Tina Keller Jenny

Tina Keller Jenny (* 1887; † 25. Oktober 1985 in Genf) war eine Schweizer Ärztin und Psychotherapeutin der Jungianer. Mit C. G. Jung und Toni Wolff[1] erlebte sie aus erster Hand die Entwicklung der analytischen Psychologie (1915–1928). Keller war eine der ersten Personen, die eine Tiefenanalyse bei Jung machten.[2] Nach C. G. Jungs Erinnerungen gehörte sie zu den «wenigen», die er dafür geeignet hielt.[3]

Tina Keller Jenny

Biografie

Als Tochter des Industriellen Conrad Jenny wuchs sie im Jenny-Schloss in Thalwil auf. Trotz ihrem grossbürgerlichen Umfeld machte sie nach einem Aufenthalt im Cheltenham Ladies’ College in London eine Krankenschwesterlehre. 1912 heiratete sie den Theologen Adolf Keller und wurde Mutter von fünf Kindern. Doch die Rolle, nur als Pfarrfrau dazustehen, irritierte sie, und sie beneidete die Arbeitskraft ihres Mannes. Dieser stellte sie C. G. Jung vor, der ihr eine Analyse empfahl. Tina Kellers Analyse stellte sich gleichzeitig als eine Ausbildung zur Psychoanalytikerin dar. Sie holte die Matur nach, schloss das Medizinstudium 1931 ab und gründete als eine der ersten Frauen in der Schweiz eine psychiatrische jungianische Praxis in Genf.[4]

Tina Keller war Pionierin im Integrieren von Bewegung und Tanz in ihren Analysen. Tanz/Bewegung als aktive Phantasie entstand 1916 durch C. G. Jung und wurde von Tina Keller und anderen Analytikern praktiziert, blieb aber bis in die 1950er Jahre weitgehend unbekannt, bis sie von der Therapeutin Mary Whitehouse wiederentdeckt wurde. (Nach Studien mit Martha Graham und Mary Wigman wurde Whitehouse später selbst Tänzerin und Tanzlehrerin des modernen Tanzes[5].)

Zusammen mit der Tanztherapeutin, Tänzerin und Kabarettistin Trudi Schoop arbeitete sie nach dem Tode ihres Mannes 1963 in einer psychiatrischen Klinik in Los Angeles. Wieder in der Schweiz, hielt sie als letzte der frühen Mitarbeiterinnen von C. G. Jung die Rede zu seinem 10-jährigen Todestag.

Bis ins hohe Alter hatte Tina Keller Patienten und machte Therapien, wie ihrem Grossneffen und Kunstmaler Daniel Garbade. Sie schrieb Bücher und Thesen und starb mit 98 Jahren am 25. Oktober 1985 in Genf.[6]

Werke

  • mit Wendy K. Swan: The memoir of Tina Keller-Jenny. A Lifelong Confrontation with the Psychology of C. G. Jung. Spring Journal Books, New Orleans 2009, ISBN 978-18-826-7085-7, OCLC 779060366.[7]
  • [notice biographique, correspondance]. s. n., s. l., 1933–1945, OCLC 716739683.
  • Aus meinen Erinnerungen an C. G. Jung. Bircher Benner, Erlenbach 1980.
  • Zur Psyche der Frau. Classen, Zürich 1955.
  • Das Ja zu sich selber. Bircher Benner, Erlenbach 1980.

Literatur

  • Marianne Jehle-Wildberger: C. G. Jung und Adolf Keller. Über Theologie und Psychologie. Briefe und Gespräche. Theologischer Verlag, Zürich 2014, ISBN 978-3-290-17770-6, OCLC 992952828.
  • Sonu Shamdasani: Introduction to Jungian Psychology. Princeton University Press, Princeton 2012.[8]
  • Schweizerisches medizinisches Jahrbuch. Schwabe, Basel 1980.[9]

Einzelnachweise

  1. Keller, Swan: The Memoir of Tina Keller-Jenny. 2009.
  2. Wendy K. Swan: C. G. Jung and Tina Keller: A Study of Active Imagination. San Francisco, Kalifornien 2005 (wikispaces.com [PDF; 3,3 MB] Diss. The Faculty of Saybrook Graduate School and Research Center).
  3. C. G. Jung: Erinnerungen, Träume, Gedanken. Aufgezeichnet und herausgegeben von Aniela Jaffé. Rascher Verlag, Zürich 1962, ISBN 978-3-530-40734-1, S. 213 (Google Books in der Google-Buchsuche [abgerufen am 28. September 2017]).
  4. Jehle-Wildberger: C. G. Jung und Adolf Keller. 2014, S. 65–73 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Patrizia Pallaro: Authentic Movement: Moving the Body, Moving the Self, Being Moved: A Collection of Essays. Band 2. Jessica Kingsley Publishers, London 2007, ISBN 1-84642-586-7 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 28. September 2017]).
  6. Todesanzeige Tina Keller-Jenny. In: Neue Zürcher Zeitung. Nr. 250, 28. Oktober 1985, S. 41.
  7. The memoir of Tina Keller-Jenny bei Goodreads.
  8. C. G. Jung: Introduction to Jungian Psychology: Notes of the Seminar on Analytical Psychology Given in 1925. Princeton University Press, Princeton 2011, ISBN 0-691-15205-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 28. September 2017]).
  9. Schweizerisches medizinisches Jahrbuch. Schwabe, Basel 1980 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 28. September 2017]).
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