Thomas Macaulay, 1. Baron Macaulay

Thomas Babington Macaulay, 1. Baron Macaulay, (* 25. Oktober 1800 in Rothley-Temple, Leicestershire; † 28. Dezember 1859 in Kensington) war ein britischer Historiker, Dichter und Politiker.

Leben

Macaulay

Er war der Sohn von Zachary Macaulay, eines reichen, aus Schottland stammenden Kaufmanns, der in seinen jungen Jahren die Sklaverei auf Jamaika kennenlernte und später zu einem Gegner der Sklaverei wurde und die Clapham-Sekte mitgründete, ein Kreis, in dem sich soziale Reformer zusammenschlossen.[1] Zu seinen Eltern und seinen beiden Schwestern Hannah und Margaret hatte er eine enge Anbindung, die durch hunderte erhalten gebliebener Briefe dokumentiert ist. So schrieb er etwa an Margaret:[2]

The affection which I bear to you is the source of the greatest enjoyment which I have in the world. It is that which will determine the whole course of my life. [...] The pleasures of dissipation end in disgust–those of vanity pall with repetition. Ambition itself passes away. But my love for my sweet sisters and friends becomes strong and stronger from day to day and hour to hour.
Die Zuneigung, die ich Dir gegenüber empfinde, ist die Quelle des höchsten Glücks, das ich in der Welt habe. Genau dies wird meinen gesamten Lebensweg bestimmen. [...] Die Vergnügungen der Völlerei enden in Abscheu, die Eitelkeiten langweilen mit ihren Wiederholungen. Der Ehrgeiz geht dahin. Aber die Liebe für meine lieben Schwestern und Freunde wird stärker von Tag zu Tag und von Stunde zu Stunde.

Macaulay studierte im Trinity College in Cambridge und wurde dann am Gray’s Inn in London, eine der vier englischen Anwaltskammern, als Rechtsanwalt zugelassen. Er trat 1826 in London als Rechtsanwalt auf, widmete sich aber fast ausschließlich der schriftstellerischen Laufbahn.

Schon auf der Universität hatte er sich mit seinen Gedichten Pompeji (Cambridge 1819) und Evenlug (ebd. 1821) Preise erworben. Seine Abhandlung über Milton in der Edinburgh Review (1825) und andere literarische und politische Porträts, von Bacon, Machiavelli, Lord Clive, Warren Hastings, Horace Walpole und Lord Chatham machten Macaulay schnell bekannt.

Sie erschienen zuerst ohne seine Autorisation unter dem Titel Critical and miscellaneous essays (Philadelphia 1841) und dann von ihm selbst als Critical and historical essays (London 1843, 3 Bde.) gesammelt. Ihnen reihten sich später die Biographical essays (London 1851) an.

Da sich Macaulay in seinen politischen Ansichten den Whigs näherte, so verschafften ihm diese in dem Wahlflecken Calne 1830 eine Wahl ins britische Unterhaus.[3] Macaulay spielte in den Debatten, aus denen die Reformbill hervorging, eine hervorragende Rolle. Die Regierung Grey ernannte ihn 1834 zum Mitglied des Rats in Kalkutta, in welcher Eigenschaft Macaulay den Entwurf eines Strafgesetzbuchs verfasste, das 1838 publiziert wurde.[4] Berühmt, aber schon damals kontrovers wegen der Ungewissheit über die Wirkung von Bildung war seine Forderung in einer Rede von 1835, durch die Übernahme der englischen Bildung für die Eliten in Indien eine Klasse von Personen zu schaffen, die indisch in Blut und Farbe war, aber englisch im Geschmack, in Meinungen, Moral und Intellekt.[5] Man spricht in diesem Zusammenhang von Macaulayism.

Macaulay. Standbild von Thomas Woolner in Trinity College (Cambridge)

Hierauf nach Großbritannien zurückgekehrt, wurde er 1839 zu Edinburgh wieder ins Parlament gewählt und erhielt 1839 von Lord Melbourne das Amt des Staatssekretärs im Kriegsministerium, behauptete sich in dieser Stellung bis zum Rücktritt des Whigministeriums 1841 und war während des zweiten Peelschen Ministeriums der hervorragendste Redner der Whigopposition.

1842 gab er seine Lays of ancient Rome heraus, altrömische Legenden in Balladenform, die sich durch dramatische Handlung, malerische Schilderungen und Kraft des Stils auszeichnen.

Vom Juli 1846 bis zum Ende 1847 bekleidete Macaulay den Posten eines Paymaster General mit Sitz und Stimme im Kabinett. Bei den Wahlen von 1847 wurde er jedoch wegen des von ihm zugunsten einer Staatsunterstützung des katholischen Seminars in Maynooth abgegebenen Votums von den streng protestantisch gesinnten Wählern Edinburghs nicht wieder gewählt.

Darauf zog er sich von der politischen Laufbahn zurück, um sich ungestört der Ausarbeitung seiner bereits 1841 begonnenen und bis 1702 reichenden History of England from the accession of James II. (London 1848–1855, Bd. 1–4; Bd. 5, 1861) zu widmen, die, mit Begeisterung aufgenommen, in sechs Monaten fünf Auflagen erlebte and sogleich in mehrere Sprachen übersetzt wurde (deutsch unter anderem von Friedrich Bülau, Leipzig 1849–1861, 11 Bde.; von Wilhelm Beseler, Braunschweig 1852–1861, 12 Bde., in verschiedenen Ausgaben; von Heinrich Paret, Stuttgart 1850–1861, 11 Bde.). Macaulays Englische Geschichte wurde in der deutschen Geschichtswissenschaft im 19. Jahrhundert mit der von Leopold von Ranke verglichen. Allein das macht deutlich, dass er als Geschichtsschreiber eine außerordentliche Bedeutung hatte und entsprechend wahrgenommen wurde.[6]

Die genaueste Kenntnis der Tatsachen, unübertroffenes Darstellungstalent in der Schilderung von Charakteren und geschichtlichen Begebenheiten, kunstvolle Anordnung des Stoffes, eine Fülle glücklich gewählter Zitate, Eleganz des Stils und tüchtige Gesinnung machen dies Werk zu einem klassischen der englischen Literatur. Macaulay besaß alle Vorzüge eines Geschichtsschreibers: Kritik, Fleiß, Methode, Fantasie, Stil, politische Reife und philosophisches Urteil, wenn auch nur in mäßigem Grad. Aber gerade dies begründete den großen Erfolg seines Werkes.

Auch als Politiker hat Macaulay mehr durch seine Redegabe, die Geschlossenheit seines Denkens und die Treue seiner Gesinnung als durch tiefe Ideen gewirkt. Seine Anschauungen beruhen auf dem Utilitätsgrundsatz und sind oft oberflächlich.

Im Herbst 1848 wählte ihn die University of Glasgow zu ihrem Lordrektor, und 1849 erfolgte seine Ernennung zum Professor der Alten Geschichte an der königlichen Akademie. 1840 wurde er zum Mitglied der Royal Society of Edinburgh gewählt.[7] Seit 1851 war er auswärtiges Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und seit 1855 assoziiertes Mitglied der Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique.[8]

Im Juli 1852 wurde er von Edinburgh abermals ins Unterhaus gesandt, gab aber 1856 den Sitz wieder auf. Am 16. September 1857 wurde er als Baron Macaulay, of Rothley in the County of Leicester, zum erblichen Peer erhoben,[9] doch hat er den damit verbundenen Sitz im House of Lords nie eingenommen. Mangels männlicher Nachkommen erlosch der Titel mit seinem Tod.

Er starb am 28. Dezember 1859 in Kensington und wurde am 9. Januar 1860 im „Poetenwinkel“ der Westminsterabtei feierlich beigesetzt.

Eine Gesamtausgabe seiner Werke erschien 1860 in London in 25 Bänden; neuere Ausgaben sind die 1866 von seiner Schwester Lady Trevelyan besorgte in 8 Bänden und die letzte in 18 Bänden (1880).

Werkausgaben in deutscher Übersetzung

  • Reden
    • Th. B. Macaulay’s Reden. Übersetzt von Friedrich Bülau. Weigel, Leipzig 1854 (2 Bände).
    • Reden von Thomas Babington Macaulay. Übersetzt von Friedrich Steger. Westermann, Braunschweig 1854 (2 Bände).
  • Englische Geschichte
    • Die Geschichte Englands seit dem Regierungsantritt Jakobs II. Übersetzt von Friedrich Bülau. Weigel, Leipzig 1849–1861 (11 Bände).
    • Geschichte von England seit dem Regierungsantritte Jacob’s II. bis zum Tode Wilhelm III. Übersetzt von Wilhelm Beseler (letzter Band von Theodor Stromberg). Westermann, Braunschweig 1852–1861 (12 Bände).
    • Geschichte Englands seit der Thronbesteigung Jacobs II. Übersetzt von Heinrich Paret. Metzler, Stuttgart 1850–1861 (11 Bände).
  • Sämmtliche Werke in fünfundzwanzig Bänden. Mit der Biographie und dem Portrait Macaulay’s. Übersetzt von Wilhelm Beseler und Friedrich Steger. Westermann, Braunschweig 1861.
    • Erste Abtheilung (Band 1–12): Geschichte von England (in der Übersetzung von Wilhelm Beseler).
    • Zweite Abtheilung (Band 13–25): Ausgewählte Schriften (in der Übersetzung von Friedrich Steger).

Literatur

  • Frederick Arnold: The Public Life of Lord Macaulay. Tinsley Brothers, London 1862.
  • Sir George Otto Trevelyan: Life and letters of Lord Macaulay. 2 Bände. Harper, London 1876. Neuausgabe 1978. Deutsch von Böttger. 2. Auflage. Jena 1883. (online) (Trevelyan war Macaulays Neffe.)
  • J. Cotter Morrison: Macaulay. London 1882.
  • Gottfried Kinkel: Macaulay, sein Leben und sein Geschichtswerk. Schweighauser, Basel 1879.
  • Ferdinand Litt: Lord Macaulays Ansichten über die Form und die Einflusssphäre des Staates. Bagel, Düsseldorf 1895 (Digitalisat)
Wikisource: Thomas Babington Macaulay – Quellen und Volltexte (englisch)
Commons: Thomas Macaulay, 1. Baron Macaulay – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Siehe die Einträge zu Thomas Babington Macaulay und Clapham sect im Lexikon The Oxford Companion to British History. ISBN 0-19-866176-2.
  2. Das englische Zitat wurde übernommen aus einer Buchbesprechung der Zeitung The Times vom 5. Juli 1973, Seite 12, von Michael Ratcliffe.
  3. Frederick Arnold: The Public Life of Lord Macaulay. Tinsley Brothers, London 1862. S. 64.
  4. Detlev Mares: Thomas B. Macaulay, Indien und die Grenzen des liberalen Imperialismus. In: Uta Fenske, u. a. (Hrsg.): Grenzgang. Grenzgängerinnen. Grenzgänger. St. Ingbert 2017, ISBN 3-86110-635-3, S. 171–182.
  5. Lord Macaulay's Speech on Indian Education: The Hoax & Some Truths in thesundayposts.com
  6. Carl von Noorden: Ranke und Macaulay. In: Historische Zeitschrift. 17, 1867, S. 87–138.
  7. Fellows Directory. Biographical Index: Former RSE Fellows 1783–2002 (K–Z). (PDF-Datei) Royal Society of Edinburgh, abgerufen am 24. Februar 2020.
  8. Académicien décédé: Thomas Babington Macaulay. Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique, abgerufen am 15. Oktober 2023 (französisch).
  9. The London Gazette: Nr. 22039, S. 3075, 11. September 1857.
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