Marinearsenal Warnowwerft

Das Marinearsenal Warnowwerft ist eine Außenstelle des Marinearsenals und befindet sich in Rostock-Warnemünde.

Werftgelände in Rostock-Warnemünde
Werftgelände in Rostock-Warnemünde

Geschichte

1990 bis 1992: Warnowwerft Warnemünde

Im Zuge der Wirtschaftsreformen in den Wendezeiten in der DDR wurde am 1. Juni 1990 der VEB Warnowwerft Warnemünde in eine Kapitalgesellschaft überführt und firmierte nun als Warnowwerft Warnemünde GmbH, eine Tochter der Deutsche Maschinen- und Schiffbau AG in Rostock, vollständig in Besitz der Treuhandanstalt.

1992 bis 2002: Kvaerner Warnow Werft

Am 1. Oktober 1992 verkaufte die Treuhandanstalt die Warnowwerft an den norwegischen Kværner ASA, der Unternehmensname (Firma) wurde in Kvaerner Warnow Werft GmbH geändert. Der Kvaerner-Konzern investierte in den Jahren 1993–1995 knapp 400 Mio. US-Dollar zur Modernisierung der Werft. Für die Umstrukturierung der Warnemünder Werft hatte Kvaerner zwischen 1992 und 1995 eine Mrd. DM Subventionen erhalten.[1][2]

Am 30. Juni 1995 fand der letzte konventionelle Stapellauf statt. Die Warnow wurde im Bereich der Kabelkrananlage komplett für den Schiffsverkehr gesperrt. Am 1. August 1995 fand die Kiellegung des ersten Containerschiffes des Typs WARNOW CV 2600 im gerade fertiggestellten Baudock statt. Auftraggeber der Schiffe war (wie bereits vierzig Jahre zuvor) die Deutsche Seereederei GmbH.

Ein weiteres Großereignis fand am 13. Januar 2000 statt: die Ablieferung des bis dahin größten in Deutschland gebauten Containerschiffes, die P&O Nedlloyd Tasman. Im Jahr 2001 zeigten die Schiffbauer der Werft, dass sie auch Bohrinseln bauen konnten. Die Bohrinsel Stena Don wurde abgeliefert; sie war der 400. Neubau der Werft seit Gründung im Jahre 1946.

Werft Warnemünde
Kvaerner am Westufer 2003
Schwimmkran Langer Heinrich 2012 in der Warnemünder Werft

Im September 2001 gab der norwegische Mutterkonzern – die Kvaerner ASA – an, sich durch die Übernahme des britischen Anlagenbauers Trafalgar House in finanzielle Schwierigkeiten manövriert zu haben. Neue Kapitalgeber wurden gesucht.

2002 bis 2004: Aker Warnow Werft

Am 4. Februar 2002 gaben die Kvaerner ASA und Aker RGI (norwegischer Mischkonzern um den Milliardär Kjell Inge Röke) bekannt, ihre Schiffbauaktivitäten weltweit zusammenzulegen. Die Aker Kvaerner Yards AS entstand. Mitte 2003 übernahm die Aker RGI sämtliche Anteile an Kvaerner. Seit der Integration des Kvaerner-Konzerns in die bestehende Unternehmensgruppe Aker Yards (2002) kooperierten die ehemalige Kvaerner Warnow Werft Rostock GmbH und die Aker MTW Werft unter dem Namen Aker Ostsee. Unter diesem Dach firmierte die Warnowwerft nun als Aker Warnow Werft GmbH.

2004 bis 2008: Aker Warnemünde Operations

Anfang 2004 wurde Aker Yards Ostsee erneut umstrukturiert; das Unternehmen in Warnemünde wurde aufgeteilt: in der Aker Warnemünde Operations GmbH wurden die Schiffbauaktivitäten in Warnemünde zusammengefasst und die Aker Warnemünde Real Estate GmbH betreibt die Grundstücksverwaltung. Die Werften in Warnemünde und Wismar begannen die Arbeitsteilung: Vorschiffe und Deckshäuser wurden in Warnemünde gebaut und nach Wismar geschleppt. In Wismar baute man die Achterschiffe und komplettierte dann die Sektionen im Baudock. Erst mit Beginn des Jahres 2007 war die wirtschaftliche Auftragslage so gut, dass wieder komplette Schiffe in Warnemünde gebaut und abgeliefert wurden.

2008 bis 2009: Wadan Yards Warnow

2008 verkaufte Aker Yards einen 70-prozentigen Anteil an den russischen Finanzinvestor FLC West. Die Transaktion trat rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft und ab dem 22. September firmierten die Werften als Wadan Yards.[3]

Am 5. Juni 2009 stellten die deutschen Unternehmensteile der Wadan Yards Group AS, darunter auch die Wadan Yards Warnow GmbH in Warnemünde, Insolvenzanträge.

2009 bis 2016: Nordic Yards Warnemünde

Bau der Konverterplattform SylWin alpha für Tennet 2014

Mitte August 2009 konnte der Insolvenzverwalter einen Investor präsentieren, der auch die Warnemünder Werft übernahm. Der Leiter des Moskauer Nordstream-Büros Witali Jussufow (russisch: Виталий Юсуфов, englische Transkription: Vitaly Yusufov), Sohn des früheren russischen Energieministers und Gazprom-Aufsichtsrats Igor Jussufow (Игорь Юсуфов, Igor Yusufov) kaufte für ca. 40,5 Mio. Euro über die durch ihn ins Leben gerufene Nordic Yards die Vermögensgegenstände der deutschen Wadan-Unternehmensteile. Die insolvente Wadan Yards war nach dem Verkauf aller Vermögensgegenstände eine juristische Hülle, über die die Wadan-Gläubiger abgefunden wurden.[4]

2016 bis 2022: MV Werften Rostock

Im März 2016 kaufte das malaysisch-chinesische Schifffahrtunternehmen Genting Hong Kong die Nordic Yards zu einem Kaufpreis von 230,6 Millionen Euro,[5] die Werft in Warnemünde wurde dabei mit 90,8 Millionen Euro bewertet.[6] Zusammen mit der Lloyd Werft Bremerhaven sollten die Werften in Wismar, Warnemünde und Stralsund unter dem Namen „Lloyd Werft Group“ firmieren und Kreuzfahrtschiffe fertigen.[7] Im Juli 2016 wurde allerdings bekannt, dass die Werft in Warnemünde stattdessen in die Unternehmensgruppe MV Werften eingegliedert werden soll.

Am 20. März 2020 wurde die Fertigung der aktuellen Schiffbauprojekte ausgesetzt und die Werft vorübergehend geschlossen. Begründet wurde dies mit den Einschränkungen im Betriebsablauf wegen der COVID-19-Pandemie in Deutschland.[8] Der Norddeutsche Rundfunk berichtete, dass die Werftengruppe Probleme damit hätte, Rechnungen für das in Warnemünde im Bau befindliche zweite Kreuzfahrtschiff der Global-Klasse und die in Stralsund entstehende Expeditionsjacht Crystal Endeavor zu begleichen; MV Werften habe sich an die KfW gewendet und Liquiditätshilfen aus dem Corona-Sonderprogramm beantragt.[9]

Im Januar 2022 meldete Genting für die MV Werften Insolvenz an.[10][11] Durch das Insolvenzverfahren wird die Unternehmensgruppe zerschlagen und einzeln verkauft werden. In Warnemünde befand sich zu diesem Zeitpunkt das 2. Kreuzfahrtschiff der Global-Klasse im Bau, welches im Herbst 2022 unvollendet verschrottet wurde.[12]

Seit 2022: Marinearsenal Warnowwerft

Am 28. Juni 2022 wurde bekannt gegeben, dass der Bund den Zuschlag zum Kauf bekommen hat. Am 7. Juli 2022 stimmte der Haushaltsausschuss zu, womit die Werft für 87 Millionen Euro von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gekauft wird.[13] Die wird die Werft künftig an die Deutsche Marine verpachten. Der Standort wird als Außenstelle des Marinearsenals in Wilhelmshaven geführt werden und insbesondere für die Wartung der im Rostocker Marinestützpunkt stationierten Korvetten verwendet werden. Der Standort steht seit dem 1. August 2022 als „Marinearsenal Warnowwerft“ zur Verfügung.[14] Das Marinearsenal Warnowwerft verfügt über 500 Arbeitsplätze.[15] Das Marinearsenal wurde am 11. Januar 2023 von der damaligen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht offiziell eingeweiht.[16][17][18]

Das belgische Stahlverarbeitungsunternehmen Smulders bekundete Interesse, gemeinsam mit der benachbarten Neptun Werft, auf dem südlichen Teil des Geländes des Marinearsenals und des benachbarten ehemaligen Caterpillar-Standortes Konverterplattformen für Offshore-Windparks zu bauen.[19][20][21] Dies scheiterte jedoch zunächst an Sicherheitsbedenken des Militärischen Abschirmdienstes.[22][23][24][25][26] Am 21. September 2023 wurde die Entscheidung bekanntgegeben, dass das Bundesverteidigungsministerium zugestimmt hat, den interessierten Unternehmen Teilflächen der Warnowwerft auf 15 Jahre zu verpachten.[27] Auch die Errichtung eines NATO-Materiallagers steht zur Debatte.[28][29][30] ("NATO Deployment Hub")[31]

Am 15. November 2023 unterzeichneten Bund, Land, sowie die beteiligten Unternehmen eine Vereinbarung zur Nutzung von 20 Hektar des Arsenalgeländes zur Herstellung von Konverterplattformen. Hierzu wollen die Meyer-Werftengruppe und Smulders das Joint-Venture Neptun Smulders Engineering gründen.[32][33]

Entwicklung der Werftbetriebe des Kombinats Schiffbau ab 1990
'90 '91 '92 '93 '94 '95 '96 '97 '98 '99 '00 '01 '02 '03 '04 '05 '06 '07 '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 '21 '22 '23 '24
Warnow-Werft Warnemünde DMS Kværner Aker [1] Nordic Yards MV Werften Marinearsenal
MTW Wismar   Bremer Vulkan TKMS
Volkswerft Stralsund     A. P. Møller-Mærsk   P+S Werften      
Peene-Werft Wolgast   Hegemann-Gruppe   Lürssen (ab 2021 NVL)
Neptun Rostock     Meyer Werft
Elbewerft Boizenburg   Petram-Gruppe   [1]: Wadan


Liste der Neubauten (Auswahl)

Baujahre Bauart Schiffstyp Anzahl Bauwerft
1991–1994 Mehrzweck-Containerfrachter Typ MPC Neptun 900 7 3 Neptun Werft
3 Warnowwerft Warnemünde GmbH
1 Kvaerner Warnow Werft
1991–1992 Containerschiff Typ Warnow CS 1200 4 Warnowwerft Warnemünde GmbH
1991–1995 Containerschiff Typ Warnow CS 1400 17 in vier Varianten Warnowwerft Warnemünde GmbH
Kvaerner Warnow Werft
1995/1996 Containerschiff Typ Warnow CV 2600 2 Kvaerner Warnow Werft
1996/1997 Containerschiff Typ Warnow CV 2900 4 Kvaerner Warnow Werft
1997–2004 Containerschiff Typ Warnow CV 2500 11 in drei Varianten Kvaerner Warnow Werft
Aker Warnow Werft
1997 Yacht hotel Yachthotel Sunborn 1 Kvaerner Warnow Werft
1998 Containerschiff Typ Warnow CV 2900 mod 5 Kvaerner Warnow Werft
2000 Containerschiff Typ Warnow CV 5500 3 Kvaerner Warnow Werft
2001 Bohrinsel Typ KMAR CS 30 1 Kvaerner Warnow Werft
2006–2009 Mehrzweckfrachtschiff Typ Aker ACS 650 5 Aker Warnemünde Operations
Wadan Yards Warnow

Literatur

  • Dietrich Strobel: Vier Jahrzehnte Hochseeschiffbau in Wismar und Warnemünde. In: Lothar Hitzinger (Hrsg.): Jahrbuch der Schiffahrt. transpress, Berlin 1986, ISBN 3-344-00007-1, S. 118–126.
  • Manfred Neumann, Dietrich Strobel: Vom Kutter zum Containerschiff. Schiffe von DDR-Werften in Text und Bild. 1. Auflage. VEB Verlag Technik, Berlin 1981.
  • Rolf Schönknecht, Uwe Laue: Hochseefrachter der Weltschiffahrt. Band 1. transpress, Berlin 1987, ISBN 3-344-00182-5 (Bibliothek der Schiffstypen).
  • Rolf Schönknecht, Uwe Laue: Hochseefrachter der Weltschiffahrt. Band 2. transpress, Berlin 1988, ISBN 3-344-00282-1 (Bibliothek der Schiffstypen).
  • Autorenkollektiv: Stahlschiffbau. transpress, Berlin 1989, ISBN 3-341-00410-6.
Commons: Warnowwerft Rostock – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kvaerner weist Vorwurf des Betrugs zurück. In: Tagesspiegel. 14. Juni 1999 (Online).
  2. Urteil in Rechtssache C-181/02 P der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Kvaerner Warnow Werft GmbH vom 29. April 2004; eur-lex.europa.eu
  3. Aker-Werften heißen jetzt Wadan Yards. (Memento vom 25. September 2008 im Internet Archive) NDR, 22. September 2008.
  4. Landesregierung stimmt Werft-Verkauf zu. focus.de, 17. August 2009.
  5. Asiaten kaufen Nordic Yards in Mecklenburg-Vorpommern. 2. März 2016, abgerufen am 2. März 2016.
  6. Discloseable Transaction In Relation To The Acquisition of Shipyards in Germany. (PDF) In: Corporate Announcement. Genting Hong Kong, 2. März 2016, abgerufen am 9. April 2016.
  7. Positives Echo auf Nordic-Yards-Verkauf. 2. März 2016, abgerufen am 6. März 2016.
  8. mv-werften.de, Pressemitteilung vom 20. März 2020, abgerufen am 15. April 2020
  9. ndr.de, "Corona-Krise: MV Werften in Zahlungsschwierigkeiten", abgerufen am 15. April 2020
  10. MV-Werften melden Insolvenz an. In: FAZ.net. 10. Januar 2022, abgerufen am 11. Januar 2022.
  11. Ostsee-Zeitung: Genting noch tiefer in den roten Zahlen. 12. Januar 2022.
  12. Warnemünde: 17.500 Tonnen Stahl der früheren "Global 2" werden zerlegt. 5. Oktober 2022, abgerufen am 2. Januar 2023.
  13. Susanne Preuß: Die Marine bekommt die Werft in Rostock. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 9. Juli 2022, S. 23.
  14. Wilhelmshaven, Marinearsenal, S. 24. (PDF) Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, abgerufen am 2. Januar 2023.
  15. Michael Halama: Die Arsenalbetriebe sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. In: Wilhelmshavener Zeitung vom 8. März 2023, S. 4
  16. Ministerin weiht Marinearsenal Warnowwerft ein. Abgerufen am 5. Mai 2023.
  17. Einladung: Verteidigungsministerin weiht Marinearsenal „Warnowwerft“ ein. Abgerufen am 5. Mai 2023.
  18. Jean-Pierre Ziegler: (S+) Mecklenburg-Vorpommern: Wie der Krieg bei der Rettung der MV Werften half. In: Der Spiegel. 1. Mai 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 5. Mai 2023]).
  19. 500 neue Jobs in Rostock: Verkündet Verteidigungsminister Pistorius jetzt den Plattform-Deal? 18. September 2023, abgerufen am 19. September 2023.
  20. Smulders-Ansiedlung in Rostock: Warum schweigt Schwesig? 12. Januar 2023, abgerufen am 26. August 2023.
  21. Land startet neuen Anlauf für Smulders in Rostock. 20. Juli 2023, abgerufen am 26. August 2023.
  22. 500 neue Jobs in Rostock: Verkündet Verteidigungsminister Pistorius jetzt den Plattform-Deal? Abgerufen am 19. September 2023.
  23. Zulieferer für Offshore-Windparks kann sich in Rostock ansiedeln. 18. September 2023, abgerufen am 19. September 2023.
  24. Tauziehen um Smulders-Ansiedlung in Rostock geht weiter. 25. Januar 2023, abgerufen am 19. September 2023.
  25. Habeck in MV: Konverterbau für Offshore-Anlagen kommt nach Rostock. 19. September 2023, abgerufen am 19. September 2023.
  26. Rostock-Warnemünde: Ofshore-Konverter statt NATO-Materiallager? 18. September 2023, abgerufen am 19. September 2023.
  27. Rostock: Teilfläche des Marinearsenals wird für Zuliefer-Ansiedlung frei. In: NDR.de. 21. September 2023, abgerufen am 21. September 2023.
  28. NDR: Rostock: Teil des Marinearsenals für Zuliefer-Ansiedlung frei. Abgerufen am 1. Oktober 2023.
  29. Anna Wroblewski: Rostock-Warnemünde: Offshore-Konverter statt NATO-Materiallager? 18. September 2023, abgerufen am 1. Oktober 2023 (deutsch).
  30. Andreas Meyer: Nato plant Logisitikbasis in Rostock: Lagern bald Panzer und Raketen in Warnemünde? 19. Juli 2023, abgerufen am 1. Oktober 2023.
  31. Auf der Warnowwerft entstehen ein NATO Deployment Hub und Konverterplattformen. 15. November 2023, abgerufen am 10. Februar 2024.
  32. Meyer Werft und Smulders können in Rostock Konverterstationen bauen. 15. November 2023, abgerufen am 15. November 2023.
  33. Warnemünde: Neue Arbeitsplätze durch "Neptun Smulders Engineering". 15. November 2023, abgerufen am 15. November 2023.

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