Wallace Broecker

Wallace Smith Broecker („Wally“) (* 29. November 1931 in Chicago;[1]18. Februar 2019 in New York City[2]) war Newberry Professor am Institut für Erd- und Umweltwissenschaften (Department of Earth and Environmental Sciences) der Columbia University und forschte am dortigen Lamont-Doherty Earth Observatory. Broeckers Forschungsgebiete umfassten die Geochronologie des Pleistozäns, die Anwendung der Radiokarbondatierung und der Nachweis von Mischvorgängen in Meereswässern aus verschiedenen Herkunftsgebieten anhand von stabilen Isotopen und Radioisotopen. Diese Arbeiten auf dem Feld der chemischen Ozeanographie untersuchten den biologisch-geochemischen Kohlenstoff-Kreislauf und die erdgeschichtlichen Zeugen von Klimaänderungen, die sich im Polareis und den Sedimenten der Ozeane nachweisen lassen.

Wallace Broecker, 2010

Leben

Broecker besuchte das Wheaton College in Illinois, wo er John Laurence Kulp (1921–2006) und Paul Werner Gast (1930–1973) kennenlernte. 1953 erwarb er den Bachelor of Arts im Fach Physik am Columbia College und im Folgejahr den Master of Arts. 1958 erwarb er den Doktorgrad (Ph.D.) der Geologie an der Columbia University, wurde im Jahr darauf als Assistenzprofessor Mitglied der Fakultät, und begann seine Arbeit am Lamont-Doherty Earth Observatory, unter anderem mit W. Maurice Ewing und Walter Bucher. 1962 wurde er Sloan Research Fellow. 1964 wurde er zum Ordentlichen Professor, und seit 1977 hatte er die Stelle des Newberry Professor of Earth and Environmental Sciences am Lamont-Doherty Earth Observatory inne.[3][4]

Wirken

Broecker hat bedeutende Beiträge zur Klärung der Rolle der Ozeane bei der Entstehung abrupter Klimaveränderungen geleistet, die sich im letzten Eiszeitalter ereigneten.[4] Seine Forschungen zur thermohalinen Zirkulation haben das Konzept eines „globalen Förderbandes“ bekannt gemacht, das die Strömungen in den Weltmeeren miteinander verbindet.[5] Seine Arbeit auf diesem Gebiet ist eine der Grundlagen bei der Erforschung des Kohlenstoff-Kreislaufs. Broecker lieferte wichtige Orientierungshilfen für nachfolgende Arbeiten durch die Anwendung der Radiokarbon-Datierung auf Fragen zur Ausdehnung und Eigenschaften der Ozeane in der Vergangenheit (Paläozeanographie), sein mit Tsung-Hung Peng verfasstes Lehrbuch Tracers in the Sea wird heute noch in Aufsätzen zur chemischen Ozeanographie zitiert.

Broecker gilt weithin als derjenige, der – ohne Absicht – den Ausdruck global warming (globale Erwärmung) erschuf, indem er einen Aufsatz mit dem Titel Climate Change: Are we on the Brink of a Pronounced Global Warming? veröffentlichte.[6] Tatsächlich wurde auch schon seit den 1950er-Jahren vereinzelt der Begriff „globale Erwärmung“ auf eine durch Treibhausgasemissionen verursachte Klimaänderung angewendet.[7]

Im Jahr 2008 veröffentlichte er mit dem Wissenschaftsjournalisten Robert Kunzig einen Abriss der Geschichte der Klimawissenschaft. In diesem Buch hoben die Autoren die Wichtigkeit der Entfernung von Kohlendioxid aus der Erdatmosphäre für die weitere Entwicklung des Klimas (Kohlendioxid-Sequestrierung) hervor und unterstützten damit die Arbeit von Broeckers Kollegen Klaus Lackner.[8] Die New York Times beschrieb Broecker als einen Pionier des Geoengineerings.[9] Wallace Broecker starb im Februar 2019 im Alter von 87 Jahren.

Ehrungen

Broecker war Mitglied der American Academy of Arts and Sciences (1976), der National Academy of Sciences (1977), der American Philosophical Society (2015), der American Geophysical Union, der American Association for the Advancement of Science, der European Geophysical Union sowie auswärtiges Mitglied der Royal Society. Er hat zahlreiche weitere Auszeichnungen erhalten, darunter:

Im September 2008 erhielt Broecker den Balzan-Preis für außergewöhnliche wissenschaftliche Errungenschaften. In seiner Laudatio hob Enric Banda (Research Professor für Geophysik am Institut für Geowissenschaften in Barcelona) die Rolle Broeckers hervor: „Wallace Broecker hat mit seinen Entdeckungen über die Interaktion der Meere mit der Atmosphäre, über die Rolle der Veränderungen der Gletscher und über die Bedeutung der in Eisproben und in Meeres-Ablagerungen enthaltenen Informationen auf herausragende Weise zum Verständnis des Klimawandels beigetragen. Die Erkenntnisse Broeckers sind für das Verständnis nicht nur der abrupten, sondern auch der graduellen Klimaveränderungen von enormer Bedeutung.“[19]

Im Januar 2009 wurde Broecker mit dem BBVA Foundation Frontiers of Knowledge Award 2008 in der Kategorie „Klimaveränderung“ für seine grundlegenden Forschungen ausgezeichnet, die er auf dem Gebiet der biologischen und chemischen Prozesse durchführte. Sie förderten eine Sicht der Erde als verknüpftes System, die Grundlage für das Verständnis vergangener und aktueller Klimaänderungen sei. Die Laudatio hob seinen holistischen Ansatz hervor, der ihm die Erkenntnis der Mechanismen abrupter Klimaänderungen ermöglicht hat.[20]

Veröffentlichungen

Broecker ist der Autor von mehr als 450 Artikeln in wissenschaftlichen Zeitschriften und hat zehn Bücher veröffentlicht.[21] Zu seinen Veröffentlichen zählen:

  • mit Virginia M. Oversby: Chemical Equilibria in the Earth. McGraw-Hill Education, 1971, ISBN 0-07-007997-8.
  • Chemical oceanography. Harcourt Brace Jovanovich, 1974, ISBN 0-15-506437-1.
  • The glacial world according to Wally. Eldigio Press, 1995, OCLC 33262006.
  • Greenhouse puzzles: Keeling's world, Martin's world, Walker's world. Eldigio Press, 1998.
  • Greenhouse puzzles. Lamont-Doherty Geological Observatory of Columbia University, 1993.
  • How to Build a Habitable Planet. Eldigio Press, 1988, ISBN 0-9617511-2-6.
  • mit Tsung-Hung Peng: Tracers in the Sea. Eldigio Press, 1982, ISBN 0-9617511-0-X.
  • The Ocean. Scientific American, September 1983.
  • mit Robert Kunzig: Fixing Climate: What Past Climate Changes Reveal About the Current Threat--and How to Counter It. Profile Books, UK, 2008, ISBN 978-1-84668-860-7.
  • The Great Ocean Conveyor, Discovering the Trigger for Abrupt Climate Change. Princeton University Press, Princeton, New Jersey, USA, 2010.
  • mit Charles H. Langmuir: How to Build a Habitable Planet. The Story of Earth from the Big Bang to Humankind. Princeton University Press, Princeton New Jersey, USA 2012.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Wallace Smith Broecker. (Memento des Originals vom 3. August 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ldeo.columbia.edu Biographie anlässlich des Vetlesen-Preises, Lamont-Doherty Earth Observatory – The Earth Institute – Columbia University
  2. Scientist Who Popularized Term 'Global Warming' Dies at 87. In: The New York Times. 18. Februar 2019, abgerufen am 19. Februar 2019 (englisch).
  3. 2002 Tyler Laureates: Wallace S. Broecker, Ph.D. and Tungsheng Liu, Ph.D. (Memento des Originals vom 27. Mai 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.usc.edu University of Southern California
  4. Homepage Broeckers am Lamont-Doherty Earth Observatory
  5. Wallace Broecker: Unpleasant Surprises in the Greenhouse? In: Nature, Volume 328, Issue 6126, pp. 123-126 (1987)
  6. W.S. Broecker: Climatic change; are we on the brink of a pronounced global warming? In: Science. v. 189, n. 4201, 1975, S. 460–463 (sciencemag.org).
  7. Wallace Broecker: When climate change predictions are right for the wrong reasons. In: Climatic Change. 2017, doi:10.1007/s10584-017-1927-y (Open Access).
  8. Wallace S. Broecker, Robert Kunzig: Fixing Climate: What Past Climate Changes Reveal About the Current Threat--and How to Counter It. Profile Books, UK, 2008, ISBN 978-1-84668-860-7.
  9. William J. Broad: How to Cool a Planet (Maybe). In: The New York Times. 27. Juni 2006, abgerufen am 27. Mai 2010.
  10. Maurice Ewing Medal. American Geophysical Union
  11. Alexander Agassiz Medal. National Academy of Sciences
  12. 1996 Blue Planet Prize: Announcement of Award Winners. Biographie Broeckers anlässlich der Verleihung des Blue Planet Prize (PDF-Datei; 544 kB)
  13. Geochemical Society: Victor Moritz Goldschmidt Award
  14. Wollaston Medal. In: Award Winners since 1831. Geological Society of London, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 19. August 2010; abgerufen am 25. Februar 2009.
  15. National Science Foundation – The President's National Medal of Science
  16. Blue Planet Prize. Asahi Glass Foundation
  17. Crawford prize in geoscience 2006 (Memento des Originals vom 21. November 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.crafoordprize.se
  18. 2008 Franklin Institute Awards: Benjamin Franklin Medal in Earth and Environmental Science (Memento vom 30. Juli 2012 im Webarchiv archive.today) Franklin Institute
  19. Wallace Broecker. Fondazione Internazionale Premio Balzan, abgerufen am 17. September 2023.
  20. Wallace S. Broecker (Memento des Originals vom 25. März 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.fbbva.es, Preisträger des BBVA Foundation Frontiers of Knowledge Awards 2008.
  21. Wallace Broecker. Bio-Bibliographie. Fondazione Internazionale Premio Balzan, abgerufen am 17. September 2023 (englisch).
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