Tonung
Tonung (Virage, Viragierung) bezeichnet eine Technik des Einfärbens von Fotos (bzw. Filmmaterial). Entstanden ist sie durch die Schwarz-Weiß-Fotografie, bei der das schwarz erscheinende Silber auf chemischem Wege in gefärbte Verbindungen überführt wurde. In der heutigen Verwendung des Begriffes ist das generelle Einfärben von Fotos gemeint – in den meisten Fällen auf digitalem Wege.
Tonungsarten
Abgesehen von der Tonung eines Fotos auf digitalem Weg gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten der chemischen Tonung:
- Direkte Tonung
Die Tonung wird auf das fixierte und gewässerte Bild angewendet.
- Indirekte Tonung
Der Tonung geht ein Bleichprozess voraus. Typische Bleichbäder bestehen aus rotem Blutlaugensalz (Kaliumhexacyanoferrat(III)), teilweise unter Beimischung von Kaliumbromid.
Tonerarten (chemisch)
Beliebteste Form der Tonung ist die Sepia-Tonung, bekannt von vielen alten Schwarz-Weiß-Aufnahmen, die genaugenommen nicht schwarz-weiß, sondern braun-weiß sind. Bei der Sepia-Tonung wird das Silber im Fotopapier mit Natriumsulfid in Silbersulfid umgesetzt. Diese Schwefeltoner sind auch unter dem Oberbegriff (Poly-)Sulfid-Toner bekannt. Die Tonung erfolgt in zwei Stufen. Zuerst wird mit einer Lösung von Kaliumhexacyanidoferrat(III) (rotes Blutlaugensalz) und Kaliumbromid das Bildsilber in Silberbromid umgewandelt, dass dann mit dem Sulfid zu Silbersulfid reagiert.[1] Da diese Polysulfidtoner sehr giftig und umweltgefährlich sind, aber auch eine sehr starke Geruchsentwicklung haben (verfaulte Eier), werden sie immer mehr vom geruchlosen Thioharnstofftoner (Harnstoff, bei dem das Sauerstoffatom durch ein Schwefelatom ausgetauscht ist) verdrängt. Ursprünglich war der Grund der Schwefeltonung weniger ein ästhetischer als vielmehr ein praktischer. Das bei der Schwefeltonung gebildete Silbersulfid ist wesentlich stabiler als das feinverteilte Silber und die so getonten Bilder sind absolut archivfest und sehr haltbar.[1]
Neben der Schwefeltonung gibt es eine Reihe weiterer Farben, für die es konfektionierte Präparate gibt, die man aber auch selber ansetzen kann
- Blau- und Grüntoner[2]
- Braun- und Rottoner[3]
- Gold- und Platintonung wird üblicherweise konfektioniert eingesetzt[1]
Blautonung und Grüntonung erfolgen mittels Eisensalzen, die Röteltonung mit Kupfersalzen und der Selentonung mit Selen. Die je nach der Fotopapiervariante entstehende Farbverschiebung bei der Selentonung ist dabei eher von untergeordneter Bedeutung – erwünscht ist in erster Linie die Fähigkeit des Selentoners zur deutlichen Erhöhung der Schwärzungsdichte in den Schattenpartien des Positivs und damit zur weiteren Steigerung der Brillanz des fotografischen Abzugs.
Teurere, daher seltenere, Varianten sind Gold- und Platintonung. Weitere Möglichkeiten bieten Carbon-, Cobalt- und Kupfertoner.
Toner können durch Mehrfachtonung mit verschiedenen Tonern und optionalem Zwischenbleichen oder Rückentwickeln (d. h. erneut in Entwickler) sehr interessante Farbeffekte hervorrufen.
Die Toner können selbst angesetzt werden, fertig konfektionierte Tonerchemie wird von Herstellern wie Tetenal, Kodak und Moersch Photochemie angeboten.
Tonung im Kinofilm und als Dramaturgie
In der Schwarzweiß-Film-Ära war die Tonung (oder Viragierung) zunächst eine preisgünstigere und schnellere Alternative zur aufwendigen Nachkolorierung, erlaubte aber auch eine dramaturgische Farbensprache, die sich danach unterschied, welche monochrome Farbe in einer Szene zum Einsatz kam. Die Tonung konnte also zwischen mehreren Farben wechseln. Das heute bekannte Schwarzweißbild war in diesem Sinne lange Zeit eher die Ausnahme. Dabei verliert der Negativstreifen durch häufiges Abspielen die Tonung, sodass nur noch das farblose Material verbleibt.
Allgemein hatte sich folgende Farbensprache im Kontext der Filmstreifeneinfärbung herausgebildet[4]:
- Gelb ("ein kräftiger Bernsteinton") – (sonnige) Außenaufnahmen bei Tag
- Blau – außen, nachts
- Sepia – innen, nachts
- Orange – Szenen bei Lampen oder Kerzenschein
- Rosa – Friede, Ausgeglichenheit, Freude, innerer Gemütszustand
- Violett – Sonderfarbe des Nachts (dramatischer)
- Rot – Liebe, Verruchtes und Gewalt
- Grün – Magie, Geheimnisvolles und Unheimliches
Drucktechnik
Tonen im Druckprozess bezeichnet die Erscheinung, dass die eigentlich nicht druckenden Stellen einer Druckplatte Farbe übertragen und ein Farbton an normalerweise unbedruckten Stellen des Papieres entsteht. Beim Offsetdruck entsteht dieser Fehler durch Oxidation der Aluminiumdruckplatte bei langem Maschinenstillstand oder unzureichender Konservierung durch Gummi Arabicum von archivierten Druckplatten.
Literatur
- Werner Kamp, Manfred Rüsel: Vom Umgang mit Film. 1. Auflage. Cornelsen, ISBN 3-06-102824-2.
Weblinks
- Tonung auf Timeline of Historical Film Colors mit vielen schriftlichen Quellen und Fotografien von getonten Filmkopien.
Siehe auch
- Kolorieren (tonen und kolorieren kombiniert)
- Farbstich
- Farbkorrektur
Einzelnachweise
- Eine Frage des guten Tons oder: Archivfeste Tonungen Thomas Wollstein März 2001, abgerufen am 17. August 2020.
- Blau- und Grüntoner Karl Neumeier abgerufen am 17. August 2020
- Karl Neumeier abgerufen am 17. August 2020
- Anmoderation des Films Der müde Tod auf Arte am 15. Februar 2016