Bezoar

Ein Bezoar (von persisch padzahr, „Gegengift“),[1] auch Bezoarstein und Magenstein[2] genannt, ist eine Verklumpung aus verschluckten unverdaulichen Materialien wie Haaren, der als Trichobezoar (Syn. Pilobezoar) physiologischerweise im Magen von Greifvögeln oder Katzen nach dem Verschlingen von Beutetieren gebildet wird. Die unverdaulichen Fell-/Haar-Reste werden nach einiger Zeit hochgewürgt und ausgeworfen. Bei Greifvögeln werden die so ausgeschiedenen Nahrungsreste als Gewölle bezeichnet. Ein Bezoar aus Pflanzenfasern nennt man Phytobezoar, Mischungen aus Pflanzenfasern und Haaren Phytotrichobezoar.

Ein länglicher Bezoar (10 cm)
von einer Maine-Coon-Katze
Bezoarsteine, ausgestellt im Deutschen Apothekenmuseum im Heidelberger Schloss

Haar-Bezoare finden sich auch im Magen oder Pansen der Rinder und anderer Wiederkäuer, aber auch zum Beispiel im Magen von Kaninchen. Offenbar sammeln sich hier die Haare an, die durch Ablecken des Fells aufgenommen werden.

Bezoare beim Menschen

In seltenen Fällen – z. B. bei der Trichotillomanie – wird das wiederholte Verschlucken von Haaren bei Menschen beobachtet und wird dann als Trichophagie bezeichnet. Selten werden Bezoare des Menschen, wie sie im 18. Jahrhundert von Georges Louis Leclerc beschrieben und im 19. Jahrhundert etwa von Charles Robin näher untersucht wurden, nicht nur im Magen, sondern auch im Dünn- oder Dickdarm gebildet und können hier zu einem Darmverschluss (Ileus) führen. Es wird auch von Bezoaren in der Bauchspeicheldrüse berichtet, die aus einer kaugummiartigen Masse bestehen.

Daneben können sich Bezoare bei Säuglingen auch aus eingedickter, geronnener Milch bilden (Milchpfropfsyndrom), in diesem Fall handelt es sich um einen Laktobezoar. Ein Phytobezoar besteht aus ungenügend durchgekauten pflanzlichen Fasern. Ein Medikamentenbezoar kann sich im Rahmen einer Antazida-Therapie entwickeln.

Bezoarsteine

Einige Bezoarsteine aus der Schatzkammer der Wittelsbacher

Ist die Bezoar-Kugel durch ihren langen Aufenthalt in dieser Umgebung von einer harten Kruste überzogen, so nennt man sie Bezoarstein. In der Veterinärmedizin wird ein Bezoarstein als pathologischer Gastrolith oder Hirschkugel bezeichnet.

Besonders häufig findet man Bezoarsteine in den Verdauungsorganen von Wiederkäuern, da in ihnen die Nahrung immer wieder umhergewälzt wird. Haare oder Pflanzenfasern können dabei verfilzen und Bezoare bilden. Wenn diese sich in kleinen Taschen in der Darmwand (den sogenannten Divertikeln) einlagern, kann dort nach einiger Zeit eine harte Kruste auf den Bezoaren entstehen.

Volksmedizin und Magie

Im Altertum schrieben viele Kulturen Bezoaren magische Kräfte zu. Als Erstbeschreiber medizinischer Wirkungen gilt Sushruta, ein indischer Arzt und Verfasser eines bedeutenden ayurvedischen Werkes. Außerdem wurden Bezoare zur magischen Beeinflussung des Wetters eingesetzt.

In der traditionellen chinesischen Medizin werden Bezoaren auch heute noch medizinische Eigenschaften nachgesagt und diese zu hohen Preisen gehandelt. Ein im November 2017 entdeckter 140 Gramm schwerer Magenstein eines Hausschweins wurde auf einen Wert von 3 Millionen Yuan (ca. 400.000 Euro) geschätzt.[3]

Bezoare sollten vor allem vor Vergiftungen schützen, zum Beispiel bei möglicherweise vergifteten Getränken. Bezoarsteine wurden teilweise zu kostbaren Schmuckstücken verarbeitet, die man an einer Kette in das Trinkgefäß tauchen konnte. In der Schatzkammer der Münchner Residenz und auch in der Kunstkammer Wien sind einige Exemplare ausgestellt.

Auch in der Populärliteratur kommen Bezoare als Heil- und Zaubermittel vor, beispielsweise in Band 1 und Band 6 von Harry Potter[4] oder in Neil Gaimans Sandman.

Siehe auch

Literatur

  • Wolfgang Wegner: Bezoarstein. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 173.

Einzelnachweise

  1. Bezoar. Duden online
  2. Klaus Bergdolt: Medizinisches im Mainfränkischen Museum zu Würzburg. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen, 8, 1990, S. 41–52; hier: S. 50 f. (Bezoar der Gräfin Sofia von Schönborn)
  3. Wang Xuemei: Bauer findet im Schweinebauch einen Stein im Wert von 3 Millionen Yuan. In: China.org.cn. 30. November 2017, abgerufen am 11. Dezember 2017.
  4. Zum Beispiel Band 1: Harry Potter und der Stein der Weisen, S. 152.

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