Tibiri (Maradi)

Tibiri (auch: Chibiri, Tsibiri) ist eine Landgemeinde im Departement Guidan Roumdji in Niger. Sie ist der Sitz des Sultans von Gobir.

Landgemeinde Tibiri
Landgemeinde Tibiri (Niger)
Landgemeinde Tibiri (Niger)
Landgemeinde Tibiri
Koordinaten 13° 34′ N,  3′ O
Basisdaten
Staat Niger
Region Maradi
Departement Guidan Roumdji
Einwohner 125.806 (2012)

Geographie

Landschaft in der Gemeinde Tibiri (2023)

Tibiri liegt in der Großlandschaft Sudan und grenzt im Südwesten an den Nachbarstaat Nigeria. Die Nachbargemeinden in Niger sind Chadakori und Guidan Sori im Norden, Maradi und Saé Saboua im Osten sowie Safo und Sarkin Yamma im Südosten.

Die Gemeinde Tibiri besteht aus einem urbanen und einem ländlichen Gemeindegebiet. Das urbane Gemeindegebiet ist in vier Stadtviertel gegliedert. Diese heißen Bara, Goumar, Sarkin Fawa und Tibiri. Bei den Siedlungen im ländlichen Gemeindegebiet handelt es sich um 136 Dörfer, 3 Weiler und 31 Lager.[1] Südwestlich des urbanen Zentrums verläuft das Trockental Goulbi de Maradi. Auf der gegenüberliegenden Seite, im Nordosten, führt die Nationalstraße 1 vorbei. Das Stadtzentrum ist halbkreisförmig angelegt, wobei das Straßennetz strahlenförmig von einem Mittelpunkt ausgeht.[2]

Geschichte

Tibiri wurde im Jahr 1836 unter dem Herrscher Mayaki als neue Hauptstadt des Hausastaats Gobir gegründet, die dessen im 18. Jahrhundert gegründete alte Hauptstadt Alkalawa im heutigen Nigeria ersetzte. Im Jahr 1899 erreichte die französische Mission Voulet-Chanoine die Stadt. Wenige Jahre später geriet Tibiri unter französische Herrschaft. Das Amt des traditionellen Herrschers von Gobir blieb weiterhin bestehen, auch nach der Unabhängigkeit Nigers, wobei es sich zunehmend auf rein repräsentative Funktionen beschränkte. Bereits in der Kolonialzeit ging folglich die politische Bedeutung Tibiris verloren, erhalten geblieben ist jedoch die herausragende kulturelle Bedeutung des Orts für die Hausa.[2]

Bis 1972 hatten in Niger nur die Großstädte Niamey, Maradi, Tahoua und Zinder den Status einer eigenständigen Gemeinde. In diesem Jahr wurde Tibiri zeitgleich mit sechs weiteren nigrischen Orten zur Gemeinde erhoben.[3] Im Jahr 1985 trat in Zusammenhang mit erhöhten Fluorwerten in der kommunalen Wasserversorgung erstmals das Tibiri-Syndrom in Erscheinung. Die Erkrankung trat bei Kindern im Alter von bis zu fünf Jahren auf und äußerte sich unter anderem in Minderwuchs, Missbildungen des Kopfes und Zahnverfärbungen. Über einen Zeitraum von 16 Jahren wurden mehr als 10.000 Kinder Opfer des Tibiri-Syndroms.[4] Aus dem Nordwesten des Nachbarlands Nigeria flüchteten aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage von April bis Juli 2009 mehr als 35.000 Menschen in die Departements Guidan Roumdji und Madarounfa in Niger.[5] Die meisten dieser Flüchtlinge kamen in 25 Dörfern und Weilern in der Gemeinde Tibiri unter.[6] Die Regierung Nigers erhob 2010 den traditionellen Herrscher von Gobir zum Sultan.[7] Bei einem Angriff einer bewaffneten Gruppe auf den Grenzort Bassira wurden 2024 vier Gendarmen getötet.[8]

Bevölkerung

Bei der Volkszählung 2012 hatte die Landgemeinde 125.806 Einwohner, die in 15.685 Haushalten lebten.[1] Bei der Volkszählung 2001 betrug die Einwohnerzahl 82.053 in 10.666 Haushalten.[9]

Im urbanen Gemeindegebiet lebten bei der Volkszählung 2012 25.513 Einwohner in 3314 Haushalten,[1] bei der Volkszählung 2001 15.183 in 1970 Haushalten[9] und bei der Volkszählung 1988 10.295 in 1276 Haushalten.[10] Bei der Volkszählung 1977 waren es 7283 Einwohner.[11]

In ethnischer Hinsicht ist die Gemeinde ein Siedlungsgebiet von Gobirawa, Katsinawa, Tuareg und Fulbe.[12]

Politik

Der Gemeinderat (conseil municipal) hat 25 gewählte Mitglieder. Mit den Kommunalwahlen 2020 sind die Sitze im Gemeinderat wie folgt verteilt: 4 CPR-Inganci, 3 ADEN-Karkara, 3 ARD-Adaltchi Mutunchi, 3 MODEN-FA Lumana Africa, 3 MPN-Kiishin Kassa, 3 MPR-Jamhuriya, 2 ADN-Fusaha, 2 RPD-Bazara, 1 LRD-Jimiri und 1 RSD-Gaskiya.[13]

Jeweils ein traditioneller Ortsvorsteher (chef traditionnel) steht an der Spitze von 122 Dörfern im ländlichen Gemeindegebiet.[1]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Alljährlich findet bei einem saisonalen See zwölf Kilometer östlich von Tibiri eine große traditionell religiöse Zeremonie von überregionaler Bedeutung statt.[2] Zu den Sehenswürdigkeiten in Tibiri zählen die chefferie traditionnelle, das ist der Sitz des Sultans, sowie der Palast der Herrscherin von Gobir.[4]

Wirtschaft und Infrastruktur

Eine Landstraße in der Gemeinde Tibiri (2023)

Die Lage Tibiris in der Sudanregion schafft für nigrische Verhältnisse günstige Voraussetzungen für die Landwirtschaft. Mehr als 90 % der Bevölkerung betreiben traditionellen Ackerbau. Zur Eigenversorgung werden Hirse und Sorghum angebaut. Die Kultivierung von Erderbsen, Erdnüssen, Sauerampfer und Sesam geschieht hingegen vor allem zu Handelszwecken. Die Viehzucht umfasst Geflügel, Rinder, Esel, Pferde, Kamele, Schafe und Ziegen. Von besonderer wirtschaftlicher und kultureller Bedeutung ist eine vor allem in Tibiri gezüchtete robuste rothaarige Ziegenart (chèvre rousse de Maradi).[4]

Der Markttag in Tibiri ist der Mittwoch.[2] Wichtige Güter des blühenden informellen Handels sind Vieh und Artikel des täglichen Gebrauchs wie Zucker, Reis, Weizenmehl, Tee, Hygieneartikel und Kleidung. Es gibt verschiedene Handwerksbetriebe wie Schmiede, Schuhmacher, Töpfer und Weber.[4] Das staatliche Versorgungszentrum für landwirtschaftliche Betriebsmittel und Materialien (CAIMA) unterhält eine Verkaufsstelle im Stadtzentrum.[14]

Gesundheitszentren des Typs Centre de Santé Intégré (CSI) sind in den Stadtvierteln Tibiri und Goumar sowie in den ländlichen Siedlungen Dan Kano und Tchadi vorhanden. Die beiden urbanen Gesundheitszentren verfügen jeweils über ein eigenes Labor und eine Entbindungsstation.[15] Allgemein bildende Schulen der Sekundarstufe sind der CEG Tchadi, der CEG FA Tibiri und der CES Tibiri. Das Kürzel CEG steht für Collège d’Enseignement Général und das Kürzel CES für Collège d’Enseignement Secondaire. Als CEG FA wird ein CEG des Typs Franco-Arabe bezeichnet, der einen Schwerpunkt auf die arabische zusätzlich zur französischen Sprache aufweist.[16] Das Berufsausbildungszentrum Centre de Formation aux Métiers de Tibiri (CFM Tibiri) bietet einen Lehrgang in familiärer Wirtschaft an.[17]

Die Niederschlagsmessstation im Hauptort liegt auf 370 m Höhe und wurde 1973 in Betrieb genommen.[18]

Zu den zahlreichen infrastrukturellen Problemen zählen zum Teil gravierende Mängel bei der Wasserversorgung, Kanalisation, Straßenbeleuchtung und Qualität des Straßenbelags sowie zu geringe Qualifikation der Arbeitskräfte. Unvorteilhaft ist auch das Fehlen einer Brücke über den Goulbi de Maradi.[4]

Literatur

  • Soumaila Mahamadou: Apport d’une réponse WASH à l’urgence due l’afflux des réfugiés en provenance du Nigeria dans la région de Maradi, cas des villages d’El Guidi, Bassira, Fangari et Chawagui. Mémoire pour l’obtention du diplôme de Master. Institut International d’Ingénierie, Ouagadougou 2020 (2ie-edu.org [PDF]).
Commons: Tibiri (Maradi) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Répertoire National des Localités (ReNaLoc). (RAR) Institut National de la Statistique, République du Niger, Juli 2014, S. 254–258, archiviert vom Original am 24. September 2015; abgerufen am 27. März 2022 (französisch).
  2. Jolijn Geels: Niger. Bradt, Chalfont St Peter 2006, ISBN 1-84162-152-8, S. 210.
  3. Maman Salifou: Historique de la décentralisation au Niger. (PDF) Direction Générale de l’Administration Territoriales et des Collectivités Locales, Ministère de l’Intérieur, de la Sécurité Publique et de la Décentralisation, République du Niger, Mai 2008, S. 11, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. Juli 2018; abgerufen am 8. Mai 2021 (französisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cfgct.ne
  4. Présentation de la commune de Tibiri-Gobir. ANIYA Coopération Décentralisée Niger-France, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 27. Januar 2011 (französisch).@1@2Vorlage:Toter Link/www.france-niger.com (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  5. Evaluation Multisectorielle RRM. Site de Toda Haoussa, département de Guidan-Roumdji, Région de Maradi. (PDF) ACTED, 27. August 2019, S. 1 und 5, abgerufen am 25. Dezember 2021 (französisch).
  6. Refugees – Niger. Maradi Region as of August 31st 2019. (PDF) UNHCR, 1. September 2019, abgerufen am 25. Dezember 2021 (französisch).
  7. Abdourahmane Idrissa, Samuel Decalo: Historical Dictionary of Niger. 4. Auflage. Scarecrow, Plymouth 2012, ISBN 978-0-8108-6094-0, S. 118.
  8. Ikali Dan Hadiza: Insécurité : 4 gendarmes tués et plusieurs bandits armés neutralisés suite à une attaque à Bassira (Région de Maradi). In: ActuNiger. 23. Februar 2024, abgerufen am 25. Februar 2024 (französisch).
  9. Répertoire National des Communes (RENACOM). (RAR) Institut National de la Statistique, République du Niger, archiviert vom Original am 2. Februar 2012; abgerufen am 27. März 2022 (französisch).
  10. Recensement Général de la Population 1988: Répertoire National des Villages du Niger. Bureau Central de Recensement, Ministère du Plan, République du Niger, Niamey März 1991, S. 181 (web.archive.org [PDF; abgerufen am 4. Mai 2019]).
  11. Recensement général de la population 1977. Résultats définitifs. Rapport d’Analyse. Direction de la Statistique et de l’Informatique, Ministère du Plan, République du Niger, Niamey Dezember 1985, S. 30 (odsef.fss.ulaval.ca [PDF; abgerufen am 28. März 2021]).
  12. Yveline Poncet: Cartes ethno-démographiques du Niger au 1/1 000 000. Notice des cartes (= Etudes nigériennes. Nr. 32). Centre Nigérien de Recherches en Sciences Humaines, Niamey 1973, Annex: République du Niger: Carte ethno-démographique au 1:1 000 000 (odsef.fss.ulaval.ca [PDF; abgerufen am 31. Januar 2021]).
  13. Résultats élections – Communales. Commission Électorale Nationale Indépendante, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Januar 2021; abgerufen am 2. Januar 2021 (französisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ceniniger.org
  14. CAIMA. In: Béret Vert. Bulletin de Liaison et d’Information des Forces Armées Nigériennes. Nr. 17, Mai 2013, S. 28.
  15. Niger DSS. In: Systeme Nationale d’Information Sanitaire (SNIS). Ministère de la Santé Publique, République du Niger, abgerufen am 10. November 2020 (französisch).
  16. Niger – Recensement Scolaire 2008–2009, Enquête statistique. Dictionnaire des donnèes. Institut National de la Statistique, République du Niger, 28. November 2013, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 10. November 2020 (französisch).@1@2Vorlage:Toter Link/anado.ins.ne (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  17. CFM (Centre de Formation aux Métiers) de Tibiri. Ministère des Enseignements Professionnels et Techniques, République du Niger, abgerufen am 18. November 2020 (französisch).
  18. Evaluation Hydrologique de l’Afrique Sub-Saharienne. Pays de l’Afrique de l'Ouest. Rapport de Pays: Niger. Mott MacDonald International / BCEOM / SOGREAH / ORSTOM, Cambridge / Montpellier / Grenoble August 1992, Annexe E: Liste des postes pluviométriques, S. 10 (horizon.documentation.ird.fr [PDF; abgerufen am 19. März 2022]).
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.