Variables Kapital
Als variables Kapital bezeichnet Karl Marx (1818–1883) im ersten Band seines Hauptwerks Das Kapital denjenigen Teil des Kapitals, den der Kapitalist vorschießt, um Arbeitskraft zu kaufen. Dieser Teil bewirkt im Produktionsprozess eine Wertveränderung, indem die Lohnarbeiter Neuwert schaffen. Das Gegenstück ist das konstante Kapital.
Prinzip
Der Kapitalist schießt Kapital vor, um Produktionsmittel und Arbeitskraft zu kaufen. Er wendet beide Faktoren im Produktionsprozess an. Die Lohnarbeiter schaffen ein neues Produkt und verbrauchen dabei die Produktionsmittel. Sie übertragen den Wert der verbrauchten Produktionsmittel auf das neue Produkt. Da es dadurch zu keiner Wertveränderung kommt und der Wert der Produktionsmittel erhalten bleibt, spricht Marx von konstantem Kapital.[1] Das variable Kapital hingegen, das in Arbeitskraft investiert wird, bewirkt im Produktionsprozess eine Wertveränderung: die Arbeiter schaffen ein Wertäquivalent für ihren Lohn und produzieren darüber hinaus einen Mehrwert.[2]
Laut Marx weist die Arbeit, die sich in Waren darstellt, verschiedene Aspekte auf.[3] Im Zusammenhang des variablen Kapitals kommt er darauf zurück. Indem die Arbeiter ihre Arbeitskraft in einer bestimmten Form verausgaben und somit konkrete Arbeit verrichten, die Gebrauchswerte schafft, übertragen sie den Wert der Produktionsmittel, die sie verbrauchen, auf ihr Produkt. Die abstrakte Arbeit hingegen bildet den Neuwert, auch Wertprodukt genannt.[4] Für einen kapitalistischen Produktionsprozess gilt, dass der Neuwert größer als das eingesetzt variable Kapital sein muss. Die Differenz ergibt den Mehrwert, der die Grundlage des Profits darstellt.
Literatur
- Michael Heinrich: Grundbegriffe der Kritik der politischen Ökonomie. Konstantes und variables Kapital – absoluter und relativer Mehrwert. In: Michael Quante/David P. Schweikard (Hgg.): Marx-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. J. B. Metzler, Stuttgart 2016; S. 175–176.
- Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band. Buch I: Der Produktionsprozeß des Kapitals. In: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hg.): Karl Marx Friedrich Engels Werke (MEW). Bd. 23. Dietz Verlag, Berlin 1962.
Weblinks
- Constantes Kapital und variables Kapital in der Erstauflage von Das Kapital. Kritik der politischen Oekonomie (1867); S. 165 ff.
- Konstantes Kapital und variables Kapital in der vierten Auflage von Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie (1890) (= MEW 23); S. 214 ff.
Einzelnachweise
- Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band. Buch I: Der Produktionsprozeß des Kapitals. In: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hrsg.): Karl Marx Friedrich Engels Werke (MEW). Band 23. Dietz Verlag, Berlin 1962, S. 223: „Der Teil des Kapitals also, der sich in Produktionsmittel, d. h. in Rohmaterial, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel umsetzt, verändert seine Wertgröße nicht im Produktionsprozeß. Ich nenne ihn daher konstanten Kapitalteil, oder kürzer: konstantes Kapital.“
- Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band. Buch I: Der Produktionsprozeß des Kapitals. In: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hrsg.): Karl Marx Friedrich Engels Werke (MEW). Band 23. Dietz Verlag, Berlin 1962, S. 224: „Der in Arbeitskraft umgesetzte Teil des Kapitals verändert dagegen seinen Wert im Produktionsprozeß. Er reproduziert sein eignes Äquivalent und einen Überschuß darüber, Mehrwert, der selbst wechseln, größer oder kleiner sein kann. Aus einer konstanten Größe verwandelt sich dieser Teil des Kapitals fortwährend in eine variable. Ich nenne ihn daher variablen Kapitalteil, oder kürzer: variables Kapital. Dieselben Kapitalbestandteile, die sich vom Standpunkt des Arbeitsprozesses als objektive und subjektive Faktoren, als Produktionsmittel und Arbeitskraft unterscheiden, unterscheiden sich vom Standpunkt des Verwertungsprozesses als konstantes Kapital und variables Kapital.“
- Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band. Buch I: Der Produktionsprozeß des Kapitals. In: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hrsg.): Karl Marx Friedrich Engels Werke (MEW). Band 23. Dietz Verlag, Berlin 1962, S. 56: „Ursprünglich erschien uns die Ware als ein Zwieschlächtiges, Gebrauchswert und Tauschwert. Später zeigte sich, daß auch die Arbeit, soweit sie im Wert ausgedrückt ist, nicht mehr dieselben Merkmale besitzt, die ihr als Erzeugerin von Gebrauchswerten zukommen. Diese zwieschlächtige Natur der in der Ware enthaltenen Arbeit ist zuerst von mir kritisch nachgewiesen worden. Da dieser Punkt der Springpunkt ist, um den sich das Verständnis der politischen Ökonomie dreht, soll er hier näher beleuchtet werden.“
- Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band. Buch I: Der Produktionsprozeß des Kapitals. In: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hrsg.): Karl Marx Friedrich Engels Werke (MEW). Band 23. Dietz Verlag, Berlin 1962, S. 215: „Wäre die spezifische produktive Arbeit des Arbeiters nicht Spinnen, so würde er die Baumwolle nicht in Garn verwandeln, also auch die Werte von Baumwolle und Spindel nicht auf das Garn übertragen. Wechselt dagegen derselbe Arbeiter das Metier und wird Tischler, so wird er nach wie vor durch einen Arbeitstag seinem Material Wert zusetzen. Er setzt ihn also zu durch seine Arbeit, nicht soweit sie Spinnarbeit oder Tischlerarbeit, sondern soweit sie abstrakte, gesellschaftliche Arbeit überhaupt, und er setzt eine bestimmte Wertgröße zu, nicht weil seine Arbeit einen besondren nützlichen Inhalt hat, sondern weil sie eine bestimmte Zeit dauert. In ihrer abstrakten, allgemeinen Eigenschaft also, als Verausgabung menschlicher Arbeitskraft, setzt die Arbeit des Spinners den Werten von Baumwolle und Spindel Neuwert zu, und in ihrer konkreten, besondren, nützlichen Eigenschaft als Spinnprozeß, überträgt sie den Wert dieser Produktionsmittel auf das Produkt und erhält so ihren Wert im Produkt. Daher die Doppelseitigkeit ihres Resultats in demselben Zeitpunkt.“