Tscherper

Ein Tscherper, auch Tzscherper[1], ist ein feststehendes Berufsmesser der erzgebirgischen und Oberharzer Bergleute. Es zeigte – zum Habit getragen – den bergmännischen Stand seines Trägers an. Häuer trugen einen, Doppelhäuer zwei Tscherper.[2][3] Tscherper wurden zuerst im erzgebirgischen Erzbergbau verwendet.[4]

Kleiner Ziertscherper
Großer Ziertscherper
Obersteiger der Frohnauer Bergbrüderschaft mit Tzscherpertasche

Etymologie

Der Begriff Tscherper stammt aus dem Slawischen.[5] Der Tscherper war auf beiden Seiten des Erzgebirgskamms zu finden. Ein Ursprung aus dem Tschechischen ist jedoch nicht nachweisbar, da dort ein entsprechendes Wort fehlt. „TSCHERPER, […] m., bergmannsmesser; […] seit dem 15. jh. bezeugt, durchweg mit anlautender affricata: fixorium, cultellus ein czerper […] affricata weisen auch die wenigen mundartl. zeugnisse auf.“ (Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Band 22, Spalten 1441 - 1446)[4]

Wortformen

Affricata: Grubentzscherper,[1] Grubentscherper,[6] Tscherper,[7][8] Tšeerpür,[9] Zscherper,[4][2][10] Zschärper,[11] Zschörper,[12] „einen Scherber“ (auch Tscherpermesser).[13]

Oberdeutsch: „die obd. zeugnisse zeigen in der regel einen abweichenden anlaut und auch eine weitergreifende bedeutung“ (Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Band 22, Spalten 1441 - 1446)[4]: Scherperschmid,[14] Waffen- und Scherpenschmid,[15]; Scherper („starkes Messer zum Spalten kleiner Holzblöcke“, „Taschenmesser“), Mondscherper („ein Messer mit drei Halbmondzeichen“).[16] Hinwieder mit Affricata: Tscherpmesser („schlechtes, abgenütztes messer“).[17]

Aufbau

Ein Tscherper war ein sehr einfach gehaltenes Messer mit kurzer gerader starker Schaffuß-Klinge.[18] Bei Arbeitstscherpern bestand das Heft in der Regel aus einfachem Holz, bei Repräsentationstscherpern, die zum Paradehabit getragen wurden, meistens aus Horn, oder gar Elfenbein mit Einlegearbeiten.[19]

Verwendung

Das Tscherpermesser musste von den Harzer Bergleuten als universelles Werkzeug immer in der Seitentasche an der Hose oder neben der Tasche am Gürtel mitgeführt werden. Der Tscherper diente in erster Linie dazu, die Helme der Eisen zurechtzuschneiden.[20][4] Mit dem Tscherper wurde das Gezimmer in der Grube (dazu gehörten Stempel, Joche, Einstriche, Spreizen etc.) untersucht, um herauszufinden, ob dieses noch tragfähig war oder etwa durch Fäulnis schon gelitten hatte.[4]

Jeder Bergmann hatte die Pflicht, gebrochene oder beschädigte Sprossen in den hölzernen Fahrten umgehend zu reparieren. Die Verordnung des Bergamtes zu Clausthal (1850) sagt: „…Da aber nicht jeder Bergmann eine Axt oder Barte führt, so hat sich jedoch ohne Ausnahme jeder einfahrende Bergmann mit seinem Tzscherper in guter Scheide zu versehen, um bei augenblicklicher Entbehrung einer Axt oder einer Barte mit Hülfe dieses Messers die Einziehung einer Sprosse doch wohl bewerkstelligen zu können.“[4] Tscherper: Beyer Otia met 2.,65.: – Scherber: Jeder Arbeiter ist angewiesen, ein gutes Feuerzeug und einen Scherber bei sich zu führen. Aeltere clausthalsche Bergpolizeivorschrift.[3]

Es diente in den früheren Jahren dem Bergmann als Werkzeug und Essbesteck, mit dem er sein Brot „über den Daumen“ aß. Hiermit schnitt er, wie es kam, Tauwerk, Gezimmer und auch seine Mahlzeiten in den Pausen.[20]

Der Tscherper diente auch als Signalmittel, indem die übertage verbliebenen Leute damit an die Fahrten schlugen, was vor allem bei den älteren, kleinen Bergwerken bis vor Ort hörbar war.[21]

In den 12 Büchern vom Bergwerk von Georgius Agricola sind alle damaligen Werkzeuge der Bergleute beschrieben und abgebildet. Dabei fehlt jedoch der Tscherper, der ihm wahrscheinlich nicht bekannt war.

Rezeption

…(hervor) mein zschärper, scharf und gut,
du schneidest brod[Döring 1] und eisenhelm,[Döring 2]
doch auch in feindesblut
 Moritz Döring: Sächsische Bergreyhen, Freiberg 1839, Bd. 1, S. 92.

[4][3]

  1. brod: Brot
  2. eisenhelm: der Helm (Stiel) des Bergeisens

Tscherperessen

Das Tscherperessen ist eine regionale Harzer Bergbautradition.

Einzelnachweise

  1. Gottfried Junghans: Außgeklaubte Gräublein Ertz. Das ist Zusammen getragene Bergleufftige Wörter und Redens-Arten / Erklähret von Gottfried Junghansen. Zacharias Becker, Freiberg 1680 (Grubentzscherper, Tzscherper).
  2. Herttwig: Bergbau, 1710, S. 397a (nach Grimm: Tscherper)
  3. Heinrich Veith: Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen. Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1871, S. 506 („Tzscherper, ein Messer, welches die Häuer bei sich tragen: Tzscherper oder Gruben-Tzscherper ist ein grosses Messer, welches die Bergleute nebst ihrer Gruben-Tasche führen. Wird in der Grube gebraucht das Gezimmer damit zu bestechen. Anm. Neben Tzscherper auch Zscherper: Körner 31.:–Zschärper: Zuschnitzen der Eisenhelme, ein bei der früheren Anwendung der Schlägel- und Eisen-Arbeit sehr häufig vorkommendes Geschäft, dürfte wahrscheinlich eine Hauptbestimmung des sogenannten Zschärpers gewesen seyn, eines kleinen breiten Messers, welches an der Lichttasche befestigt nochjetzt, besonders bei dem Freiberger Bergmann den Stand des Häuers – zwei Zschärper den Doppelhäuer – bezeichnet. Gätzschmann1., 224“).
  4. GRIMM, tscherper. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden, 1854–1960. S. Hirzel, Leipzig (woerterbuchnetz.de).
  5. Johann Christoph Adelung: Tscherper, der. In: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Band 4. Breitkopf, Leipzig 1801 (zeno.org „Der Tschêrper, …ein nur bey den Obersächsischen Bergleuten übliches Wort, ein großes Messer zu bezeichnen…Der harte den Deutschen ungewöhnliche Zischlaut tsch zeiget schon, daß dieses Wort in einer der Slavischen Mundarten zu Hause gehöret, da es denn vermuthlich ein Überrest der ehemahligen Wenden in Obersachsen ist…“ (Adelung 1801)).
  6. Christian Lehmann: Natur-Chronik, veröffentlicht als: Historischer Schauplatz derer natürlichen Merkwürdigkeiten in dem Meißnischen Ober-Ertzgebirge, Leipzig 1699, 1747 erschien schon ein Nachdruck ohne Verfasserangabe (Ausführliche Beschreibung Des Meißnischen Ober-Ertzgebürges mit 1005 Seiten), Reprintausgabe Stuttgart 1988, Neuer unter anderem Titel (Erzgebirgsannalen Des 17. Jahrhunderts. Von Unwettern. Tieren in Wald und Haus. Kuriositäten. Pestilenzen und Spukereien. Verlags-Anstalt Union. Berlin. 1991.). Das einzige seiner Werke, das vollständig in Druck ging. (Digitalisat) S. 81
  7. Adolph Beyer: Otia Metallica oder Bergmännische Neben-Stunden. darinnen verschiedene Abhandlungen von Berg-Sachen, Aus denen Geschichten, Berg-Rechten, Natur-Lehre auch anderen Wissenschaften Nebst etlichen alten Bergwercks-Uhrkunden enthalten sind. Band 22. Fulden, Schneeberg 1758, S. 65, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10704921-1.
  8. Frommann: dt. maa., Bd. 6, S. 175 (für die Nord- und Südseite des Erzgebirges, nach Grimm: Tscherper)
  9. (Zwickauer Mundart) In: Zusammenfassung für deutsche Mundarten, 1909, S. 355, (nach Grimm: Tscherper)
  10. Georg Körner: Philologisch-historische Abhandlung von dem Alterthume des böhmischen Bergwerks, 1758. (Digitalisat), S. 31
  11. Moritz Döring: Sächsische Bergreyhen. Band 1. Freiberg 1839, S. 92 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. Petrus Albinus: Newe Meysnische Chronica, 1580, S. 542, nach: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Band 22, Spalten 1441–1446
  13. In: Clausthaler Bergpolizeiverordnung vom Jahre 1869, zitiert nach: Zusammenfassung für Bergrecht 10, S. 485, (nach Grimm: Tscherper)
  14. (v. j. 1568) bei SCHMELLER-FR. 2, 470, (nach Grimm: Tscherper)
  15. (v. j. 1653) ebda, (nach Grimm: Tscherper)
  16. Sschöpf: Tirol, S. 603, (nach Grimm: Tscherper)
  17. Bacher: Lusern, S. 409, (nach Grimm: Tscherper)
  18. Klingenformen. Sheepfoot Klinge. In: messer-portal.com. Abgerufen am 14. Juli 2015.
  19. Wolfgang Süß: Tscherper. des Bergmanns Messer. In: lindenholz.homepage.t-online.de. Januar 2015, abgerufen am 14. Juli 2015.
  20. anonym: Bergmännisches Wörterbuch. darinnen die deutschen Benennungen und Redensarten und zugleich die in Schriftstellern befindlichen lateinischen und französischen angezeiget werden. Hrsg.: Johann Christoph Stößel. Chemnitz 1778, S. 567 („Tzscherper, ein kurzes Messer mit einer starken Klinge, deren der Bergman zwey, davon eins um ein wenig größer, als das andere, neben seiner Tasche hat, die Helme der Eisen in der Grube damit vorzurichten, die Zimmerung damit anzustechen, um zu sehen ob sie noch frisch oder dürkel ist, und sonst verschiedenes damit zu machen“.).
  21. „…das weib gibt alsbald ein zeichen, welches bey den kölern und weldern breuchlich ist, das sie mit einem zschörper oder groszem messer auf ein holzat schlagen…“ (Petrus Albinus: Newe Meysnische Chronica, 1580, S. 542, nach: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Band 22, Spalten 1441–1446)
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