Uttwil
Uttwil ist eine politische Gemeinde und eine Ortschaft[5] im Bezirk Arbon des Kantons Thurgau in der Schweiz. Uttwil war von 1870 bis 2002 eine Einheitsgemeinde.
Uttwil | |
---|---|
Staat: | Schweiz |
Kanton: | Thurgau (TG) |
Bezirk: | Arbon |
BFS-Nr.: | 4451 |
Postleitzahl: | 8592 |
Koordinaten: | 743778 / 272044 |
Höhe: | 419 m ü. M. |
Höhenbereich: | 395–461 m ü. M.[1] |
Fläche: | 4,36 km²[2] |
Einwohner: | 1918 (31. Dezember 2022)[3] |
Einwohnerdichte: | 440 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) | 18,6 % (31. Dezember 2022)[4] |
Website: | www.uttwil.ch |
Schifflände mit Schloss Uttwil und Haus Seeburg | |
Lage der Gemeinde | |
Geographie
Uttwil liegt am Bodensee, zwischen Romanshorn und Konstanz. Die Nachbargemeinden sind Romanshorn, Hefenhofen, Kesswil und Dozwil.
Die Gemeinde hat 1918 Einwohner und rund 870 Haushaltungen und liegt auf einer Fläche von 437 ha, wovon 48 ha Baugebiet, 236 ha Wiese und Acker, 120 ha Wald, 8,5 ha Gewässer und 24,5 ha Verkehrsinfrastruktur sind.[6]
Geschichte
Am 4. Juni 817 wurde Uttwil erstmals als Huttinwillare in einer Urkunde des Kaisers Ludwig des Frommen zusammen mit Kesswil, Landschlacht, Zihlschlacht und Hefenhofen erwähnt.[7] Im 9. Jahrhundert besass das Kloster St. Gallen zahlreiche Güter in Uttwil.[8] Im Dorfe liess sich ein Adelsgeschlecht mit dem Namen «von Uttwil» nieder, das um 1413 wieder verschwunden war.[7] Im 13. bis 14. Jahrhundert waren der Bischof von Konstanz und das dortige Heiliggeistspital Grundherren. 1267 erwarb das Kloster Münsterlingen von St. Gallen Grundbesitz, ab 1280 setzte es Vögte ein und 1413 bis 1798 besass es das Niedergericht. Die älteste bekannte Offnung datiert von 1425.[8]
Kirchlich gehörte Uttwil zu Romanshorn. Die 1276 erweiterte Adelheid-Kapelle war 1303 im Besitz des Klosters Münsterlingen. Deren Pfarrrechte gingen im 15. Jahrhundert an die Anna-Kapelle über, die 1450 zur Kirche vergrössert wurde. Uttwil sicherte sich dabei die Kollatur. 1524 wurde die Reformation eingeführt. Nachdem Uttwil kirchlich ab 1588 vorübergehend mit Kesswil verbunden war, ist es seit 1618 eine Filiale von Kesswil. Im sogenannten Uttwilerhandel stritten sich 1644 bis 1651 das Kloster und die katholischen Orte der Alten Eidgenossenschaft mit Uttwil und Zürich wegen des Abbruchs der Adelheid-Kapelle.[8] Für die Bezahlung der danach von den fünf katholischen Orten verhängten Geldstrafe schenkte Zürich den Uttwilern zwölfhundert Gulden.[7] 1699 erhob Landvogt Jakob Schindler Uttwil zum Kornmarktort.[8]
Im 18. Jahrhundert schufen die Familien Dölli und Uhler in Uttwil auf Kosten von Konstanz und Rorschach den wichtigsten Umschlagplatz für Korn und Salz am westlichen Bodenseeufer. Ihre Schiffe und Fuhrwerke brachten die Waren über See und Land bis Zürich und Genf. So zu Reichtum gelangt, bauten die Dölli stattliche Häuser, u. a. den 1722 erbauten Kehlhof und spätere Gasthaus Frohsinn, ein Gredhaus und eventuell das Schloss. Mit dem Bau des Hafens in Romanshorn und 1855 der Thurtallinie verlor Uttwil seine Bedeutung als Handelsplatz.[8]
Im 19. Jahrhundert wurde in Uttwil Getreide und Obst angebaut, Vieh- und Milchwirtschaft betrieben sowie eine Käserei eingerichtet. Gleichzeitig entwickelte sich das Dorf zum Kur-, Künstler- und Literatenort,[8] in dem im Ersten Weltkrieg und den Jahren danach Carl Sternheim, Henry van de Velde, René Schickele und Annette Kolb wirkten. In den 1940er Jahren lebten in Uttwil berühmte emigrierte Musiker wie z. B. Pau Casals, Clara Haskil oder Rudolf Serkin und auch Schweizer Maler und Schriftsteller wie Ernst Schlatter, Paul Ilg und Emanuel Stickelberger.[7][9]
1878 bis 1922 existierten Stickereifabriken, 1882 bis 1999 eine Holzessigfabrik. 1907 bis 1996 bestand die Möbelfabrik Schubert & Schramm.[8] Die kulturelle Vergangenheit ist seit 2008 Anlass, mit den jährlichen «Uttwiler Meisterkursen» die kulturelle Tradition Uttwils wiederzubeleben.[7]
Wappen
Blasonierung: In Blau ein weisses, aus der Form eines Ankers entwickeltes Schifferzeichen.[10]
Das Wappen nimmt Bezug auf die Seelage Uttwils und die Tätigkeit der früheren Bewohner. Das Schifferzeichen ist in der Gemeinde mehrfach überliefert.[10]
Bevölkerung
Die Darstellung von Grafiken ist aktuell auf Grund eines Sicherheitsproblems deaktiviert. |
Jahr | 1831 | 1850 | 1900 | 1950 | 1980 | 1990 | 2000 | 2010 | 2018 |
Einwohner | 540[8] | 606 | 553 | 842 | 876 | 1102 | 1439 | 1751 | 1856 |
Von den insgesamt 1856 Einwohnern der Gemeinde Uttwil im Jahr 2018 waren 343 bzw. 18,5 % ausländische Staatsbürger.[5]
Wirtschaft
Im Jahr 2016 bot Uttwil 288 Personen Arbeit (umgerechnet auf Vollzeitstellen). Davon waren 14,4 % in der Land- und Forstwirtschaft, 13,2 % in Industrie, Gewerbe und Bau sowie 72,3 % im Dienstleistungssektor tätig.[12]
Sehenswürdigkeiten
Persönlichkeiten
- Jakob Annasohn (1901–1983), Generalstabschef der Schweizer Armee
- Werner Günthör (* 1961), Schweizer Leichtathlet
- Paul Ilg (1875–1957), Schweizer Schriftsteller
- Harro Kniffka (1956–2009), deutscher Reeder (Hanseatic-Lloyd und Hansa-Mare-Reederei)
- Ernst Emil Schlatter (1883–1954), Schweizer Grafiker, Lithograf, Zeichner und Maler, lebte ab 1920 in Uttwil
Literatur
- Nicolaus Schubert: Uttwil, das Dorf der Dichter und Maler. Uttwil 1988, ISBN 3-906155-00-5
- Ernst Hänzi: Die Dölli von Uttwil. Uttwil 1989, ISBN 3-906155-00-5
- Stickelberger, Emanuel: Uttwil im Spiegel seiner Vergangenheit. Sonderdruck der Schweizerischen Bodensee-Zeitung. Romanshorn, 1960
- Paul Mäder: Ritter, freie Bauern und Lehensleute in Kesswil und Uttwil. Uttwil 1993. ISBN 978-3906155029
- Ralph Brühwiler: Skizzen und Notizen aus Uttwil – Ein Spaziergang durch die Geschichte bedeutender Häuser. Edition Frohsinn, Uttwil 2017, ISBN 978-3-906155-20-3
- Ernst Hänzi: Gäste in Uttwil. Thurgauer Jahrbuch, Band 24 (1949). doi:10.5169/seals-700702
Weblinks
Einzelnachweise
- Generalisierte Grenzen 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 7. September 2023.
- Generalisierte Grenzen 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 7. September 2023.
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
- Ortschaften und ihre Wohnbevölkerung. Ausgabe 2019. Auf der Website der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau (Excel-Tabelle; 0,1 MB), abgerufen am 20. Juni 2022.
- Zahlen / Fakten. Auf der Webseite der Gemeinde Uttwil, abgerufen am 14. November 2019
- In Uttwil glücklich zu Hause. (Memento des vom 12. Oktober 2018 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Auf der Webseite der Gemeinde Uttwil, abgerufen am 14. November 2019
- Erich Trösch: Uttwil. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
Diese Abschnitte basieren weitgehend auf dem Eintrag im Historischen Lexikon der Schweiz (HLS), der gemäss den Nutzungshinweisen des HLS unter der Lizenz Creative Commons – Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-SA 4.0) steht. - Walter Helg: Künstler und Weltstars in Uttwil. Thurgauer Jahrbuch 1990, abgerufen am 5. April 2020.
- Gemeindewappen. Auf der Webseite des Staatsarchivs des Kantons Thurgau, abgerufen am 8. Dezember 2019
- Bevölkerungsentwicklung der Gemeinden. Kanton Thurgau, 1850–2000 (Excel-Tabelle; 0,1 MB),
Wohnbevölkerung – Wohnbevölkerung der Gemeinden 1990, 2000, 2010 und 2011 (PDF; 1,3 MB) und
Ortschaften und ihre Wohnbevölkerung. Ausgabe 2019 (Excel-Tabelle; 0,1 MB). Auf der Website der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau, abgerufen am 20. Juni 2022. - Thurgau in Zahlen 2019. Auf der Website der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau (PDF-Datei; 1,8 MB), abgerufen am 28. April 2020.