Wallendorf (Weimar)
Wallendorf ist eine Wüstung in der Nähe von Weimar. An den Ort erinnern nur die Wallendorfer Mühle[1][2][3][4] am Lottenbach[5] am Kirschbachtal, der Heimrichstisch, und die Wallendorfer Straße hinter dem Berkaer Bahnhof, die Lottenmühle, in der sich das katholische Pfarramt der Herz-Jesu-Gemeinde befindet,[6] bzw. der Ortsteil Neuwallendorf. Die Ortschaft lag westlich der Stadt zwischen Weimar und Niedergrunstedt im heutigen statistischen Stadtbezirk Schönblick am Kirschbach bzw. dem Lottenbach.
Geschichte
Die erste urkundliche Erwähnung von Wallendorf war 1265. Im Jahr 1279 erfolgte die Erwähnung von Wallendorf als Waldindorf.[7] 1307 gibt es eine Urkunde über die Verleihung von Land in Wallendorf. Im Jahr 1392 erfolgte die Einteilung der Stadt Weimar in vier Stadtteile und die urkundliche Erwähnung von Weinbergen u. a. eben am Südhang des Großen Ettersberges und in Wallendorf. Die höchste Stelle in der Wallendorfer Flur ist der Widderberg. Dahin führt u. a. der Lämmerrainweg.
Wallendorf bekam seinen Namen vermutlich von seiner Kirche St. Nicolai, die eine Wallfahrtskirche war, deren Marienbild wundertätige Wirkung zugesprochen wurde, die 1449 wegen Baufälligkeit geschlossen wurde, womit auch der Ort Wallendorf selbst einging. Der Ort selbst wurde bereits 1446 zerstört durch Brandstiftung im Zuge des Sächsischen Bruderkrieges von 1446 bis 1451. Die Dorfältesten brachten die Urkunden, die die Fluren und Äcker ebenfalls beurkundeten, nach Niedergrunstedt. Die Gemeinde Niedergrunstedt lag lange im Streit mit dem Rat der Stadt Weimar um die Wüstungsflur Wallendorf.[8] Der Rat der Stadt Weimar kaufte 1578 die Wallendorfer Mühle, die noch stand. Diese wiederum existierte bereits vor 1378, da sie im „Roten Buch von Weimar“[9] als „die mul an der Lutten gelegin czu Waldendorf“ erwähnt ist. Die vormalige Wassermühle brannte am 19. August 1890 nieder. Einer Zeichnung zufolge war es ein Fachwerkbau. Die heutige Wallendorfer Mühle ist indes 1890 errichtet worden als Fachwerkbau mit Ziegelstein mit Wirtschaftsgebäuden wie Scheune, Ställe, Backhaus, Wohnhaus mit Gaststätte. Die Wasserkraft des Lottenbaches reichte für den Betrieb nicht mehr aus, sodass das Mahlwerk der Mühle mit Dampfkraft angetrieben wurde. Das wurde später auf elektrischen Betrieb umgestellt. Sie stellte erst Anfang der 1960er Jahre ihren Betrieb ein.[10] Von der Mühle und deren Wirtschaftsgebäuden ist indes nur der Bereich der Gaststätte erhalten geblieben. Dieses wird heute als Wohn- und Gästehaus genutzt. In Wallendorf hatte es einst neben der Wassermühle sogar zwei Bockwindmühlen gegeben, was auch durch eine Zeichnung von Alt-Wallendorf belegt ist. Auf dieser ist auch der Heimrichstisch zu sehen um dem sich eine Gruppe Männer versammelt hat.[11] Am 14. August 1671 wurde die Verordnung zur Abhaltung des Hegemahls, einer Gerichtshandlung in der Stadt und den Fluren Wallendorf, Lützendorf und Kleinroda erlassen. 1877 löste sich die Flurgenossenschaft Wallendorf schließlich auf. Die Wüstungsflur wurde nach einem Prozess der Stadt Weimar zugesprochen.[12] Heute ist dieses Gebiet teils bebaut durch die Paul-Schneider-Straße, Damaschkestraße und Wallendorfer Straße, teils auch von Gartensparten besiedelt.
Zwischen der Wüstung Wallendorf und Nohra, kurz vor dem Bahnhof Nohra, wurde 1811 ein Gasthof errichtet, der Neuwallendorf genannt wurde, womit die Erinnerung wachgehalten wurde, obwohl weder der Ort, noch Einwohner dessen noch da wären.[13] Diesen ehemals einsam errichteten Gasthof gab es bis 1942, der sich in einer Häusergruppe an der Erfurter Straße befindet. Neuwallendorf war zunächst Bedarfshaltestelle der Berkaer Bahn, besser Bahnstrecke Weimar–Kranichfeld, die 1887 eröffnet wurde.[14]
In einem Kalkgeschiebe bei Neuwallendorf wurde das Skelett eines Mammuts gefunden. Den gewesenen Steinbruch besuchte auch Goethe seinen Tagebüchern zufolge. Das fand in seine naturwissenschaftlichen Schriften Eingang.[15]
Die Wüstung Wallendorf mit Heimrichstisch ist ein eingetragenes Bodendenkmal der Stadt Weimar.[16]
Varia
Der Maler der Weimarer Malerschule Franz Gustav Arndt schuf ein Gemälde 1886 unter dem Titel: Tal von Wallendorf bei Weimar.[17]
Literatur
Weblinks
- Manfred Hartung: Chronik Weimar-Nord – Wüstungen in Weimar-Nord. (PDF; 302 kB) In: weimar-nord.de, Arbeitsstand: 12/2013
- Geschichte: Daten. In: niedergrunstedt.de, Ortsteilrat Niedergrunstedt, Stadt Weimar, 2005
Einzelnachweise
- Gitta Günther, Wolfram Huschke, Walter Steiner (Hrsg.): Weimar. Lexikon zur Stadtgeschichte. Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1998, S. 194.
- Gerd Seidel, Walter Steiner: Baustein und Bauwerk in Weimar (= Ständige Kommissionen Kultur der Stadtverordnetenversammlung Weimar und des Kreistages Weimar-Land in Zusammenarbeit mit dem Stadtmuseum Weimar (Hrsg.): Tradition und Gegenwart. Weimarer Schriften. Heft 32). Weimar 1988, ISBN 3-910053-08-4, S. 73.
- Dort befand sich bis 1989 ein Sühnekreuz, welches aber in diesem Jahr verschwunden ist. bzw.
- Frank Störzner: Steinkreuze in Thüringen, Katalog des Bezirkes Erfurt, 1984, S. 123 Nr. 294.
- Axel Stefek: Weimar unterirdisch. Der Lottenbach und der Schützengraben als historische Stadtgewässer. In: Weimar-Jena. Die große Stadt. 4/4 (2011), S. 241–261 (verlagvopelius.de [PDF; 1,3 MB; abgerufen am 19. Februar 2020]).
- Die Lottewanderung. In: transitionweimar.wordpress.com, 5. Oktober 2012, abgerufen am 19. Februar 2020.
- Gitta Günther, Wolfram Huschke, Walter Steiner (Hrsg.): Weimar. Lexikon zur Stadtgeschichte. Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1998, S. 478.
- Carl Gräbner: Die Grossherzogliche Haupt- und Residenz-Stadt Weimar, nach ihrer Geschichte und ihren gesammten gegenwärtigen Verhältnissen dargestellt. Verlag Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1836, S. 289 (Scan in der Google-Buchsuche).
- Das Rote Buch oder auch „Erbbuch“ von Weimar ist eine Quelle zur Weimarer Stadtgeschichte, die Auskunft über Renten, Zinsen, Güter, Ortschaften, Klöster, Fronen und sonstige Lasten Auskunft gibt. Das Rote Buch von Weimar. Zum erstenmale hrsg. und erläutert von Otto Franke (= Thüringisch-sächsische Geschichtsbibliothek. Band 2). Gotha 1891.
- Gitta Günther, Wolfram Huschke, Walter Steiner (Hrsg.): Weimar. Lexikon zur Stadtgeschichte. Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1998, S. 479.
- Detaillierte Informationen zur Siedlungsgeschichte Wallendorfs insbesondere mit Blick auf seine Mühlen in: Axel Stefek (Hrsg.): Energie in Weimar: Vom Mittelalter bis in die Neuere Zeit (= Energiegeschichte der Stadt Weimar. Band 1). Hrsg. von der Stadtwerke Weimar Stadtversorgungs-GmbH durch Axel Stefek. Weimar 2016, S. 142–149, Kap. 4.1.: Die Wallendorfer Mühlen. Zu den Windmühlen: Hier S. 142 f. und 147–149. Zur Wassermühle: S. 146 f. Die genannte Zeichnung befindet sich im Besitz der Klassikstiftung Weimar unter KSW, Museen, Inv.-Nr. Gr.-2008/25522.
- Gitta Günther, Wolfram Huschke, Walter Steiner (Hrsg.): Weimar. Lexikon zur Stadtgeschichte. Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1998, S. 479.
- Carl Gräbner: Die Grossherzogliche Haupt- und Residenz-Stadt Weimar, nach ihrer Geschichte und ihren gesammten gegenwärtigen Verhältnissen dargestellt. Verlag Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1836, S. 289 (Scan in der Google-Buchsuche).
- Gitta Günther, Wolfram Huschke, Walter Steiner (Hrsg.): Weimar. Lexikon zur Stadtgeschichte. Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1998, S. 331.
- Kalkgeschiebe bis kalki. In: Goethe-Wörterbuch. Band 5. Kohlhammer, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-17-019184-6, Sp. 217 (woerterbuchnetz.de [abgerufen am 19. Februar 2020]).
- Eingetragene Bodendenkmale nach § 2 Abs. 7 und § 4 Abs. 1 ThürDSchG / Stand: 11.02.2015 (Memento vom 18. August 2018 im Internet Archive). (PDF; 30 kB) In: weimar.de, abgerufen am 19. Februar 2020.
- https://de.wikisource.org/wiki/Seite:Malerwerke_des_neunzehnten_Jahrhunderts_Erster_Band.pdf/51