Tyrannen

Die Tyrannen (Tyrannidae), gelegentlich auch Neuweltfliegenschnäpper genannt, sind eine Familie der Sperlingsvögel. Sie unterscheiden sich in ihrem Erscheinungsbild und ihrem Verbreitungsgebiet, haben jedoch fast alle eine Vorliebe für Insektennahrung. Ihren Namen verdanken sie ihrer Aggressivität gegenüber Eindringlingen in das eigene Revier, sogar gegenüber Greifvögeln.

Tyrannen

Ein Scherenschwanz-Königstyrann (Tyrannus forficatus)

Systematik
Unterklasse: Neukiefervögel (Neognathae)
Ordnung: Sperlingsvögel (Passeriformes)
Unterordnung: Schreivögel (Tyranni)
Teilordnung: Schreivögel der Neuen Welt (Tyrannides)
ohne Rang: Bronchophone Schreivögel (Tyrannida)
Familie: Tyrannen
Wissenschaftlicher Name
Tyrannidae
Vigors, 1825

Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet der Tyrannen

Das Verbreitungsgebiet der Tyrannen reicht von Kanada bis nach Feuerland. Die Vögel, die hoch im Norden oder weit im Süden leben, ziehen gegen Winter in gemäßigtere Zonen. Etwa zehn Prozent aller südamerikanischen Vögel gehören der Familie der Tyrannen an. Einige Arten leben auch auf den Galápagos-Inseln und den westindischen Inseln. Das östlichste Verbreitungsgebiet hat der Noronha-Olivtyrann (Elaenia ridleyana), der auf dem brasilianischen Fernando-de-Noronha-Archipel endemisch ist. Tyrannen halten sich vor allem im offenen Land auf, aber auch in Wäldern.

Merkmale

Die Größe der Tyrannen reicht von 6,5 cm bis 30 cm. Ihr Gewicht liegt zwischen 4,5 g und 80 g. Die Männchen sind meistens schwerer und größer als die Weibchen. Der kleinste Tyrann ist der Stummelschwanz-Zwergtyrann, er hat etwa die Maße eines kleinen Kolibris. Nur wenige Arten haben hellleuchtendes, farbiges Gefieder, die meisten sind unauffällig gefärbt. In der Regel dominieren olivbraune und gelbliche Farben. Einige haben auch unterschiedliche Hauben auf dem Kopf, welche sich bei Aufregung aufstellen. Der Kopf ist meist relativ groß, der Hals ist kurz und dick. Der Schnabel ist meist relativ breit und kurz. Beine und Zehen sind bei den meisten Arten kurz.[1]

Lebensweise

Tyrannen leben sehr territorial und verteidigen ihre Reviere lauthals und mit gewagten Flugangriffen gegen alle Vögel, die dort eindringen, selbst wenn es sich dabei um größere Greifvögel handelt. Nur während der Überwinterungszeit, in der sich viele Arten im Amazonasbecken sammeln, verhalten sie sich friedlich. Dabei kann es vorkommen, dass sich ganze Schwärme verschiedener Tyrannenarten vermischen.

Tyrannen ernähren sich hauptsächlich von Insekten, fressen aber auch Beeren und tropische Früchte. Einige Arten ernähren sich während der Brutzeit von Insekten, bevorzugen Früchte aber außerhalb der Brutzeit. Bei größeren Arten gehören auch kleine Wirbeltiere zur Nahrung. Viele Arten fangen Insekten im Flug, andere suchen sie auf dem Boden und in der Laubstreu.[1]

Fortpflanzung

Die meisten Arten paaren sich einmal im Jahr, während der Brutzeit, die vom Frühjahr bis zum Frühsommer dauert. In dieser Zeit verhalten sich die meisten Vögel sehr aggressiv gegenüber anderen Vögeln. Die Nester sind sehr unterschiedlich, so bauen einige Arten kunstvolle Geflechte, andere hängende Schalen oder auch ganz normale Nester mit Aushöhlungen. Das Gelege besteht aus zwei bis vier braun gesprenkelten Eiern, welche einige Wochen bebrütet werden. Viele Arten verpaaren sich lebenslang. Die meisten Jungen erhalten ihre Geschlechtsreife mit einem Lebensjahr.

Gattungen und Arten

Zimtbauchtyrann (Neopipo cinnamomea)
Gelbscheitel-Spatelschnabeltyrann (Platyrinchus mystaceus)
Zimtpipratyrann (Piprites pileata)
Vielfarben-Tachurityrann (Tachuris rubrigastra)

Die Familie der Tyrannen umfasst über 440 Arten. Viele von ihnen wurden nach ihren Rufen benannt, wie die Phoebetyrannen.

Ockerbrust-Todityrann (Hemitriccus kaempferi)
Stummelschwanz-Zwergtyrann (Myiornis ecaudatus)
Spitzschwanz-Grastyrann (Culicivora caudacuta)
Stummelschwanztyrann (Muscigralla brevicauda)
Stelzentyrann (Machetornis rixosa)
Schwefeltyrann (Pitangus sulphuratus)
Königstyrann (Tyrannus tyrannus)

Unterfamilien, Gattungen[1] und ausgewählte Arten:

  • Unterfamilie Spatelschnabeltyrannen (Platyrinchinae)
    • Calyptura
    • Neopipo
      • Zimtbauchtyrann (Neopipo cinnamomea)
    • Platyrinchus
      • Zimtkopf-Spatelschnabeltyrann (Platyrinchus saturatus)
      • Kurzschwanz-Spatelschnabeltyrann (Platyrinchus cancrominus)
      • Gelbscheitel-Spatelschnabeltyrann (Platyrinchus mystaceus)
      • Goldkappen-Spatelschnabeltyrann (Platyrinchus coronatus)
      • Gelbkehl-Spatelschnabeltyrann (Platyrinchus flavigularis)
      • Silberkopf-Spatelschnabeltyrann (Platyrinchus platyrhynchos)
      • Rostflügel-Spatelschnabeltyrann (Platyrinchus leucoryphus)
  • Unterfamilie Pipritinae
    • Pipratyrannen (Piprites)
      • Graustirn-Pipratyrann (Piprites griseiceps)
      • Gelbzügel-Pipratyrann (Piprites chloris)
      • Zimtpipratyrann (Piprites pileata)
  • Unterfamilie Tachurisinae
  • Unterfamilie Pipromorphinae
  • Unterfamilie Hirundineinae
    • Hirundinea
    • Myiotriccus
    • Nephelomyias
    • Pyrrhomyias
  • Unterfamilie Elaeniinae
    • Camptostoma
    • Euscarthmus
    • Inezia
    • Ornithion
    • Stigmatura
    • Zimmerius
    • Anairetes
    • Capsiempis
    • Culicivora
    • Elaenia
    • Mecocerculus
    • Myiopagis
    • Nesotriccus
    • Phyllomyias
      • Urichkleintyrann (Phyllomyias urichi)
      • Rußkappen-Kleintyrann (Phyllomyias griseiceps)
    • Polystictus
    • Pseudelaenia
    • Pseudocolopteryx
    • Serpophaga
    • Suiriri
    • Tyrannulus
    • Uromyias
  • Unterfamilie Muscigrallinae
    • Muscigralla
  • Unterfamilie Tyranninae
  • Unterfamilie Fluvicolinae

Die ersten vier Unterfamilien werden von einigen Wissenschaftlern als eigenständige Familien (Spatelschnabeltyrannen (Platyrinchidae), Pipratyrannen (Pipritidae), Tachurityrannen (Tachurididae), Breitschnabeltyrannen und Todityrannen (Rhynchocyclidae)) angesehen, da sie sich schon vor 25 bis 30 Millionen Jahren vom gemeinsamen Vorfahren mit den übrigen Tyrannen getrennt haben.[2][3][4][5] Aus der Unterfamilie Pipromorphinae wird dabei die Familie Rhynchocyclidae, da der Name Pipromorphinae bzw. Pipromorphidae nie den ICZN-Regeln entsprechend eingeführt worden ist.[5]

Einzelnachweise

  1. David W. Winkler, Shawn M. Billerman, Irby J. Lovette: Bird Families of the World: A Guide to the Spectacular Diversity of Birds. Lynx Edicions (2015), ISBN 978-8494189203, S. 312–318.
  2. Jan I. Ohlson, Martin Irestedt, Per G.P. Ericson & Jon Fjeldså (2013). Phylogeny and classification of the New World suboscines (Aves, Passeriformes). Zootaxa (3613): 1-35. ISSN 1175-5326. doi:10.11646/zootaxa.3613.1.1
  3. Jose G. Tello und John M. Bates: Molecular Phylogenetics of The Tody-Tyrant and Flatbill Assemblage of Tyrant Flycatchers (Tyrannidae). The Auk 124(1), 134-154, (Januar 2007). doi: 10.1093/auk/124.1.134
  4. Jose G. Tello, Robert G. Moyle, Daniel J. Marchese, Joel Cracraft (2009). Phylogeny and phylogenetic classification of the tyrant flycatchers, cotingas, manakins, and their allies (Aves: Tyrannides). Cladistics (25): 1-39. ISSN 0748-3007. doi:10.1111/j.1096-0031.2009.00254.x (PDF)
  5. Jochen Martens & Norbert Bahr: Dokumentation neuer Vogel-Taxa, 15 – Bericht für 2019. Vogelwarte 59, 2021: S. 87–106 PDF
Wiktionary: Tyrann – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Tyrannen (Tyrannidae) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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