Theodor Scharmann
Theodor Scharmann (* 12. Juli 1907 in Kreuzlingen; † 1. November 1986 in Hallein, Österreich) war ein Wirtschafts- und Sozialpsychologe.
Scharmann kam aus der Odenwaldschule und war dem Gründerehepaar Paulus und Edith Geheeb zeitlebens eng verbunden, auch als diese nach 1933 in der Schweiz die „École d’Humanité“ gründeten. Er war in der Jugendbewegung sowie in der sozialistischen Studentenbewegung aktiv. Er studierte zuerst Germanistik und ab 1933 Psychologie und Soziologie unter anderem bei Willy Hellpach, Karl Jaspers sowie Theodor W. Adorno und wurde in Germanistik („Die Saelde im Rittertum“) bei Hans Naumann promoviert. Da Germanistik ein „Gesinnungsfach“ war und er mehrfach von der Gestapo wegen antinationalsozialistischer Betätigung vorgeladen wurde, arbeitete er ab 1935 als Heerespsychologe, da er in der Wehrmacht einen relativen Schutz vor der Gestapo genoss. Er wurde 1938 nach Wien versetzt, wo er ab 1939 im Hirnverletztenlazaret als Psychologe arbeitete und parallel Medizin studierte. Er arbeitete mit dem Psychoanalytiker August Aichhorn zusammen. Da er aufgrund seiner humanistisch-demokratischen Einstellung in der österreichischen Widerstandsbewegung O5 aktiv gewesen war, konnte er nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes trotz seiner deutschen Staatsbürgerschaft in Wien bleiben und leitete ab 1945 die Arbeitsverwaltung Wien. Trotzdem kehrte er, um seine wissenschaftlichen Ambitionen wieder aufnehmen zu können, 1948 nach Deutschland zurück und arbeitete bis 1951 im Personalamt des Vereinigten Wirtschaftsgebietes und ab 1951 als Oberregierungsrat in Bonn. In diese Zeit fallen mehrere US-Aufenthalte.
Nach Tätigkeit als Privatdozent (Habilitationsthema: „Tertius miserabilis“) an der Philipps-Universität Marburg (1955) und der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (1956) wurde er 1957 zum ordentlichen Professor für Psychologie an die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg berufen. 1966 wechselte er als Gründungsprofessor zurück nach Österreich an die neugegründete Johannes Kepler Universität Linz, wo er 1966–1977 Vorstand des Instituts für Psychologie war.
Wissenschaftliche Schwerpunktthemen waren für ihn u. a. Arbeitsprozesse in der Industrie („Arbeit und Beruf“, „Optimumhypothese“) sowie frühe Formen des EDV-gestützten, programmierten Unterrichts (Projekt „LINDA“).
Danach war bis zu seinem Tod Gastprofessor an der Universität Salzburg.
Er war u. a. Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Psychologie.
Scharmann war zweimal verheiratet. Aus diesen Ehen gingen zwei Kinder hervor.
Literatur
- Josef Sageder (Hrsg.): Die Optimumhypothese. Neue Aspekte der Angewandten Sozialpsychologie., Festschrift Theodor Scharmann zum 75. Geburtstag am 12. Juli 1982, Springer Verlag 1982
- Hermann Brandstätter: Prof. Dr. Theodor Scharmann gestorben. Universitätsnachrichten Jg. 8 (Linz 1986) H. 2, S. 24
- Walter Neubauer: Theodor Scharmann – Leben und Werk., in: Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 1987, S. 127–132
Weblinks
- Eintrag über Theodor Scharmann im Bundesarchiv der BR Deutschland
- Kurzlebenslauf (PDF-Datei; 287 kB)