Seegefecht vor dem Nordkap
Das Seegefecht vor dem Nordkap war das Ergebnis der als Unternehmen Ostfront bekannten Operation der deutschen Kriegsmarine vom 25. bis zum 26. Dezember 1943 im Seekrieg des Zweiten Weltkriegs. Ziel der Unternehmung war das Abfangen des britischen Nordmeergeleitzuges JW 55B, der auf dem Weg nach Murmansk in der Sowjetunion war. Die Aktion endete mit der Versenkung des deutschen Schlachtschiffs Scharnhorst am 26. Dezember 1943 im Nordmeer vor der Küste von Norwegen.
Vorgeschichte
Seit dem Sommer 1941 hatte die logistische Operation der Arktis-Konvois zur Versorgung der sowjetischen Truppen die Entschlossenheit sowohl der Royal Navy als auch der Handelsmarine auf die Probe gestellt und die knappen britischen Ressourcen immens belastet. Mit dem Eintritt der USA in den Krieg erhielt die Operation jedoch eine neue Dynamik. Die Deutschen waren sich der Bedeutung dieser Konvois durchaus bewusst. Um diesem Problem zu begegnen wurden im Februar die Tirpitz die Admiral Scheer, die Lützow die Admiral Hipper sowie eine Flottille von Zerstörern zu einer Kampfgruppe zusammengefasst. Im März 1943 erhielt die Scharnhorst den Befehl, sich dieser Kampfgruppe unter Konteradmiral Erich Bey anzuschließen.[1]
Auftakt
Am 12. Dezember 1943 lief Konvoi JW 55A von Loch Ewe in Richtung Murmansk aus. Der Geleitschutz bestand aus zehn Zerstörern und drei Korvetten. Als weitere Deckungsgruppe hielt sich Force 1 mit den Kreuzern Belfast, Sheffield und Norfolk unter Vizeadmiral Robert Burnett in der Nähe des Konvois auf. Eine weitere Sicherungsgruppe, Force 2 unter dem Oberbefehlshaber der Home Fleet Admiral Bruce Fraser, bestehend aus dem Schlachtschiff Duke of York, dem Kreuzer Jamaica und den Zerstörern Saumarez, Savage, Scorpion und Stord, war bereits am 16. Dezember im Kola-Fjord eingetroffen. U 638, U 387 und U 354 meldeten in der Nacht vom 16. zum 17. Dezember Begegnungen mit Geleitfahrzeugen, ohne an den vermuteten Geleitzug heranzukommen. Am 20. Dezember verließ Konvoi JW.55B Loch Ewe in Richtung des Kola-Fjords. Seine Geleitgruppe unter Kapitän James McCoy bestand aus zehn Zerstörern, zwei Korvetten und einem Minenräumer. Etwa zur gleichen Zeit kehrte Force 2 zu seinem Ankerplatz auf Island zurück. Sobald der Verband Treibstoff und Vorräte aufgenommen hatte, sollte er wieder in See stechen, um Konvoi JW55B weiträumige Deckung zu geben.[2]
Am 22. Dezember um 10:45 Uhr entdeckte eine deutsche Ju 88 den Konvoi nordöstlich der Färöer-Inseln. Wegen der schlechten Sicht überschätzten die Beobachter jedoch die Größe und Zusammensetzung der Schiffe. Am Mittag wurde die Meldung, wonach um 10:45 Uhr auf Planquadrat AE6983 40 Truppen- und Begleitschiffe, wahrscheinlich mit Flugzeugträger gesichtet wurden, an Admiral Bey sowie an den U-Boot-Stützpunkt in Narvik weitergeleitet. Hitler, der schon lange eine alliierte Invasion Norwegens befürchtete, befahl eine sofortige Reaktion. So wurden die U-Boote der Eisenbart-Gruppe von ihren Patrouillenlinien in der Barentssee nach Süden beordert, um die Einfahrt in den Vestfjord in Richtung Narvik zu decken. Außerdem wurde der Luftwaffe befohlen, Sichtkontakt mit dem Konvoi herzustellen das Gebiet nach anderen Marineverbänden abzusuchen und Admiral Bey erhielt den Befehl, seine Schiffe einsatzbereit zu halten. Am Nachmittag stellte sich schließlich heraus, dass die Sichtungen völlig unzutreffend waren. Dennoch blieb die Forderung nach zusätzlicher Luftaufklärung sowie die Bereitschaft der Scharnhorst und ihrer Begleitschiffe bestehen.[3]
Am 23. Dezember erhielt Admiral Fraser von Ultra die Nachricht, dass die Deutschen wussten, dass sich JW.55B auf See befand. Er erfuhr auch, dass sich die Scharnhorst in Bereitschaft befand. Als Fraser mit seinem Flaggschiff Duke of York von seinem Ankerplatz in Akureyri auslief, erhielt er eine weitere Nachricht von Ultra, dass die Kampfgruppe im Begriff war, auszulaufen. Um die Mittagszeit des 23. Dezember befand sich der Konvoi auf der Breite der Insel Jan Mayen, etwa 640 km östlich von Altenfjord und Force 2 in gleicher Entfernung südöstlich. Da Admiral Fraser mit einem Angriff rechnen musste, brach er um 13:25 Uhr die Funkstille und befahl dem Konvoi, für drei Stunden kehrtzumachen, um den Abstand zu seinen Geleitschiffen zu verringern. Leider konnte McCoy wegen der schweren See dem Befehl nicht nachkommen, so dass er lediglich die Geschwindigkeit des Konvois reduzieren ließ.[4]
Als Generaladmiral Schniewind in Kiel erkannte, dass sich das Zeitfenster für einen Angriff schloss, schickte er nach Zustimmung von Karl Dönitz den Befehl an Admiral Bey, mit der Kampfgruppe in See zu stechen. Ebenfalls am 23. Dezember hatte Konvoi RA55A mit Ferndeckung durch Force 1 Murmansk in Richtung Großbritannien verlassen. Das bedeutete, dass sich alle vier alliierten Verbände auf See befanden und sich Nordkap aus zwei verschiedenen Richtungen näherten, während die Scharnhorst von Süden auf sie zusteuerte.[5]
Das Gefecht
Erste Phase
Nachdem Admiral Bey gegen 18:30 Uhr die Scharnhorst betreten hatte, stach das Schiff 30 Minuten später in See. Als das Schiff in die breitere Fahrrinne des Altenfjords einfuhr, stieß die 4. Zerstörerflottille unter Kapitän zur See Rolf Johannesson hinzu. Gegen 20:30 Uhr passierte die Kampfgruppe den Eingang zum Langefjord und wandte sich dann nach Norden in Richtung offene See. Um 21:10 Uhr wurde die Geschwindigkeit auf 25 Knoten erhöht und die Zerstörer erhielten den Befehl, einen Schutzschirm um die Scharnhorst zu bilden. Konvoi JW55B befand sich etwa 400 km nordwestlich, so dass Bey davon ausging, dass die Kampfgruppe den Konvoi gegen 11:00 Uhr am nächsten Tag erreichen würde, wenn sie ihren Kurs und ihre Geschwindigkeit beibehalten könnte. Sobald die deutschen Schiffe jedoch die offene See erreicht hatten, bekamen sie die volle Wucht der schweren See zu spüren. Um 21:15 Uhr brach Admiral Bey die Funkstille und schickte einen Lagebericht nach Kiel. Darin wies er auf das schwere Wetter und die dadurch begrenzten Einsatzmöglichkeiten der Zerstörer hin. Möglicherweise hoffte er auf den Befehl zum Abbruch des Unternehmens, doch seine Funksprüche erreichten erst um 02:19 Uhr die Gruppe Nord/Flotte und erst um 03:56 Uhr die Seekriegsleitung.
Um 03:19 Uhr erhielt Admiral Fraser von der Admiralität die Nachricht vom Auslaufen der Scharnhorst. Um 04:00 Uhr befand sich der Konvoi etwa 80 km südlich der Bäreninsel mit Peilung 70 Grad und Kurs Ost-Nord-Ost. Etwa 240 km östlich des Konvois befand sich Force 1 mit Kurs Süd-west-West. Ihr Ziel war es, sich dem Konvoi bis zum Morgengrauen auf etwa 50 km östlich zu nähern. Zur gleichen Zeit befand sich Force 2 340 km südwestlich des Konvois. Ihr Ziel war es, etwa in der Mitte zwischen dem Geleitzug und Altenfjord zu manövrieren. Um den Konvoi aus der Reichweite der deutschen Schiffe zu bringen, befahl Fraser, dem Konvoi auf einen nördlichen Kurs zu schwenken und Force 1 mit Höchstgeschwindigkeit auf den Konvoi aufzuschließen.
Um 08:00 Uhr bewegte sich die deutsche Kampfgruppe in Dwarslinie mit Peilung 230° in Richtung Südwesten. Ihr Ziel Konvoi JW55B - war weniger als 50 km entfernt. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde der nördlichste der Zerstörer den Weg des Konvois noch vor 10:30 Uhr kreuzen. Der Plan von Bey schien zu funktionieren. Dann, nur zwanzig Minuten später, um 08:20 Uhr, gab Bey den Befehl, die Scharnhorst nach Norden zu wenden. Aus irgendeinem Grund wurde die Kursänderung nie an Johannesson weitergegeben. Die Scharnhorst bewegte sich nun in einem stumpfen Winkel von 130° von Johannesson weg. Alle zehn Minuten, die verstrichen, brachten die Scharnhorst und ihre Begleiter 6 km weiter auseinander. Das Ergebnis war, dass diese Zerstörer in der folgenden Schlacht keine Rolle mehr spielen würden.[A 1]
Inzwischen kam Force 1 der Scharnhorst immer näher. Um 08:40 Uhr erfasste die Norfolk das deutsche Schlachtschiff in einer Entfernung von 17 Seemeilen (31 km). Kurz darauf wurde es auch von der Belfast und der Sheffield aus gesichtet. Um 09:00 Uhr befahl Burnett seinen Schiffen, einen Kurs von 325 Grad einzuschlagen. Um etwa 09:15 Uhr war die Scharnhorst in Schussweite, und kurz darauf eröffnete die Norfolk das Feuer aus einer Entfernung von 12 km. Während die Scharnhorst sofort nach Backbord abdrehte, erhöhte sie ihre Geschwindigkeit und erwiderte das Feuer. Die Scharnhorst wurde zweimal getroffen, aber mit zunehmender Entfernung stellte die Norfolk um 09:40 Uhr das Feuer ein. Um 10:00 Uhr, entschied sich Burnett die Verfolgung abzubrechen und sich wieder nach Nordwesten auf den Konvoi zuzubewegen. Zwanzig Minuten später nahm er Kontakt mit dem Konvoi JW 55B und seinen Begleitern auf.[6][4]
Zweite Phase
Trotz des schlechten Wetters war es deutschen Aufklärungsflugzeugen gelungen, Sichtkontakt mit Force 2 aufzunehmen. Als Fraser diese Flugzeuge entdeckte, schloss er, dass die Scharnhorst über den Kurs und die Geschwindigkeit seiner Schiffe informiert worden sein musste. Um 10:35 Uhr erhielt er jedoch die Nachricht, dass Burnett den Kontakt verloren hatte. Zu allem Übel hatte die Fahrt mit hoher Geschwindigkeit so viel Treibstoff der Zerstörer verbraucht, dass er entweder umkehren oder nach Murmansk weiterfahren musste. Außerdem befürchtete Fraser, dass die Scharnhorst, wenn sie den Konvoi nicht finden würde, nach Westen abdrehen und in den Atlantik ausbrechen könnte. Daraufhin ordnete Fraser eine Kursänderung von 250 Grad West nach Süd an, so dass er gut positioniert war, um das Schiff abzufangen. Doch um 12:05 Uhr erhielt Fraser einen Bericht von Burnett, der ihm mitteilte, dass er den Feind in 20 km Entfernung gesichtet hatte. Die Scharnhorst hatte keinen Ausbruchsversuch unternommen, sondern hatte in den letzten zwei Stunden nach dem Konvoi gesucht.
Um 12:15 zeigte das Radar der britischen Schiffe, dass die Scharnhorst und Force 1 direkt aufeinander zusteuerten, wobei die Entfernung rasch abnahm. Um 12:20 Uhr war die Scharnhorst in Schussweite und die drei Kreuzer eröffneten aus einer Entfernung von 10 km das Feuer. Im gleichen Moment erwiderte die Scharnhorst das Feuer und schwenkte wie zuvor in Gegenrichtung direkt zurück zum Nordkap. Während Burnett auf Verfolgungskurs ging, wurde die Norfolk von einer 279-mm-Granate getroffen, die ihren Geschützturm achtern außer Gefecht setzte. Eine weitere Granate traf sie mittschiffs und tötete mehrere Besatzungsmitglieder. Um 12:22 Uhr befahl Burnett den Zerstörern, Musketeer, Matchless, Opportune und Virago die vom Konvoi abkommandiert worden waren, Torpedos auf die Scharnhorst abzufeuern. Sie kamen dem Befehl jedoch aufgrund der schweren See und des schnellen Rückzugs der Scharnhorst nicht nach.[A 2] Um 12:40 Uhr befahl Burnett schließlich seinen Schiffen, das Feuer einzustellen.[4][7]
Dritte Phase
Bis 13:00 Uhr hatte sich das Gefecht zu einer Verfolgungsjagd entwickelt. Während Bey sich in südöstlicher Richtung stetig auf Force 2 zubewegte, wurde er von den drei Kreuzern von Force 1 an Backbord und den vier Zerstörern an Steuerbord gerade außer Sichtweite weiter beschattet. Um 13:42 Uhr ging bei der deutschen Zerstörerflottille der Befehl des Admirals zum Abbrechen ihrer Suche nach dem Konvoi ein, und gegen 14:20 Uhr gab Bey den Zerstörern den Befehl zur Basis zurückzukehren. In der Zwischenzeit hatte Burnett Frasier über Reichweite, Kurs und Geschwindigkeit der Scharnhorst informiert. Somit konnte er seinen Schiffen um 14:15 Uhr mitteilen, dass es um 16:30 Uhr erneut zum Gefecht kommen könnte, wenn der Feind Kurs und Geschwindigkeit beibehält.
Leider erhielt Fraser um 15:45 Uhr und später um 16:10 Uhr die Nachricht, dass sowohl die Norfolk als auch die Sheffield Probleme hatten und deshalb anhalten mussten. Glücklicherweise konnte die Norfolk ihr Problem beheben und sich um 17:00 Uhr wieder Force 1 anschließen. Um 16:20 Uhr zeigte das Radar der Duke of York die Scharnhorst in einer Entfernung von 41 km mit einer Peilung von 20 Grad. 20 Minuten später hatte die Belfast Kontakt mit Force 2 und der Scharnhorst aufgenommen. Um 16:51 Uhr eröffneten sowohl die Duke of York als auch die Jamaica das Feuer mit einer vollen Breitseite aller ihrer Hauptgeschütze aus 11 km Entfernung. Während die meisten Granaten über sie hinwegflogen, traf eine Geschützturm Anton und setzte ihn außer Gefecht.
Fünf Minuten später erwiderte die Scharnhorst das Feuer, ohne jedoch einen Treffer zu landen, während die Duke of York sie erneut traf und schwere Schäden an ihrem achteren Aufbauten verursachte. Die Schiffe befanden sich nun auf einem nordöstlichen Kurs mit Force 1 etwa 16 km nördlich und Force 1 etwa 10 km südlich. Dank ihrer überlegenen Geschwindigkeit war der Abstand zwischen Force 2 und der Scharnhorst um 17:12 Uhr auf 12 km angewachsen. Da Fraser befürchtete, dass das Geschützfeuer allein den Schlachtkreuzer nicht ausreichend verlangsamen würde, befahl er den Zerstörern Savage und Saumarez, die sich einige km vor der Duke of York befanden, sich der Scharnhorst zu nähern und sie mit Torpedos anzugreifen. Doch die Geschwindigkeit der Scharnhorst und die schwere See verhinderten, einen effektiven Torpedoangriff.[A 3]
Um 17:42 Uhr war die Scharnhorst sowohl für die Kreuzer als auch für die Zerstörer außer Reichweite, so dass nur noch die Duke of York ihr folgte und weiter auf sie feuerte. Um 18:10 Uhr wurden drei weitere Treffer auf das deutsche Schiff erzielt. Um 18:20 Uhr, der Abstand war auf 20 km angewachsen, stellten jedoch sowohl die Scharnhorst als auch die Duke of York aufgrund der schlechten Wetterbedingungen das Feuer ein.Da er wenig Hoffnung hatte, die Scharnhorst wieder einzuholen, beschloss Fraser, den Konvoi weiter zu eskortieren. Eine der letzten Granaten der Duke of York hatte die Panzerung durchlagen und war im Maschinenraum explodiert, wodurch der Steuerbordkesselraum beschädigt wurde. Infolgedessen fiel der Kesseldruck rapide ab und die Geschwindigkeit sank von 29 auf 22 Knoten. Mit dem Verlust ihres Geschwindigkeitsvorteils konnten die Zerstörer der Force 2 erneut zur Scharnhorst aufschließen und sie mit Torpedos angreifen.
Um 18:49 Uhr eröffneten die Savage und die Saumarez, die eine Position 7.000 Meter an Backbord der Scharnhorst eingenommen hatten, das Feuer auf sie. Während die Aufmerksamkeit der Deutschen auf diese beiden Zerstörer gerichtet war, konnten sich die Scorpion und die Stord ungesehen bis auf 2 km an den Steuerbordbug der Scharnhorst annähern und schossen sechzehn Torpedos auf sie ab. Als Bey die Torpedospuren entdeckte, befahl er eine scharfe Wende nach Steuerbord, um den Torpedos auszuweichen. Zusätzlich eröffnete die Scharnhorst das Feuer auf die Zerstörer, jedoch ohne Erfolg. Als die Scharnhorst um 18:55 Uhr wendete, wurde ihre Steuerbordseite erneut zum Ziel für die Savage und Saumarez, die 12 Torpedos auf das deutsche Schiff abfeuerten. Beide Schiffe entkamen ebenfalls ohne Schaden.
Die Scharnhorst wurde von drei Torpedos getroffen, die ihre Geschwindigkeit auf 10 Knoten reduzierten. Admiral Fraser, der um 18:50 Uhr Signale von den Zerstörern erhalten hatte, näherte sich rasch der Scharnhorst. Um 19:00 Uhr waren die Duke of York und die Jamaica in Schussweite und eröffneten beide das Feuer auf 9 km Entfernung. Die erste Salve traf direkt auf das Achterdeck der Scharnhorst und verursachte Schäden und Explosionen. Sobald die Duke of York das Feuer eröffnete, schwenkte die Scharnhorst nach Steuerbord und erwiderte das Feuer mit allen noch einsatzbereiten Geschützen. Trotz der vielen Treffer der Scharnhorst erkannte Fraser, dass das Geschützfeuer allein das deutsche Schiff nicht versenken würde.
Daher befahl er der Jamaica und der Belfast, die Scharnhorst mit Torpedos anzugreifen, um sie endgültig zu versenken. Als die beiden Kreuzer ihre Torpedos abfeuerten, erschienen die vier Zerstörer, die Force 1 zugeteilt worden waren, und feuerten ebenfalls Torpedos auf die Scharnhorst. Das Schiff begann bald zu krängen und um 19:40 Uhr begann das Schiff zu sinken.[4][8]
Nachwirkungen
Die Versenkung der Scharnhorst war ein wichtiger Sieg der Royal Navy. Neben Ultra war das Radar der wichtigste Faktor, warum die Briten die Schlacht gewannen. Die Deutschen hatten mit dem Seetakt zwar ein eigenes System, das aber weniger ausgefeilt war als das der Briten. In der Schlacht war die Scharnhorst mit einem Radar ausgestattet, das feindliche Schiffe in bis zu 20 km Entfernung aufspüren konnte. Im Gegensatz dazu hatte das britische Radar eine fast doppelt so große Reichweite. Außerdem verfügten die Deutschen über ein überlegenes System der optischen Entfernungsmessung und Geschützkontrolle, während die Briten sich auf ihr Feuerleitradar verlassen konnten. Die Versenkung der Scharnhorst war das Ergebnis einer gemeinsamen Anstrengung. Die Beschattung durch die Kreuzer von Force 1 ermöglichte es Force 2, das feindliche Kriegsschiff abzufangen. Die Duke of York spielte die Hauptrolle dabei, die Scharnhorst an der Flucht zu hindern und sie so stark zu beschießen, dass ihre Fähigkeit, sich zu wehren, stark eingeschränkt wurde.
Der Verlust der Scharnhorst war ein Schlag, von dem sich die Kriegsmarine nicht mehr erholen konnte. Sie war das letzte einsatzfähige Kriegsschiff, das die Nordmeergeleitzüge angreifen konnte. Die Tirpitz war zu Beginn des Jahres von Mini-U-Booten beschädigt worden, und 1944 wurde sie erneut durch einen Luftangriff der Marine beschädigt, bevor sie im September 1944 von Lancaster-Bombern versenkt wurde. Mit dem Verlust der Scharnhorst endete jede Hoffnung, den Fluss der Militärhilfe an die Sowjetunion einzudämmen. Mit ihr ging die letzte Chance der Kriegsmarine verloren, eine Katastrophe an der Ostfront abzuwenden. Vor allem verlor Hitler jegliches Vertrauen in die Überwasserflotte.[9]
Verluste
Von den beinahe 2.000 Besatzungsmitgliedern an Bord der Scharnhorst überlebten nur 36. Unter den Toten befand sich sowohl der Kapitän des Schiffes Fritz Hintze als auch Admiral Bey. Auf britischer Seite kamen 26 Männer ums Leben.[4][10]
Die Schiffe
Großbritannien
Force 1[11] | ||
---|---|---|
Schiff | Kommandant | Anmerkungen |
HMS Belfast | Frederick Parham | Flaggschiff von Konteradmiral Robert Burnett |
HMS Norfolk | Donald Bain | |
HMS Sheffield | Charles Addis | |
Force 2 | ||
HMS Duke of York | Guy Russel | Flaggschiff von Admiral Bruce Fraser |
HMS Jamaica | John Hughes-Hallett | |
36. Zerstörer Division | ||
HMS Musketeer | Ralph Fisher | |
HMS Matchless | William Shaw | |
HMS Opportune | John Lee Barber | |
HMS Virago | Archibald White | |
HMS Savage | Michael Meyrick | |
HMS Saumarez | Eric Walmsley | |
HMS Scorpion | William Clouston | |
HMNS Stord | Skule Storheill |
Deutschland
Kampfgruppe [11] | ||
---|---|---|
Schiff | Kommandant | Anmerkungen |
Scharnhorst | Fritz Hintze | Flaggschiff von Konteradmiral Erich Bey |
4. Zerstörerflottille | ||
Z-29 | Theodor von Mutius | Flaggschiff von Kapitän zur See Rolf Johannson |
Z-30 | Karl Lampe | |
Z-33 | Erich Holtorf | |
Z-34 | Karl Hetz | |
Z-38 | Gerfried Brutzner |
Literatur
- Jürgen Rohwer: Chronology of the war at sea, 1939-1945 : the naval history of World War II. Naval Institute Press, Annapolis 2005, ISBN 1-59114-119-2 (englisch).
- Angus Konstam: The battle of North Cape : the death ride of the Scharnhorst, 1943. Pen & Sword Maritime, Barnsley 2011, ISBN 978-1-84884-557-2 (englisch).
- John Winton: The death of the Scharnhorst. Hippocrene Books, New York 1983, ISBN 0-907319-06-8 (englisch).
- V. E Tarrant: King George V class battleships. Arms & Armour, London 1999, ISBN 1-85409-524-2 (englisch).
Weblinks
Anmerkungen
- In Anbetracht der ihm zur Verfügung stehenden Informationen scheint dies ein seltsames Manöver gewesen zu sein. Schließlich hatte die Sichtung durch U-716 den feindlichen Konvoi im Nordwesten und nicht im Südwesten lokalisiert. Es ist möglich, dass Bey die Zeitverzögerung beim Senden, Empfangen und Dekodieren von Signalen vergessen hatte oder dass U-Boote ihre Signale oft wiederholten, bis der Empfang bestätigt wurde.
- Später wurde Kommandant Ralph Fisher, Chef der Zerstörer Flottille, von der Admiralität für sein Vorgehen kritisiert. Ihrer Ansicht nach hätten die Zerstörer einen Torpedoangriff durchführen können, wenn sie unabhängig von der Wenderichtung der Scharnhorst Dwarslinie statt in Kiellinie angeordnet gewesen wären.
- Die effektive Reichweite des 533-mm-Torpedos Mk IX betrug bei schwerem Seegang weniger als 2 km.
Einzelnachweise
- Konstam: The battle of North Cape, Pen & Sword Maritime, Barnsley, 2011 S. 4–7
- Rohwer: Chronology of the war at sea, 1939-1945, Naval Institute Press, Annapolis, 2005 S. 292f.
- Konstam: S. 33–36.
- Tarrant: King George V class battleships, Arms & Armour, London, 1999 S. 194–210.
- Konstam S. 44., S. 59f.
- Konstam: S. 73ff.
- Winton: The death of the Scharnhorst, Hippocrene Books, New York, 1983 S. 97ff.
- Konstam: S. 110f., S. 119., S. 125–141.
- Konstam: S. 160ff.
- Konstam: S. 153.
- Konstam: S. 11ff.