Saola
Die Saola (Pseudoryx nghetinhensis), auch Vu-Quang-Antilope oder Vietnamesisches Waldrind genannt, ist ein erst 1993 wissenschaftlich beschriebenes Huftier, das in Laos und Vietnam vorkommt.
Saola | ||||||||||||
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Saola (Pseudoryx nghetinhensis) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name der Gattung | ||||||||||||
Pseudoryx | ||||||||||||
Dung, Giao, Chinh, Tuoc, Arctander & MacKinnon, 1993 | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Art | ||||||||||||
Pseudoryx nghetinhensis | ||||||||||||
Dung, Giao, Chinh, Tuoc, Arctander & MacKinnon, 1993 |
Entdeckungsgeschichte
Die Art wurde 1993 wissenschaftlich beschrieben und benannt. Bis dahin hielt man am Ende des 20. Jahrhunderts die Entdeckung einer neuen großen Säugetierart für ausgeschlossen. Saolas gehören zu den seltensten Huftieren der Erde.
Im Mai 1992 waren drei Hornpaare im Vu-Quang-Nationalpark im Nordwesten Vietnams gefunden worden. Daraufhin ging man auf die Suche nach weiteren Exemplaren und fand im Laufe des Jahres 1992 zwanzig weitere Hörner. Allerdings gelang es erst 1996, in Laos ein lebendes Tier zu fangen und zu fotografieren. Ende August 2010 wurde ein männliches Exemplar von Bewohnern der laotischen Provinz Bolikhamsai gefangen und konnte von Forschern fotografiert werden, bevor es verstarb. Dies war das erste Foto dieser Tierart seit einem Jahrzehnt. Das tote Tier wurde in die Provinzhauptstadt Pakxan gebracht, um dort von Biologen wissenschaftlich untersucht zu werden, wodurch man sich neue Erkenntnisse darüber erhoffte, wie diese Tierart in Zukunft auch in Gefangenschaft gehalten werden kann.[1][2] Erst im September 2013 wurde in einem Wald in Vietnam erneut eine frei lebende Saola fotografiert.[3]
Merkmale
Die Saola hat eine Kopf-Rumpf-Länge von 180 cm, eine Schulterhöhe von 90 cm und ein Gewicht von 100 kg. Das Fell ist dunkelbraun; oberhalb jedes Hufs befindet sich ein weißer Fleck. Das Gesicht hat eine variable weiße Zeichnung. Während der Körperbau dem eines Duckers gleicht, ähnelt der Kopf dem eines Kudus. Die Hörner sind lang, schlank und fast gerade nach hinten gerichtet; ihre Länge kann 50 cm betragen.
Verbreitung
Saolas leben in regenreichen, fast undurchdringlichen Regenwäldern auf Höhen zwischen 300 und 1.800 m. Die Tiere halten sich wohl hauptsächlich in der Nähe von Bachläufen auf, wo sie die Pflanzenart Homalomena aromatica aus der Familie der Aronstabgewächse (Araceae) fressen. Das Verbreitungsgebiet hat eine geschätzte Größe von nur 8.000 km².
Lebensweise
Über das Verhalten ist wegen der seltenen Beobachtungen fast nichts bekannt. Offenbar bewegen sich die Tiere allein oder paarweise. Durch den Fund eines trächtigen toten Tieres 1996 konnte ermittelt werden, dass Jungtiere offenbar im Mai oder Anfang Juni zur Welt kommen; das tote Tier wurde auf ein Alter von acht bis neun Jahren geschätzt; hieraus Schlüsse auf die natürliche Lebenserwartung der Vu-Quang-Rinder zu ziehen, erscheint gewagt. Das Vu-Quang-Rind ist tagaktiv und sehr scheu.
Bedrohung und Schutz
Dreizehn Saola wurden bisher in Gefangenschaft gehalten. Sie überlebten jedoch stets nur wenige Wochen. Die vietnamesische Regierung hat daher ein Verbot erlassen, diese Tiere zu fangen und zu halten. Die IUCN hat dem Vu-Quang-Rind den Status „vom Aussterben bedroht“ verliehen und zählt es inzwischen zu den hundert am stärksten vom Aussterben bedrohten Arten.[4] Jede Schätzung der Population ist spekulativ, sie dürfte aber höchstens wenige hundert Tiere betragen. Im April 2011 wurde die Einrichtung eines Saola-Schutzgebietes in der vietnamesischen Provinz Quảng Nam beschlossen, was die Überlebenschancen der Art deutlich erhöhen dürfte.
Systematik
Die nähere Verwandtschaft der Vu-Quang-Antilope war lange umstritten. Aufgrund von Untersuchungen der Schädelmerkmale wurde zunächst eine Verwandtschaft mit den Ziegenartigen angenommen. Hier wurde eine Verwandtschaft mit dem Serau vermutet, da die Vu-Quang-Antilope wie dieser je eine Drüse vor dem Auge hat.
Infolge von DNA-Analysen aus dem Jahr 1999 wurde das Vu-Quang-Rind zu den Rindern gerechnet, mit denen es auf den ersten Blick wenig gemein zu haben scheint. Weitere Untersuchungen bestätigten das nahe Verhältnis zu den Rindern, es ist jedoch umstritten, ob die Saola direkt zu den Rindern (Bovini) oder in eine eigene Gattungsgruppe (Pseudorygini) eingeordnet werden soll. Jedenfalls stellen nach diesen Untersuchungen die Rinder im engeren Sinn das Schwestertaxon des Vu-Quang-Rindes dar.
Bezeichnungen
Für Pseudoryx nghetinhensis wird eine Fülle deutscher Namen verwendet, von denen sich keiner allgemein durchgesetzt hat. Die Bezeichnungen Vu-Quang-Antilope und Vu-Quang-Oryx beziehen sich auf das Zentrum des Verbreitungsgebiets, den vietnamesischen Vụ-Quang-Nationalpark. Oft wird der vietnamesische Name verwendet, Saola (oder Sao La), was wörtlich „Spindelhorn“ bedeutet. Auch die Bezeichnung Vietnamesisches Waldrind ist relativ weit verbreitet. Dementsprechend wird im Deutschen auch manchmal die Bezeichnung „Spindelbock“ verwendet.
Der wissenschaftliche Name Pseudoryx bedeutet so viel wie „falsche Oryx“ und spielt auf die Ähnlichkeit der Hörner mit denen der Oryxantilopen an.
Literatur
- Ronald M. Nowak: Walker’s Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, 1999, ISBN 0-8018-5789-9.
- A. Hassanin, E. J. P. Douzery: Evolutionary affinities of the enigmatic saola (Pseudoryx nghetinhensis) in the context of the molecular phylogeny of Bovidae. In: Proceedings of the Royal Society of London. 1999, B 266(1422), S. 893–900.
- M. Hernandez-Fernandez, E. S. Vrba: A complete estimate of the phylogenetic relationships in Ruminantia: a dated species-level supertree of the extant ruminants. In: Biological Reviews. 80 (2005), S. 269–302.
Weblinks
- Pseudoryx nghetinhensis in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2015.4. Eingestellt von: Timmins et al, 2008. Abgerufen am 1. März 2016.
- Informationen zum Saola-Reservat auf der Seite des WWF-Österreich
- September 2013: Die Saola zeigt sich im Busch (Memento vom 14. November 2013 im Webarchiv archive.today)
- Veronika Perková: Scientists step up hunt for ‘Asian unicorn’, one of world’s rarest animals. Artikel in The Guardian (Online-Ausgabe), 7. Januar 2022.
Einzelnachweise
- Dorfbewohner in Laos sichten ein Saola. In: FAZ. Nr. 217, 18. September 2010.
- Waldrind erstmals nach zehn Jahren gesichtet. In: NZZ. 16. September 2010.
- Tagesschau: Seltenes Säugetier in Vietnam gesichtet (Memento vom 13. November 2013 im Internet Archive)
- Informationsschrift der IUCN, engl.