Valerius Anshelm

Valerius Anshelm (* 1475 als Valerius Rüd (auch Ryd) in Rottweil; † 1546/47 vermutlich in Bern) war ein Berner Chronist.

Leben

Valerius Anshelm wurde vermutlich 1475 in Rottweil geboren. Die Stadt in Schwaben war als zugewandter Ort mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft verbündet. Sein Grossvater „Boley der Rüd genannt Anshelm“ kämpfte an der Seite der Eidgenossen in den Burgunderkriegen. Nach Studien in Krakau, Tübingen und Lyon liess er sich in Bern nieder. Dort wurde er 1505 zum Schulmeister der Lateinschule und 1508 zum Stadtarzt ernannt.

Anshelm war einer der ersten und eifrigsten Befürworter der Berner Reformation. Er stand in Briefwechsel mit Zwingli und Vadian und war befreundet mit Berchtold Haller und Niklaus Manuel. Wegen konfessioneller Differenzen zog sich Anshelm mit seiner Familie 1525 vorübergehend nach Rottweil zurück. Bereits 1528 war er wieder in Bern anzutreffen, wo er nach der Einführung der Reformation mit dem Verfassen einer Chronik «vom burgundischen Krieg bis uff diese Stund» beauftragt wurde. Daneben wirkte er weiterhin als Stadtarzt. Das genaue Todesdatum ist nicht bekannt. Er starb zwischen August 1546 und Februar 1547.

Werk

Titelblatt der Berner-Chronik Band 4 der Ausgabe von 1829

Anshelms Anstellung als Berner Chronist basierte auf einem Auftrag aus seinem ersten Aufenthalt in Bern. Die 1510 entstandene lateinische Chronik wurde jedoch erst 1540 gedruckt. Als sein Hauptwerk gilt die Berner Chronik, die als eine Fortsetzung der Chroniken von Konrad Justinger und Diebold Schilling in Auftrag gegeben wurde. Die Geschichte der Stadt Bern beginnt mit einer kurzen Einführung in die frühe Geschichte und befasst sich dann eingehend mit der Zeit der Burgunderkriege bis in die Gegenwart (1536). Von der Zeit nach 1526 sind jedoch nur Fragmente vorhanden.

Anshelm stützt sich in seiner Darstellung auf ältere Chroniken, Augenzeugenberichte und eigene Erfahrungen. Bemerkenswert ist sein Zugriff auf urkundliches Material und amtliche Quellen. Seine reformierte Gesinnung lässt er klar zum Ausdruck kommen und greift vehement die Reisläuferei und das Pensionenwesen an. Die Chronik ist lebendig und anschaulich geschrieben. Bereits Leopold von Ranke rühmt sie als eine der besten Chroniken ihrer Zeit.

Ausgaben:

Literatur

  • Friedrich Wilhelm Bautz: Anshelm, Valerius. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage. Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 188–188.
  • Richard Feller, Edgar Bonjour: Geschichtsschreibung der Schweiz vom Spätmittelalter zur Neuzeit. Basel/Stuttgart 1979, S. 165–174.
  • Hans-Beat Flückiger: Anshelm, Valerius. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Franz Moser: Anshelm, Valerius. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, ISBN 3-428-00182-6, S. 312 f. (Digitalisat).
  • Regula Schmid: Geschichte im Dienst der Stadt. Amtliche Historie und Politik im Spätmittelalter. Zürich 2009.
  • Regula Schmid: Die Chronik im Archiv. Amtliche Geschichtsschreibung und ihr Gebrauchspotential im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit. In: Instrumentalisierung von Historiographie im Mittelalter, hrsg. v. Gudrun Gleba (Das Mittelalter 5, 2000), S. 115–138.
  • Alfred Stern: Anshelm, Valerius. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 1, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 483 f.
  • Urs Martin Zahnd: «Wir sind willens ein kronick beschriben ze lassen» Bernische Geschichtsschreibung im 16. und 17. Jahrhundert. In: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde. Historischer Verein des Kantons Bern, 67/1 (2005), S. 37–61.(online).
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