The Oxford Shakespeare

The Oxford Shakespeare ist der Titel einer Gesamtausgabe der Werke William Shakespeare aus dem Verlag Oxford University Press. Die leitenden Herausgeber sind Stanley Wells und Gary Taylor.

Vorläufer

Oxford University Press veröffentlichte erstmals im Jahre 1891 eine Gesamtausgabe der Werke von Shakespeare. The Complete Works war eine einbändige, sprachlich modernisierte Ausgabe, die von William James Craig besorgt wurde.[1][2]

The Complete Works

Zur „Oxford Shakespeare“-Ausgabe gehört eine einbändige Complete Works-Version, die von John Jowett, William Montgomery, Gary Taylor und Stanley Wells besorgt wurde und 1986 erschien.[3] Sie beinhaltet alle Dramen und poetischen Werke von Shakespeare. Vorangestellt ist eine ausführliche Einleitung. Jedes einzelne Werk wird kurz kommentiert. Die Ausgabe enthält keine Textanmerkungen. Die editorischen Prinzipien und die grundlegenden Arbeiten sind in dem umfangreichen Werk William Shakespeare: A Textual Companion dokumentiert. Der Band William Shakespeare: An Old-Spelling Edition enthält einen nichtmodernisierten Text.

Die Oxford-Ausgabe ist der Überlegung eines Vorranges der Aufführungen gegenüber dem Druck der Werke verpflichtet. Dies hat zahlreiche in der Shakespeare-Wissenschaft sehr kontrovers diskutierte Entscheidungen zur Folge. So wurde der Hamlet um größere, vermutlich später eingefügte Passagen gekürzt. Im Falle des King Lear wurde auf eine Rekonstruktion verzichtet und stattdessen die beiden erhaltenen Versionen abgedruckt. In Heinrich IV. Teil 1 wurde der Name 'Falstaffs' in 'Oldcastle' geändert, da dies vermutlich die ursprüngliche Namensgebung war.

In der Oxford-Ausgabe wurde auch erstmals ausdrücklich auf den kollaborativen Charakter einiger Werke Shakespeares Bezug genommen. So wird der vermutete Anteil von Thomas Middleton im Falle von Macbeth, Measure for Measure und Timon von Athen herausgestellt. Im Falle des Pericles wird der Beitrag von George Wilkins betont. Die Mitarbeiter am Heinrich IV. sind bislang nicht identifiziert und bei der Dramen Henry VIII und The Two Noble Kinsmen wird auf die Zusammenarbeit mit John Fletcher hingewiesen. In die zweite Auflage aus dem Jahr 2005 wurden die vermutlich kollaborativ verfassten Werke Sir Thomas More (hg. von John Jowett), und Edward III (hg. von William Montgomery) aufgenommen.

Zur Einschätzung der strittigen Verfasserschaftsfragen und Klärung der Text- und Datierungsprobleme stützen sich die Herausgeber der Oxford-Ausgabe dabei vor allem auf neuere textkritische und empirische buchkundliche Verfahrensweisen der analytischen Buchwissenschaft (New Bibliography) unter Nutzung der Möglichkeiten der modernen Datenverarbeitung für vergleichende statistisch-analytische Untersuchungen. Die Anordnung der Einzelwerke in der einbändigen Gesamtausgabe des Oxford-Shakespeare folgt dem chronologischen Ablauf, wie er sich auf Grundlage dieser Erkenntnisse insbesondere im Hinblick auf den Anfang und das Ende der Schaffensperiode Shakespeares ergibt. Damit brechen die Herausgeber der Oxford-Ausgabe erstmals mit der überlieferten Gattungsgruppierung in Historien, Komödien und Tragödien, die seit dem ersten Folio-Druck 1623 von Heminge und Condell zuvor in allen nachfolgenden Gesamtausgaben übernommen wurde. Darüber hinaus liefert die Oxford-Ausgabe wie oben erwähnt erstmals zwei getrennte Fassungen des King Lear, eine frühe Version basierend auf dem Quarto-Druck von 1608 und eine späte auf Grundlage des Folio-Drucks von 1623. Nach Auffassung der Herausgeber der Oxford-Ausgabe sind beide Versionen als autoritative Texte zu betrachten; die Folio-Fassung stellt aus ihrer Sicht eine autorrevidierte Theaterfassung der Schauspieltruppe der King’s Men dar. Damit vollzieht die Oxford-Ausgabe zugleich einen ebenso spektakulären Bruch mit der seit Pope etablierten Editionstradition einer einzigen konflationierten Ausgabe.[4]

Der unter der Leitung von Taylor und Wells herausgegebene Complete Oxford Shakespeare liefert gleichermaßen die Grundlage für die Ausgabe des Norton Shakespeare, die von Stephen Greenblatt koordiniert wurde und das editorische Resultat der Arbeit von Taylor und Wells darstellt. Mit dieser Integration in den Norton Shakespeare, in dem nur in wenigen Einzelfällen die letzte textkonstitutive Konsequenz der Oxford-Ausgabe zurückgenommen wird, hat der Text des Complete Oxford Shakespeare für die gegenwärtige Shakespeare-Forschung allgemein den Status des derzeit gültigen Shakespeare-Textes erlangt.[5]

Einzelausgaben der Dramen

Der Begriff „Oxford Shakespeare“ bezieht sich auf die bei „Oxford University Press“ erscheinende Edition der Werke Shakespeares in Einzelausgaben. Die Einzelausgaben folgen im Wesentlichen den Editionsprinzipien der von Wells und Taylor besorgten Gesamtausgabe.

Die Bände sind in dieser Folge erschienen:

Mit der Veröffentlichung von Richard II im August 2011 war die Herausgabe der sog. „kanonischen“ Dramen abgeschlossen. In Arbeit sind noch die Einzelausgaben von Edward III und Sir Thomas More.

Einzelnachweise

  1. Books of the Week. In: The Times. 3. Dezember 1891, S. 3.
  2. Craig, W. J (Hrsg.): The complete works of William Shakespeare. 1. Auflage. Oxford University Press, OCLC 13764144.
  3. Stanley Wells et al. (Hrsg.): The complete works. Oxford University Press, ISBN 978-0-19-812926-4.
  4. Vgl. Ina Schabert (Hrsg.): Shakespeare-Handbuch. Die Zeit, der Mensch, das Werk, die Nachwelt. 5., durchgesehene und ergänzte Auflage. Kröner, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-520-38605-2, S. 226 f. Siehe auch The Oxford Shakespeare – The Complete Works, Second Edition 2005, S. 909, und Stanley Wells, Gary Taylor: William Shakespeare: A Textual Companion. Oxford University Press, Oxford 1987, ISBN 978-0-393-31667-4, bes. The Canon and Chronology of Shakespeare’s Plays. S. 69–144, sowie zu den beiden Fassungen des King Lear S. 510 ff. und 529 ff.
  5. Vgl. Ina Schabert (Hrsg.): Shakespeare-Handbuch. Die Zeit, der Mensch, das Werk, die Nachwelt. 5., durchgesehene und ergänzte Auflage. Kröner, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-520-38605-2, S. 228.
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