Thyratron
Thyratron (altgr. Kunstwort, etwa Torvorrichtung) ist die Bezeichnung für einen über ein oder mehrere[1] Gitter steuerbaren gasgefüllten Röhrengleichrichter mit Glühkathode, der vom Aufbau her einer Triode ähnelt. Als Füllgas kommen Quecksilberdampf, Xenon, Neon, Krypton oder Wasserstoff zum Einsatz. Das Schaltbild ist das einer Triode, bei Eingitter-Thyratrons. Im Schaltbild befindet sich ein Punkt als Kennzeichen für die Gasfüllung.
Funktion
Zwischen Anode und Kathode wird eine hohe Spannung angelegt, die Teil des Arbeitsstromkreises ist. Eine Zündung (= Leitfähigkeit, nicht Abbrand) des Füllgases kann verhindert werden, indem an das Steuergitter eine ausreichend negative Spannung angelegt wird. Bei positivem Gitterpotenzial (oder unbeschaltetem Gitter) kommt es zu einer Zündung des Füllgases, die eine Bogenentladung zwischen Anode und Kathode nach sich zieht und den gesamten Zwischenraum in ein leitfähiges Plasma umwandelt. Der Anodenstrom kann dann je nach Spezifikation einen Wert von einigen tausend Ampere annehmen, und der Spannungsabfall zwischen Anode und Kathode, die so genannte Brennspannung, beträgt ca. 10 bis 15 V.
Das Gitter wird dabei von einem Ionenbelag des Plasmas umgeben und verliert somit seinen Einfluss auf die Gasentladung. Auch durch Verringern des Gitterpotenzials kann die Bogenentladung nicht mehr unterbunden oder der Anodenstrom gesteuert werden. Das Löschen des Plasmas im Thyratron ist erst durch Verringern der Anodenspannung unter die Brennspannung oder durch Unterbrechen des Anodenstromkreises möglich.
Legt man an den Anodenstromkreis eine Wechselspannung an und steuert die Gitterspannung entsprechend, so kann man den Zündzeitpunkt des Thyratrons innerhalb der positiven Sinus-Halbwelle und damit den im Mittel fließenden Anodenstrom steuern. Das Thyratron verlischt dann selbständig bei der negativen Halbwelle und zündet wieder bei der nächsten positiven Halbwelle. Diese Anordnung arbeitet dann als Phasenanschnittsteuerung, wie sie heute mit Thyristoren oder Triacs realisiert wird.
- Historisches Xenon-Thyratron Type 885 von RCA für Zeitglieder und Sägezahngeneratoren
- Wasserstoff-Thyratron 25 kV/1000 A, Russland, Typ TGI-1000/25 (zu sehen ist die Anodenseite)
- Seite der Kathode mit beheiztem Wasserstoff-Reservoir
- Wasserstoff-Thyratron für Radar-Pulsgenerator (max. 25 kV / 500 A Pulsstrom, Höhe ca. 30 cm), daneben kleines Thyratron für Zeitrelais (Typ 2D21, ca. 60 W).
- Thyratron eines modernen medizinisch genutzten Linearbeschleunigers.
Anwendung
Thyratrons wurden bis in die 1960er Jahre zur Realisierung von steuerbaren Gleichrichtern und Phasenanschnittsteuerungen verwendet. Sie sind heute durch Thyristoren, Triacs und IGBT fast vollständig ersetzt worden.
Wasserstoff-Impuls-Thyratrons werden jedoch bis heute gefertigt, da diese besonders schnell sehr hohe Leistungen schalten können. Sie werden in Impulsgeneratoren, unter anderem in Excimerlasern, zur Steuerung der Pumpentladung, eingesetzt und können dort erst seit ca. 2004 teilweise durch Halbleiter ersetzt werden. Weitere Anwendungsbereiche sind Radaranlagen und Elektronen-Linearbeschleuniger zur Strahlentherapie.
Eine spezielle Anwendung war der gemeinsame Aufbau aus mehreren Thyratrons in Quecksilberdampfgleichrichtern.
Der Musiker, Komponist und Konstrukteur Oskar Sala verwendete Thyratronröhren in seinem Mixturtrautonium, mit dem er ab 1960 viele Kino- und Industriefilme vertonte.
Verwandte Bauteile
Kaltkathoden-Thyratron
Es gibt auch Thyratrons mit ungeheizter Kathode, sogenannte Kaltkathoden-Thyratrons. Diese werden auch als Relaisröhren bezeichnet. Sie enthalten eine Edelgasfüllung und unterscheiden sich von den geheizten Thyratrons in ihrem Zündverhalten: Während ein geheiztes Thyratron bei ausreichender Spannung zwischen Anode und Kathode auch bei stromlosem Gitter oder Gitterspannung Null zündet, braucht die Relaisröhre zur Zündung eine positive Spannung an ihrer Zündelektrode (dem „Starter“): erst wenn dadurch eine Glimmentladung zwischen Zündelektrode und Kathode entsteht, breitet diese sich auch auf die Anode aus und schließt dort den Arbeitsstromkreis. Vor dem Zünden dieser Startentladung fließt kein Strom in die Zündelektrode – im ausgeschalteten Zustand haben Relaisröhren einen sehr hohen Eingangswiderstand. Die Zündung erfolgt bei einer bestimmten positiven Spannung der Zündelektrode. Daher und aufgrund ihrer geringen Größe fanden sie früher in großer Stückzahl in Zeitrelais und Telefonanlagen Verwendung. Ihren Arbeitszustand signalisieren sie optisch durch die Glimmentladung.
Bedingt durch den Betrieb im Bereich einer Glimmentladung beträgt der Anodenstrom nur einige Milliampere, die Brennspannung verbleibt bei vergleichsweise hohen Werten um die 100 Volt.
Da Relaisröhren nicht geheizt zu werden brauchen, sind sie sofort betriebsbereit und haben vor dem Zünden keinen Energieverbrauch. Relaisröhren haben, da sie keine Glühkathode besitzen, eine große Lebensdauer.
Ignitron
Ignitrons arbeiten mit einer Quecksilberteich-Kathode, benötigen sehr hohe Zündströme und können Dauerleistungen im Megawatt-Bereich schalten.
Thyristor
Der Thyristor ist ein Halbleiter-Bauteil, das eine ähnliche Charakteristik wie das Thyratron hat.
Literatur
- Adolf Senner: Fachkunde Elektrotechnik. 4. Auflage. Verlag Europa-Lehrmittel, 1965