Veratrin

Veratrin ist die Bezeichnung eines giftigen Alkaloidgemisches, bestehend aus Cevadin und Veratridin, das früher häufig als Mittel gegen Ectoparasiten (z. B. Kopfläuse) Anwendung fand.[1]

Veratrin-Glas um 1900
Weißer Germer (Veratrum album)

Veratrin kommt in Vertretern der Germergewächse wie dem Weißen Germer (Veratrum album L.) oder dem Sabadill vor. Extrakte aus Teilen dieser Pflanzen, vor allem der Wurzel und dem Rhizom, der unter der Bodenoberfläche wachsenden Sprossachse, wurden früher wie Aconitin als Pfeilgift verwendet[2] und enthalten ein giftiges Alkaloidgemisch (Amino-, Ester- und Glykosidalkaloide), das für heilkundliche Zubereitungen[3][4] zu verschiedenen Verwendungszwecken gebraucht wurde: als „Läusewurzel“ oder „Krätzwurzel“ fand es gegen Kopfläuse Verwendung, als „Fieberstellwurz“ gegen fieberhafte Erkrankungen und als „Sauwurz“ als Brechmittel für Tiere. Zudem wurden Alkaloide des Veratrins bei Myasthenie und progressiver Muskeldystrophie sowie bei Gicht und erhöhtem Blutdruck angewandt.[5] In pulverisierter Form ruft Germer einen sehr heftigen Niesreiz hervor, weshalb er auch als „Nieswurz“ bezeichnet wurde und als Bestandteil des Schneeberger Schnupftabaks zu finden war.[6] Er dient gelegentlich noch heute als Läuseessig oder -salbe in der Heilkunde und Tierheilkunde zur Insektenbekämpfung und als homöopathische Zubereitung bei Kreislaufschwäche. Je nach Herkunft und Herstellungsweise besitzen wässrige oder alkoholischen Auszüge einen sehr unterschiedlichen Gehalt an Einzelstoffen und damit auch sehr unterschiedliche Wirkungen mit einer nur geringen therapeutischen Sicherheit.[7]

Es wurde von Carl Friedrich Wilhelm Meißner isoliert.

Einzelnachweise

  1. Gerhard Madaus: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Band 3. Georg Olms Verlag, 1976, ISBN 9783487058924, S. 2382.
  2. D. Chabard (Hrsg.): Medizin im gallisch-römischen Altertum. La médecine dans l’antiquité romaine et gauloise. Exposition par le Museum d’histoire naturelle et le Musée Rolin dans le cadre du Bimillénaire de la Ville d’Autun. Musée d’Histoire Nauturelle, Ville d’Autun 1985 / Stadt Ingelheim/Rhein 1986, S. 24.
  3. Wolfgang Wiegrebe: Kurzer Überblick über die Chemie der Veratrumalkaloide. In: Arzneimittel-Forschung (Drug research). Band 24, 1974, S. 288 ff.
  4. Alexander Tobien: Beiträge zur Kenntnis der Veratrum-Alkaloide. Dorpat 1877.
  5. D. Chabard (Hrsg.): Medizin im gallisch-römischen Altertum. La médecine dans l’antiquité romaine et gauloise. 1986, S. 24.
  6. Alexander Zuber: Veratrin. Zur Entstehungs- und Wirkungsgeschichte des Bezold-Jarisch-Reflexes. Mit einem Faksimile der Breslauer Dissertation von Ludwig Hirt. (Medizinische Dissertation, Würzburg 1989) Königshausern & Neumann, Würzburg 1990 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 48), S. 4–8.
  7. Hans Peter Büch: Physikalisch-chemische und pharmakologische Eigenschaften einiger Veratrum-Alkaloide. In: Arzneimittel-Forsch. (Drug Research). Band 24, 1974, S. 493 f.
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