Ussingit
Ussingit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im triklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Na2[OH|AlSi3O8],[2] ist also ein Natrium-Aluminium-Silikat mit zusätzlichen Hydroxidionen. Strukturell gehört es zu den Schichtsilikaten.
Ussingit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Symbol |
Usg[1] |
Chemische Formel | Na2[OH|AlSi3O8][2] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
VIII/J.14 VIII/J.14-010 9.EH.20 76.03.03.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | triklin |
Kristallklasse; Symbol | triklin-pinakoidal; 1[3] |
Raumgruppe | P1 (Nr. 2)[4] |
Gitterparameter | a = 7,256 Å; b = 7,686 Å; c = 8,683 Å α = 90,75°; β = 99,75°; γ = 122,48°[4] |
Formeleinheiten | Z = 2[4] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 6 bis 7[5] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,457 bis 2,49; berechnet: 2,51[5] |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {110} und {110}[5] |
Bruch; Tenazität | uneben; spröde |
Farbe | weiß, rosa, hellviolett bis blauviolett, rötlichviolett |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | schwacher Fettglanz bis Glasglanz; schwacher Perlglanz auf Spaltflächen |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,504[6] nβ = 1,509[6] nγ = 1,545[6] |
Doppelbrechung | δ = 0,041[6] |
Optischer Charakter | zweiachsig positiv |
Achsenwinkel | 2V = gemessen: 32 bis 39°; berechnet: 42°[6] |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | löslich in HCl |
Ussingit ist durchsichtig bis durchscheinend und entwickelt nur selten tafelige oder pseudokubische Kristalle. Meist findet er sich in Form feinkörniger bis derber Mineral-Aggregate von weißer, rosa, hellvioletter bis blauvioletter oder rötlichvioletter Farbe bei weißer Strichfarbe.
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Ussingit in der Ilimaussaq-Intrusion im Kangerdluarssuq-Fjord nahe Narsaq im Südwesten von Grönland und beschrieben 1915 durch Ove Balthasar Bøggild (1872–1956). Er benannte das Mineral nach Niels Viggo Ussing (1864–1911), einem schwedischen Professor der Mineralogie und Mitglied der Königlich Dänischen Akademie der Wissenschaften.
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Ussingit zur Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate), mit Zeolithen“, wo er als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe VIII/J.14 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Ussingit dagegen in die Abteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“ ein. Diese ist nach der Struktur der Schichten weiter unterteilt, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Übergangsstrukturen zwischen Schichtsilikat und anderen Silikateinheiten“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 9.EH.20 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Ussingit in die Klasse der „Silikate“ und dort in die Abteilung der „Gerüstsilikate: Al-Si-Gitter“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 76.03.03 innerhalb der Unterabteilung „Gerüstsilikate: Al-Si-Gitter mit anderen Be/Al/Si-Gittern“ zu finden.
Kristallstruktur
Ussingit kristallisiert triklin in der Raumgruppe P1 (Raumgruppen-Nr. 2) mit den Gitterparametern a = 7,256 Å; b = 7,686 Å; c = 8,683 Å; α = 90,75°; β = 99,75° und γ = 122,48° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]
Bildung und Fundorte
Als seltene Mineralbildung konnte Ussingit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2013) rund 30 Fundorte[8] als bekannt gelten.
An seiner Typlokalität, der Ilimaussaq-Intrusion in Grönland, bildete sich Ussingit als Sekundärmineral in den dortigen Pegmatiten und Sodalith-Syeniten zusammen mit Aegirin, Mikroklin und Natrolith. Im geologisch ähnlichen Fundgebiet Lowosero-Tundra auf der russischen Halbinsel Kola konnte als weitere Paragenese noch Albit nachgewiesen werden. Das Mineral wurde auf der Halbinsel Kola noch am Kukiswumtschorr, am Yukspor und im Wuonnemjok-Flusstal in den Chibinen gefunden.[9]
Am Mont Saint-Hilaire fand sich Ussingit in Sodalith-Xenolithen in intrudierten, alkalischen Gabbro-Syeniten zusammen mit Eudialyt, Griceit, Lovozerit, Lueshit, Natrophosphat und Villiaumit.
Siehe auch
Literatur
- O. B. Bøggild: Ussingit, ein neues Mineral von Kangerdluarsuk. In: Zeitschrift für Krystallographie und Mineralogie. Band 54, 1915, S. 120–126 (PDF 382,7 kB)
- Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4., durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 610.
Weblinks
Einzelnachweise
- Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 5., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2008, ISBN 978-3-921656-70-9.
- Webmineral – Ussingite
- G. Rossi, V. Tazzoli, L. Ungaretti: The crystal structure of ussingite. In: American Mineralogist. Band 59, 1974, S. 335–340 (PDF 697,5 kB)
- Ussingite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (PDF 73,1 kB)
- Mindat – Ussingite
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 789 (Erstausgabe: 1891).
- Mindat – Anzahl der Fundorte für Ussingit
- Fundortliste für Ussingit beim Mineralienatlas und bei Mindat