Theodor Rittler

Leben

Theodor Rittler studierte ab 1895 Rechts- und Staatswissenschaft an der Universität Wien (bei Heinrich Lammasch, Ludwig Mitteis, Leopold Pfaff, Carl Stooss) sowie an der Universität Berlin (bei Franz von Liszt). 1900 trat er in den Gerichtsdienst ein. 1901 wurde er in Berlin promoviert. Von 1902 bis 1912 arbeitete Rittler im k.k. Justizministerium; er war Schriftführer der Kommission für ein modernisiertes Strafgesetzbuch (Hoegel-Entwurf). 1908 wurde er an der Universität Wien für Strafrecht und Strafprozessrecht habilitiert. Zum 1. Oktober 1912 wurde Rittler als ordentlicher Professor der Rechte an die Universität Innsbruck berufen. 1924 war er Rektor der Universität. 1952 wurde er emeritiert. 1954 war Rittler Mitglied der Gesetzeskommission zur Reform des österreichischen Strafrechts. Er war Mitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien.

Rittler war Alter Herr der Akademischen Burschenschaft Oberösterreicher Germanen in Wien. Nachdem er den jüdischen Studenten Philipp Halsmann, der als Vatermörder angeklagt war, vor Gericht und in der Presse vertrat, kam es zu studentischen Protesten gegen Rittler. Nach der Intervention Innsbrucker Burschenschafter in Wien wurde Rittler von seiner Burschenschaft ausgeschlossen.[1][2][3]

Rittler war ein Vertreter der objektiven Verbrechenslehre (dagegen subjektive Sicht von Ferdinand Kadecka und Friedrich Nowakowski).[4]

Rittler propagierte nach 1945 ein rechtstheoretisches Fundament zum Rückwirkungsverbot bei Kriegsverbrechergesetz und Verbotsgesetz, weshalb viele NS-Verbrechen ungesühnt blieben. Sein Gegenspieler Wilhelm Malaniuk dagegen versuchte, bis zu seinem Tod erfolgreich, die Verbrechen im bzw. des NS-Staates juristisch streng aufzuarbeiten: „Denn dabei handelt es sich um strafbare Handlungen, welche die Gesetze der Menschlichkeit so gröblich verletzen, dass solchen Rechtsbrechern kein Anspruch auf die Garantiefunktion des Tatbestandes zukommt“.[5]

Auszeichnungen

Schriften (Auswahl)

  • Fragestellung, Wahrspruch und Urteil nach österreichischem Strafprozessrecht untersucht. In: Wolfgang Mittermaier, Moritz Liepmann (Hrsg.): Schwurgerichte und Schöffengerichte: Beiträge zu ihrer Kenntnis und Beurteilung. Band 1, Winter, Heidelberg 1908, S. 458–620 (Habilitationsschrift, Universität Wien, 1908).
  • Heinrich Lammasch: Grundriß des österreichischen Strafrechts. 5. Auflage. Neu bearbeitet von Theodor Rittler. Österreichische Staatsdruckerei, Wien 1926.
  • Lehrbuch des österreichischen Strafrechts. 2 Bände. Österreichische Staatsdruckerei, Wien 1933/38; 2., neubearbeitete Auflage: Springer, Wien 1954/62.

Literatur

  • Festschrift Theodor Rittler zum siebzigsten Geburtstage gewidmet und überreicht von Freunden, Fachgenossen und Schülern (= Zeitschrift für österreichisches Recht und vergleichende Rechtswissenschaft. Jg. 1 (1946), Nr. 3/4). Rauch, Innsbruck 1946.
  • Siegfried Hohenleitner, Ludwig Lindner, Friedrich Nowakowski (Hrsg.): Festschrift für Theodor Rittler zu seinem achtzigsten Geburtstag. Scientia, Aalen 1957 (mit Bibliographie).
  • Günter Spendel: Theodor Rittler (1876–1967) – zu seinem 90. Geburtstag. In: Ders.: Kriminalistenporträts: Neun biographische Miniaturen. Mut, Asendorf 2001, S. 82–91.

Einzelnachweise

  1. Michael Gehler: Studenten und Politik: der Kampf um die Vorherrschaft an der Universität Innsbruck, 1918–1938. Haymon, Innsbruck 1990, S. 110.
  2. Stefan Hechl: Studentischer Antisemitismus in Innsbruck (1918–1938). Seite 207, sich beziehend auf Gehler, Studenten und Politik: der Kampf um die Vorherrschaft an der Universität Innsbruck, 1918–1938.
  3. Roland Pichler: Volksgerichtsbarkeit und Entnazifizierung. Seite 150, sich beziehend auf Lichtmannegger, Die Rechts-und Staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Innsbruck 1945-1955. Frankfurt am Main, Wien u. a.: Lang 1999, S. 67
  4. Eintrag zu Theodor Rittler im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
  5. vgl. u. a. Claudia Kuretsidis-Haider in: NS-Prozesse und deutsche Öffentlichkeit - Besatzungszeit, frühe Bundesrepublik und DDR (2012), S. 415; Claudia Kuretsidis-Haider „Das Volk sitzt zu Gericht“ (2006), S. 55ff; Malaniuk, Lehrbuch, S. 113 u. 385
  6. Nachrichtenblatt der Universität Innsbruck. 1956/57, S. 20.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.