Tōkaidō

Der Tōkaidō (japanisch 東海道 Ostmeerstraße; Ostmeergau[1]) war eine der wichtigsten Post- und Handelsstraßen (Kaidō) des frühneuzeitlichen Japan. In der Edo-Zeit verband sie den Regierungssitz des Tokugawa-Shogunats Edo (das heutige Tokio) mit der kaiserlichen Hauptstadt Kyōto. Die neuzeitliche Straße und ihre Vorgänger verbinden die Provinzen von Tōkaidō, eine der Großlandschaften (dō) des Altertums, die nach chinesischem Vorbild eingerichtet wurden (identisch geschrieben, chinesisch -dao gelesen).

Die sieben -dō und die innere Hauptstadtregion (Kinai) im Altertum

Ritsuryō

Tōkaidō-Provinzen im 19. Jahrhundert

Mit der Einführung des Ritsuryō-Verwaltungssystems nach chinesischem Vorbild übernahm Japan auch das Poststraßensystem aus China. In Artikel 2 des Taihō-Kodex von 701 wurde dieses in Japan eingeführt.[2]

Als eine von diesen Straßen wurde die Tōkaidō eingerichtet, die zunächst als Straße 2. Klasse nur eine nachgeordnete Bedeutung hatte. Sie begann in Seta, lief dann durch den Südosten der Provinz Ōmi durch den Kontrollpunkt (, seki bzw. sinojapanisch kan) Suzuka no Seki (鈴鹿関) im heutigen Kameyama, im Norden der Provinz Ise, folgte dann grob der Pazifikküste bis zur Hauptstadt der Provinz Hitachi. Die Fernstraße und Region entlang der östlichen wurde dabei als Tokaidō bezeichnet. Des Weiteren hatte die Straße drei bedeutende Abzweigungen:

Zudem gab es ein Verbindungsstück, das von Hitachi über den Bezirk Higashishirakawa in der Provinz Iwaki die Tōkaidō mit der grob nördlich parallel verlaufenden Tōsandō verband, die ebenfalls in Suzuka begann.[3]

Nachdem Minamoto no Yoritomo das Kamakura-Shogunat ausrief und der Regierungssitz 1192 nach Kamakura wanderte, stieg die Tōkaidō zur wichtigsten Straße Japans auf.[3]

Zudem wurde Japan mit dem Gokishichidō-System in acht Großregionen unterteilt. Die einzelnen Provinzen der sieben (shichi) äußeren Regionen wurden dabei über ein System von Fernstraßen () an die fünf Provinzen der inneren Region Kinki (goki) angeschlossen und übernahmen von diesen Fernstraßen die Namen. Die Region Tōkaidō bestand dabei aus folgenden Provinzen:

Edo-Zeit

Fotografie der Tōkaidō von Felice Beato, 1865
Der Tōkaidō heute in der Präfektur Aichi bei der Station Goyu

Während der Edo-Zeit (16031867) wurde sie als eine der „Fünf Straßen“ (Gokaidō) neu hergerichtet und verband nun Edo (das heutige Tokio) mit Kyoto. Über eine Länge von 488 Kilometern lief sie zuerst von Tokio nach Nagoya entlang der Ostküste von Honshū und dann über die Berge und entlang des Südufers des Biwa-Sees nach Kyōto. Während der Edo-Zeit war der Tōkaidō als wichtige Verkehrsader ein wesentliches Machtmittel (Sankin kōtai) für die Shōgun-Dynastie, um die Kontrolle über das Land zu behalten. Der wichtigste Kontrollpunkt war der Hakone Sekisho (箱根関所). Auf diesen geht bis heute die Bezeichnung der Gebiete um Tōkyō als Kantō (関東, „östlich des Kontrollpunkts“) und um Kyōto als Kansai (関西, „westlich des Kontrollpunkts“) zurück. Im Binnenland wurde der Verkehr über den Nakasendō geführt.

Die 53 klassischen Stationen des Tōkaidō

Entlang des Tōkaidō wurden zwischen den Brücken Nihonbashi in Edo und Sanjō-Ōhashi in Kyōto insgesamt 53 Stationen (宿場, shukuba) erbaut. Es entstanden Gasthäuser, Post- und Zollstationen. Die einzelnen Stationen sind:


Nr.StationsnameEntfernungOrt (historisch / modern)
TranskriptionKanjiProvinzBezirkPräfekturGemeinde
Nihonbashi日本橋(Start)MusashiToshimaTokioChūō
01Shinagawa-juku品川宿2 riEbaraShinagawa
02Kawasaki-juku川崎宿riTachibanaKanagawaKawasaki-ku, Kawasaki
03Kanagawa-juku神奈川宿riKanagawa-ku, Yokohama
04Hodogaya-juku程ヶ谷宿1 ri 9 chōHodogaya-ku, Yokohama
05Totsuka-juku戸塚宿2 ri 9 chōSagamiKamakuraTotsuka-ku, Yokohama
06Fujisawa-juku藤沢宿1 ri 30 chōKamakura / KōzaFujisawa
07Hiratsuka-juku平塚宿riŌsumiHiratsuka
08Ōiso-juku大磯宿27 chōYurugiŌiso
09Odawara-juku小田原宿4 riAshinoshimoOdawara
10Hakone-juku箱根宿4 ri 8 chōHakone
11Mishima-juku三島宿3 ri 28 chōIzuKimisawaShizuokaMishima
12Numazu-juku沼津宿riSurugaSuntōNumazu
13Hara-juku原宿ri
14Yoshiwara-juku吉原宿3 ri 6 chōFujiFuji
15Kambara-juku蒲原宿2 ri 30 chōIharaShimizu-ku, Shizuoka
16Yui-juku由比宿1 ri
17Okitsu-juku興津宿2 ri 12 chō
18Ejiri-juku江尻宿1 ri 3 chō
19Fuchū-juku府中宿2 ri 29 chōUdoAoi-ku, Shizuoka
20Mariko-juku鞠子宿riSuruga-ku, Shizuoka
21Okabe-juku岡部宿1 ri 29 chōShidaFujieda
22Fujieda-juku藤枝宿1 ri 29 chō
23Shimada-juku島田宿2 ri 8 chōShimada
24Kanaya-juku金谷宿1 riTōtōmiHaibara
25Nissaka-juku日坂宿1 ri 24 chōSayaKakegawa
26Kakegawa-juku掛川宿1 ri 19 chō
27Fukuroi-juku袋井宿2 ri 16 chōYamanaFukuroi
28Mitsuke-juku見付宿riIwataIwata
29Hamamatsu-juku浜松宿4 ri 7 chōFuchiNaka-ku, Hamamatsu
30Maisaka-juku舞坂宿2 ri 30 chōNishi-ku, Hamamatsu
31Arai-juku新居宿1 riKosai
32Shirasuka-juku白須賀宿1 ri 24 chōHamana
33Futagawa-juku二川宿2 ri 16 chōMikawaAtsumiAichiToyohashi
34Toyohashi-juku吉田宿1 ri 20 chō
35Goyu-juku御油宿2 ri 22 chōHoiToyokawa
36Akasaka-juku赤坂宿16 chō
37Fujikawa-juku藤川宿2 ri 9 chōNukataOkazaki
38Okazaki-juku岡崎宿1 ri 25 chō
39Chiryū-juku池鯉鮒宿3 ri 30 chōHekikaiChiryū
40Narumi-juku鳴海宿2 ri 30 chōOwariAichiMidori-ku, Nagoya
41Miya-juku宮宿riAtsuta-ku, Nagoya
42Kuwana-juku桑名宿3 riIseKuwanaMieKuwana
43Yokkaichi-juku四日市宿3 ri 8 chōMieYokkaichi
44Ishiyakushi-juku石薬師宿2 ri 27 chōSuzukaSuzuka
45Shōno-juku庄野宿27 chō
46Kameyama-juku亀山宿2 riKameyama
47Seki-juku関宿ri
48Sakashita-juku坂下宿1 ri 24 chō
49Tsuchiyama-juku土山宿riŌmiKōkaShigaKōka
50Minakuchi-juku水口宿2 ri 25 chō
51Ishibe-juku石部宿3 ri 12 chōKonan
52Kusatsu-juku草津宿2 ri 25 chōKuritaKusatsu
53Ōtsu-juku大津宿3 ri 24 chōShigaŌtsu
Sanjō-Ōhashi三条大橋3 riYamashiroAtagiKyōtoHigashiyama-ku, Kyōto

Heute

Im Zuge der Modernisierung Japans in der Meiji-Zeit und im 20. Jahrhundert wurde die ursprüngliche Trasse des Tōkaidō auf Teilstrecken nicht mehr benutzt. Andere Strecken werden jedoch auch heute noch als normale Straßen benutzt, teilweise sogar als Nationalstraße Nr. 1.

Heute ist der Verlauf des Tōkaidō der meistbefahrene Verkehrsweg in Japan. Er verbindet Tokio (Japans Hauptstadt und größte Stadt) über Nagoya mit Kyōto und Osaka. Der Route Tokio-Nagoya-Kyōto-Ōsaka folgen die Tōkaidō-Hauptlinie (Eisenbahn) und die Tōmei- und Meishin-Autobahn. Eine der ersten japanischen Hochgeschwindigkeitszugstrecken (Shinkansen), die seit 1964 Tokio mit Ōsaka verbindet, wurde in Erinnerung an die traditionelle Handelsstraße Tōkaidō-Shinkansen genannt.

In der japanischen Kunst

Der Tōkaidō übte auf japanische Künstler und Dichter eine große Faszination aus. Am bekanntesten ist der Holzschnittzyklus 53 Stationen des Tōkaidō bzw. die Hoeidō-Ausgabe des Künstlers Utagawa (Andō) Hiroshige.

Literatur

  • Patrick Carey: Rediscovering the old Tokaido. In the Footsteps of Hiroshige. Global oriental, 2000, ISBN 1-901903-10-9.
  • Philippe Delord: Hiroshige’s Japan: On the Trail of the Great Woodblock Print Master – A Modern-day Artist’s Journey on the Old Tokaido Road. Tuttle, Boston 2022, ISBN 978-4-8053-1629-0.
  • J. T. Traganou: The Tokaido Road: Travelling and Representation in Edo and Meiji Japan. Routledge Curzon, 2003, ISBN 0-415-31091-1.
Commons: Tōkaidō – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Inge-Lore Kluge: Administrative Landesordnung. In: Horst Hammitzsch (Hrsg.): Japan-Handbuch: Land und Leute, Kultur- und Geistesleben. 3. Auflage. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1990, ISBN 978-3-515-05753-0, S. 304 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 13. Mai 2021]).
  2. Robert B. Hall: The Road in Old Japan. In: Studies in the History of Culture: The Disciplines of the Humanities. 1942, LCCN 42-013513, S. 130 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Robert B. Hall: The Road in Old Japan. In: Studies in the History of Culture: The Disciplines of the Humanities. 1942, LCCN 42-013513, S. 134 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
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