Wągrowiec

Wągrowiec [vɔŋˈgrɔvʲɛʦ] (deutsch Wangrowiec, Wongrowiec, 1875–1920 bzw. 1939–42 Wongrowitz, 1942–45 Eichenbrück, älter auch Wanggrawitz[2]) ist eine Stadt in der polnischen Woiwodschaft Großpolen.

Wągrowiec
Wappen von Wągrowiec
Wągrowiec (Polen)
Wągrowiec (Polen)
Wągrowiec
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Großpolen
Powiat: Wągrowiec
Fläche: 18,00 km²
Geographische Lage: 52° 48′ N, 17° 12′ O
Einwohner: 25.607
(31. Dez. 2020)[1]
Postleitzahl: 62-100 bis 62-102
Telefonvorwahl: (+48) 67
Kfz-Kennzeichen: PWA
Wirtschaft und Verkehr
Straße: PosenBydgoszcz
Eisenbahn: Posen–Gollantsch
Nächster int. Flughafen: Posen
Gmina
Gminatyp: Stadtgemeinde
Fläche: 18,0 km²
Einwohner: 25.607
(31. Dez. 2020)[1]
Bevölkerungsdichte: 1423 Einw./km²
Gemeindenummer (GUS): 3028011
Verwaltung (Stand: 2007)
Bürgermeister: Stanisław Wilczyński
Adresse: ul. Kościuszki 15 a
62-100 Wągrowiec
Webpräsenz: www.wagrowiec.um.gov.pl



Geographische Lage

Wągrowiec liegt etwa 50 km nordöstlich von Poznań (Posen) und 70 km südwestlich von Bydgoszcz (Bromberg) an der Südspitze des Jezioro Durowskie (Durower See) und am von Osten kommenden Flüsschen Welna, das hier nach einem Knick in südwestliche Richtung durch den Jezioro Łęgowskie (Lengower See) weiterfließt und nach etwa 30 km bei Obornik von rechts in die Warthe mündet.

Geschichte

Wongrowitz am Fluss Welna oder Kleine Warthe
Wongrowitz nordnordöstlich von Posen und südwestlich von Bromberg auf einer Landkarte der Provinz Posen von 1905 (gelb markierte Flächen kennzeichnen Gebiete mit seinerzeit mehrheitlich polnischsprachiger Bevölkerung)

Ein erstes Stadtrecht wurde dem Ort wahrscheinlich 1381 verliehen. König Ladislaus II. verlieh der Stadt am 30. April 1393 Marktgerechtigkeit[3] und im Jahr 1427 das Stadtrecht nach Magdeburger Recht. Der Wortlaut des Stadtprivilegs des Abtes Johann von 1498 ist in einer Bestätigungsurkunde Augusts des Starken von 1724 enthalten.[4]

Im Jahr 1396 waren Zisterziensermönche aus Łekno in das Kloster Wągrowiec übergesiedelt. Die Stadt wuchs rasch: 1458 hatte sie dem Heer zehn gerüstete Krieger zu stellen.[5] Im 15. und 16. Jahrhundert blühte die Wirtschaft des Ortes auf. Bierbrauer, Kürschner, Schuster, Töpfer, Tuchmacher und andere Handwerker siedelten sich an.

Im nachfolgenden Jahrhundert war die Entwicklung des Ortes rückläufig. 1655 bis 1656 wurde der Ort durch die Schweden besetzt. In der Zeit von 1693 bis 1741 kam es in der Stadt wegen des Verdachts der Anwendung von Schwarzer Magie zur Hinrichtung von 34 Menschen. 1709 bis 1710 wütete die Pest. 1746 brach ein Feuer aus und zerstörte neben dem Rathaus 30 weitere Häuser. Ein Jahr später wurden das Kloster und die Kirche ein Raub der Flammen.

1793 fiel der Ort bei der Zweiten Teilung Polens an Preußen und wurde Sitz eines Landrats. Gerade noch 612 Menschen lebten in 111 Holzhäusern. 1799 konnte die Kirche wieder aufgebaut werden. 1807 wurde die Stadt Teil des neu entstandenen Herzogtums Warschau, fiel aber 1815 wieder an Preußen und wurde wieder Sitz des Kreis Wongrowiec (ab 1875 Kreis Wongrowitz), der 1818 festgestellt wurde. Im 19. Jahrhundert nahm wirtschaftliche Entwicklung der Stadt wieder Fahrt auf, gelegentlich gestört durch Unruhen gegen die Benachteiligung der Polen durch die preußische Verwaltung. So lebten 1881 4.392 Menschen in Wongrowitz. 1889 wurde der Ort an das Schienennetz angeschlossen und erhielt damit eine Verbindung nach Rogozno und Inowrazlaw (seit 1904: Hohensalza). Im Mai 1872 eröffnete das erste Gymnasium seine Pforten. In den nachfolgenden Jahren wurden zahlreiche Bauten im neuromanischen Stil errichtet. 1890 versuchte Friedrich Wilhelm Voigt, später bekannt als Hauptmann von Köpenick, mit einer Brechstange die Gerichtskasse in Wongrowitz zu berauben.

Nach dem Ersten Weltkrieg musste der Ort aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags an die Zweite Polnische Republik abgetreten werden. Der Ort war weiter Kreisstadt des nunmehr Powiat Wągrowiecki genannten Kreises. Die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Ortschaft verlief allerdings ungünstig.

Unmittelbar zu Beginn des Zweiten Weltkrieges griffen am 2. September beim Überfall auf Polen deutsche Bomber die Stadt an und vernichteten den Bahnhof, die Schule, das Rathaus und weitere Gebäude. Die Wehrmacht erreichte den Ort am 6. September. Die Stadt blieb weiter Kreisstadt nunmehr des Landkreises Eichenbrück (bis 1941/1942 Landkreis Wongrowitz) im besatzungsamtlichen Regierungsbezirk Hohensalza im deutschen Besatzungsgebiet Reichsgau Wartheland. 1942 wurde die Stadt in Eichenbrück umbenannt und erhielt ein neues Wappen.

Während der Kriegszeit wurde ein Lager für eine Abteilung des Reichsarbeitsdienstes (RAD) eingerichtet. Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges wurde etwa ein Drittel der Bevölkerung der Vorkriegszeit, darunter die meisten Juden, deportiert; nicht wenige verloren ihr Leben. Viele Einwohner verließen die Stadt kurz vor dem Eintreffen der Kriegsfront. Am 23. Januar 1945 erreichte die Rote Armee die Region. In der Folgezeit wurden die verbliebenen deutschen Einwohner von der örtlichen polnischen Verwaltungsbehörde vertrieben.

Demographie

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohnerzahl Anmerkungen
1793612
1816875nach anderen Angaben 981 Einwohner, darunter 80 Evangelische und 167 Juden[5]
18372045[5]
18613366[5]
18804385[6]
19056040davon 1393 Evangelische und 383 Juden[7]
19106850am 1. Dezember, davon 1693 Evangelische, 4799 Katholiken, 348 Juden, acht Sonstige (2413 mit deutscher, 4435 mit polnischer Muttersprache)[8]
Anzahl Einwohner nach Ende des Zweiten Weltkriegs
Jahr Einwohner Anmerkungen
200024.478meist Polen
202125.526

Zisterzienser in Łekno und Wągrowiec

Im 12. Jahrhundert wurde als Tochtergründung des Klosters Altenberg in Bergischen Land das Kloster Łekno gegründet. Einer seiner ersten Äbte, Christian von Łekno wurde 1209 zum Bischof für die 1206 wiederaufgenommene Missionierung der Preußen bestimmt und nahm 1215 seinen Sitz in Oliva. Das Kloster in Łekno wurde zwischen 1380 und 1396 nach Wągrowiec verlegt. Bis zu seiner Säkularisierung 1835 war es die bedeutendste Institution der Stadt.

Städtepartnerschaften

Kultur und Sehenswürdigkeiten

  • Pfarrkirche
  • Kloster Wągrowiec
  • Pyramidengruft des Rittmeisters Franciszek Lakinski (1767–1845)
  • Regionalmuseum (besteht seit dem 1. Oktober 1987)

Verkehr

Die Stadt hat einen Bahnhof an der Bahnstrecke Poznań–Bydgoszcz und an der in diesem Bereich stillgelegten Bahnstrecke Inowrocław–Drawski Młyn.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

Landgemeinde

In der umliegenden Landgemeinde Wągrowiec, der die Stadt Wągrowiec selbst nicht angehört, wohnen 12.338 Einwohner (Stand 31. Dezember 2020).

Literatur

  • Heinrich Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. Leipzig 1864, S. 469.
  • Heinrich Hockenbeck: Beiträge zur Geschichte des Klosters und der Stadt Wongrowitz. Nach den Urkunden zusammengestellt. Teubner, Leipzig 1879.
  • Wilfried Gerke: Heimatbuch für den Kreis Eichenbrück-Wongrowitz:
    • Bd. 1, 1967, 159 S. m. Abb.
    • Bd. 2, 1978, 163 S. m. Abb.
    • Bd. 3, 1981, 192 S. m. Abb.
    • Bd. 4: Von Lekno nach Lüneburg. 1993, 296 S. m. Abb.
    • Bildband. 1988, 343 S. m. zahlr. Abb.
  • Dzieje Wągrowca. Praca zbiorowa. – pod red. Edmunda Makowskiego. Poznań 1994. – 318 S. : Ill. (Biblioteka "Kroniki Wielkopolski" : Dzieje Miast Wielkopolski ; 4) ISBN 83-85811-08-7.
  • Der Kreis Eichenbrück. 800 Jahre deutsche Kulturleistung im Wartheland. – Von Ernst Kiock ... Posen : NS-Gauverl., 1944. – 145 S. : Ill.
Commons: Wągrowiec – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2020. Główny Urząd Statystyczny (GUS) (PDF-Dateien; 0,72 MB), abgerufen am 12. Juni 2021.
  2. http://ulb.georeferencer.com/map/5pMaUq0HBFHjRHq6oihzHf/201512021119-VIiuy3/visualize
  3. Heinrich Hockenbeck: Beiträge zur Geschichte des Klosters und der Stadt Wongrowitz. Nach den Urkunden zusammengestellt. Teubner, Leipzig 1879, S. 85.
  4. Heinrich Hockenbeck, ebenda, S. 88–93.
  5. Wuttke (1864), S. 469.
  6. Michael Rademacher: Landkreis Wongrowitz. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  7. Lexikoneintrag zu Adelnau, in: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage, Band 20, Leipzig/Wien 1909, S. 747.
  8. Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Heft IV: Regierungsbezirk Bromberg, S. 62–63, Ziffer 4: Wongrowitz.
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