Straßenradsport-Weltmeisterschaften 1963

Die Straßenradsport-Weltmeisterschaften 1963 fanden am 10. und 11. August im belgischen Ronse statt.

Renngeschehen

Rennen der Berufsfahrer

Im Vorfeld hatten die Veranstalter mit 200.000 bis 300.000 Zuschauern gerechnet, es kamen allerdings nur 75.000, was auf die kühle und nasse Witterung zurückgeführt wurde. Auf dem 16,4 Kilometer langen Rundkurs mit 1500 Metern Kopfsteinpflaster mussten 17 Runden gefahren werden, sodass die Profis 278,8 Kilometer absolvierten. Obwohl mit Benoni Beheyt ein Belgier Weltmeister der Profis geworden war, gab es Pfiffe vom heimischen Publikum: Ob sie es ihrem Landsmann verübelten verhindert zu haben, dass Rik Van Looy zum dritten Mal Weltmeister wurde und somit mit Rik Van Steenbergen gleichzuziehen, oder ob sie eine Unsportlichkeit von Van Looy auspfiffen, darüber gehen die Ansichten der Chronisten allerdings auseinander.[1] Die belgischen Rennfahrer waren vor dem Rennen auf die Unterstützung von Van Looy eingeschworen worden, doch hatten Beheyt wie auch Gilbert Desmet eigene Ambitionen angemeldet. Desmet sowie Beheyt („Wiel's-Groene Leeuw“) und Van Looy („G.B.C.-Libertas“) fuhren damals in konkurrierenden Profi-Teams. Im Spurt vor dem Ziel fuhr Van Looy Wellen, um Beheyt zu behindern, dieser revanchierte sich, indem er sich an Van Looys Trikot „abzog“ und als erster die Ziellinie überquerte. Die deutsche Zeitschrift Radsport stellte fest: „Das, was Rik Van Looy sich leistete, war kein Ruhmesblatt [...].“[2]

Anschließend kam es in der belgischen Radsport-Öffentlichkeit zu ähnlich hitzigen Debatten wie nach den Straßenradsport-Weltmeisterschaften 1946, als sich Van Steenbergen von seinem Landsmann Marcel Kint entgegen Absprache abgesetzt hatte. Van Looy soll in der Zeit danach seinen Einfluss genutzt haben, um Beheyt das Leben schwer zu machen. Beheyt beendete seine Radsport-Karriere tatsächlich nach wenigen Jahren 1968.[3]

Von insgesamt 70 Startern kamen 36 ins Ziel. Acht deutsche Fahrer waren im Feld, von denen fünf ins Ziel kamen. Bester deutscher Fahrer wurde Sigi Renz auf Platz zehn. Ihm folgten Hennes Junkermann (22.), Dieter Puschel (26.), Horst Oldenburg (29.) und Klaus Bugdahl (30.). Rudi Altig war in der siebten Runde mit Nierenschmerzen ausgeschieden, Rolf Wolfshohl gab nach Defekt auf und Klaus Tüller beendete nach einem Sturz das Rennen.

Rennen der Amateure

Die Einzelentscheidung der Männer war von der Presse als „große sportliche Schlacht“ bezeichnet worden.[4] Am 196,8 Kilometer langem Rennen nahmen 142 Fahrer aus 27 Nationen teil, von denen 52 das Ziel erreichten. Im Massenspurt erwies sich der Italiener Flaviano Vicentini als der Schnellste. Er erreichte eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 38,06 km/h. Bester Deutscher war Winfried Bölke auf dem dritten Rang, nachdem er im Jahr zuvor schon Vierter geworden war.

Die Frauen hatten 66,4 Kilometer zurückzulegen. Mit 32,3 km/h wurde die Belgierin Yvonne Reynders, ebenfalls mit einem Spurt aus dem Hauptfeld, neue Weltmeisterin. Die bundesdeutsche Fachzeitschrift Radsport berichtete nicht über die Frauen-WM, in den DDR-Sportzeitung Deutsches Sportecho wurden dagegen die Ergebnisse der ersten Zehn veröffentlicht.

DDR-Fahrer konnten weder in den Einzelentscheidungen noch im Mannschafts-Zeitfahren teilnehmen, da ihnen wie bereits im Vorjahr vom Allied Travel Office der westlichen Besatzungsmächte die Visa verweigert worden waren. Das Mannschafts-Zeitfahren über 97,9 Kilometer gewann die Mannschaft Frankreichs, die 1.21 Minuten schneller als die zweitplatzierten Italiener gefahren waren.

Ergebnisse

Profis – Einzelrennen (278,8 km)
PlatzAthletLandZeit
1Benoni BeheytBelgien BEL7:25:26 h
2Rik Van LooyBelgien BELgl. Zeit
3Jo de HaanNiederlande NEDgl. Zeit
4André DarrigadeFrankreich FRAalle
7:25:26 h
5Raymond PoulidorFrankreich FRA
6Gilbert Desmet IBelgien BEL
7Jan JanssenNiederlande NED
8Franco CribioriItalien ITA
9Jean StablinskiFrankreich FRA
10Sigi RenzDeutschland GER
11Piet DamenNiederlande NED
12Louis ProostBelgien BEL
13Michael WrightVereinigtes Konigreich GBR
14Jacques AnquetilFrankreich FRA
15Robert CazalaFrankreich FRA
16Rolf MaurerSchweiz SUI
17Guy IgnolinFrankreich FRA
18Armand DesmetBelgien BEL
19Peter PostNiederlande NED
20Italo ZilioliItalien ITA
0
22Hennes JunkermannDeutschland GER7:25:26 h
27Dieter PuschelDeutschland GERgl. Zeit
30Horst OldenburgDeutschland GER+ 4:22 min
31Klaus BugdahlDeutschland GER+ 4:22 min
0
36Francisco SuneSpanien 1945 ESP+ 5:14 min
Amateure – Einzelrennen (196,8 km)
PlatzAthletLandZeit
1Flaviano VicentiniItalien ITA5:10:20 h
2Francis BazireFrankreich FRAgl. Zeit
3Winfried BölkeDeutschland GERgl. Zeit
4Jos HuysmansBelgien BELalle
5:10:20 h
5Gerben KarstensNiederlande NED
6Henk CornelisseNiederlande NED
7Paul LemeteyerFrankreich FRA
8Roger SwertsBelgien BEL
9Julien StevensBelgien BEL
10Camiel VynckeBelgien BEL
0
Frauen – Einzelrennen (66,4 km)
PlatzAthletLand
1Yvonne ReyndersBelgien BEL2:03:18 h
2Rosa SelsBelgien BELgl. Zeit
3Aino PuronenSowjetunion 1955 URSgl. Zeit
4Simone EllegeestBelgien BELalle
2:03:18 h
5Patricia PepperVereinigtes Konigreich GBR
6Ann IllingworthVereinigtes Konigreich GBR
7Nina BriksSowjetunion 1955 URS
8Valentina KirilovaSowjetunion 1955 URS
9Elsy JacobsLuxemburg LUX
10Marie-Rose GaillardBelgien BEL
0
Amateure – Mannschaftszeitfahren (97,9 km)
PlatzLandZeit (h)km/h
1Frankreich Frankreich
Michel Béchet/Dominique Motte/
Marcel-Ernest Bidault/Georges Chappe
2:05:4547,23
2Italien Italien
Mario Maino/Pasquale Fabbri/
Danilo Grassi/Dino Zandegù
2:06:2246,44
3Sowjetunion 1955 Sowjetunion
Wiktor Kapitonow/
Gainan Saidchushin/
Juri Melichow/Anatoli Olisarenko
2:06:2346,53
4Danemark Dänemark2:07:4946,00
5Polen 1944 Polen2:08:0445,94
6Schweden Schweden2:08:1345,91
7Niederlande Niederlande2:08:1545,91
8Ungarn 1957 Ungarn2:08:3745,82
9Schweiz Schweiz2:09:0245,53
10Jugoslawien Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien2:10:3844,98

Einzelnachweise

  1. Radsport, 13. August, S. 4
  2. Radsport, 13. August, S. 12
  3. Spel van list en bedrog auf retro.nrc.nl, abgerufen am 28. April 2011 (niederl.)
  4. Radsport 13. August 1963

Literatur

  • Helmer Boelsen: Die Geschichte der Rad-Weltmeisterschaft, Bielefeld 2007, S. 90, ISBN 978-3-936973-33-4
  • Radsport, August/September 1963
  • Deutsches Sportecho, 13. August 1963

Siehe auch

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