Walter Kittel (Maueropfer)

Walter Kittel (* 21. November 1942 in Kölleda; † 18. Oktober 1965 in Kleinmachnow) war ein deutscher Kfz-Mechaniker und politisch aktives Mitglied der FDJ. Er ist ein Todesopfer an der Berliner Mauer. Nach einem gescheiterten Fluchtversuch wurde er von einem Kommandeur der Grenztruppen der DDR ermordet.

Gedenktafel, Berlepschstraße, Berlin-Zehlendorf/Karl-Marx-Straße, Kleinmachnow

Leben

Walter Kittel war bereits 1959 nach West-Berlin geflüchtet, jedoch in die DDR zurückgekehrt. Danach engagierte er sich zeitweilig in der FDJ. Sein Engagement ließ jedoch bald nach. 1964 wurde er wegen alkoholisiert begangener „Staatsverleumdung“ zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Am Abend des 17. Oktober 1965 traf Walter Kittel auf den ihm flüchtig bekannten Eberhardt K. in einer Gaststätte in Teltow. In ihrem Gespräch äußerten beide den Wunsch, in den Westen zu fliehen, und beschlossen später, in einem Bus Richtung Kleinmachnow sitzend, die Flucht umgehend zu probieren. Walter Kittel, der in Grenznähe wohnte, schlug eine Stelle vor, die er von Beobachtungen her kannte. Aus Kittels Wohnung holten sie Werkzeug und eine Skizze des Grenzgebiets. Sie gingen zur Straße An der Stammbahn und dort in den Garten der Nummer 53. Gegen 2.45 Uhr überwanden sie den Hinterlandzaun. Im Grenzgebiet bewegten sie sich Richtung Grenzzaun, blieben jedoch wegen eines nahenden Wachhundes stehen. Dabei wurden sie von zwei Grenzposten entdeckt, die erst eine Signalkugel abschossen und sie dann anriefen, mit erhobenen Händen zum Kolonnenweg zu gehen. Angesichts der ausweglosen Lage leisteten Walter Kittel und Eberhardt K. der Aufforderung Folge.

Zwischen den Grenzern und den Fluchtwilligen kam es zum Streit, in dessen Verlauf ein Grenzer drei Schüsse auf die Füße von Eberhardt K. abgab. Daraufhin suchten Kittel und K. im Kfz-Sperrgraben Schutz, wo sie weiter unter Beschuss genommen wurden. Zu diesem Zeitpunkt war Walter Kittel unverletzt, Eberhardt K. hingegen an Fuß, Oberarm und dem Becken getroffen. Als der Kommandeur des Gruppenabschnitts zu der Szene dazu kam, forderte dieser die Flüchtenden auf, aus dem Graben zu kommen. Walter Kittel kam diesem nach und verließ seine Deckung. Aus einer Entfernung von 15 Metern gab der Kommandeur 30 Schüsse auf Kittel ab und schrie: „Ich habe mir geschworen, hier kommt keiner mehr lebend raus!“[1] Mehrfach in den Oberkörper getroffen, ging Walter Kittel zu Boden und starb.

Der Todesschütze stand erst im Dezember 1992 vor dem Bezirksgericht Potsdam, das ihn unter Anwendung des DDR-Strafgesetzbuchs zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren wegen Totschlags verurteilte. Das Strafmaß wurde im darauf folgenden Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof auf zehn Jahre erhöht und der Schuldspruch von Totschlag auf Mord geändert. Die Richter sahen das Merkmal der Heimtücke als erfüllt an.[2] Das war die höchste rechtskräftige Strafe, die in einem Mauerschützenprozess ausgesprochen wurde. Nach bundesdeutschem Strafrecht wäre eine lebenslange Freiheitsstrafe auszusprechen gewesen – das Gericht wandte jedoch wiederum das DDR-Strafgesetzbuch an, welches für Mord eine Mindeststrafe von zehn Jahren vorsah. In der DDR hatte eine strafrechtliche Bewertung der Tat nicht stattgefunden.

Literatur

  • Hans-Hermann Hertle, Maria Nooke: Die Todesopfer an der Berliner Mauer 1961–1989. Ein biographisches Handbuch. Ch. Links, Berlin 2009, ISBN 978-3-86153-517-1.
Commons: Walter Kittel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Urteil des Bezirksgerichts Potsdam vom 9. Dezember 1992, Bl. 553.
  2. BGH 5 StR 473/93 - 20. Oktober 1993 (BezirksG Potsdam). In: hrr-strafrecht.de. Abgerufen am 29. März 2024.
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