Wassili Andrejewitsch Schukowski
Wassili Andrejewitsch Schukowski (russisch Василий Андреевич Жуковский, wiss. Transliteration Vasilij Andreevič Žukovskij; * 29. Januarjul. / 9. Februar 1783greg. auf dem Gut Mischenskoje bei Tula, Zentralrussland; † 12. Apriljul. / 24. April 1852greg. in Baden-Baden) war ein russischer Dichter und Übersetzer der Romantik.
Leben
Schukowski war ein unehelicher Sohn eines Gutsherrn namens Bunin und einer türkischen Leibeigenen. Er wurde nach seinem Paten Schukowski benannt. Seine Jugend verbrachte er in Moskau, wo er im Haus des Dichters Nikolai Michailowitsch Karamsin verkehrte. Seine erste Veröffentlichung war eine Übersetzung von Thomas Grays Elegy Written in a Country Church Yard (1802). Diese Übersetzung gilt allgemein als Beginn der russischen Romantik.
Der Großteil seiner Veröffentlichungen sind freie Übersetzungen einer Vielzahl von Dichtern, von Firdausi bis Friedrich Schiller. Schukowski wurde vor allem für seine erstklassigen, melodiösen Übersetzungen von deutschen und englischen Balladen gerühmt. Eine seiner eigenen Balladen, Swetlana (1808), gilt als Meilenstein der russischen Lyrik. Sie ist seiner Nichte gewidmet, zu der er eine unerwiderte Liebe empfand, die sein Privatleben jahrelang überschattete.
Im Vaterländischen Krieg gegen Napoléon Bonaparte 1812 schloss sich Schukowski der russischen Armee an. In der Folge schrieb er zahlreiche patriotische Werke, unter anderem die Zarenhymne Gott schütze den Zaren!, die von Alexei Fjodorowitsch Lwow vertont wurde.
Um Karamsins anti-klassische Ästhetik zu verbreiten, begründete er die humoristische literarische Gesellschaft „Arsamas“, zu deren Mitgliedern der junge Alexander Puschkin gehörte. Nach dessen Tod sorgte Schukowski als Testamentsvollstrecker für die Veröffentlichung seiner nachgelassenen Werke.
1826 wurde er zum Hauslehrer des Zarewitsch ernannt, des späteren Zaren Alexander II. Sein Einfluss auf diesen soll so groß gewesen sein, dass die liberalen Reformen Alexanders in den 1860er Jahren manchmal auf Schukowskis Erziehung zurückgeführt werden. Schukowski nutzte sein hohes Ansehen am Sankt Petersburger Hof, um rebellischen Autoren wie Alexander Puschkin, Michail Lermontow, Alexander Herzen, Taras Schewtschenko und den Dekabristen zu helfen.
1841 zog er sich aus gesundheitlichen Gründen vom Hof zurück und zog nach Deutschland (in die spätere Villa Metzler, Frankfurt), wo er sich auf die Übersetzung von Homers Odyssee konzentrierte. Das Werk erschien 1849. Ebenfalls 1841 heiratete er Elisabeth von Reutern (1821–1856), die Tochter von Gerhardt Wilhelm von Reutern. 1842 wurde ihre gemeinsame Tochter Alexandra Wassiljewna Schukowskaja geboren, 1845 der Sohn Paul von Joukowsky. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er im Kreis seiner neuen Familie, zunächst in Düsseldorf und später in Frankfurt am Main.
1828 wurde er Ehrenmitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg.[1]
1852 starb Schukowski in Baden-Baden, wo er seit 1848 im Palais Kleinmann in der Sophienstraße 5 wohnte. Sein Leichnam wurde nach Russland überführt; er liegt auf dem Friedhof des Alexander-Newski-Klosters in Sankt Petersburg begraben.
Kunstsammler
Der Kunstsammler Schukowski gilt als wichtigster Förderer Caspar David Friedrichs und sicherte dem Maler vor allem in späten Schaffensjahren durch eigene Ankäufe und Vermittlung für die Zaren-Familie das wirtschaftliche Überleben.[2] Schukowski besuchte Anfang Dezember 1820 erstmals Friedrich in seinem Dresdner Atelier. 1830 besaß er mindestens neun Ölgemälde des deutschen Romantikers. In seiner umfangreichen Zeichnungs-Sammlung stammten 50 Zeichnungen von Friedrich.[3] Bedeutende Werke Friedrichs, die durch Vermittlung Schukowskis nach St. Petersburg gekommen sind, kann man heute in der Eremitage besichtigen, wie die Gemälde Auf dem Segler[4] und Die Schwestern auf dem Söller am Hafen. Schukowski war einer der wenigen Zeitgenossen, denen Friedrich Einblick in seinen Schaffensprozess gab. Nach Friedrichs Tod sorgte er für finanzielle Unterstützung der mittellosen Malerwitwe durch den Zaren.[5]
Werke (Auswahl)
- Übersetzung der Odyssee und der Ilias von Homer
- Übersetzung von Thomas Grays „Elegy Written in a Country Churchyard“ (1802)
- Людмила / „Ljudmila“ (1808) – Ballade
- Светлана / „Swetlana“ (1813) – Ballade
- Певец во стане русских воинов / „Der Sänger im Lager der russischen Krieger“ – Gedicht
- Боже, Царя храни! / „Gott, schütze den Zaren!“ – Gedicht (in der Vertonung von Alexei Fjodorowitsch Lwow später die Hymne des zaristischen Russlands, 1833–1917)
- weitere Übersetzungen von Goethe, Schiller, Byron, Firdausi u. a.
Werke
- Wassili Shukowski: Traumsegel. Ausgewählte Werke, Insel-Verlag, Leipzig 1988
Literatur
- Carl Johann von Seidlitz: Wasily Andrejewitsch Joukoffsky. Ein Russisches Dichterleben. Mitau, Behre 1870 (Er ist auch der Verfasser weiterer Werke über Schukowski.) Digitalisat
- Carl Johann von Seidlitz: Leben und Poesie Shukowskis St. Petersburg 1883 (russ.)
Weblinks
- Literatur von und über Wassili Andrejewitsch Schukowski im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Wassili Andrejewitsch Schukowski in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Werke im Volltext bei lib.ru (russisch)
- Kompositionen nach Gedichten von Wassili Schukowski: Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project
Einzelnachweise
- Ehrenmitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724: Жуковский, Василий Андреевич. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 22. Februar 2021 (russisch).
- Detlef Stapf: Caspar David Friedrich. Die Biographie. Okapi Verlag, Berlin 2019. ISBN 978-3-947965-02-1, S. 505
- Hermann Zschoche: Caspar David Friedrichs Rügen. Eine Spurensuche. Verlag der Kunst Dresden, Husum 2007, ISBN 978-3-86530-086-7, S. 229
- Helmut Börsch-Supan, Karl Wilhelm Jähnig: Caspar David Friedrich. Gemälde, Druckgraphik und bildmäßige Zeichnungen, Prestel Verlag, München 1973, ISBN 3-7913-0053-9 (Werkverzeichnis), S. 353
- Sigrid Hinz (Hrsg.): Caspar David Friedrich in Briefen und Bekenntnissen. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin 1974, S. 74