Aussage vor der Wahrheits- und Freundschaftskommission (CTF) im Oktober 2007.[6] Für die Finanzierung gilt Transmigrationsminister Abdullah Mahmud Hendropriyono als verantwortlich.[7] Die CTF klärte die Zusammenhänge bei den gewaltsamen Ausschreitungen um das Unabhängigkeitsreferendum in Osttimor 1999 auf. Damals hatten pro-indonesische Milizen zusammen mit den TNI versucht, die Bevölkerung einzuschüchtern. In der Operation Donner wurden bis zu 3000 Menschen wurden dabei getötet, hunderte Frauen und Mädchen vergewaltigt, drei Viertel der Bevölkerung Osttimors vertrieben und 75 % der Infrastruktur des Landes zerstört. Erst das Eingreifen einer internationalen Friedenstruppe konnte dem Einhalt gebieten. Osttimor kam unter die Verwaltung der Vereinten Nationen. Gemäß dem Ergebnis des Referendums (78,5 % für die Unabhängigkeit), wurde Osttimor 2002 ein selbständiger Staat.

Syahnakri sagte aus, die Wanra seien legale, zivile Verteidigungsgruppen, die damals Teil des allgemeinen indonesischen Verteidigungssystems waren und es überall in Indonesien, und daher auch in Osttimor, gab. Diese Gruppen seien aber auf eigenen Wunsch nur zum Schutz ihrer Nachbarschaft bewaffnet worden.[6]

Den politischen Arm für die Pro-Autonomie-Bewegung bildete eine Reihe Anfang 1999 gegründeter Organisationen. Am 27. Januar 1999 gründeten sie das Forum für Einheit, Demokratie und Gerechtigkeit (indonesisch Forum Persatuan, Demokrasi dan Keadlian FPDK). Die Führung übernahm Domingos Maria das Dores Soares, der Regierungspräsident (Bupati) des Distrikts Dili. Im April wurde außerdem die Volksfront Osttimor (indonesisch Barisan Rakyat Timor Timur, BRTT) gegründet mit Francisco Lopes da Cruz als Chef. Die am 23. Juni als Dachorganisation gegründete Vereinigte Front für Osttimor (UNIF) versammelte unter sich FPDK, BRTT und andere pro-indonesische Gruppen. Die neue Organisation stand unter der gemeinsamen Führung von Soares, Lopez da Cruz und Armindo Soares Mariano, dem Vorsitzenden des Provinzparlaments, dem Repräsentantenrat des Volkes (DPRD). João da Costa Tavares kommandierte die Milizen der UNIF, die in den „Streitkräften des Integrationskampfes“ (indonesisch Pasukan Pro-Integrasi PPI) alte Milizen und die Neugründungen von 1999 vereinigte.[8][9] Die Organisationen waren eng mit der Zivilverwaltung verbunden und wurde von ihr finanziert. Routinemäßig wohnten sie Treffen von Militär, Polizei und Regierung (Muspida) bei, obwohl sie keinen offiziellen Status hatten. In einer FPDK-Kampagne verunglimpfte man die UNAMET, was in der indonesischen Öffentlichkeit und über diplomatische Kanäle weit verbreitet wurde.[8]

Nach dem Unabhängigkeitsreferendum wurde die Organisationen ersetzt durch die am 5. Februar 2000 in Westtimor gegründete Uni Timor Aswain (UNTAS, deutsch Vereinigung Timoresischer Helden).[10]

Diskussion über den Einsatz der Wanra

Der indonesische Militärexperte Kusnanto Anggoro vom Center for Strategic and International Studies betonte, die Wanra sollten nicht für innere Konflikte, sondern nur als Unterstützung der TNI im Kampf gegen äußeren Gefahren eingesetzt werden. Hier müsse das Verteidigungsgesetz klar den Einsatz der Wanra in internen Konflikten ausschließen.

Yusron Ihza Mahendra, der stellvertretende Sprecher der Kommission I für Verteidigung des Repräsentantenhauses, widerspricht dieser Meinung und befürwortet den Einsatz der Wanra auch im Inneren.

Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Brigadegeneral Edi Butar Butar erklärte, das aktuelle Gesetz führe die Begriffe „Wanra“ und „Sishankamrata“ (von indonesisch sistem pertahanan rakyat semesta für „Verteidigung der Bevölkerung und Sicherheitssystem“) gar nicht auf. Das Verteidigungsgesetz von 2002 sehe nur die TNI als Hauptkomponente des Verteidigungssystems vor. Zivile Gruppen würden nur als Reservekomponente aufgeführt. Das Weiterbestehen von bereits existierenden zivilen Einheiten liege nun in der Verantwortung der Provinzverwaltung. Das TNI sei nur noch für deren militärische Ausbildung zuständig.[1]

Siehe auch

Commons: Wanras in Osttimor – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jakarta Post, 27. Oktober 2007, TNI 'should not deploy Wanra' for internal rows (Memento vom 7. Januar 2016 im Internet Archive)
  2. ASAP – Crimes Against Humanity in East Timor – January to October 1999 (Memento vom 8. Mai 2005 im Internet Archive)
  3. GEOFFREY ROBINSON: East Timor 1999: Crimes against Humanity. (A Report commissioned by the UN Office of the High Commissioner for Human Rights), UNIVERSITY OF CALIFORNIA LOS ANGELES, HAK ASSOCIATION & ELSAM DILI & JAKARTA, Juli 2003, abgerufen am 8. Mai 2020.
  4. Master of Terror, Natalino Monteiro (Memento des Originals vom 15. Juni 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.villagechief.com
  5. „Part 3: The History of the Conflict“, S. 138 (PDF; 1,4 MB) aus dem „Chega!“-Report der CAVR (englisch)
  6. Jakarta Post, 25. Oktober 2007, TNI 'armed' East Timor civilians (Memento vom 30. April 2015 im Internet Archive)
  7. UCA News: Timorese slam award for ‘rights abuser’ ex-general, 22. August 2022, abgerufen am 3. September 2022.
  8. „Chega!“-Report: Part 3, The campaign – Active pro-autonomy groups, S. 140–141.
  9. Masters of Terror: Domingos Maria das Dores Soares (Memento vom 9. Oktober 2010 im Internet Archive).
  10. Michaela Müller und Monika Schlicher: Politische Parteien und Gruppierungen in Ost-Timor, Indonesien-Information Nr. 1 2002 (Ost-Timor), Watch Indonesia!
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